Thema von Blasius im Forum Hochfeste der allersel...
1. Es geziemte sich, dass die drei göttlichen Personen der heiligen Dreifaltigkeit Maria vor der Erbsünde bewahrten.
Es geziemte sich, dass der ewige Vater es tat, weil Maria seine erstgeborene Tochter war. Gleichwie Jesus der Erstgeborene des Herrn war: "Der Erstgeborene der ganzen Schöpfung" (Kolosser 1,15), so wurde auch Maria, die zur Mutter Jesu bestimmt war, immer als die erstgeborene angenommene Tochter des Herrn betrachtet, und deshalb war sie auch immer durch die göttliche Gnade ein Eigentum des Vaters: "Der Herr hat mich geschaffen im Anfang seiner Wege." (Sprichwörter 8,22)
Es geziemte sich, dass der ewige Vater, um seinen göttlichen Sohn zu ehren, seine Mutter vor aller Sündenmakel bewahrte. Doch auch deshalb geziemte es sich, weil diese heilige Jungfrau bestimmt war, der höllischen Schlange, die den Menschen verführt hatte, den Kopf zu zertreten, wie es in der Heiligen Schrift heißt: "Sie wird deinen Kopf zertreten." (Genesis 3,15) Wie wäre es wohl möglich gewesen, dass sie selbst vorher unter der Herrschaft des Teufels gelebt hätte?
Überdies war Maria auserwählt worden, eine Fürsprecherin der Sünder zu sein, und deswegen geziemte es sich, dass Gott sie vor aller Sündenschuld bewahrte, damit sie nicht selbst mit der Schuld der Menschen, für die sie Verzeihung erbitten sollte, beladen sei.
2. Es geziemte sich, dass der göttliche Sohn eine von aller Schuld unbefleckte Mutter habe. Jesus selbst hatte Maria zu seiner Mutter gewählt. Wer würde wohl glauben, dass ein Sohn, der eine Königin zur Mutter haben könnte, sich eine Sklavin wählen würde? Überdies, sagt der heilige Augustin, müssen wir bedenken, dass das Fleisch Christi das Fleisch Mariens ist. Gewiss hätte der Sohn Gottes seinen heiligen Leib nicht von einer heiligen Agnes, von einer heiligen Gertrud oder Theresia annehmen wollen, weil diese heiligen Jungfrauen vor ihrer Taufe durch die Sündenschuld befleckt waren, und weil alsdann der Teufel Christus dem Herrn den Vorwurf hätte machen können, dass er seinen Leib von einem Geschöpf empfangen habe, das ihm eine Zeit lang unterworfen gewesen wäre.
3. Maria musste aber auch als die geliebte Braut des Heiligen Geistes rein und unbefleckt sein. Nachdem die Erlösung der sündigen Menschen beschlossen war, wollte der Heilige Geist, dass seine heilige Braut auf erhabenere Weise als alle anderen Menschen erlöst würde, und bewahrte sie deshalb vor aller Sünde. Er verkündigt ihr Lob und nennt sie ganz schön und sagt, dass sie immer seine Freundin gewesen und ganz rein sei: "Alles an dir ist schön, meine Freundin; keine Makel haftet dir an." (Hohelied 4,7)
Kaum hat das Kirchenjahr seinen Anfang genommen, da beginnt am heutigen Tag auch schon die lange Reihe der Liebfrauenfeste. Das ist ganz in der Ordnung. Jedes Kirchenjahr erinnert uns nämlich fortlaufend an die Geschichte unserer Erlösung, und in der trostvollen Erlösungsgeschichte nimmt Maria neben dem Erlöser den ersten Platz ein. Deshalb ist es recht und billig, dass wir der Hochgebenedeiten auch gleich zu Beginn des Kirchenjahres gedenken.
Schön und sinngemäß ist es ferner, dass das heutige Liebfrauenfest in den Advent fällt. Wir erinnern uns in diesen Tagen an die Finsternis, die viertausend Jahre lang die Erde von dem Zeitpunkt an bedeckte, da alle Menschen durch den Sündenfall im Paradies die Gotteskindschaft verloren hatten und Satansknechte geworden waren. Es war eine lange dunkle Nacht, die erst in der heiligen Weihnacht, als die Sonne, welche Christus ist, über der Welt aufstieg, zu Ende ging. Strahlend und schön leuchtet da das Licht in die Finsternis. Die Morgenröte dieses Lichtes aber ist die Immakulata, die unbefleckte, unberührte, unversehrte, allzeit reine Jungfrau Maria. Wie herrlich muss doch die Weihnachtssonne sein, wenn bereits in ihrer Morgenröte ein Ozean von Licht heranflutet! Schau dir nur das Bild von der Immakulata an.
In dunklen Wolken schwebt die Erdkugel, von dem Leib einer Schlange umschlungen zum Zeichen dafür, dass die Schlange, welche der Satan ist, die Welt und alles, was darauf lebt, unterjocht hat und immerwährend bedrängt. Wo aber der Fürst der Finsternis herrscht, da breitet sich mit rabenschwarzen Flügeln düstere Nacht aus.
Plötzlich streift ein Lichtstrahl die Finsternis, wird stärker und glänzender, und es weicht die Nacht dem Licht. In weißer Glut blüht die Sonne auf, und in der Sonne steht, über und über in Licht getaucht, von Licht umflutet, mit einem Kronreif kreisender Sterne um das Haupt, die hohe Frau Maria. Bei diesem Blick in die strahlende Morgenröte unserer Erlösung wallt das Herz in hellen Freuden auf, wenn wir mit der Kirche im Hallelujalied die Worte vernehmen:
„Gesegnet bist du, Jungfrau Maria, vom Herrn, dem erhabenen Gott, vor allen Frauen der Erde. Du bist der Ruhm Jerusalems, du die Freude Israels, du die Ehre unseres Volkes. Halleluja, halleluja! Ganz schön bist du, Maria, in dir ist nicht der Erbschuld Makel. Halleluja!“
Was aber mögen wohl Sonne, Mond und Sterne auf dem Bild der Immaculata zu bedeuten haben?
Die Sonne ist die heiligmachende Gnade, das Freisein von ererbter und von erworbener Schuld. Maria besaß diese Gnade. Durch eine besondere Bevorzugung Gottes blieb die zukünftige Gottesmutter vom ersten Augenblick der Empfängnis an frei von der Erbsünde, frei von jeder persönlichen Sünde, frei von der bösen Begierlichkeit. Ganz schön bist du, Maria, und ein Makel ist nicht an dir. Von Herzen wollen wir uns freuen, dass es wenigstens eine unter den Menschen gibt, über die der Satan nie Sieger war.
Was bedeutet ferner der Mond auf dem Immakulatabild? Der Mond ist das Sinnbild der Veränderlichkeit. In jeder Nacht wechselt er, wird größer oder kleiner. Bald erscheint er früher, bald später. Einmal steht er voll am Himmel, und ein anderes Mal ist er überhaupt nicht sichtbar. Der Mond ist das Sinnbild der Veränderlichkeit, aber über aller Veränderlichkeit steht unverrückbar fest Maria, die kein Schwanken zwischen Gut und Bös, und kein Wanken zwischen Gott und Satan kennt.
