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#1066

RE: Der Heilsplan Gottes für den Menschen - Die rettende Botschaft für alle

in Wenn etwas der Klärung bedarf 13.10.2019 11:47
von Blasius • 3.820 Beiträge



Das Gewissen die Stimme Gottes

Sittliche Bedeutung des Gewissens


Welch großen Schaden aber dem Menschen die zufügen, die ihm das Gewissen verderben oder verwirren, das erfassen wir nur, wenn wir erwägen, wozu es uns von der Güte des Schöpfers gegeben ist. Es ist nicht der untergeordnetste Teil des göttlichen Ebenbildes, und es würde schwer halten, dieses auszubilden, wenn wir dazu nicht die Hilfe des Gewissens hätten. Das Gewissen gibt uns vor allem kund, welch weiser Erzieher des Menschengeschlechtes Gott ist. Denn nur durch das Gewissen sind wir fähig, ein selbständiges sittliches Leben zu führen. Das Gewissen allein setzt uns in den Stand, uns dem Ziel der sittlichen Vervollkommnung zu nähern, zu dem wir bestimmt sind.

Gott hat sich nicht damit begnügt, in unsere Vernunft nur die allgemeinsten Begriffe von gut und böse nieder zu legen. Wir finden vielmehr in ihr eine ganze Reihe von Grundsätzen, die unser sittliches Leben regeln und die sich uns als selbstverständliche und als unverbrüchliche Gesetze darstellen. Niemand hat sie uns verkündigt. Wir haben sie in unserem Geist beim Erwachen vorgefunden. Es ist uns niemals eingefallen, sie zu bezweifeln oder auch nur einen Beweis dafür zu verlangen. Sie klangen uns so vernunftgemäß, so der Natur angemessen, daß wir sie hinnahmen wie die obersten Lehrsätze der Mathematik und der Geometrie, und daß wir alle übrigen Sittenlehren an sie anknüpfen oder von ihnen ableiteten. Hierfür gehören z. B. die Sätze, daß man Gott durch äußerlichen Dienst verehren, daß man die Eltern lieben, daß man für Wohltaten dankbar sein, daß man das gegebene Wort halten daß man jedem das Seinige geben und lassen, daß man eine Autorität über sich anerkennen müsse, daß man niemand wehe tun, daß man Scham und Sittsamkeit nicht verletzen dürfe, und viele andere mehr.

Hätte Gott einem der modernen Pädagogen oder uns allen miteinander die Einrichtung der menschlichen Seele überlassen, so wären wir gewiß hierbei stehen geblieben und hätten geglaubt, der Mensch sei nun überflüssig reich ausgestattet, um seine Aufgabe zu erfüllen. Aber Gottes Weisheit weiß besser, was uns notwendig ist, als wir selber. Mit diesen allgemeinen Grundsätzen ist uns noch wenig gedient. Denn einmal sind sie, wie sie in uns liegen, viel zu unbestimmt und allgemein, als daß sie uns zu einer unmittelbaren Richtschnur für das handeln dienen könnten. Es gibt aber sehr verschiedene Arten, eine und dieselbe allgemeine Regel zu vollziehen, je nach den Anschauungen und Sitten, in denen sich die Menschen bewegen.

So kennen alle Menschen das Gebot des Naturgesetzes, die Eltern zu ehren. Wir nun glauben dies dadurch zu erfüllen, daß wir ihre tage durch sorgsame Pflege so viel wie möglich verlängern. Die Heruler aber hielten ein alter, in dem man den Männer mordenden Speer nicht mehr schwingen kann, für eine Menschen unwürdige Erniedrigung und vermeinten deshalb alles Ernstes, ihre altersschwach gewordenen Eltern nicht besser ehren zu können, als indem sie diese töteten und verbrannten. Die Issedoner dagegen sahen, ihrer Kannibalen-Gesinnung entsprechend, die größere Ehre, die sie ihren Eltern antun konnten, darin, daß sie ihnen nicht ein Grab in der gemeinen Erde, sondern in ihrem eigenen Magen bereiteten.

Man sieht daraus, daß allgemeine Grundsätze noch lange nicht ausreichen, um als Richtschnur für das Handeln zu dienen, wenn nicht auch die Art und Weise an die Hand gegeben ist, wie sie in Ausführung zu bringen sind.

Nun ist aber drittens der Mensch, wie wir aus täglicher Erfahrung wissen, leider so oberflächlich und vergessen, daß ihm diese allgemeinen Grundsätze des Handelns gerade dann am wenigstens vor Augen treten, wann er von ihnen Gebrauch machen soll. Wenn er sie nicht braucht, hat er immer großen Vorrat an den schönsten Lebensregeln. Wenn die Tat geschehen ist, fallen sie ihm wieder ein, so daß das boshafte Sprichwort sagt, es gebreche ihm nie an Nachrat, und er sei nie klüger, als da, wo er seine Klugheit nicht mehr gebrauchen könne. Die Schwierigkeit ist für ihn nur die, daß er da, wo es darauf ankommt, mit Klarheit dessen bewußt werde, was ihm jetzt, in der gegenwärtigen Lage, unter den obwaltenden Umständen, not und nützlich ist. Daß er sich das mit seinen allgemeinen Grundsätzen nicht selber geben könne, wenn er nicht einen Mahner an der Seite hat, der im entscheidenden Augenblick so zu sagen mit dem Finger auf das hindeutet, was in den vorliegenden Verhältnissen für ihn Recht und Pflicht ist, das bedarf keines Beweises. Achtet er doch auch so noch oft genug nicht darauf, obwohl er, dank der Gnade Gottes, diesen Mahner neben sich hat oder vielmehr in sich selber herum trägt.

