
Vom Nutzen der Krankheiten
Das Kreuz und Leiden, Herr, aus deiner Hand
Ist deiner Liebe sichres Unterpfand.
Drum, ist mein Herz darüber auch beklommen,
Sei dennoch, was du sendest, mir willkommen.
1. Zahllose Mittel wendet Gottes Weisheit an, die Menschen zu sich zu führen, und oft sendet sie körperliche Krankheiten als Arzneien, kranke Seelen zu heilen. Wäre der königliche Beamte im Evangelium durch die Krankheit seines Sohnes nicht in so schwere Bedrängnis gekommen, so hätte er vielleicht den Herrn niemals gesucht, und wäre nie zur Gnade des Glaubens gelangt. (Johannes 4,46-54) Es gereichte also diese Krankheit nicht nur seinem Sohn, sondern auch ihm selbst zum größten Heil. Darum sollen wir die Geißel des Herrn nicht als ein Unheil betrachten, denn sie zieht die Irrenden oft mit Gewalt zu Gott, weckt die Trägen und Schläfrigen, reinigt die Gerechten, und tilgt oft durch kurze Schmerzen in der Zeit die Strafen der Ewigkeit.
2. Nicht feindlich also erzeigt sich Gott gegen uns, wenn er uns, die wir mit so vielen Seelenkrankheiten behaftet sind, die Arznei einer körperlichen Krankheit zusendet; vielmehr sollen wir sie als einen Beweis seiner väterlichen Vorsehung und Liebe betrachten. Denn die Krankheit ist ein Licht. Sie zeigt dem Menschen den Unwert und das Nichts aller weltlichen Eitelkeit ganz nahe. Sie führt ihn in sein Inneres ein und weckt ihn zum Nachdenken. Sie lehrt den Sünder, dessen Herz noch nicht gänzlich erhärtet ist, aus der Not eine Tugend machen, die allmählich durch Gottes Gnade sich vervollkommnet, und löst die Gott ergebene Seele vollends von der Anhänglichkeit an dieses vorübergehende Leben.
3. Hören wir den Geist Gottes, der uns also ermahnt, Sprichwörter 3,11+12: "Mein Sohn, verachte nicht die Zucht des Herrn, widersetz dich nicht, wenn er dich zurechtweist. Wen der Herr liebt, den züchtigt er, wie ein Vater seinen Sohn, den er gern hat." Der Apostel, der diese Worte wiederholt, folgert daraus den Schluss, dass also diejenigen, die in diesem Leben nicht von Gott gezüchtigt werden, keine rechtmäßigen Kinder (Hebräer 12), und folglich von der Anzahl der Auserwählten ausgeschlossen sind. Zum größten Trost muss uns dies gereichen, wenn wir von Trübsalen und Krankheiten heimgesucht werden, und uns zum Lob Gottes anregen. Römer 8,28a: "Wir wissen, dass Gott bei denen, die ihn lieben, alles zum Guten führt."