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#176

RE: Vom Reich Gottes

in Wort- und Begrifferklärungen 28.10.2024 11:46
von Blasius • 3.922 Beiträge






Vom dreifachen Stand derjenigen,

die Gott dienen



O gib mir, Herr, der heil`gen Liebe Mut,

Und deines Eifers immer rege Glut,

Dass nimmer ich von deinem Wege weiche,

Bis standhaft ich mein hohes Ziel erreiche.



1. Die christliche Vollkommenheit ist gleich einem hohen Berg, auf dessen Gipfel die heilige Stadt erbaut ist, wohin alle zielen, die diesen Berg besteigen, um daselbst zur Vereinigung mit ihrem Gott zu gelangen. Unter diesen Wanderern nun werden Anfänger diejenigen genannt, die noch unten am Fuß des Berges sind; - Fortschreitende die, die bereits die Mitte des Berges erreicht haben; - Vollkommene endlich die Glückseligen, die bis an seinen Gipfel gelangt sind. Die ersten haben noch vollauf zu tun, vor Sünden sich zu hüten. Die zweiten ringen nicht mehr, Sünden zu meiden, sondern wahre Tugenden zu erlangen. Die dritten, die bereits in Tugenden geübt sind, streben nach der Vereinigung mit Gott. Erwäge nun, zu welchen aus diesen dreien du gehörst.



2. Es müssen zwar auch die Fortschreitenden, ja sogar die Vollkommenen vor Sünden sich hüten, und auch die Anfänger müssen Fleiß anwenden, Tugenden zu erlangen und zur Vereinigung mit Gott zu gelangen. Indessen ist doch jeder dieser Stände vorzüglich mit der Arbeit beschäftigt, die ihm eigen ist, und niemand soll plötzlich von dem einen zu den andern übergehen wollen. Denn viele möchten gerne auf einmal vollkommen sein. Dies aber ist so wenig möglich, als dass der Körper eines kleinen Jungen plötzlich zu einem vollkommenen Mann erwachse. Das Kind mag weder die Speisen, noch die Arbeiten eines Mannes zu ertragen.



3. Darum ermahnt der heilige Apostel Petrus uns sehr weise, gleich neugeborenen Kindern nach vernünftiger Milch zu verlangen, damit wir dadurch allmählich zum Heil erwachsen (1. Petrus 2), und spricht auch an einer anderen Stelle: "Wachst in der Gnade und in der Erkenntnis unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus." (2. Petrus 3) Meist ist es nur die Eigenliebe, die so gerne sich vollkommen sehen möchte, und die nicht sowohl auf ihre Schwäche, als auf ihr Verlangen sieht, weshalb sie auch gewöhnlich auf dem Weg erliegt. Darum schreite mit Gottes Gnade, demütig und behutsam, bis dir gesagt wird: "Freund, rücke weiter hinauf!" Psalm 84,8: "Die Gerechten werden von Tugend zu Tugend schreiten, bis sie den Gott der Götter schauen."


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#177

RE: Vom Reich Gottes

in Wort- und Begrifferklärungen 31.10.2024 11:37
von Blasius • 3.922 Beiträge




Von der Wirksamkeit des Gebetes


Verschmähe, Herr, nicht mein Gebet,

Das in Bedrängnis zu dir fleht;

Denn niemand rettet in der Not,

Als du, o Herr, Gott Sabaoth.



1. Willst du Gottes Gnade erlangen und bewahren, so liebe das Gebet und lass es deine beständige Übung sein. Gott gab es uns als das allgemeine Mittel gegen alle unsere Übel, und es fordert weder einen erhabenen Geist, noch große Wissenschaft. Ein ehrerbietiges und eifriges Gebet findet immer eine liebevolle Aufnahme. Auch steht der Zutritt zum himmlischen König dir frei zu jeder Zeit. Er ist keine stolze und unzugängliche Majestät. Keine Wache verwehrt dir den Eintritt in seinen Palast. Er ist bereit, uns anzuhören, so oft wir wollen, und niemand, der mit andächtigem und zerknirschtem Herzen zu ihm kommt, geht leer von dem Thron seiner Barmherzigkeit aus.



2. Wie oft nimmst du, statt zu dem Vater des Erbarmens zu beten, deine Zuflucht zu Menschen und klagst ihnen deine Not! Darfst du dich aber wundern, wenn du ohne Hilfe, ja oft mit bitteren Worten abgewiesen wirst? Gott hat die Herzen der Menschen in seiner Hand, und sie werden dir auch nur insofern helfen, als er sie dazu anregt. Warum also nimmst du deine Zuflucht nicht sogleich zu ihm? Hast du nicht seine untrügliche Verheißung, dass du erhalten wirst, um was du im Glauben bittest? Glaubst du etwa dieser Verheißung nicht? Oder achtest du Gottes Wohltaten so gering, dass du nicht einmal darum bittest?