Dieser Mahner ist eben das, was man das Gewissen nennt. Jeder muss es in dieser Eigenschaft aus tausendfacher Erfahrung kennen. Wir können uns keinen denken, der so selbstvergessen und so ohne Achtsamkeit auf die Vorgänge in seinem eigenen Innern dahin lebte, daß er nicht wissen sollte, was es in uns wirkt. Gott hat einen eigenen Trieb und eine besondere Kraft in unsere Vernunft gelegt, damit sie uns jedesmal, eben da wir etwas tun oder meiden sollen, auf unsere Pflicht aufmerksam mache. Nie kommt der Mensch, er müsste sich nur in Zerstreutheit selber vergessen oder sich an die Außenwelt ganz verloren haben, in die Lage, sich für oder gegen etwas entscheiden zu müssen, ohne daß ihn eine innerliche Macht sozusagen mit der Hand in die Seite stößt, um seine Aufmerksamkeit zu erregen, und ihn auf das hinweist, um was es sich handelt. Und dabei vernimmt er deutlich eine innere Stimme, die ihm sagt: Hier handle so. Hier trifft dies Gebot zu. Die Dinge liegen so; also wende dieses Gebot in dieser Form an.

Deshalb nennt das Volk mit einem Ausdruck, der nicht passender gewählt sein könnte, das Gewissen die Stimme Gottes. In Wahrheit ist es Gottes Stimme, die sich durch unsere Vernunft verlautbar macht, ein Fingerzeig Gottes, der uns auf unsere Pflicht aufmerksam macht, nicht durch Offenbarung von oben, nicht durch außerordentliche Mitteilung von außen her, wie durch ein Orakel, sondern von innen her durch unsere eigenen Vernunft, in regelmäßiger Weise, die wir durch Beobachtung und Übung leicht erkennen lernen.
Das Gewissen ist darum eine Einrichtung, die eine so wunderbare Weisheit verrät, daß es allein genügt, uns Gott und seine unendliche Weisheit und Güte kund zu geben. Wenn wir nach dem Gewissen handeln, gehorchen wir Gott und sind doch nicht gezwungen, auf fremde Autorität hin zu handeln oder auch nur eine lange Prüfung darüber anzustellen, ob das, wozu wir uns durch Gottes Gebot verpflichtet fühlen, auch wahr und berechtigt sei, sondern wir finden in uns selbst das Zeugnis für die Wahrheit dieser Stimme Gottes und die Verpflichtung, seinen Geboten und seiner Mahnung nachzukommen. So ist es Gesetz Gottes, was wir befolgen, und doch unsere eigene Überzeugung. So handeln wir in einer und derselben Tat gehorsam gegen Gott und treu unserer Vernunft und Natur. –

aus: Albert M. Weiß, Apologetik, Bd. 1, 1905, S. 115 – S. 119

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Liebe Grüße, Blasius

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#1067

RE: Der Heilsplan Gottes für den Menschen - Die rettende Botschaft für alle

in Wenn etwas der Klärung bedarf 14.10.2019 09:37
von Blasius • 3.820 Beiträge



Die zweite Vaterunser Bitte: Zukomme uns dein Reich

Das ganze Leben des hl. Burkhard war mit einem Wort ein ununterbrochenes Gebet.
All` sein Denken, Reden und Tun drückte die Bitte aus: „Zukomme uns dein Reich.“

Mit diesen Worten lehrt uns Jesus den himmlischen Vater um ein Dreifaches:


a) daß sein Reich, d. h. die Erkenntnis und Liebe des dreieinigen Gottes und des menschgewordenen Erlösers, sich mehr und mehr über den ganzen Erdkreis verbreite;

b) daß sein Reich, d. h. die göttliche Wahrheit und Gnade, stets tiefer und vollständiger die Herzen der einzelnen Gläubigen durchdringe, läutere und befruchte zu übernatürlichen Verdiensten;

c) daß sein Reich. d. h. die Glückseligkeit der ewigen Glorie allen Christgläubigen im Jenseits zu teil werde.

Lerne vom hl. Burkhard diese zweite Bitte des Vaterunser mit Andacht und Beharrlichkeit beten:


1. Um das Reich Gottes nach außen über die Erde zu verbreiten, hat er seine reichen Talente, seine wissenschaftliche Bildung, seine Zeit und Arbeitskraft dem Dienst des hl. Evangeliums gewidmet, die geliebte Heimat geopfert, Mühsale, Entbehrungen und tausend Lebensgefahren im Verkehr mit einem noch rohen, aus Heiden, Ketzern und Christen gemischten Volk auf sich genommen. Mit der Glut seines Herzens, mit der Macht seiner Stimme und mit der Anstrengung seiner Kräfte bekämpfte er das Reich des Satans, die Unwissenheit der Menschen in religiösen Dingen und die Verkehrtheit ihrer Sitten, und streute den himmlischen Samen des Evangeliums in den urbar gemachten Boden.
Mit welchem Eifer und Ernst betest du: „Zukomme uns dein Reich“? Bedenke wohl, daß jeder Tag dich um einen bedeutenden Schritt dem Tode und der Ewigkeit näher bringt. Hoffentlich schätzest du dich mit jedem Tage glücklicher, ein Katholik, ein Kind Gottes und Mitbürger seines Reiches zu sein, hoffentlich interessierst du dich lebhaft für die Ausbreitung dieses Reiches deines Vaters. Betätige diese deine Freude und dein Interesse, indem du betest um gute Priester, eifrige Missionare und um die Gnade der Bekehrung und des Glaubens für die Heiden, indem du Kinder, Lehrlinge, Dienstboten usw. in den geoffenbarten Wahrheiten unterrichtest, Irrende und von Zweifeln Geängstigte belehrst, Institute und Vereine zur Verbreitung des Glaubens unterstützest.

2. Zur Befestigung des Reiches Gottes nach innen hat der hl. Burkhard alle Mittel angewendet, um die Kirchen auszuschmücken, die Feier des Gottesdienstes zu verherrlichen und die Gläubigen zur freudigen Teilnahme an demselben zu begeistern: er hat durch den milden Glanz seines bischöflichen Ansehens, durch seinen evangelischen Wandel die Gläubigen auf die gute Weide gelockt, um sie mit Hilfe seiner eifrigen Priester zu erfrischen und zu stärken in dem mühsamen Kampf wider Fleisch und Blut. Mit welchem Eifer und Opfergeist betest du in dieser Beziehung: Zukomme uns dein Reich“? Du kennst den Ausspruch des hl. Paulus: „Das Reich Gottes ist nicht Speise und Trank, sondern Gerechtigkeit, Friede und Freude im heiligen Geist.“ (Röm. 14, 17) Erwäge nun: wenn Eltern in ihren Familien, wenn Lehrer und Erzieher in ihren Instituten, wenn Seelsorger und Vorgesetzte in ihren Amtskreisen diese göttliche Lehre fest halten, wenn Jeder von seiner Umgebung das Gift der ärgerlichen Moden und schlechten Bücher und Zeitungen abwehrt, wenn alle Vorgesetzten ihre Untergebenen zur Heiligung der Sonn- und Festtage, zum öfteren Empfang der heiligen Sakramente anhalten und zu friedlicher Genügsamkeit anleiten: dann verhelfen sie Alle dem lieben Jesus zur Herrschaft in ihren Herzen.