Der Kronreif kreisender Sterne endlich, der Mariens Haupt schmückt, ist ein Sinnbild ihrer Tugenden, denn nicht nur ist die Hochgebenedeite frei von Sünde und Schuld, sondern sie ist auch voll der Gnade, ist liebenswürdig, weise, mächtig, gütig, ist der Spiegel der Gerechtigkeit, Heil der Kranken, die Zuflucht der Sünder, die Trösterin der Betrübten und so weiter. Das bedeuten die Sterne auf dem Immakulatabild.
Ganz schön ist also diese Frau, die hoch über allen Frauen, über allen Männern, über allen Heiligen und über allen Engeln Gott am nächsten steht, diese Frau im Lichtmeer von Sonne, Mond und Sternen, die uns als leuchtende Morgenröte im Dunkel des Advents die nahende Weihnachtssonne anmeldet.
Ave Maria klare, du lichter Morgenstern!
Dein Glanz, o Wunderbare, verkündigt uns den Herrn.
Erwählt von Ewigkeit
Zur reinsten Mutter Gottes,
Zum Trost der Christenheit.
Von Maria, der "Zuflucht der Sünder" und dem "Heil der Kranken"
Wenn man jemanden lieb hat, hält man sein Bild, sein Foto in Ehren. Wenn man in verschiedene Wohnungen kommt, sieht man daher oft die Bilder der lebenden oder verstorbenen Eltern und Angehörigen an der Wand hängen. Außerdem findet man in Wohnungen katholischer Christen oft auch ein Bild des gekreuzigten Heilands und ein Bild unserer himmlischen Mutter Maria. Und wir nennen Maria mit Recht unsere Mutter, denn am Kreuz hat sie uns Christus zur Mutter gegeben mit den Worten, die er an Johannes richtete: „Siehe, deine Mutter!“ Der heilige Johannes vertrat, wie der heilige Augustinus sagt, auf dem Kalvarienberg unsere Stelle. Von den Abbildungen unserer himmlischen Mutter haben viele eine weite Verbreitung erlangt: Zum Beispiel das Mariahilf-Bild, das Bild der Schmerzhaften Mutter, das Bild der Himmelskönigin und auch das Bild der Unbefleckten Empfängnis, wie sie 1858 in Lourdes in Frankreich erschienen ist.
Bekanntlich erschien die Mutter Gottes damals in Lourdes einem vierzehnjährigen Mädchen Bernhardette Subiru insgesamt 18 Mal. Maria trug ein weißes Gewand, einen weißen, herabhängenden Schleier, einen himmelblauen Gürtel und am rechten Arm einen schneeweißen Rosenkranz mit goldenem Kreuz. Sie nannte sich die „Unbefleckte Empfängnis“ und ließ eine Quelle entstehen, durch deren Wasser schon tausende Menschen wunderbar geheilt wurden.
Das Bild der Unbefleckten Empfängnis erinnert uns vor allem an die Tatsache, dass Maria durch ein besonderes Privileg Gottes ohne Makel der Erbsünde war. Das Bild erfüllt also einen ähnlichen Zweck wie das Fest der Unbefleckten Empfängnis am 8. Dezember.
Das Bild der Mutter Gottes in Lourdes soll uns aber nicht nur an die Reinheit und Makellosigkeit Mariens erinnern, sondern uns auch ermahnen, die Mutter Gottes in ihrer Reinheit nachzuahmen.
Insbesondere sollten jene, die in schweren Sünden leben und einsehen, dass sie sich aus eigener Kraft nicht zu bessern imstande sind, zur unbefleckten Gottesmutter die Zuflucht nehmen; Maria, die „Zuflucht der Sünder“ und „Mutter der Barmherzigkeit“ würde ihnen bald die notwendigen Gnaden von Gott erbitten, die zur Lebensbesserung notwendig sind.
Jedoch nicht nur die Sünder, also nicht nur, die an der Seele krank sind, auch diejenigen, die am Leib krank sind, haben sich schon oft mit großem Erfolg an die „Unbefleckte“ gewendet, die ja nicht ohne Grund das „Heil der Kranken“ genannt wird. Der beste Beweis sind die tausende und abertausende Krankenheilungen am Wallfahrtsort zu Lourdes. Das Bild der Mutter Gottes von Lourdes ist also gewissermaßen eine Ermunterung für die Kranken, eine Aufforderung, auch in der Krankheit bei der „Unbefleckten“ Hilfe zu suchen.
Je größer unser Vertrauen zu Maria sein wird, umso sicherer und schneller wird unser Gebet zur Mutter Gottes erhört werden. Auch Christus verlangt Vertrauen. Das sehen wir aus seinen Worten, die er bei Heilungen sprach. Wie sollten wir zu Maria nicht ein großes Vertrauen haben, da wir wissen, dass sie unsere Mutter ist! Unter großen Schmerzen ist sie am Karfreitag unter dem Kreuz unsere Mutter geworden. An die Mutter aber wendet man sich nie vergebens. Wie sollten wir kein großes Vertrauen zu Maria, unserer Mutter, haben, da wir wissen, dass sie bei Gott alles erreichen kann, dass sie – wie der hl. Bernard sagt – „die fürbittende Allmacht“ ist. Wir wollen uns also der Mutter Gottes bei unseren Gebeten, die wir vor ihrem heiligen Bild verrichten, stets mit jenem Vertrauen nähern, von dem wir in einem bekannten Marienlied singen:
„Mutter Gottes, weit und breit schallt`s aus deiner Kinder Mitte, dass Maria eine Bitte, eine Bitte nicht gewährt, ist unerhört, nicht erhört durch alle Zeit in der ganzen Christenheit.“ Amen.
Matthias Hergert
Im Advent gedenken wir mit inniger Anteilnahme der unerlösten Welt. In Gebeten und Gesängen versetzen wir uns in jene Zeit zurück, da der Erlöser noch nicht geboren war und der Mensch in der Finsternis der Sünde und des Irrtums umhertappte. Wenn wir uns in solcher Art auf das Weihnachtsfest vorbereiten, um der so notwendigen Geburt des Erlösers mit tiefem Dank gedenken zu können, dann taucht in dieser dunklen Zeit auf einmal die allerseligste Jungfrau in der Lichtgestalt ihrer unbefleckten Empfängnis auf.
Das hat seinen guten Grund. Denn nichts dürfte geeigneter sein, die Herrlichkeiten des gekommenen Gottesreiches uns anschaulicher und begeisternder vor Augen zu stellen als diese Gestalt der Gottesmutter. Offenbart sie sich doch darin als die Erst- und Vollsterlöste des erschienenen Weltheilandes. Maria ist die kostbarste Frucht des Erlöserblutes. Maria ist schlechthin das Ideal- und Urbild eines erlösten Gotteskindes.
An die Unerlöstheit, deren wir im Advent gedenken, gemahnt uns gerade die große Gnade der unbefleckten Empfängnis. Besagt diese Glaubenswahrheit doch, dass Maria kraft der vorauswirkenden Kreuzesverdienste ihres Sohnes jenes ausgezeichnete Menschenkind gewesen ist, das nicht in der Finsternis und auf dem Irrweg der Erbschuld diese Erde betreten hat. Nicht Sündenschuld, nicht Gottentfremdetheit kennzeichneten den Lebensbeginn dieses Kindes, wie es bei uns der Fall ist, die dann auf das reinigende Wasser der heiligen Taufe warten müssen. Vielmehr als Gotteskind, als Gottesbraut, im Schmuck heiliger Gnaden hat sie diese Erde betreten. Und das geschah ihr, obgleich Maria in keiner anderen Weise ihren Eltern ihr Leben verdankte als wir, obschon sie voll und ganz Adamstochter war. Diesmal aber entspross der verdorbenen Wurzel ein grünender Edelzweig, weil er dazu bestimmt war, die Quelle des Fleisches eines herabsteigenden Gottessohnes zu werden. Diese Ursprungsheiligkeit Mariens nimmt die Kirche so ernst, dass sie in dem Namen „Unbefleckte Empfängnis“ sagen will: In jenem geheimnisvollen, allem Menschenvorwitz entzogenen Augenblick, da im Schoß der Mutter zum ersten Mal davon die Rede sein konnte, dass ein neues Menschenkind da war, dass Maria da war, war sie auch schon mit der heiligmachenden Gnade geschmückt, ja mit einer Fülle von Gnaden überschüttet.
