
Über die Armut Jesu Christi
O löse, Herr, mein Herz von dieser Welt
Und von der Armut, die sie Reichtum nennt;
Denn reich ist nur, wer dich, o Jesus, kennt,
Sein Sinn ist auf ein ewiges Gut gestellt.
1. "Wohl dem, der sich des Schwachen und Armen annimmt; zur Zeit des Unheils wird der Herr ihn retten." (Psalm 41,2) Wer ist dieser Schwache und Arme? Kein anderer, als unser göttlicher Heiland, der in einem anderen Psalm von sich spricht: "Ich aber bin arm und gebeugt." (Psalm 70,6a) Arm war er fürwahr an zeitlichen Dingen, und von seiner Geburt im armen Stall bis zu seinem Tod am Kreuz fühlte er die Armut in ihrer ganzen Bitterkeit. Aber selig, wer Einsicht hat, "wer an ihm sich nicht ärgert", wer da erkennt, dass unter dem Schleier dieser Armut alle Schätze des Himmels verborgen sind. Dies erkennen die Klugen und Weisen dieser Welt nicht, aber Tausende und abermals Tausende erleuchteter Gotteskinder erkannten es, verachteten alle Güter der Erde wie Spreu, und hielten die Armut Jesu Christi für ihren größten Reichtum.
2. So sehr liebte Jesus die Armut, dass er nach seiner glorreichen Himmelfahrt, wo er sie nicht mehr persönlich üben konnte, sie wenigstens in den Armen fortüben will. Dies erklärte er deutlich, als er sprach: "Was ihr einem aus meinen Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan", mir, der ich in jedem Armen verborgen bin. Wer also hat Einsicht über den Dürftigen und Armen? Wer da erkennt, dass unter dem zerrissenen Gewand des Armen Christus verborgen ist, und ihn in den Armen verehrt, ihm dient, ihn tröstet und ihm in Liebe hilft.
3. Hilfst du dem Armen aus natürlichem Mitleid, so wirst du auch nur eine natürliche, nämlich eine zeitliche Belohnung für deine Wohltat empfangen. Hast du aber Einsicht und erkennst den Herrn Jesus in ihm, dann wird er am bösen Tag, am Tag des Todes, der für die meisten böse ist, dich erlösen, denn laut wird dein Almosen dann für dich rufen. Wie auch könnte der Herr dich verdammen, den du, als ihn hungerte, speistest, als ihn dürstete, tränktest, als er nackt war, kleidetest? Markus 9,41: "Wer euch auch nur einen Becher Wasser zu trinken gibt, weil ihr zu Christus gehört - amen, ich sage euch: Er wird nicht um seinen Lohn kommen."
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