3. Um des Reiches der Glorie in der Ewigkeit teilhaft zu werden, hat der hl. Burkhard die sorge um die Heiligung seiner eigenen Seele stets obenan gestellt, eingedenk der nachdrücklichen Lehre Jesu: „Was nützt es dir, wenn du die ganze Welt gewinnst (alle Menschen zu Heiligen machst), aber an deiner Seele Schaden leidest?“ (Matth. 16) Er hat oft sich dem Tumult der Geschäfte entrissen, um in der Einsamkeit den Zustand seines geistlichen Lebens zu ordnen: er hat sich rechtzeitig von der Öffentlichkeit zurück gezogen, ums ich mit brennender Lampe in der Hand bereit zu halten auf die Ankunft des Herrn. Wohl dir, wenn du dir Zeit nimmst, um wie St. Burkhard zu beten: „Zukomme uns dein Reich“, nämlich der ewige Genuss, Dich, o Vater, mit verklärtem Auge zu schauen und mit verklärtem Herzen zu lieben! –


aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 764 – S. 765


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Liebe Grüße, Blasius

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#1068

RE: Der Heilsplan Gottes für den Menschen - Die rettende Botschaft für alle

in Wenn etwas der Klärung bedarf 15.10.2019 08:32
von Blasius • 3.820 Beiträge



Turmbau zu Babel und Zerstreuung der Völker -

Der Turmbau zu Babel – Geburtsstunde des Heidentums

(Gn. Kap. 10 und 11)

Bevor in der Erzählung die Geschichte der Offenbarung weiter verfolgt wird, um darzustellen, wie es kam, daß Gott die bei weitem größere Mehrheit der Menschen scheinbar ihrem Schicksal überließ und nur einen kleinen Teil fernerhin der besonderen göttlichen Führung würdigte, gibt das 10. Kapitel eine Übersicht über die von den Söhnen Noes abstammenden Völker, ein nach den drei Stammvätern in der Reihenfolge: Japhet, Cham, Sem geordnetes Verzeichnis von 70 Namen (teils Stammväter teils Völker- und Städtenamen), gewöhnlich die Völkertafel genannt. Diesem Verzeichnis liegt eine (wohl auf Überlieferung beruhende) genaue Kenntnis der dem frühesten Altertum bekannten wichtigsten Zweige der Völkerfamilie zu Grunde, die weder die Handelsverzeichnisse der Ägypter noch die Eroberungs-Listen der Babylonier und Assyrer erreichen. Der die mosaische Völkertafel beherrschende Hauptgedanke von der ursprünglichen Einheit, der Zusammengehörigkeit und der gleichen Bestimmung der Menschen als einer großen Familie ist dem Heidentum überhaupt fremd. Ihre früher vielfach rätselhaften Angaben haben der wissenschaftlichen Forschung in alter und neuer Zeit oft als Anhaltspunkte und Wegweiser gedient. Jetzt sind sie größtenteils durch die Ereignisse der Völker- und Sprachenkunde sowie durch die Ägyptologie und Assyriologie aufgeklärt und bestätigt, so daß die Völkertafel zum mindesten „als ein vorzügliches historisch-geographisches Denkmal für eine Zeit, aus der wir andere umfassende Urkunden nicht mehr haben“, anerkannt werden muss.




In das trockene Namenverzeichnis ist nur bei den Nachkommen des Cham eine geschichtliche Bemerkung eingeflochten über Nimrod (1), von dem gesagt wird: „Dieser fing an, mächtig zu sein auf Erden; und er war ein starker Jäger vor dem Herrn. Darum ging das Sprichwort aus: ‘Ein starker Jäger vor dem Herrn wie Nimrod’. Der Anfang seines Reiches aber war Babylon und Arach und Achad und Chalanne im Lande Sennaar. Von diesem Land ging er nach Assur (2) aus und baute Ninive (3) und die Straßen-Stadt (4) und Chale (5), auch Resen (6) zwischen Ninive und Chale; das ist die große Stadt.“ (7) – Das Völkerverzeichnis schließt mit den Worten: „Das sind die Geschlechter Noes nach ihren Völkern und Nationen. Von diesen verteilten sich die Völker auf Erden nach der Flut.“ (8)

So steht auch am Beginn der Geschichte der Menschheit nach der Sündflut diese göttliche Urkunde der Einheit des Menschengeschlechtes, der Blutsverwandtschaft der Völker und besonders der Berechtigung aller, dereinst am messianischen Heil teil zu nehmen; es ist damit den Völkern, bevor sie das Vaterhaus der besonderen göttlichen Führung verlassen, gewissermaßen ihr Heimatschein (9) von Gott selbst ausgestellt; und nun erst teilt uns das 11. Kapitel jenes Ereignis mit, welches den neuen Abfall der Menschheit von Gott bewies und so den Anstoss zur Trennung und Zerstreuung der Völker gab:

„Es war aber auf Erden nur eine Sprache und einerlei Rede. (10) Und als sie vom Aufgang (Osten) herzogen (11), fanden sie eine Ebene im Lande Sennaar und wohnten daselbst. Und sie sprachen zueinander: Kommt, lasset uns Ziegel machen und sie im Feuer brennen! Und sie gebrauchten Ziegel für Steine und Erdpech für Mörtel. (12) Und sie sprachen: Kommt, laßt uns eine Stadt bauen und einen Turm, dessen Spitze in den Himmel rage, und unsern Namen berühmt machen, ehe wir zerstreut werden in alle Lande.“ (13)