3. Betrachte den Fürsten, der zu Jesus kam, ihn zu bitten, dass er seinen Sohn gesund macht. Statt ihn zu erhören, gab der Herr ihm einen Verweis. Aber der betrübte Vater wurde dadurch nicht irre an der Güte Jesu. Er bat noch dringender, und erhielt endlich zu seiner großen Freude die Frucht seines Gebetes. Also prüft Gott zuweilen den Glauben und die Beharrlichkeit seiner Diener, immer aber erhört er ihr andächtiges, dringendes und beharrliches Gebet, und zögert zuweilen nur darum mit der Erhörung, damit sie dann seine Gaben umso höher achten. Denn ausdrücklich ist die Verheißung unseres Herrn: "Ich sage euch: Alles, um was ihr bettet in eurem Gebet, glaubt nur, dass ihr es empfangen werdet, dann wird es euch zuteil." (Markus 11,24)

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#178

RE: Vom Reich Gottes

in Wort- und Begrifferklärungen 02.11.2024 12:41
von Blasius • 3.922 Beiträge




Am Gedächtnis Allerseelen



Nimm, Herr, die Seelen, die in deinem Frieden

Aus dieses Lebens Kämpfen abgeschieden,

Barmherzig auf in deiner Heil`gen Schar,

Dass sie dich selig preisen immerdar.



1. 2. Makkabäer 12,45: "Es ist ein heiliger und heilsamer Gedanke, für die Verstorbenen zu beten, damit sie von ihren Sünden gelöst werden." Heilig ist dieser Gedanke, weil er von der Liebe, der ersten aller Tugenden, ausgeht, die fordert, dass wir alle, die wir in Jesus Christus ein Körper sind, einander zu Hilfe kommen, und füreinander beten sollen. Sind wir nun schon gegen unsere lebenden Brüder und Schwestern zu diesem heiligen Liebesdienst verpflichtet, wie weit mehr gegen jene, die keine Verdienste mehr erwerben können, der göttlichen Gerechtigkeit genug zu tun, da sie bereits "in jener Nacht sind, wo niemand mehr wirken kann?"



2. Ja, dieser Gedanke ist nicht nur heilig, sondern auch heilsam. Denn unsere Gebete, Almosen und andere guten Werke, ganz vorzüglich aber das unblutige Opfer unserer Erlösung, gereichen den Seelen, die das Leben in Gottes Gnade verließen, zum größten Heil, weil wir dadurch an ihrer statt der göttlichen Gerechtigkeit genugtun. Denn liebevoll nimmt der Vater der Erbarmungen auf, was wir mit Liebe für diese Seelen tun, die er selbst väterlich liebt, und zu seiner ewigen Liebe auserwählte. Es ist also eine heilige Pflicht, für unsere verstorbenen Brüder und Schwestern zu beten, die mit unserem Gebet rechnen und uns zurufen: "Erbarmt, erbarmt euch meiner, ihr, meine Freunde." (Ijob 19,21)



3. Es ist ein Ausspruch aller Väter, dass die Strafen der künftigen Welt alle unsere Vorstellungen übertreffen. "Denn jetzt aber, da sein Zorn nicht straft, und nicht groß des Frevels achtet" (Ijob 35,15), dann aber wird der letzte Heller eingefordert. Wie viele Eltern seufzen dort nach der tätigen Liebe undankbarer Kinder. Wie viele Freunde erwarten Hilfe von ihren Freunden und anderen, denen sie einst Gutes taten. Und wie überaus schmerzlich ist für sie die Unbarmherzigkeit ihrer Hinterlassenen. Könnten wir nur einen Blick in diese Gefängnisse der göttlichen Gerechtigkeit tun, wie eifrig würden wir sein, für die Verstorbenen zu beten und zu wirken. Unterlassen wir diese heilige Pflicht an keinem Tag, denn mit dem Maß, womit wir messen, wird uns zurückgemessen werden. Im Buch Kohelet lesen wir: "Versage einem Verstorbenen keine Gnade."

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#179

RE: Vom Reich Gottes

in Wort- und Begrifferklärungen 04.11.2024 11:46
von Blasius • 3.922 Beiträge



Von der himmlischen Freude



Nach dem hohen Vaterlande

Seufzet, hier verbannt, mein Herz.

Wann zerfallen meine Bande?

Wann, ach, weicht der Sehnsucht Schmerz?

Wann verschlingt der Sieg den Streit

In dem Reich der Seligkeit.



1. O glückseliges Vaterland in den Höhen, himmlisches Jerusalem, wie glüht mein Herz nach dir. Psalm 87,3: "Herrliches sagt man von dir, du Stadt unseres Gottes." Wann, o wann wird der Tag erscheinen, wo ich unter deine glückseligen Bürger aufgenommen werde, die im lieblichsten Einklang die göttliche Dreieinigkeit loben Tag und Nacht, und, trunken aus dem Strom der göttlichen Wonnen, von Freude zu Freude schweben. Unverwelklich blüht dort ihre Seligkeit in der Fülle unendlicher Liebe. Dort glänzen alle wie die Sonne in ihres Vaters Reich, und singen ewige Triumphgesänge. Dort schauen sie unentwegt die glorreiche Gottheit, lieben sie und werden gleich geliebten Kindern von ihr geliebt und umfangen.



