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RE: Vom Reich Gottes
in Wort- und Begrifferklärungen 07.10.2022 08:21von Blasius • 3.929 Beiträge
Vom Eitelruhm
Menschengunst ist eitler Dunst,
Der im Wind verfliegt;
Wahre Demut ist die Kunst,
Die dies Gift besiegt.
1. Ein sehr subtiles Gift, das gern in alle unsere guten Werke einfließt und sie verdirbt, ist die eitle Ruhmgier, die nicht nur Anfängern, sondern sogar Vollkommenen nachstellt, um sie um das Gold aller ihrer Tugenden zu bringen. Diese Seuche liegt gleich einer Schlange im Hintergrund des Herzens verborgen, und es gehört ein geübtes Auge dazu, sie zu entdecken und hinauszutreiben. Wer sie aber wahrnimmt und dennoch ihren Einflüsterungen Gehör gibt, den beraubt sie nicht nur, sondern sie spottet seiner auch obendrein.
2. Wer nach der Ehre der Menschen giert, der hascht nach Schatten. Denn weder ist diese Ehre ständig, noch wahrhaft, noch irgendwie nützlich. So wenig Bestand hat sie, dass der Prophet von ihr spricht: "Ihre Ehre verblüht wie eine Feldblume." (Jesaja 40,6.8) Ebenso wenig ist sie auch wahrhaft, denn sie ist ein eitler Dunst, eine Meinung der Menschen, die, wenn sie auch alle übereinkommen, dich zu loben, dich dennoch nimmermehr besser machen, als du vor Gott bist. Endlich gereicht sie auch zu keinem Nutzen. Umgekehrt vielmehr bringt sie den Menschen um alles Verdienst, und raubt ihm den Himmel. Denn zu solchen, die ihre guten Werke tun, damit sie von den Menschen gesehen und gelobt werden, spricht der Herr: "Amen, das sage ich euch: Sie haben ihren Lohn bereits erhalten." (Matthäus 6,2b)
3. Wie viele werden, nach langen und schweren Arbeiten, mit leeren Händen vor dem ewigen Richter erscheinen, und statt der Belohnung diese Antwort empfangen. Hüten wir uns also, dass diese Hauptfeindin aller Tugenden uns nicht um das Verdienst unserer guten Werke bringe. Nur dann schadet die Ehre der Menschen uns nicht, wenn wir sie nicht suchen, noch auch Wohlgefallen daran haben. Denn sollen wir auch diese Seuche fliehen, so soll dennoch unsere Furcht nie so weit gehen, dass wir wegen ihr irgend ein gutes Werk unterlassen, das uns Lob und Ehre zuziehen kann. Sprechen wir in solchen Fällen mit unserem Herrn: "Ich suche meine Ehre nicht." (Johannes 8) "Wir wollen nicht prahlen, nicht miteinander streiten und einander nichts nachtragen." (Galater 5,26)
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RE: Vom Reich Gottes
in Wort- und Begrifferklärungen 08.10.2022 07:38von Blasius • 3.929 Beiträge
Die Stufen der Selbsterkenntnis und Demut
Wer bist du, Mensch, du Nichts und Staubgebilde,
Dich in so eitler Hoffart zu erheben?
Rief aus dem Abgrund dich nicht Gottes Milde,
Und schenkte Dasein dir und Licht und Leben?
Ist Asche, Mensch, nicht deine letzte Zier?
Ja selbst die Asche bist du nicht aus dir.
1. Wie kam ich in dieses Dasein? Habe ich mich selbst erschaffen? Was war ich vor einem Jahrhundert? Tief im Abgrund des Nichts, hatte ich weder Kraft, daraus hervorzutreten, noch Verdienst, daraus erhoben zu werden. Aus mir selbst bin ich noch heute, was ich damals war. Bin ich nun etwas, so kommt mir dies vom Urheber meines Daseins, ich selbst konnte aus mir nicht einmal eine Mücke werden. Dir, mein Gott, verdanke ich alles. Darum will ich deine Barmherzigkeit preisen, und meine ganze Wissenschaft bestehe darin, dir die Ehre für alles zu geben, ohne das Geringste mir selbst anzueignen.
2. War ich aber nichts, durchaus nichts im Reich der Natur, so war ich noch unendlich weniger im Reich der Gnade. Unfähig war ich, Gnade zu erwerben, unwürdig, sie zu empfangen. Denn die Gnade ist "das beste Geschenk, die vollkommene Gabe, die vom Vater der Lichter herabkommt". (Jakobus 1,17) Wie aber hätte ich, dieses Nichts, jemals Anspruch auf diese Würdigung des Allerhöchsten machen können? Vermag ich es nun nicht, für meine Schöpfung dir würdig zu danken, mein Gott: wie kann ich je für diese allerhöchste Gabe dir danken?