„Aber der Herr kam herab, um die Stadt und den Turm zu sehen (14), den die Söhne Adams bauten, und sprach: Siehe, es ist ein Volk und eine Sprache unter allen; und das haben sie begonnen zu tun und werden von ihren Gedanken nicht ablassen, bis sie dieselben im Werk vollbracht haben. Daher kommt, laßt uns (15) nieder steigen und daselbst ihre Sprache verwirren, daß einer des andern Rede nicht verstehe. Und also zerstreute sie der Herr von da in alle Länder, und sie hörten auf, die Stadt zu bauen. Und darum heißt man ihren Namen Babel (16), weil daselbst die Sprache der ganzen Erde verwirrt worden; und von da zerstreute sie der Herr über alle Gegenden.“ (17)

So der einfache, in seiner Darstellung für ein kindliches Volk berechnete, aber durchaus tatsächliche Bericht der Heiligen Schrift. Die Geschichte und Sprachforschung bestätigen denselben, soweit sie überhaupt ein Urteil ermöglichen. Die Geschichte zeigt uns die ersten Versuche eines Weltreiches durch Kuschiten, also Nachkommen Chams, in Babel und ist in unsern Tagen durch Aufdeckung der Ruinen des alten Babylon und Ninive, die zum Teil in die ältesten Zeiten hinauf ragen, und durch die dort gefundenen keilschriftlichen Denkmäler instand gesetzt worden, das, was uns die Bibel hier und anderwärts davon erzählt, auf das bestimmteste zu erhärten. Zwar hat sich bis jetzt in den Denkmälern und Urkunden kein Zeugnis gefunden, das dem biblischen Bericht über die Sprachverwirrung entspräche. Die gegenteilige Annahme mancher Gelehrten hat sich als irrig erwiesen. Wohl aber hat sich die Überlieferung von einer frevelhaften Empörung der Menschen gegen Gott und von der Verwirrung ihrer Sprache sich auch außerhalb des Judentums erhalten und an die Ruinen eines mächtigen Baudenkmals in Babylon angeknüpft.

Anmerkungen:

(1) Name, Geschichte und Zeit Nimrods ist noch ganz in Dunkel gehüllt; die babylonisch-assyrischen Denkmäler und Urkunden haben zur Aufhellung direkt noch nichts beigetragen. Am meisten hat die Vermutung für sich, Nimrod sei mit dem mythischen Gilgamesch identisch. Wohl aber bestätigen die babylonischen Denkmäler den Inhalt der Angaben, welche die Heilige Schrift an den Namen Nimrods knüpft. Die älteste Kultur- und Weltherrschaft, die der babylonischen voraus ging, war chamitischen Ursprungs. Die assyrische Kultur und Religion ist nachweisbar von Babylonien ausgegangen und durchaus von letzterem abhängig. Jagd (auf reißende Tiere: Löwen, Tiger) und Krieg gehört zu den Lieblings-Beschäftigungen der babylonisch-assyrischen Herrscher seit ältester Zeit. Nichts findet sich häufiger auf den Wanddarstellungen der Paläste als Jagd- und Kriegsszenen; in Reliefbildern vor den assyrischen Palästen, desgleichen auf Siegelzylindern ist häufig die Gestalt eines Helden /Riesen, Königs) zu sehen, der einen Löwen spielend erwürgt, wahrscheinlich Gilgamesch (Nimrod), der auch im Heldengedicht als gewaltiger Krieger und Jäger (dies auch der Sinn des Ausdruckes: „vor dem Herrn“) geschildert wird. Die aufgeführten Städte sind uralt und mit der Geschichte und dem Leben der ältesten Zeit eng verwachsen. Daß Nimrod Babylon gegründet habe, wird nicht gesagt; aber es war der Anfang und Mittelpunkt seines Reiches. Babylon gelangte schon in sehr alter Zeit zu hervorragender, ja zentraler Bedeutung.

Das Land Sennaar wird im Alten Testament öfter erwähnt und bezeichnet die Ebene zu beiden Seiten des mittleren und unteren Euphrat. Ob der Name „Sumir“, der zusammen mit „Akkad“ in altbabylonischen Urkunden oft ein altes Volk und Reich in dortiger Gegend bezeichnet, damit zusammen hängt, ist zweifelhaft, aber nicht unmöglich. Jedenfalls wird die ganze oben angeführte Stelle „heutzutage besser als durch alle Kommentare illustriert durch die gewaltigen Trümmerhügel, die sich dem Spaten geöffnet und durch ihre Inschriften-Funde die unzweifelhafte Identität der darauf genannten Örtlichkeiten mit den biblischen ergeben haben: Erech, die umfangreichen Ruinen von Warka am linken Euphratufer, das inschriftliche Uruk, die Stadt mit dem Haupttempel der Göttin Ischtar oder Nanai, der Göttin des Planeten Venus als Abendstern; Akkad, die Stadthälfte der uralten Doppelstadt Sippar-Akkad, des anderwärts in der Bibel sog. Sepharwajim, gleichfalls am linken Euophratufer, woselbst eine ursprünglich unter dem Namen Anunitu verehrte Lokalgöttin später gleichfalls mit Ischtar, und zwar mit dem Planeten Venus als Morgenstern identifiziert wurde“ (Bezold a.a.O. 21). Nur Chalanne ist noch nicht mit Sicherheit festgestellt; vielleicht ist es das von Hilprecht wieder ausgegrabene Nuppur.