Und woher kam ihr dies zugeflossen? Einzig und allein aus den leiderfüllten Verdiensten ihres Sohnes am Kreuz, denn Gott ist es durchaus möglich, die Kraft von Ereignissen, die erst in der Zukunft sich abspielen, in ihrer Verdienstursächlichkeit vorwegzunehmen. Erlösungsgnaden sind alle Gnaden Mariens, auch die Gnade ihrer unbefleckten Empfängnis. Maria ist eine Erlöste wie wir, aber doch nicht ganz so wie wir. Vielmehr ist sie in einer schnelleren, tiefgreifenderen, umfassenderen Weise erlöst worden. An ihr hatte demnach das Blut Jesu Christi mehr zu leisten als an uns. Ihr Erlöstsein ist so tief, dass es zu einem Vorausbewahren vor jedem Schadennehmen wurde, das ihr kraft ihrer Adamsabstammung drohte.
Darum ist Mariens unbefleckte Empfängnis ein Preisgesang auf Christi Erlösung, wie er schöner und überzeugender gar nicht erklingen könnte. Deswegen passt die Gestalt der unbefleckten Jungfrau in das Dunkel und in das Sehnen der Adventszeit, weil es in anschaulicher Weise uns zeigt, was wir erhalten, wenn in uns auch nur in einem kleinen Abbild ihr tiefes Erlöstsein nachgeformt wird.
Kirchengebet
Gott, Du hast durch die unbefleckte Empfängnis der Jungfrau Deinem Sohn eine würdige Wohnstatt bereitet. Nun bitten wir Dich: wie Du sie in Voraussicht des Todes dieses Deines Sohnes vor aller Makel bewahrt hast, so lass auf ihre Fürbitte hin auch uns rein zu Dir gelangen. Amen.
Zur Geschichte des Festes: Ein Fest der Wunderbaren Empfängnis ist in der morgenländischen Kirche bereits im 8. Jahrhundert nachweisbar. Es gelangte über Unteritalien (Neapel, 9. Jahrhundert) nach Irland und England (10. Jahrhundert). Nunmehr als Fest der Unbefleckten Empfängnis gefeiert, gewann es immer mehr an Volksbeliebtheit. Als das Generalkapitel der Franziskaner in Pisa im Jahr 1263 das Fest der Unbefleckten Empfängnis für den ganzen Orden annahm, war der Bann gebrochen. Mit Sixtus IV. bestieg ein Franziskaner den Thron Petri. Bald führte dieser das Fest in der römischen Diözese ein (1476) und verlieh ihm sogar besondere Ablässe. Clemens IX. schenkte ihm eine Oktav, und Clemens XI. bestimmte 1708 das Fest für die ganze Kirche. Am 8. Dezember 1854 ergänzte er die Lauretanische Litanei mit der Anrufung: „Königin ohne Makel der Erbsünde empfangen“. Leo XIII. erhob das Fest zu einem Doppelfest erster Klasse. Anlässlich der Hundertjahr-Feier der Dogmaverkündigung proklamierte Pius XII. zum ersten Mal in der Kirchengeschichte ein „Marianisches Jahr“.
(Prof. Dr. Carl Feckes, So feiert dich die Kirche, Steyler Verlagsbuchhandlung, 1957)
Aus dem "Marianischen Festkalender":
Das Fest Mariä Unbefleckte Empfängnis
"Die Empfängnis Mariä lasst uns aufs Andächtigste feiern, damit sie beim Herrn Jesus Christus für uns bitten möge." (Kirchliche Antiphon)
Das heutige Fest ist gleichsam der Grund, worauf alle übrigen Marienfeste beruhen, weil ja hier der Beginn, der erste Anfang Mariens, das Werden Mariä im menschlichen Fleisch gefeiert wird. Bei diesem ersten Eintritt aber ins Leben schon erhielt Maria ein Vorrecht, das keinem Sterblichen widerfuhr, die Reinheit von der Erbsünde - ein Geheimnis, das, wie jeder katholische Christ weiß, stets fromme Meinung der katholischen Welt war, jetzt aber zum Glaubenssatz erhoben ist.
Der Vorgang dieses Begebnisses, oder wie Maria empfangen und im Mutterleib geheiligt worden ist, erzählt uns die gottselige Klosterjungfrau Maria von Agreda mit folgenden Worten:
Alles war vorbereitet auf die Erschaffung derjenigen, die der Welt Heil in der Welt gebären sollte. Zur Zeit ihrer Empfängnis war Anna 44 und Joachim 66 Jahre alt. In beiden Eltern waren Natur und Gnade zusammengeflossen, so aber, dass die Gnade die weitaus vorherrschende Wirksamkeit übte.
Neben der göttlich hinzugetretenen Kraft zeichnete diese Empfängnis auch die Abwesenheit aller Sünde und aller sündhaften Regung aus. Nach diesem von Wundern begleiteten Ursprung wurde der junge Leib der künftigen Himmelskönigin auch in vollkommenster Weise gebildet.
Die Empfängnis erfolgte an einem Sonntag. Nach sieben Tagen war der wunderbare Leib so völlig bereitet, dass er die allerheiligste Seele Mariens in sich aufzunehmen im Stande war. Deshalb ist der Samstag der Jungfrau Maria von der Kirche besonders geheiligt, weil an einem Samstag der Kirche durch Erschaffung und Vereinigung der Seele Mariens mit deren Leib die höchste Wohltat geschehen ist. Der Tag der Unbefleckten Empfängnis ist nicht der Tag der ersten Empfängnis ihres Leibes, sondern der Tag ihrer anderen Empfängnis, an dem ihr die Seele eingegossen worden war. Mit noch größerer Regung der Liebe, als bei der Erschaffung Adams Ähnliches vernommen wurde, sprach bei Eingießung dieser Seele die allerheiligste Dreifaltigkeit: Lasset uns Maria machen zu unserem rechten Ebenbild, zu unserer wahren Tochter und Braut, zur Mutter des Eingeborenen von der Wesenheit des ewigen Vaters. Von der Erschaffung dieser Seele an gab es keinen Augenblick, in dem ihr das Licht, die Freundschaft, die Liebe ihres Schöpfers entzogen gewesen wäre. Keine Makel, keine Dunkelheit der Erbsünde konnte sie berühren, und sie befand sich unausgesetzt in der vollkommensten und höchsten Gerechtigkeit. Den Augenblick, in dem Mariens Seele mit ihrem Körper vereinigt wurde, empfand Anna auf eine besonders ausgezeichnete Weise. Sie war sich der Gegenwart Gottes deutlich bewusst und geriet in eine von hellem Seelenjubel getragene Ekstase, die von tiefer Erkenntnis verborgener Geschehnisse begleitet war. Dieser wunderbaren Gotteswirkungen erfreute sich Anna vorzüglich, solange Maria unter ihrem Herzen ruhte. Besonders wurde dadurch Anna ein tiefes Verständnis der heiligen Schriften zuteil.