3. Aber noch einen anderen, tieferen Abgrund sehe ich vor mir. Denn wie verwendete ich die Gaben der Natur und der Gnade, die deine unendliche Güte mir zu deiner Verherrlichung gegeben hat? Undank, Bosheit, Hochmut, Sünde: dies ist es, was ich aus mir selbst hervorbrachte. Statt dich zu verherrlichen, beleidigte ich deine göttliche Majestät unzählige Male. Unendlich weniger also bin ich, als selbst das Nichts. Deutlich sprach mein Erlöser dies aus, als er von seinem meineidigen Jünger Judas sagte, es wäre ihm besser, er wäre nicht geboren. Wo also ist noch ein Winkel, meinen Hochmut zu verbergen? Und wo wäre ich, hätte deine unendliche Barmherzigkeit diesem schauderhaften Abgrund mich nicht großmütig entrissen? Nichts also bin ich aus mir, nichts durch mich, und als Sünder stehe ich tief unter dem Nichts. Galater 6,3: "Wer sich einbildet, etwas zu sein, obwohl er nichts ist, der betrügt sich."
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RE: Vom Reich Gottes
in Wort- und Begrifferklärungen 09.10.2022 18:26von Blasius • 3.929 Beiträge
Ermahnung zur Liebe Gottes
Die Liebe, die in Gott, dem Schöpfer, ruht,
Sie ist der Seele Geist und höchstes Leben;
Sie schwillt das Herz mit reiner Himmelsglut,
Und jubelt, selbst wenn alle andern beben.
1. Psalm 85,9a: "Ich will hören, was Gott redet": Gleich wie der Hirsch nach den Wasserquellen, so solltest du in lebendigem Durst nach mir, dem Urquell deiner Glückseligkeit, erglühen, und weder Rast noch Ruhe finden, bis deine Sehnsucht gestillt wird. Ohne Unterlass sollte dies sehnliche Verlangen in dir zunehmen, denn kein Ziel setzt sich die wahre Liebe, niemals wird sie satt, und sie wächst umso schneller, als diese Pilgerschaft ihrem Ende näher kommt. Alle Gedanken und Begierden des Herzens reißt sie an sich, und findet keinen Trost, keine Freude, keinen Frieden, außer in mir, ihrem Ursprung und ewigen Ziel.
2. Nicht müßig ist meine Liebe in der Seele. Unermüdlich ist sie, für meine Ehre zu wirken. Ist es ihr aber nicht gestattet zu tun, was sie verlangt, so wirkt sie doch dem Willen nach, und überaus wohlgefällig ist dieser Wille vor meinen Augen, da ich nicht so sehr auf die Menge der Werke, als auf die Größe der Liebe sehe. Was auch soll mir die Spreu ohne die Frucht? Ich sehe nicht auf äußerliche Werke ohne Liebe, wohl aber auf die Liebe, auch wenn sie ohne Werke ist, wenn nämlich solche aus Krankheit, aus Gehorsam, oder aus einem andern rechtmäßigen Hindernis unterblieben. Wer mich allein in allen Dingen sucht, und nur durch mein Wohlgefallen satt wird, der wirkt das größte Werk der Liebe.
3. Eine solche Seele erfährt den Trost meiner Liebe, der alle Freuden und Lieblichkeiten der Welt unendlich übertrifft. O dass doch die Menschen, die ich zu meiner Liebe erschaffen habe, so weit von ihrer Glückseligkeit irren, und von der Liebe zu den Geschöpfen sich bestricken lassen, wodurch sie nicht gesättigt, sondern verunreinigt, geängstigt, und zeitlich und ewig unglückselig werden. Was ist je in den Geschöpfen Erfreuliches, das nicht in unendlicher Fülle in mir wäre? Nacht und Bitterkeit ist alles außer mir. Meine Liebe sei dein größter Schatz, dann wird dein Herz schon hier auf Erden im Himmel sein. Johannes 15,9b-10a: "Bleibt in meiner Liebe! Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben."
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RE: Vom Reich Gottes
in Wort- und Begrifferklärungen 11.10.2022 06:14von Blasius • 3.929 Beiträge
Von Gottes Ehre und Verherrlichung
Die Schöpfung steht, o Gott, zu deiner Ehre.
Dein Lob verkünden aller Wesen Heere;
Sie alle ehren dich auf ihre Weise.
O gib mir, dass auch ich dich würdig preise.
1. In der ganzen Schöpfung hat nur eins Wert, und auf dieses eine muss alles sich beziehen, dies aber ist Gottes Ehre. Denn die Ehre ist Gottes einziges Gut, darum auch gibt es nichts Größeres, als diese Ehre ihm zu erwirken. Dass ich Staub und Asche Gottes unendliche Majestät verherrlichen kann, dies ist der höchste Adel meines Wesens. Selbst die glorreichsten Cherubim und Seraphim haben kein erhabeneres Ziel. Eine unsterbliche Seele, die anderes sucht, erniedrigt sich selbst. So sehr eifert Gott für seine Ehre, dass er durch Jesaja (42,8) spricht: "Ich überlasse die Ehre, die mir gebührt, keinem andern, meinen Ruhm nicht den Götzen." Suchen wir diese Ehre, und halten wir es für unseren höchsten Ruhm, alles, sogar unser Leben, für Gottes Ehre zu opfern.