(2) Name des Landes und der alten Hauptstadt Assyriens, deren weite Trümmerhaufen man bei dem heutigen Kalah-Schergat, über 50 km südlich von Mosul oder dem diesem gegenüber liegenden Ninive im eigentlichen Sinn, am rechten Ufer des Tigris entdeckt hat.
(3) Ninive, assyrisch Ninua. Der Name erscheint schon um das 18. Jahrhundert v. Chr. auf ägyptischen Inschriften; er bedeutet „Wohnung“, etwa unser „Haufen“; man erklärt ihn auch mit „Ninus- oder Ninib-Stadt.
(4) Hebräisch Rechoboth-Ir, wahrscheinlich das rêbit Ninâ der Keilinschriften und wohl an Stelle des heutigen Mosul, Ninive gegenüber, zu suchen.
(5) Chale vermutet man in dem heutigen Nimrud, 44 km südlich vom eigentlichen Ninive.
(6) Resen bis jetzt nicht sicher identifiziert und wohl unter einem Trümmerhügel zwischen Ninive und Nimrud zu suchen. Der Beisatz, „das ist die große Stadt“, bezieht sich wohl auf die vier genannten Städte, die, wenn auch nicht, wie man früher annahm, durch ein großes Befestigungssystem verbunden, doch unter einem gemeinsamen Namen („Groß-Ninive“) zusammen gefaßt werden konnten. Ist auch das Ninive des Geschichtsschreibers Diodor (Zur Zeit Christi; 480 Stadien = 90 km Umfang, 30 m hohe und breite Mauern, 1500 Türme) ein Phantasiestück und der Beisatz „das ist die große Stadt“ aller Wahrscheinlichkeit nach eine spätere Glosse, so bleibt doch wahr, daß Ninive für die spätere Geschichte der Mittelpunkt eines ungeheuren Stadtgebietes war, das in der volkstümlichen Auffassungs- und Ausdrucksweise als eine große Stadt betrachtet wurde.
(7) Gn. 10, 8-12.
(8) Gn. 10, 32.
(9) Darum wird auch später bei dem ersten Schritt zur Auserwählung eines besonderen Volkes ausdrücklich diese Berechtigung aller Völker am dereinstigen messianischen Heil hervor gehoben: „In dir (Abraham) werden gesegnet werden alle Geschlechter der Erde“ (Gn. 12, 3)
(10) „Auf Erden“ steht für: „unter den Bewohnern der Erde“. In welchem Umfang Erde (oder Land) hier zu nehmen ist, hängt von der Auslegung des gleichen Ausdruckes in 6, 11; 9, 19 und 10, 25 32 ab. – Die Ausdrücke „eine Sprache und eine Rede“ sind von der Denk- und Redeweise, vom Sprachgeist und der Sprachform zu verstehen. Nach dem hebräischen Text, der die beiden Ausrücke (Lippe und Wort) genau unterscheidet, ist nur das erstere von der Verwirrung betroffen: die Denkweise, der Sprachgeist: die Folge davon ist, „daß sie einander nicht mehr verstanden“ und auch die äußere Sprachform sich änderte.
(11) Wer zog aus? Die in V. 1 bezeichnete „Erde“, d. h. ihre Bewohner sind nach dem Zusammenhang die 10, 32 und 25 genannten Geschlechter Noes. Andere Menschen existieren für die Erzählung überhaupt nicht, weil ihr Horizont durch die Stammtafeln in Kap. 4, 5, 10 und 11 umgrenzt ist. Unter den Geschlechtern Noes kommt für den Auszug von vorne herein wohl nur ein Teil in Betracht. Von Noe und Sem, die möglicher Weise noch lebten, haben ältere Ausleger angenommen, sie seien wenigstens an dem frevelhaften Beginnen (Bau der Stadt) nicht beteiligt gewesen. – Vom Anfang her, d. h. von Armenien, wo die Arche stehen blieb. Bei weiterer Ausbreitung zogen sie, wohl dem Lauf des Tigris folgend, erst südlich, dann über den Tigris westwärts in das Land Sennaar. Einen bestimmten Anhaltspunkt für die zeit dieses Baues bietet wohl 10, 25: „Der Name des einen Sohnes des Heber (des Urenkels von Sem) war Phalag“ (d. i. Teilung), „deshalb, weil in seinen tagen die Erde (Bevölkerung) sich teilte“ (zerstreute). Nach 11, 10-17 wurde Phalag im Jahre 101 nach der Flut geboren, weshalb viele das Ereignis in dieses Jahr setzen: Die Worte „in seinen tagen“ lassen jedoch auch an eines der späteren Lebensjahre Phalegs, deren im ganzen 239 waren, denken. Nach der griechischen Übersetzung fiele das Ereignis zwischen 531 und 870 nach der Flut.
(12) Diese Materialien finden sich denn auch bei den noch vorhandenen Überresten Babylons. Die ganze Gegend um Babylon ist mit gebrannten Backsteinen besät; sie war auch immer sehr reich an Asphaltquellen. Asphalt diente, mit Rohr und Sand vermischt, als Mörtel und verband die Steine so fest, daß sie nur mit großer Gewalt auseinander gebrochen werden können; getrocknet diente der Asphalt zur Feuerung.
(13) Gn. 11, 1-4. Sache und Ausdrucksweise entsprechen vollkommen dem babylonischen Altertum, wie wir dasselbe jetzt aus den Ausgrabungen kennen. Jede Stadt hat zum Mittelpunkt einen Tempelturm (Ziggurat), dessen Spitze an den Himmel reichen soll; er hat 3-7 Etagen (entsprechend den Planeten, deren Bahn über dem Tierkreis er abbildet), trägt im obersten Geschoss ein Heiligtum, das religiösen (astrologischen) Zwecken diente. Ein Vorhaben, das frevelhaftem Übermut und Trotz entsprungen, ähnlich wie die griechische Sage von den Himmel stürmenden Titanen meldet, hat die biblische Erzählung jedenfalls im Auge. Es bezeichnet die Geburtsstunde des Heidentums. – Nach dem hebräischen Text wollen die Turmbauer die Zerstreuung geradezu verhindern, ihr vorbeugen, während sie nach dem Willen Gottes sich über die Erde zerstreuen sollen.
(14) Menschliche Ausdrucksweise, die besagen will, daß der im Himmel thronende Herr und Richter der Menschen von dem Tatbestand der Überhebung Kenntnis genommen hat.
(15) Die Ausdrucksweise wie oben, S. 114, A. 2
(16) Vom hebräischen balal, verwirren. Die Form „Babel“ entspricht durchaus den Sprachgesetzen (das Babylonisch-Assyrische kennt ähnliche Bildungen) und ist unserem „Wirrwarr“ zu vergleichen. In den assyrisch-babylonischen Keilschriften liest man den Namen Bab-Ilu, d. i. Tor oder Heiligtum des Ilu (Hebr. = El, Gott), den die Babylonier neben Bel und andern als besondere Gottheit verehrten. Dieses Bab-Ilu kann spätere Umdeutung des ursprünglichen Babel = Verwirrung sein, wie auch die biblische Ableitung des Namens nicht auf streng grammatischen Regeln zu beruhen braucht.
(17) Gn. 11, 5-9. Die Heilige Schrift hebt mehr die Zerstreuung der Menschen hervor als die Verwirrung der Sprache; diese ist aber die Voraussetzung und Ursache der ersteren. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die Heilige Schrift ein (wunderbares) Eingreifen Gottes und eine Katastrophe schildern will, und daß Nachdruck auf das „Einander-nicht-mehr-verstehen“ gelegt wird. Über die Einzelheiten sagt aber der biblische Bericht nichts, außer daß er andeutet, die Verwirrung habe zunächst den Geist, die innere Sprachform betroffen; diese Verwirrung muss den Menschen zum Bewusstsein gekommen sein und das Aufgeben ihres Planes sowie die Zerstreuung veranlaßt haben. Die Verwirrung (Veränderung) der äußeren Sprachform konnte sich dann allmählich vollziehen, da die Möglichkeit einer Veränderung und Verzweigung der Sprache schon in ihrem Wesen begründet und durch den Sündenfall begünstigt war. „Das erstmalige plötzliche Auftreten (der Sonderung der Menschen) war von Gott gewollt; den natürlichen Entwicklungsgang hatte Gott beschleunigt, aber er schuf zu Babel nichts Neues, sondern brachte schon längst Vorhandenes den Menschen zum Bewusstsein. Die volle Ausbildung desselben gehört der späteren Geschichte an.“ Hoberg, Genesis 129. –