Mit der Seele wurden alle Gnaden und Gaben, die Maria auszeichnen sollten, ihr eingegossen. Besonders waren die drei göttlichen Tugenden: Glaube, Liebe und Hoffnung ihr in vollkommenster Weise schon damals eigen. Sie erfreute sich auch sofort einer übernatürlich eingegossenen erleuchteten Wissenschaft. Ausdrücklich hatte sie alsbald eine Erkenntnis der allerheiligsten Dreieinigkeit, wie sie keine andere Natur vollkommener haben konnte. Sie hatte auch bereits eine Bekanntschaft und selbst einen Verkehr mit den Schutzgeistern, die Gott ihr zugewiesen hatte. Mit diesen Gaben übte sie auch schon, , so weit ihre Lage es möglich werden ließ, alle die Tugenden, mit denen sie ausgerüstet war. Alle ihre Kräfte waren sogleich vom ersten Augenblick ihrer Wesenheit an dem erhabensten, edelsten Gegenstand zugewendet, der sie bewegte und an sich zog. Je mehr die leibliche Gestaltung in der Entwicklung noch zurück war, und je tiefer die körperlichen Sinne noch schliefen, desto heller und vollkommener leuchtete und wirkte das göttliche Element, das ihrer jungen Seele eingeboren war. Ich betrübte mich selbst, dass ich arme, schwache, unwissende Frau mit meinen leeren und unbedeutenden Worten das Licht nicht schildern kann, das mir in Bezug auf all diese Geheimnisse verliehen worden war. Schon die menschliche Blödsichtigkeit ist außerstande, dieses Licht völlig zu ertragen, und die Strahlen der Gottheit auszuhalten, wenn sie sich auch hinter den Wolken von Annas mütterlichem Leib verborgen halten. Mariens Zustand war schon jetzt dem der Seligkeit nahe. Doch war sie noch keine Selige, da sie erst in das Leben eintreten sollte, um ihre Pilgerfahrt zu leben.
Andacht zur Unbefleckten Empfängnis
Die Verehrung der heiligen Johanna-Franziska von Chantal
für die Unbefleckte Empfängnis
Unter allen Festen der seligsten Jungfrau hegte die heilige Johanna-Franziska von Chantal eine unvergleichliche Vorliebe für ihre Unbefleckte Empfängnis, und war mit einem außerordentlichen Eifer dahin bestrebt, dass der Bischof von Genf es in seiner Diözese feiern ließ. Als sie ihre Bemühungen von keinem Erfolg gekrönt sah, wendete sie sich mit den demütigsten und inständigsten Bitten an den Dekan Superior der Liebfrauenkirche, damit er es in seiner Kirche feierlich begehen lasse, was er ihr zusagte. Alsdann sprach diese gottselige Mutter mit außerordentlicher Freude zu ihren Töchtern: "Unser guter Herr Dekan hat mir eine große Freude gemacht, denn er sagte mir, dass, wenn er selbst die große Glocke der Liebfrauenkirche läuten müsste, so werde er sie für das Fest der Unbefleckten Empfängnis wie für die hohen Feste läuten."
Am Ende eines Briefes an einen ehrwürdigen Abt äußerte sie folgende Worte: "Außerdem habe ich, teurer Pater, eine Bitte an Sie zu stellen: nämlich, dass Sie in Ihrer Abtei, wie in den zugehörigen Prioraten die Empfängnis der Gottesmutter mit derselben Feier begehen lassen, die bei den übrigen Festen Unserer Lieben Frau beobachtet wird, und eine Predigt veranlassen, wodurch das Volk zur Verehrung für dieses heilige Vorrecht angeleitet werden möchte: ich würde mich glücklich schätzen, wenn ich zur Verteidigung desselben mein Leben opfern könnte."
Eine Schwester bat sie eines Tages um die Erlaubnis, neun Tage vor und neun Tage nach diesem Fest den Rosenkranz von der Empfängnis beten zu dürfen. Dies war für diese würdige Mutter eine Veranlassung, selbst diese beiden neuntägigen Andachten, und so oft sie sonst Muße hatte, zu verrichten.
Verehrung des heiligen Franz von Sales für die Unbefleckte Empfängnis
Der Tag der Unbefleckten Empfängnis Mariä war ein werter Tag für die zarte Frömmigkeit des heiligen Franz von Sales unter allen Festen der heiligsten Jungfrau. Als er nur erst Subdiakon war, hatte er unter dem Namen Unbefleckte Empfängnis eine Bruderschaft von Büßenden errichtet. Zur Begehung dieses Festes zu Ehren Mariens bereitete er sich durch Wachen und Beten vor. Sein Eifer bewog ihn, es für seine ganze Diözese zu einem gebotenen Fest zu machen. Um sein ganzes Bistum unter den Schutz dieser unbefleckten Jungfrau zu stellen, hatte er dieses Fest für den Tag seiner Weihe gewählt. Und während dieser rührenden Feierlichkeit kam er in eine Verzückung, worin er sah, wie die heiligste Dreieinigkeit in seiner Seele alles wirkte, was die Bischöfe an seinem Leib vornahmen. Überdies gewahrte er die heilige Jungfrau, die ihn unter ihren allvermögenden Schutz zu nehmen und über ihn zu wachen versprach.
Verehrung des heiligen Peter Fourrier für die Unbefleckte Empfängnis
Als der gottselige Peter Fourrier, der Stifter des Frauen-Ordens von Unserer Lieben Frau, in eine Stadt in Lothringen kam, wo diese frommen Schwestern ein Kloster hatten, fand er alles Volk in größter Bestürzung wegen einer ansteckenden Krankheit, die sich über Menschen und Tiere erstreckte. da sie bei ihm einigen Trost suchten, forderte er sie auf, sich vertrauensvoll an die große Trösterin der Betrübten zu wenden, und fügte hinzu, er sei überzeugt, dass, wenn man auf mehrere Papierstreifen die schönen Worte schreibt: "Maria wurde ohne Sünde empfangen", die, die sie gläubig tragen würden, gewiss Trost und Linderung finden würden. Sobald diese Art der Verehrung bekannt wurde, nahmen alle in der Nähe wohnenden Personen dazu ihre Zuflucht, und die mit Gefühlen wahrer Frömmigkeit taten, sahen sich durch diese Übung der Frömmigkeit von einem Übel befreit, unter dem sie seufzten. Die Vorteile, die man in dieser Stadt daraus zog, veranlassten eine schnelle Verbreitung dieses frommen Verfahrens in mehreren anderen Städten, wo es wunderbare Erfolge mit sich brachte. Besonders zu Nemours aber erfuhr man die große Wirksamkeit dieser Verehrungsweise in Zeiten allgemeiner Bedrängnis. Als sich nach der Einnahme der Stadt die Nachricht verbreitet hatte, dass sie der Plünderung überlassen werden soll, teilte sich der Schrecken allerwärts mit und man vernahm überall nur Geschrei und Jammer. Inmitten der allgemeinen Trostlosigkeit wendeten sich, von jenem lebendigen Glauben beseelt, den die Wunder erzeugen, mehrere geistliche Genossenschaften und viele andere Personen an die heilige Jungfrau und brachten auf den äußeren Türen ihrer Häuser folgende Worte an: "Maria ist ohne Sünde empfangen worden". Dies war gleichsam das Blut des Lammes, das die Israeliten gegen das Schwert des vertilgenden Engels anwendeten. Der Befehl für die Plünderung der Stadt wurde zurückgenommen, und die Soldaten, die nur Rache atmeten, nahmen sanftere und menschlichere Gefühle an. Ein so überraschender Wechsel der Dinge wurde allgemein dem Schutz der heiligen Jungfrau zugeschrieben und trug viel dazu bei, eine große Verehrung für ihre Unbefleckte Empfängnis einzuflößen. Hier ist der Ursprung des frommen Gebrauchs zu suchen, der in mehreren Orden besteht, und gemäß dem die Mitglieder eine Medaille tragen, auf der diese die Gnadenmutter so sehr verherrlichende Worte eingeprägt sind, indem sie uns an das schönste ihrer Vorrechte erinnern. Maria ist ohne Sünde empfangen worden.
