Im bereits im vorigen Beitrag erwähnten Werk
"Der geistliche Kampf" aus dem Jahre 1934
gibt der Verfasser - Hw Scopuli - wertvolle Ratschläge im Umgang
mit Rückschlägen im Streben nach Vollkommenheit:
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Kennzeichen des Misstrauens gegen sich selbst und des Vertrauens auf Gott
Vielfach glaubt auch ein Vermessener,
daß er Mißtrauen gegen sich selbst und Vertrauen auf Gott besitze;
und dennoch ist dem nicht so.
Am besten wirst du dies aus den Wirkungen,
die deine Sünden und Fehltritte hervorrufen, erkennen können.
Wirst du nämlich nach einem Fehltritte unruhig und traurig,
daß du schier der Verzweiflung anheimfällst
und fast alle Hoffnung auf einen Fortschritt im Guten verlierst,
dann ist dies ein untrügliches Zeichen dafür,
daß du mehr auf dich selbst als auf Gott vertraut hast.
Und je größer deine Betrübnis und deine Niedergeschlagenheit sind,
umso größer war auch dein Vertrauen auf dich selbst
und umso kleiner auch das Vertrauen auf Gott.
Wer nicht auf sich selbst,
sondern auf Gott allein sein Vertrauen gründet,
der wundert sich gar nicht über einen Fehltritt
und wird auch nicht traurig und vergrämt,
eben weil er weiß, daß er aus Schwäche und Mangelan Gottvertrauen gefallen ist.
Nun,
noch mißtrauischer als zuvor,
demütigt er sich und setzt ein noch größeres Vertrauen auf Gott.
Und bei allem Haß gegen die Sünde und die ungeordneten Leidenschaften,
in denen er die Ursache seines Straucheins erblickt,
empfindet er einen tiefen, aber gelassenen Reueschmerz über die Beleidigung Gottes und setzt unbeirrt seinen Weg fort,
indem er mit mehr Mut und Entschiedenheit seine Feinde bis in den Tod bekämpft.
Wollte Gott, daß sich manche, die ein geistliches Leben führen wollen,
dies mehr zu Herzen nähmen!
Fallen sie nämlich einmal in einen Fehler,
so ist es um ihre Ruhe geschehen, die sie nimmer wiederfinden können noch wollen.
Kaum vermögen sie die Stunde zu erwarten,
wo sie ihren Beichtvater sprechen dürfen,
mehr um ihre Angst und Unruhe, die ihrer Eigenliebe entspringen, loszuwerden,
als aus einem anderen Beweggrund.
Und doch sollten sie vorzüglich nur darum zu ihm hingehen,
um sich durch Lossprechung vom Makel der Sünde zu reinigen
und aus der heiligen Eucharistie neue Kraft zu schöpfen.
Von dem Irrtum vieler, die den Kleinmut als eine Tugend ansehen
Gar viele täuschen sich auch darin,
daß sie den Kleinmut und die Unruhe, welche der Sünde folgen,
als eine Tugend ansehen, zumal dieselben mit einem gewissen Unbehagen verbunden sind.
Sie sehen nicht ein,
daß diese Unruhe nur einem geheimen Stolz entspringt,
der sich auf ihrem vermessentlichen Selbstvertrauen gründet,
womit sie sich allzusehr auf ihre eigenen Kräfte verließen.
Beim Anblick ihres Falles und der Erkenntnis, daß ihre Kräfte dennoch versagten,
verlieren sie ihre ganze Ruhe.
Sie verwundern sich wie über etwas ganz Neues und verfallen dem Kleinmut,
weil ihre Stütze, auf die sie törichterweise so fest bauten, zusammengebrochen ist.
Einem Demütigen aber,
der auf Gott allein sein ganzes Vertrauen setzt,
kann ein Straucheln gar nichts anhaben.
Trotz seines tiefen Reueschmerzes bleibt er ruhig.
Ebenso verwundert er sich auch gar nicht darüber;
denn er weiß wohl, daß ihm das alles nur infolge seiner eigenen Armseligkeit und Gebrechlichkeit zustieß,
wie er ja auch alles im klaren Licht der Wahrheit betrachtet.
Weitere Mittel zur Erlangung des Mißtrauens gegen sich selbst und des Vertrauens auf Gott
Da alle Kraft zur Überwindung unserer Feinde aus dem Mißtrauen gegen uns selbst
und aus dem Vertrauen auf Gott stammt,
will ich dir noch einige Mittel an die Hand geben,
damit du diese Tugenden mit Gottes Hilfe erlangen kannst.
Wisse und sei von der unumstößlichen Wahrheit gänzlich überzeugt,
daß weder alle unsere Fähigkeiten
— seien es angeborene oder erworbene —
noch alle Gnadengaben,
noch die Kenntnis der ganzen Heiligen Schrift,
noch eine vieljährige Treue und Gewohnheit im Dienste Gottes
uns befähigen, den göttlichen Willen zu erfüllen,
wenn nicht
bei jedem guten und Gott genehmen Werke,
das wir verrichten sollen,
bei jeder Versuchung, die wir überwinden müssen,
und bei jedem Kreuz, das wir zu tragen haben,
durch Gottes besonderen Beistand
unser Herz unterstützt und aufgerichtet wird
und Gott
uns nicht seine Hand zum Handeln reicht.
Diese Wahrheit müssen wir uns unser ganzes Leben hindurch,
jeden Tag und jeden Augenblick vor Augen halten,
damit wir auf diese Weise niemals,
auch nicht einmal in Gedanken, auf uns selbst vertrauen.
Hinsichtlich des Vertrauens auf Gott wisse,
daß es dem allmächtigen Gott stets ein leichtes ist,
alle Feinde zu überwinden; mögen es ihrer nun viele oder wenige,
alte und erprobte oder neue und unerfahrene sein.
Mag daher eine Seele noch so sehr mit Sünden belastet sein;
mag sie auch die Fehler der ganzen Welt an sich tragen;
mag sie noch so verunstaltet sein, daß man es nicht zu schildern vermag;
mag sie sich noch so sehr bemüht haben,
die Sünde auszurotten und das Gute zu tun und trotzdem nichts erreicht haben
und sich sogar noch stärker zum Bösen hingezogen fühlen:
Dennoch darf sie das Gottvertrauen nicht sinken lassen und die Waffen nicht strecken,
noch die geistlichen Übungen aufgeben,
sondern sie muß hochherzig weiter kämpfen.
Denn sie muß bedenken,
daß der in diesem geistlichen Kampfe nicht unterliegt,
welcher im Kampfe nicht nachläßt
und beständig sein Vertrauen auf Gott setzt.
Gott läßt es zwar mitunter zu, daß seine Kämpfer verwundet werden,
aber er versagt ihnen niemals seine Hilfe.
Darauf kommt alles an, daß man im Kampfe ausharrt.
Den Kämpfern, die Gott und seine Hilfe suchen,
stehen ja die Hilfsmittel zur Verfügung,
und gerade dann, wenn sie es am wenigsten vermuten,
liegen die Feinde bereits überwunden am Boden.
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