aus: Schuster/Holzammer, Handbuch der Biblischen Geschichte, Bd. I, Altes Testament, 1910, S. 239 – S. 245

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Liebe Grüße, Blasius


zuletzt bearbeitet 15.10.2019 08:37 | nach oben springen

#1069

RE: Der Heilsplan Gottes für den Menschen - Die rettende Botschaft für alle

in Wenn etwas der Klärung bedarf 16.10.2019 08:55
von Blasius • 3.820 Beiträge



Das Gewissen als Gesetzgeber

Der Gesetzgeber des Gewissens ist Gott selber



Die erste Tätigkeit des Gewissens ist wirklich die des Gesetzgebers. Nur übt es diese Gewalt nicht in eigener Vollmacht, sondern wenn es als Gesetzgeber auftritt, so tut es dies wie jeder gute Gesetzgeber, d. h. im Namen des höchsten Gesetzgebers, im Namen Gottes selber. Obwohl es also wahrhaft Gesetze aufstellt, Gesetze, die wirklich verpflichten, so tritt es doch nicht willkürlich als unabhängiger Gesetzgeber auf, sondern nur als Verkünder des göttlichen Gesetzes. Darum muss unser Gewissen stets das für gut und das für bös erklären und uns stets zu dem verpflichten, was Gott festgesetzt hat. Darum kann es auch nicht nach eigenem Ermessen Gesetze abschaffen, sondern es muss sich dabei wieder an den Willen Gottes halten.

Diese Wahrheit ist begreiflicher Weise nicht nach dem Sinn des zum Bösen geneigten menschlichen Herzens. Schon Archelaus, der Schüler des Anaxagoras, leugnete, daß es für gerecht und schändlich einen objektiv fest stehenden Maßstab gebe. Was man so nenne, behauptete er, sei nicht an und für sich seiner Natur nach recht oder unrecht, sondern nur der menschliche Geist habe diese Unterschiede eingeführt, und Herkommen und Gesetz habe diese willkürliche Annahme dann zu billigen für gut befunden. Noch kühner lehrte Karneades unter großem Zulauf der goldenen Jugend Roms: ein unbedingt gültiges sittliches Gesetz ein für immer unveränderlich gleich bleibendes natürliches Recht gebe es überhaupt nicht. Gesetze seien nur Erfindungen der Klugheit, zumeist auch des Eigennutzes, und wandelbar wie die Verhältnisse. Und der frechste der alten Freigeister, der gott- und vaterlandslose Theodor, dem die Alten aus Abscheu den schimpflichen Namen, den sie kannten, den Beinamen des Atheisten gaben, scheute sich nicht, davon die praktische Nutzanwendung zu machen, indem er sagte, er sehe nicht ein, warum der Weise nicht Diebstahl und Gottesraub begehen und offen jeder bösen Lust nachgehen solle. Derlei Handlungen seien ja nicht von Natur aus böse. Man habe nur manches zur Sünde gestempelt, um das dumme Volk durch eine gewisse Furcht vor dem Willen und vor der Strafe Gottes zu schrecken. Der Gebildete sei über diese Ammenmärchen hinaus. Er wisse, daß nur eigenmächtige menschliche Erfindung manche Dinge als böse erklärte. Er brauche bloß die Meinung abzulegen, als sei daran etwas Böses, dann verlören sie auch ihre böse Eigenschaft, die sie nur durch die Menschenmeinung hätten, und dann dürfe man sie ungescheut begehen.

Demnach hat Spinoza durchaus nicht Neues vorgebracht, sondern nur dem alten Atheisten nachgesprochen, als er sagte, gut und bös seien nichts Positives, sondern bloß unsere Art und Weise, die Dinge anzusehen und miteinander zu vergleichen. Ebenso wenig ist es neu, wenn Locke die Behauptung aufstellt: wie es überhaupt nichts objektiv Feststehendes gebe, so könne man insbesondere kein apriorisches Sittengesetz annehmen. Man habe es da mit leeren Verstandesdingen zu tun und könne sich nur wundern, daß man sich so viel mit Dingen abgebe, die in der Welt der Wirklichkeit kein Dasein hätten. Vielmehr sei ein jedes Gesetz mit der Zeit eingeführt, das rechtliche durch Gesetzgeber, das moralische durch die öffentliche Meinung und das Herkommen.