2. O Seligkeit, die hoch über allen sterblichen Worten steht. Dort wechseln nicht alternde Tage mit dunklen Nächten, denn dort herrscht der Tag der Ewigkeit, und Gott selbst ist das Licht, das die wunderbare Himmelsburg durch seine Glorie erleuchtet. Dort sind alle in Gott entzückt, und unendlich mehr lieben sie ihn, als ihre eigene Seligkeit. Dort herrscht kein Neid, wo alle groß, alle Kinder Gottes sind, denn das Maß aller ist erfüllt, und die in minderer Glorie glänzen, erfreuen sich der größeren Herrlichkeit ihrer glückseligen Brüder und Schwestern. Die ersten Himmelsfürsten aber sind mit ihnen durch die schönste Liebe verschwistert und tragen Gewänder der himmlischen Glorie.



3. O unendliche, unerschaffene Schönheit meines Gottes. Selig, die in deinem Licht wohnen und deine Herrlichkeit schauen. Selig die liebeflammenden Chöre der heiligen Engel, die zahllosen Scharen der heiligen Patriarchen, Propheten, Apostel, Blutzeugen, Bekenner, Jungfrauen und Büßer. Selig alle, die in diese himmlische Heimat aufgenommen werden, und in schöner Vertraulichkeit mit diesen heiligen Bürgern der ewigen Stadt Sion leben, wo alle in einem Geist dich, den König der Unsterblichkeit, preisen, mit deinem eingeborenen Sohn, der diese Seligkeit durch sein Blut ihnen erworben hat, und dem Heiligen Geist, dessen Gnade sie geheiligt und des Himmels würdig gebildet hat. Psalm 42,3: "Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Wann darf ich kommen und Gottes Antlitz schauen?"

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zuletzt bearbeitet 04.11.2024 12:11 | nach oben springen

#180

RE: Vom Reich Gottes

in Wort- und Begrifferklärungen 08.11.2024 18:02
von Blasius • 3.922 Beiträge




Dass wir nicht unser eigen sind



Bin, Gott, ich dein schon durch das Schöpfungsrecht,

Da du mir Sein und Atem hast gegeben,

So bin ich zweifach dein als ew`ger Knecht,

Da mich dein Sohn erkaufte durch sein Leben.

So nimm denn, Herr, mein ganzes Wesen hin.

Dir diene alles, was ich durch dich bin.



1. "Wisst ihr nicht," spricht der Apostel, "dass ihr nicht euer seid? Denn ihr seid um großen Preis erkauft." Wahrlich um großen Preis, um den unendlichen Preis seines Blutes erkaufte uns der Sohn Gottes selbst von der Knechtschaft des ewigen Todes los, zu dem die göttliche Gerechtigkeit uns verurteilt hatte. Du also betrachte dich als ein wahres Eigentum deines Herrn, wie du es denn auch in Wahrheit bist. Denn nicht dein sind diese Augen, nicht dein diese Ohren, nicht dein diese Zunge, nicht dein diese Glieder, sondern sie gehören dem, der sie erkauft hat, und darum dürfen sie auch nur zu seinem Dienst gebraucht werden.



2. Mehr jedoch als selbst dies unendliche Lösegeld verpflichtet dich seine unendliche Liebe, sein eigen zu sein. Denn bedurfte er etwa deiner, dass er umso teuren Preis dich erkaufte? Wäre er ohne dich weniger selig, weniger glorreich gewesen? Um deiner selbst willen erkaufte er dich, von ewiger Pein dich zu erlösen. Welchen Nutzen auch hättest du ihm je gewähren können? Ja er fragte dich auch nicht, ob du ihm dienen würdest, wenn er dich erlöst, sondern zuerst erlöste er dich, und erst nachdem er die Freiheit durch sein Blut dir erworben, bittet er dich und spricht durch den Propheten Jeremia: "Kehre zurück zu mir, dieweil ich dich erlöst habe." Wer vermag es noch, einer so großmütigen Liebe zu widerstehen?



3. Mehr denn alle Furcht vor der Hölle sollte diese unendliche Liebe dich aneifern, deine Seele rein zu bewahren, und wachsam zu sein, dass du dieses Kleinod nicht verlierst, damit du es ihm als sein Eigentum getreu übergeben kannst. Ja, wenn eine mühsame Arbeit für seine Ehre zu tun, oder irgend ein Leiden um seinetwillen zu dulden ist, so ermahne deine unwilligen oder ermüdeten Glieder, zu bedenken, wem sie gehören. Ebenso sprich auch zu deinen Augen und Ohren und zu deiner Zunge, wenn sie murren, unter der Zucht zu stehen, und nicht zu sehen, zu hören, noch zu sprechen, was sich nicht geziemt, 1. Korinther 6,19-20: "Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt und den ihr von Gott habt? Ihr gehört nicht euch selbst; denn um einen teuren Preis seid ihr erkauft worden. Verherrlicht also Gott in eurem Leib!"

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