Die unseligen Ereignisse, die sich in unseren Tagen unausgesetzt aneinanderreihen, haben die frommen Diener Mariens veranlasst, ihren Beistand anzurufen, indem sie Unbefleckte Empfängnis auf eine besondere Art verehren. Wir haben außerordentliche Dinge gesehen. In Paris hat man sich in den Julitagen und als die Cholera schreckliche Verwüstungen daselbst anrichtete, zu Lyon in den Monaten November und April, beeilt, sich mit diesen frommen Medaillen zu versehen: "Maria ist ohne Sünde empfangen worden". Und wir haben die wunderbare Gewissheit, dass der Schutz dieser erhabenen Jungfrau denen nicht versagt wurde, die sie so glaubensvoll anriefen.
Der Ungläubige wird vielleicht über diese Erzählung lächeln, allein wir haben ihm nur ein einziges Wort zu erwidern. Lässt ein mächtiger Fürst seine Liebsten ohne Schutz und Hilfe, lässt er zu, dass sie beschimpft werden? Sicherlich nicht. Warum sollte denn Maria, die wir als Mutter Gottes erkennen, die, wie der Glaube uns lehrt, im Himmel allvermögend und für die Erdbewohner voll Güte ist, diejenigen nicht beschützen, die sie anrufen, indem sie ihr teuerstes und glorreichstes Vorrecht ehren.
Thema von Blasius im Forum Hochfeste der allersel...
Die heilige Brigitta, so berühmt durch ihre zärtliche Verehrung für Maria und durch die Geheimnisse, die ihr vom Himmel mitgeteilt worden sind, erklärt in mehreren Büchern ihrer Offenbarungen, dass die Unbefleckte Empfängnis Mariä ihr sei geoffenbart worden, dass die heiligste Mutter Gottes ihr versichert habe, es sei eine Wahrheit, dass sie ohne Sünde empfangen worden sei.
Im Orden des heiligen Norbert gilt eine Überlieferung, die besagt, dass die heiligste Jungfrau ihm erschienen sei und ihn aufgefordert habe, zum Zeugnis für ihre Unbefleckte Empfängnis ein weißes Kleid zu tragen.
Die gottselige Johanna vom Kreuz, die heilige Hildegard, die heilige Elisabeth von Ungarn haben ähnliche Offenbarungen erhalten, wie man in ihren von gelehrten und frommen Männern verfassten Lebensgeschichten sehen kann.
Dem heiligen Alphons Rodriguez ist ebenfalls durch Offenbarung kund geworden, dass Maria Wohlgefallen finde an der Andacht, die er zu verrichten pflegte, und die darin bestand, dass er täglich das kleine Choramt ihrer Unbefleckten Empfängnis betete.
Der Verteidiger der Unbefleckten Empfängnis
Johann Duns, Mitglied des Ordens des heiligen Franziskus, hatte vor den Doktoren der Universität in Paris eine These über das Vorrecht der Unbefleckten Empfängnis Mariä zu verteidigen, weswegen er sie anflehte, ihm die erforderliche Geisteskraft zu schenken, um dieses glorreiche Vorrecht auf eine unumstößliche Weise geltend zu machen. Zu den Füßen eines Bildes der Gottesmutter hingestreckt, richtete er mit dem größten Vertrauen diese kurze Anrufung an sie: "Würdige mich, dich zu loben, heilige Jungfrau. Gib mir Stärke wider deine Feinde." Man erzählt, das Standbild der seligsten Jungfrau habe das Haupt geneigt, um ihm zu zeigen, wie wohl ihr seine Bitte gefalle und um ihm ihren Beistand zuzusichern.
Man wendete ihm zweihundert sehr schwere Einwände zu, allein er erwiderte sie mit solcher Klarheit und Schärfe, dass er zum Zeichen des Beifalls den Beinamen Viktor, der Siegreiche, erhielt. Es geschah in Folge der glänzenden Verteidigung dieser These zu Ehren Mariens, dass die Universität zu Paris fortan das Fest der Unbefleckten Empfängnis Mariä zu feiern beschloss.
Einführung des Festes der Unbefleckten Empfängnis
Die Einführung des Festes der Unbefleckten Empfängnis reicht weit in die Geschichte der Kirche hinauf. Im Orient fand es schon im 5. Jahrhundert statt. Wir finden es in einer Sammlung am Tag des 9. Dezember, unter dem Namen Empfängnis der heiligen Anna. Der heilige Andreas von Kreta, der im 4. Jahrhundert lebte, erwähnt dieses Fest an diesem Tag ebenfalls. Der heilige Johannes von Damaskus weist im Jahr 721 im Martyrerkalender der Griechen, den er erstellte, auf das Fest der Empfängnis der seligsten Jungfrau hin, indem er beifügt, dass sie unbefleckt gewesen sei. Man ersieht auch aus einer Verordnung des Kaisers Emanuel (1150), dass das Fest in den morgenländischen Kirchen seit langem begangen wurde. Man findet auch in einigen alten Handschriften einige Aufsätze, die zu ihren Ehren von Kaiser Leo VI., zubenannt dem Weisen, verfasst waren, dessen Regierung mit dem Ende des neunten Jahrhunderts beginnt.
Der gelehrte und berühmte Vicomte von Walsh sagt uns in seiner Darstellung der christlichen Feste: "Wenn man alles, was über die Einführung des Festes der Unbefleckten Empfängnis berichtet worden ist, gelesen und studiert hat, gelangt man zu der Überzeugung, dass es im Orient seinen Ursprung hat." Es war dort im 11. Jahrhundert geboten.
Im Abendland wurde das Fest der Unbefleckten Empfängnis zuerst im Jahr 1160, in England vom heiligen Anselm, Erzbischof von Canterbury, bei Gelegenheit eines Wunders eingeführt, das von mehreren Schriftstellern gleichzeitig erzählt wird.
Andere behaupten, der Ursprung dieser Feier müsse der Kirche zu Neapel zuerkannt werden, die sie im 9. Jahrhundert begangen habe. Endlich versichern normannische Schriftsteller, dieses Fest habe in der Abtei Bec im reichen und fruchtbaren Neustrien, seinen Anfang genommen, und sei von da nach Rouen gekommen, wo wir es ganz freudig vom Volk gefeiert finden, wie man in einer alten Geschichte von den Altertümern Rouens sehen kann: "Schon zur Zeit der Einführung des Festes", heißt es darin, "gründete man einen Verein der angesehensten Personen der Stadt, die wieder jährlich aus ihrer Mitte einen Mann erwählten als Vorstand der Genossenschaft, der allen Rednern das Gerüst hält, die in allen Sprachen reden, und der denjenigen vortreffliche und wertvolle Preise gibt, die das Lob der Jungfrau Maria in Betreff der heiligen Empfängnis durch Hymnen, Oden, Sonette, Balladen, Königslieder am schönsten, getreuesten und besten singen."