An ihm knüpft dann der moderne Unglaube an… Danach gäbe es nicht einmal für den Einzelnen, geschweige für die Gesamtheit eine fest stehende und gleich bleibende Sittlichkeit, sondern was dem einen gut anstünde, wäre für den andern unpassend, und was uns heute zusagte, könnte morgen schon wieder veraltet sein. Von einem verpflichtenden Willen Gottes aber wäre keine Rede; unsere Handlungsweise, unsere Gewissens-Überzeugungen wären künstlich anerzogene Vorurteile und Täuschungen, Früchte der Erziehung, der Suggestion und der öffentlichen Meinung. Alle diese Lehren werden heute als die kostbarsten Errungenschaften des Zeitgeistes gepriesen, in allen Schulen gelehrt und vom Liberalismus und vom Sozialismus um die Wette verwirklicht. In Wahrheit sind sie Irrtümer, die schon lange leben, nur daß ehemals, selbst in den Zeiten des sinkenden Heidentums und der allgemeinen Auflösung, wenige verwegene Geister sie vorzutragen wagten, weil der Abscheu aller Besseren die Weiterverbreitung so gemein gefährlicher Lehren unterdrückte.

Denn das ließen sich auch die Heiden nicht ausreden, daß die Gesetze, insbesondere die Gesetze der Vernunft und des Gewissens, nicht willkürliche Erfindung der Menschen, sondern der Ausfluss des heiligen, unabänderlichen, alle ohne Ausnahme verpflichtenden Willens Gottes sind. Selbst Zeno, der Vater der Stoiker, erklärte: wenn er lehre, man müsse nach der Natur leben, so sei das im Grunde dasselbe, als wenn andere sagten, man müsse sich an das göttliche Gesetz halten; denn die richtige Vernunft oder die allgemeine Ordnung der Welt und der Natur sei eben die Ordnung Gottes selber. Noch besser sagt Cicero: Soweit ich sehe, ist das die Überzeugung aller wahrhaft Weisen, daß das Gesetz nicht menschliche Erfindung, sondern etwas Ewiges ist, was die ganze Welt beherrscht und leitet. Das oberste Gesetz ist nichts anderes als der göttliche Geist selber, der durch die menschlichen Gesetze gebietet oder verbietet. Daher ist das Gesetz überall und immer das gleiche und läßt sich durch keinen Volksbeschluss aufheben oder umändern. Denn der ewige und unveränderliche Urheber dessen, was die gesunde Vernunft und die Natur gebieten, ist kein anderer als Gott, der gemeinsame Lehrer und Beherrscher von allem. Will also einer ihm entfliehen, so müsste er erst sich selbst entfliehen und seine eigene Natur ausziehen.

Eine wahrhaft großartige Anschauung, der wir nur mit aller Begeisterung beitreten können! Daraus folgt aber, daß der Mensch, will er seiner wahren Natur Rechnung tragen und seiner Vernunft folgen, keinen andern Weg hat als den, dem Gesetz Gottes zu folgen. Umgekehrt, will er Gottes Gebot entkommen, so gibt es für ihn keine andere Möglichkeit als die, daß er seine eigene Vernunft verleugne und seine bessere Natur mit Füßen trete. Sucht er aber aufrichtig Wahrheit und Recht, so hat er einen sehr einfachen Weg, den nämlich, daß er seinem Gewissen treu bleibe und ihm als dem Mittel gehorche, durch das ihm Gott seinen Willen zu erkennen gibt.

Daraus ergibt sich, warum es so strenge Pflicht ist, nur nach dem Gewissen zu handeln und zu leben, und warum es nie erlaubt sein kann, gegen das Gewissen zu handeln. Was nicht der Gewissens-Überzeugung entspricht, ist Sünde (Röm. 14, 23); um so mehr das, was der Überzeugung des Gewissens widerspricht. Sobald also der Wille der Vernunft widerspricht, handelt er gegen das Gewissen und wird böse. Das kommt davon, daß uns da Gewissen nicht in eigener Kraft, sondern im Namen des göttlichen Gesetzes bindet. Hätten wir uns selber nach unserer beliebigen Annahme eine Richtschnur für das Handeln gemacht, so könnten wir diese auch wieder ändern.

Daß wir das aber ebenso wenig können, als es in unserer Macht steht, uns eine solche Verpflichtung willkürlich aufzuerlegen oder nicht, das erleben wir alle Tage in unserer innersten Erfahrung. Wir haben uns zum Beispiel unvermutet für oder gegen etwas zu entscheiden. Nie haben wir bisher darüber nachgedacht, nie darüber gelesen, nie hat uns jemand ein Wort gesagt. Und doch steht im selben Augenblick die Pflicht, jetzt so und nicht anders zu handeln, so klar vor unserer Seele, daß wir sie uns nicht verhehlen können. Wir haben uns diese Überzeugung nicht selber gemacht. Das Widerstreben unserer niederen sinnlichen Natur spricht deutlich dafür. Die Überwindung, die sie uns auferlegt, das mühevolle Suchen, ob es nicht möglich sei, sie zu verleugnen, zeigt, daß wir gewiß eine andere, bequemere Vorschrift für unser Handeln erwählen würden, hinge das von uns ab. Sie ist uns auch nicht anerzogen worden. Nicht genug, daß uns bisher kein Mensch davon gesprochen hat, steht vielmehr das, wozu wir uns in unserem Gewissen getrieben finden, im geraden Widerspruch mit unsern anerzogenen Vorurteilen und Gewohnheiten. Dennoch vermögen wir vor uns selber nicht in Abrede zu stellen, daß wir uns nicht befugt fühlen, das, wozu unser Gewissen uns antreibt, zu unterlassen oder mit dem Gegenteil zu vertauschen, sondern daß wir uns verpflichtet wissen, gerade so und nicht anders zu handeln. Das Zittern, die Unruhe unseres innern ist uns der beste Beweis dafür.

Ist uns nun aber diese Pflicht weder von uns selbst noch von einem andern auferlegt worden, so kann sie nur von einer höheren Macht in uns gelegt worden sein. Sie kündigt sich also durch unsere Vernunft als Ausfluss des göttlichen Willens an. Es ist also das Gewissen zwar in uns, aber nicht von uns, sondern, obschon wahrhaft menschlich und natürlich, dennoch mit einer uns überlegenen gesetzgeberischen und gebietenden Macht ausgerüstet. Es ist, mit einem Wort, die Stimme Gottes in uns. Daher die Verpflichtung, die es uns auferlegt als Stellvertreter der gesetzgeberischen Macht Gottes.

