
Vom Übel der erblichen Schuld
Höre, Herr, mein heißes Flehen,
Sende Licht in meine Nacht.
Sieh, mein Herz vergeht vor Wehen,
Rette mich durch deine Macht.
1. Herr, mein Gott, zitternd bete ich den Abgrund deiner Gerichte an. Mein Elend, Herr, bekenne ich dir. Sieh, mehr liebe ich meine Wunden, als die Gesundheit, mehr die vorübergehende Täuschung, als die ständige, ewige Wahrheit. Ich erkenne das Gute, und - tue, ach, das Böse. Wie aber ich, so alle, die aus Adam geboren sind. Woher, mein Schöpfer, diese tiefen Wunden der menschlichen Natur? Kam diese edle Natur also verkehrt aus deiner Hand? Niemals!. Zum Flug ist der Vogel, zu schnellem Lauf der Hirsch erschaffen, und krank ist der Vogel, der zu keinem Flug, krank der Hirsch, der nicht zum Lauf sich erheben kann. Und nicht krank, nicht bis ins Innerste verwundet wäre die Seele, die du geschaffen hast, dich, unendliche Majestät, zu erkennen und zu lieben, und die zu schwach zu aufopfernder Liebe ist?
2. Woher diese Krankheit, dies tiefe Elend, das nicht von dir, der ewigen Liebe, kam? Angeboren sind mir und allen Sterblichen diese schweren Übel, über die ich vor dir seufze. Denn also sehe ich den Menschen, soweit die Geschichte reicht. Vor ihrer Pforte aber zeigt mir der Cherub mit dem Flammenschwert ein Menschenpaar, aus dessen Brust sie hervorgingen, und ihnen folgte der Anfang des Todes: Tränen, Wehen, Verbrechen und zweifacher Tod, als ein schreckliches Geleit, das auf alle ihre Nachkommen sich vererbte.
3. Unendliche Majestät, kein Schatten der Ungerechtigkeit ist in dir. Nur zu deiner eigenen ewigen Verherrlichung konntest du, aller Wesen Ursprung und Ziel, erschaffen. Und voll wurde die Summe deiner Verherrlichung, ob der Mensch stand oder fiel, denn was deiner Rechten entfloh, das fiel in deine Linke. Erleuchtet hattest du den Menschen mit dem Licht deines Antlitzes, bewaffnet mit ursprünglicher Gerechtigkeit. Aber nicht reichen konntest du die Siegeskrone dem Untreuen, der im notwendigen Prüfungskampf nicht bestand. Zur Seite hast du ihm gestanden, ihn zu krönen, wenn er siegt, zu heilen, wenn er fällt. Und deine unermessliche Barmherzigkeit bereitete dem Gefallenen einen überreichlichen Quell des Heils und der Erlösung. Rufen wir mit dem Psalmisten: "Herr, erbarme dich meiner und heile meine Seele, denn gesündigt habe ich vor dir."
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