Diese normannische Feier bestand noch im 17. Jahrhundert. Wir wissen, dass die berühmte Jakobina Paskal im Jahr 1639 dabei eine Partie Verse vortrug mit dem Titel: Die Unbefleckte Empfängnis, und dass sie damit den Preis davontrug. Ihre letzten Verse waren:
"Wie könnt ihr denken, dass die heil`ge Mutter,
Wär` sie ein Tempel der Unlauterkeit,
Zum Tempel Gottes wär` erhoben worden?"
Sieben Jahre zuvor hatte der große Corneille an diesem nämlichen Wettkampf sich beteiligt.
Auch die Kirche von Lyon, wo dieses Fest schon im Jahr 1145 eingeführt war, nimmt die Ehre für sich in Anspruch.
Im Jahr 1270 ließ Simon von Bust, Bischof zu Paris, zum ersten Mal in seiner Kirche das Officium von der Empfängnis feiern, das von seinem Vorgänger war gestiftet worden, der zu diesem Zweck dreihundert Pariser Franken hinterlassen hatte.
Aus allem diesem müssen wir schließen, dass das Fest der Unbefleckten Empfängnis bis in die ersten Jahrhunderte der Kirche hinaufreicht, und dass es im Abendland schon weit verbreitet war, als Papst Sixtus IV. durch seine Bulle vom 1. März 1476 alle Gläubigen aufforderte, aller Orte das Fest der Empfängnis Mariä zu begehen, die er ausdrücklich unbefleckt nannte, und zwar bei folgender Gelegenheit:
Im Anfang des Jahres 1476 verursachte ein plötzliches und außerordentliches starkes Schmelzen des Schnees zu Rom eine so furchtbare Überschwemmung, dass man, wie der Kardinal sich ausdrückt, die Wiederkehr der Sündflut zu schauen glaubte. Verwüstungen und ungeheure Verluste fanden statt, sowohl auf dem Land wie in der Stadt. Dies war jedoch nur das Vorspiel anderer Geißeln. Dem folgte die Pest, die in einigen Tagen diese ganz große Stadt zu einer erschreckenden Einöde machte.
Von dem Strom der Fliehenden mit fortgerissen, verließ der Papst selbst diese Stätte des Todes und der Verlassenheit. Um diese Geißel abzuwenden, führte er durch eine Bulle und reichliche Ablässe feierlich in der ganzen Kirche das Fest der Unbefleckten Empfängnis der seligsten Jungfrau ein.
Das Konzil zu Basel vom Jahr 1439, das zwar nicht als ein allgemeines betrachtet wird, zeigt uns gleichwohl, welches vor dem Erlass Sixtus IV. die Meinung der Kirche war. In seiner 36. Sitzung erklärte er förmlich, dass der Glaube an die Unbefleckte Empfängnis ein Gott wohlgefälliger, und in Übereinstimmung sei mit dem Cultus der Kirche, dem katholischen Glauben, der gesunden Vernunft und der Heiligen Schrift; dass es niemand gestattet sei, das Gegenteil zu lehren oder zu predigen, und dass ihre Feier dem Gebrauch der römischen Kirche gemäß begangen werden solle, was das Dasein dieses Festes in vielen lateinischen Kirchen beweist.
Im 16. Jahrhundert führte Pius V. das Offizium von der Unbefleckten Empfängnis in das römische Brevier ein, und setzte das Fest auf den 8. Dezember fest. Paul V., Gregor XV. und Alexander VII. begünstigten die Feier dieses Festes durch Privilegien und Ablässe. Gregor XVI. fügte der Litanei zu Ehren der seligsten Jungfrau folgende Anrufung bei: "O Königin, ohne die Makel der Erbsünde empfangen, bitte für uns!" Endlich ist die Verehrung der Unbefleckten Empfängnis in unseren Tagen einer der Grundbestandteile der katholischen Frömmigkeit geworden. Sie hat unter dem Segen Gottes aller Orte eine glänzende Aufnahme gefunden, und jedermann weiß, dass der Heilige Vater Pius IX. auf das Verlangen der Hirten und Gläubigen sich entschlossen hat, feierlich den Glauben der katholischen Welt zu Rate zu ziehen, und die Unbefleckte Empfängnis zum Glaubenssatz erhoben hat.
Der 8. Dezember 1854
Der Glaubenssatz von der Unbefleckten Empfängnis Mariä
Mit welcher Feierlichkeit die Lehre von der unbefleckten Jungfrau Maria zum Glaubenssatz erhoben worden ist, wird im Folgenden erzählt.
Das Fest zu Rom ist das Fest der ganzen Welt. An dessen Spitze steht das erhabene Oberhaupt der Kirche. Zweihundert Bischöfe, die von allen Enden der Welt, bis von den fernen Landstrichen Chinas, von den Wüsteneien von Amerika, von den entlegensten Inseln des Weltmeeres zusammen gekommen sind, bilden den Hof des Statthalters Jesu Christi, und umgeben ihn gleich einer strahlenreichen Krone. Zwei- oder dreihundert Prälaten, von jedem Rang, jedem Titel, jeder Tracht sind sein Ehrengeleit. Wie herrlich, diesen großartigen, unvergleichlichen Zug die große Treppe Konstantins herabsteigen zu sehen. Welche Mannigfaltigkeit, welcher Reichtum in den heiligen Gewändern. Sechs Kardinalbischöfe, siebenunddreißig Kardinalpriester, elf Kardinaldiakone, ein Patriarch vom Morgenland, zweiundvierzig Erzbischöfe, hundert Bischöfe von jedem Ritus, von jedem Land der Welt, schreiten in zwei majestätischen Reihen einher, im Chorrock und mit der Inful auf dem Haupt. Der Statthalter Jesu Christi folgt ihnen in allem Glanz seiner Pontifikal-Gewänder. Der Gesang der Litanei der Heiligen, der in der Sixtinischen Kapelle begonnen wird, wird durch den Königssaal, die Treppe Konstantins, das Peristyl und das große Schiff der Basilika fortgesetzt. Eine unzählige Menschenmenge drängt sich heran, um den Zug der Kirchenhirten zu schauen und den Segen ihres obersten Hirten zu erhalten, der voll Sammlung, betend und Freude auf den Lippen und in den Augen einherschreitet. Vor der Kapelle des allerheiligsten Sakramentes hält der Zug, und nachdem man der im Tabernakel verborgenen Gottheit seine Anbetung gezollt, schließt der Papst den Gesang der Litanei mit dem treffenden Gebet. Dann bewegt sich der Zug weiter gegen den Beichtaltar, der von kostbaren Papstkronen und Bischofsmützen, vom Kreuz und den Leuchtern, Reliquienkästchen, Blumen und Lichtern erglänzt. Er geht vor dem alten Standbild des ersten Papstes vorbei, desjenigen, der von Christus selbst die Oberleitung der Kirche empfangen, des Felsenmannes Petrus, des Fischers von Galiläa, der oberster Kirchenhirte, der Statthalter Jesu Christi, das Oberhaupt der allgemeinen Kirche geworden ist.