Soweit die erste oder vorangehende Tätigkeit des Gewissens –


aus: Albert M. Weiß, Apologetik, Bd. 1, 1905, S. 122 – S. 128


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Liebe Grüße, Blasius

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#1070

RE: Der Heilsplan Gottes für den Menschen - Die rettende Botschaft für alle

in Wenn etwas der Klärung bedarf 17.10.2019 08:22
von Blasius • 3.820 Beiträge




Von dem Wert der Versuchungen

Wesen und Nutzen der Versuchungen


„Mein Sohn, willst du den Dienst Gottes antreten, so halte auf Gerechtigkeit und Gottesfurcht und mache dich auf Versuchungen gefaßt. Trage, was dir Gott auferlegt. Alles, was dir widerfährt, nimm an: harre aus im Schmerz und sei geduldig in deiner Demut; denn Silber und Gold wird durch Feuer geprüft, die Lieblinge Gottes aber im Ofen des Demütigung.“ (Ekkli. 2) Wie der hl. Johannes im Kloster und dann in einem Winkel nahe beim väterlichen Hause diese Lehre des heiligen Geistes befolgte, hast du jetzt gelesen und bewundert; aber sie ist auch für dich gegeben. Damit du sie mutiger befolgst, so denke ernstlich nach:

1. Über das Wesen der Versuchungen: sie sind für dich das kostbare Material, aus dem du dir die Krone deiner ewigen Glorie bereiten sollst und kannst. Für dich sind die Versuchungen, mit denen dich das eigene Fleisch, oder die Reize der Welt, oder die List des Teufels belästigen, ein peinliches Gemütsleiden härter als eine Krankheit oder eine Widerwärtigkeit: sie machen dich matt und krank im Gefühl der eigenen Verderbtheit und Schwäche, sie beunruhigen deine Seele in ihrem innersten Leben ob der der unendlich wichtigen Folgen, die von deinem Sieg oder von deiner Niederlage abhängen.
Von Seiten Gottes sind die Versuchungen, die Er dir schickt, Beweise seiner Weisheit und besonderen Liebe. Es kommt keine Versuchung über dich, die nicht von seiner Weisheit zugelassen ist, und jede seiner Zulassungen ist unfehlbar ein Ausfluss seiner Liebe. Seine göttliche Fürsorge wägt und bemißt genau die Versuchung, mit der Er dich auf die Probe stellen will, nach dem Grade deiner schwäche; Er läßt nicht zu, daß an dich, sein Kind, der Teufel heran trete, ohne daß Er ihm die Bedingungen genau vorgeschrieben, dich aber durch seine Einsprechungen zum voraus gewarnt und mit angemessenem Gnadenbeistand bewaffnet hat. O daß du es erkänntest, mit welch` zärtlicher Sorge dich seine Liebe umgibt, während du versucht wirst! „Wo warst Du, o mein Jesu, während meines schrecklichen Kampfes?“ klagte der hl. Antonius in der Wüste. „Nahe bei dir, mein Sohn, während der ganzen Zeit“, tröstete ihn der Herr. So oft du also unter dem Druck der Versuchungen seufzest, deren dich die Weisheit und Liebe Gottes würdigt, erwecke einen lebendigen Akt des Glaubens an seine Nähe und an die stets bereite Fülle seiner Gnade.

2. Bedenke den Nutzen der Versuchungen. Der hl. Apostel Jakobus nimmt keinen Anstand zu sagen: „Haltet es für lauter Freude, meine Brüder, wenn ihr in mancherlei Versuchungen fallet, und wisset, daß die Prüfung eures Glaubens Geduld wirkt, die Geduld aber das Werk vollendet, so daß ihr vollkommen und ganz seid und an nichts Mangel habt.“ (Jak. 1, 2. 3.) Die Versuchungen bringen dir namentlich drei Vorteile:

a) Die Erkenntnis deiner selbst. Was dir die Eigenliebe verbirgt, decken die Versuchungen schonungslos auf. Du meinst, es stehe bei dir ziemlich gut; drückt aber eine Versuchung auf deine Gefühle, so gewahrst du mit Schrecken, daß dein Stolz, deine Sinnlichkeit, deine Habsucht, dein Ehrgeiz weit größer und mächtiger ist, als du für möglich hieltest. Daher sagt ein berühmter Kenner des geistlichen Lebens: „Die Versuchungen machen dich nicht schlecht, sondern sie zeigen dir nur, wie schlecht und schwach du noch bist.“

b) Fortschritt in der Tugend. Die Versuchungen verwunden in dir tödlich die Eigenliebe und befreien dich so von seinem schlimmsten Feind: sie machen dich wachsamer und verhindern dadurch, statt dich zu neuen Sünden zu verleiten, eine Menge derselben: sie befestigen dich in der Gottesfurcht und tragen viel dazu bei, daß du die so kostbare Gnade der endlichen Beharrlichkeit erlangst. „Die Versuchung“, sagt der hl. Augustin, „ist ein Feuer, welches das Gold glänzender macht und das Stroh verzehrt: der Gerechte wird reiner und vollkommener, der Böse aber geht zu Grunde.“

c) Die Schönheit der Siegeskrone. Die Versuchungen bieten dir die häufigste und günstigste Gelegenheit, mehr Verdienste und eine größere Glorie im Himmel zu erwerben; denn sie vermehren die Liebe Gottes zu dir und deine Liebe zu Gott, sie flößen dir eine größere Hochschätzung der Gnade ein, die in demselben Grade in dir zunimmt, je höher du sie ehrst und schätzest: dadurch werden deine Siege vollständiger, größer dein Lohn, glorreicher deine Krone.

Prüfe diesen Nutzen der Versuchungen am hl. Johannes und ahme ihn nach. –


aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 756 – S. 757

https://katholischglauben.info/von-dem-w...r-versuchungen/



Liebe Grüße, Blasius

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