2. Diese Ehre suchte Jesus, unser göttliches Vorbild, durch alle Werke seiner heiligsten Menschheit, durch sein Leiden und seinen Tod. Dies war das erhabene Ziel, für das er sich opferte, und ähnlich werden wir ihm nur insofern, als wir hierin ihm nachahmen. Ja alle unsere Werke sind auch nur insofern verdienstlich, als wir Gottes Ehre dadurch suchen. Was nicht in dieser Absicht geschieht, ist für die Ewigkeit verloren. Was gegen sie geschieht, ist schwere Schuld. Bieten wir nun unsere ganze Kraft auf, Gottes Ehre zu fördern, um die Zeit zu ersetzen, wo wir ihn durch unsere Sünden verunehrten.
3. Gott zu verherrlichen ist die Beschäftigung aller Chöre der seligen Engel und aller zahllosen Scharen der heiligen Himmelsbürger in alle Ewigkeit. Ohne Unterlass singen sie den Lobgesang: "Heilig, heilig, heilig ist der Herr, der Gott der Heerscharen! Alleluja! Heil, Ehre und Herrlichkeit sei unserem Gott, der da lebt von Ewigkeit zu Ewigkeit!" In dieser Verherrlichung besteht zugleich ihre Seligkeit. So beginnen wir denn schon in diesem Leben, was wir im Himmel ewig tun werden, und loben wir Gott nun nach Maßgabe unserer Sterblichkeit, bis wir in jene glückseligen Lobgesänge einstimmen. 1. Timotheus 1,17: "Dem König der Ewigkeit, dem unvergänglichen, unsichtbaren, einzigen Gott, sei Ehre und Herrlichkeit in alle Ewigkeit. Amen."
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RE: Vom Reich Gottes
in Wort- und Begrifferklärungen 12.10.2022 11:03von Blasius • 3.929 Beiträge
Regeln der Nächstenliebe
Du liebtest, Herr, uns Sünder bis zum Tod,
Und ließest uns dein heiliges Gebot,
Dass auch wir selbst die Brüder lieben lernen,
Uns nicht von deiner Liebe zu entfernen.
1. Lieben sollen wir den Nächsten wie uns selbst. Dies ist ein göttliches Gebot. Sehr empfindlich sind wir gegen unsre geringsten Übel. Lieben wir aber den Nächsten wie uns selbst, so werden wir allerdings auch gefühlvoll für seine geringsten Übel sein, oder vielmehr werden sie uns immer groß erscheinen. So zärtlich auch ist unsere Liebe zu uns selbst, dass wir alle unsere Fehler verbergen, oder sie doch als gering ansehen. Mit diesen Augen aber sollen wir auch die Fehler unserer Brüder und Schwestern betrachten. Können wir sie nicht entschuldigen, so entschuldigen wir wenigstens ihre Absicht, und ist auch dies nicht möglich, so haben wir Mitleid mit ihren Schwächen und schweigen wir. Dies soll unser Verhalten sein. Sieh also, wie fern du von der wahren Nächstenliebe bist.
2. Lieben sollen wir den Nächsten, wie wir wollen, dass er uns liebe. Blicke in diesen Spiegel. Möchtest du, dass man dich mit Härte behandelt? Möchtest du, dass man verächtlich mit dir spricht? Möchtest du, dass man mit herrischem Ton dir Befehle erteilt? Möchtest du, dass man dich aus Bosheit verleumdet, dich verspottet, dich lächerlich macht, deine geringsten Fehler übertreibt, deine unschuldigen Handlungen vergiftet, gar keine Nachsicht mit deinen Schwächen hat? Möchtest du nicht vielmehr, dass man gerade umgekehrt gegen dich handelt? Warum denn begegnest du andern nicht selbst, wie du willst, dass man dir begegnet?
3. Lieben sollen wir den Nächsten, wie Christus uns geliebt hat. Wie aber liebte uns der Herr? Ohne all unser Verdienst. Was auch hätte er je an uns lieben können? Auch liebte er uns ohne allen Eigennutz. Denn was konnte er von uns armen und elenden Sündern erwarten? Und dennoch liebte er uns so sehr, dass er Gut und Blut, Ruhe, Ehre und Leben für uns hingab. So liebte uns Jesus. Dies ist das Beispiel, dass er uns zur Regel aufstellte. Dies ist sein neues Gebot, an dessen Erfüllung er seine Jünger erkennt. Herr, mit Schmerz bekenne ich, dass ich bisher dein Liebesgebot nicht erfüllte, doch gelobe ich dir, es künftig mit deiner Gnade getreu zu erfüllen. 1. Johannes 3,14b: "Wer nicht liebt, der bleibt im Tod."
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