Wenn der Papst auf seinem Thron sitzt, die Bischöfe und Prälaten nach der Reihe, um ihm ihre Unterwürfigkeit zu bezeigen, und seinen geheiligten Fuß oder seine Hand zu küssen, an der der Hirtenring glänzt.
Der Gesang der dritten Stunde ist zu Ende, die Huldigung erstattet. Das heilige Opfer beginnt, und der Hohepriester des allgemeinen Gesetzes tritt an den Altar, um das anbetungswürdige Opfer darzubringen.
Das Evangelium ist in den beiden Sprachen gesungen worden. Es ist der mit solcher Ungeduld erwartete Augenblick, alle Augen sind auf den Thron des Papstes gerichtet. Eine feierliche Stille entsteht in der Versammlung. Alle Herzen erheben sich gen Himmel. Die gesamte Kirche entsendet fünf ihrer Hirten zum Thron des Statthalters Jesu Christi, um ihn zu bitten, endlich dem frommen Sinn des christlichen Volkes zu willfahren und zu bestimmen, dass das Fürwahrhalten der Unbefleckten Empfängnis Mariä ein Artikel der katholischen Glaubenslehre sei. Se. Excellenz, der Kardinaldekan des heiligen Kollegiums, von dem Patriarchen von Alexandria, dem griechischen Erzbischof, einem lateinischen Erzbischof und Bischof begleitet, hat den Auftrag, den Ausdruck des Verlangens der Kirche vor den päpstlichen Thron zu bringen und um ihre inständige Bitte vorzutragen. Der Statthalter Jesu Christi hört auf eine Bitte, die seinem Herzen ebenso angenehm als dem Verlangen seines eigenen frommen Sinnes entsprechend ist, und er erklärt, dass er noch einmal um die Erleuchtung des Heiligen Geistes bitten und den göttlichen Willen befragen will. Ohne seinen Thron zu verlassen, wirft er sich auf die Knie. Die gesamte Kirche wirft sich mit ihm nieder, und er stimmt das Veni Creator an, das von der Geistlichkeit und der ungeheuren Menge der Gläubigen weiter gesungen wird. In der weiträumigen Basilika steigt ein einstimmiges, glühendes Gebet von allen Lippen und ein allvermögendes Flehen zum Thron Gottes auf. Nach Beendigung des Hymnus erhebt sich der Statthalter Jesu Christi und singt das Gebet. Sodann beginnt er vor der gesamten katholischen Kirche, die durch vierundfünfzig Kardinäle, durch einen Patriarchen, durch zweiundvierzig Erzbischöfe, durch hundert Bischöfe, durch zweihundert oder dreihundert Prälaten niederen Ranges, durch mehrere Tausende von Priestern und Ordensherrn von jedem Ritus, aus allen Orden, jeder Tracht und wenigstens fünfzigtausend Gläubigen aller Stände, aus allen Ländern, vertreten ist, die Inful auf dem Haupt und in der Haltung des höchsten Kirchenlehrers, der gehalten ist, die religiösen Aussprüche und die Überlieferungen zu erklären und die Lehrsätze des Glaubens zu verkünden, die Verlesung des Beschlusses mit jener männlichen, wohllautenden, weichen und majestätischen Stimme, die seiner Rede einen unbeschreiblichen Reiz verleiht. Wie er nach der Anrufung der allerheiligsten Dreieinigkeit, der Apostel Petrus und Paulus zu der die Unbefleckte Empfängnis betreffende Stelle kommt, erweicht sich seine Stimme noch mehr, Tränen treten in seine Augen, und wie er die sakramentalen Worte: Wir bestimmen, beschließen und setzen fest, spricht, erstickt ihm das Wort unter seiner Gemütsbewegung, seinen Tränen und er sieht sich genötigt, inne zu halten und den Tränenstrom, der sich aus seinen Augen ergießt, zu trocknen. Gleichwohl sieht man, dass er eine letzte Anstrengung macht, um seine Bewegung zu unterdrücken, und er setzt die Verlesung mit jener festen und würdevollen Stimme fort, die dem Richter in Glaubenssachen geziemt. Das Herz tritt ihm auf die Lippen und man weiß nicht, ob er predigt oder liest, so lebendig, so gefühlvoll ist seine Stimme, und man fühlt, dass der Vater der Christenheit, der hingebungsvolle Sohn Mariens, der oberste Hirte der Kirche und der unfehlbare Richter auf dem Gebiet des Glaubens aus einem Mund sprechen, oder vielmehr, dass der göttliche Geist es ist, der durch seinen Mund spricht und mit dem Ausspruch des Lehrers der Wahrheit die Gefühle eines Maria zärtlich ergebenen Herzens verbindet. Seine Gemütsbewegung erhebt sich wieder, da er nach der Erklärung, dass der Glaube an die Unbefleckte Empfängnis zu allen Zeiten der Glaube der katholischen Kirche gewesen, dass er folglich von allen ihren Kindern angenommen werden müsse, und nachdem er die Strafen festgesetzt, denen sich diejenigen aussetzen würden, die vermessen genug wären, diesen Glauben anzufechten, auf die Darstellung der Gnaden zurückkommt, die er selbst der heiligsten Gottesmutter zu verdanken bekennt, der Hoffnungen, die er im Betreff der Entfernung der Schäden der Gesellschaft und der Kirche auf ihre Fürsprache baut, und des Glückes, das er fühlt, die Ehre derjenigen erhöhen zu können, die er stets so sehr geliebt und von der alle Güter und Gaben des Himmels ausströmen.
Der Papst hatte kaum das Te Deum angestimmt, als es durch die ganze Basilika tönte, und es war ein unendlicher Hymnus gerührter Dankbarkeit, ein einziger, unbegrenzter, allgemeiner Hymnus an das glorreiche Vorrecht Mariens, ein glühendes, einstimmiges Gebet, das die Artillerie-Salven und das Geläut aller Glocken der Stadt zum Himmel trugen und vor dem Thron der unbefleckten Jungfrau niederlegten.
Es gibt aber in der katholischen Kirche kein schönes Fest, wenn nicht das Volk seine Hauptzierde ist. Wir haben von den Fürsten der Kirche, von allen Rangstufen der Geistlichkeit gesprochen. Wir haben die ganze heilige Hierarchie in Bereitwilligkeit und Liebe wetteifern gesehen. Allein welchen Anteil nahmen die Gläubigen, das Volk daran? Ihnen kommt es zu, ihm seinen wahren Charakter aufzudrücken. Sind die Herzen bewegt worden? Ist es wirklich eine volkstümliche, allgemeine Glaubensmeinung, die man zum Glaubenssatz erhebt, und sehnen sich die Kinder der Kirche so sehr wie man sagt danach, Maria den Titel unbefleckt in ihrer Empfängnis verleihen zu sehen? Ach! Die Antwort auf diese Frage ist gegeben, sie ist hier ganz lebendig. Seht jene Menge, die schon um sieben Uhr früh sich gegen die alte Basilika des Apostelfürsten bewegt, dessen weiten Schiffräume und sogar die sonst so menschenleeren Kapellen füllt, die sich drängt und jeden Augenblick größer wird. Da ist eine fortwährende Ebbe und Flut. Die weiten Eingänge der Basilika genügen diesen Tausenden von Gläubigen nicht mehr, die sich darauf stürzen und sie belagern. Dreißigtausend Personen sind nach der Aussage der Kundigsten in der Kirche beisammen, und die Menge, die von sieben Uhr früh bis ein Uhr nachmittags fortwährend ein- und ausströmt, beträgt wenigstens sechzigtausend Personen, die dem Fest beigewohnt haben. Und welche Sammlung in dieser Menschenmenge! Welcher Ausdruck der Zufriedenheit! Mit welchem Herzen sie betet! Wie die Kirchengebete sie anregen, rühren, und mit welcher Liebe, mit welchem Glauben sie diese Gebete der Anrufung und des Lobes singt! Und wie der übrige Teil der Bevölkerung die Kirchen der heiligen Stadt füllt, wie sehr sie bemüht ist, die Beleuchtung vorzubereiten, die die Nacht dieses schönen Tages in einen mit Sternen besäten Himmel verwandeln soll! Wie sie beim Schall der Glocken, die die Vollendung des großen Aktes verkünden, sich niederwirft und die Jungfrau ohne Makel grüßt! Wie viele heilige Gesänge sind in den Klöstern, in den Familien, in den Heiligtümern der Herzen an sie gerichtet worden!
Es kommt der Abend, und da bricht der Glaube, die Freude des Volkes glänzend hervor, und die ganze Stadt wird ein zu Ehren der Gottesmutter errichteter Tempel. Schon am Abend des vorangegangenen Tages begrüßten, ungeachtet des Regens und des stürmischen Himmels, Millionen Lichter die Morgenröte des kommenden Tages, am Abend des Festes aber ist die Stadt buchstäblich eine feurige Stadt. Kein Balkon, kein Fenster, keine Dachluke, die nicht ihre Lämpchen hätte. Die großen Verbindungsadern der Stadt, der Corso, die Papststraße, Ripetto sind Feuerströme, die öffentlichen Plätze, die Monumente und die Kirchen tragen feurige Gebäude. Das Kapitol funkelt und die Musikkorps begrüßen im Freien, im Namen des römischen Volkes, den Triumph der Himmelskönigin, die auch die Königin der Kirche und von Rom ist. Überall Transparente, Marienbilder, Inschriften zu ihren Ehren, überall die Worte: "Maria ohne Erbsünde empfangen." Eine zahllose Menschenmenge durchzieht die Stadt, die ganze Bevölkerung ist in den Straßen, auf den Plätzen, besonders bei St. Peter, dessen Kuppel ein strahlendes Diadem in die Lüfte hebt. Man möchte sagen, es habe eine besondere Vorsehung gewacht, um dieser Beleuchtung, deren Großartigkeit und Schönheit bekannt ist, einen ungewohnten Glanz zu geben. Eine schwarze Wolke, die einzige am Himmel, die gleichsam erschien, um an Regen, den Sturm des vorhergehenden Tages und der ganzen verflossenen Nacht zu erinnern, bildete hinter der Kuppel einen düsteren und schwarzen Hintergrund, auf dem sich jene Flammenkrone, die die ewige Stadt der Königin des Weltalls zur Huldigung brachte, wundersam hervorhob. O Nacht, schöner als der Tag! O Flammengezelte, entzündet, um das Fest unserer Mutter zu erhellen! O Königin des Himmels! Vermag die Erde dir eine schönere Krone zu bieten?
Dieser Art war das Fest vom 8. Dezember zu Rom, oder vielmehr war dieser Art ein Teil, vielleicht der schwächste Teil dieses unvergänglichen Festes. Übrigens ist dies nur der erste Tag, der Anfang der Feste. Schon am 10. zog eine andere Festlichkeit die ganze heilige Stadt nach St. Paul vor den Mauern. Daselbst sollte der Papst, von den zweihundert Bischöfen und der gesamten Geistlichkeit begleitet, die Basilika des Apostels der Heiden weihen, deren Einweihung somit in Verbindung stehen wird mit dem Triumph der Himmelskönigin. Und dieses zu Rom begonnene Fest wird sich durch den ganzen Erdkreis fortsetzen. Die Glocke von St. Peter wird die Glocken der ganzen Erde in Bewegung setzen, und bis in den öden Landstrichen der neuen Welt und in den entlegensten Gegenden der alten, wird das Wort des obersten Kirchenhirten wiederholt und mit Beifall aufgenommen werden. Überall wird die Unbefleckte Empfängnis verherrlicht werden.
Und Joachim der Gute
Sing mit fröhlichem Mute
Nach des Engels Worte
Zu der Goldenen Pforte.
Der Engel hatte unterdessen
Auch Annas Trauer nicht vergessen;
Dieselbe Botschaft ward ihr so.
Zur Goldenen Pforte kam sie froh,
Wo sie ihr trauter Mann empfing.
Von Gottes Huld es so erging,
Dass ein Kindelein rein und zart,
Maria, empfangen ward,
Gar ohne Makel, ohne Schuld
Und unbefleckt, durch Gottes Huld.
Maria, o du Klare,
Du lichter Morgenstern,
Du Reine, segenbare,
O leucht uns hin zum Herrn!
Von Sünde frei empfangen,
Vom Engelschor verehrt
Und von der Höllenschlangen,
Der falschen, unversehrt,
O Jungfrau keusch und rein,
Kein Lob auf dieser Erde
Kann deiner würdig sein!
(Aus: "Goldene Legende der Heiligen"
von Joachim und Anna bis auf Constantin den Großen
1. Höchst albern ist, wer eine geringe Last nicht tragen, sondern lieber warten will, bis sie schwerer, er selbst aber schwächer geworden ist. Dieser Tor bist du, der du in jüngeren Jahren dich weigerst, die Bürde der Buße zu tragen, so lange sie leicht und gering ist, sondern damit bis in dein Greisenalter zögerst, wo diese Bürde zu einer ungeheuren Last erwachsen ist, deine Kräfte aber abgenommen haben, und du es nicht mehr vermagst, sie zu tragen. Denn je länger du zögerst, umso mehr nimmt die Last deiner Sünden zu, da eine Sünde, die nicht durch die Buße getilgt wurde, durch ihr eigenes Gewicht andere nach sich zieht.
2. Wer seine ganze Lebenszeit dazu nutzt, und weder Fleiß noch Unkosten scheut, ein Haus zu erbauen, in dem er nicht wohnen möchte, und dagegen das Haus zu zerstören, wo er seinen beständigen Wohnsitz aufschlagen will, der wird mit Recht ein wahnsinniger Narr genannt. So einer aber bist du, der du mit deiner Bekehrung gezögert hast und bis zu deinem Tod eine Wohnung in der Hölle dir erbaust, wo du doch nicht wohnen willst, und dagegen durch deine Laster die Wohnung zerstörst, die du durch deine Bekehrung im Himmel erlangt hättest. Höre und beherzige die Worte des Propheten: "Wer unter euch hält es aus neben dem verzehrenden Feuer, wer von uns hält es aus neben der ewigen Glut?" (Jesaja 33,14b)
3. Je länger ein Schuldner säumt, der eine bedeutende Summe auf Zinsen erhielt, diese Zinsen abzutragen, umso größer werden diese Zinsen samt der Summe. Fällt es ihm nun schon am Anfang schwer, seine Verpflichtungen zu erfüllen, so wird er am Ende außer Stande sein, zu erstatten. Dieser Schuldner bist du, säumiger Sünder. Je länger du in der Sünde verweilst, umso größer werden die Zinsen deiner Schuld, und umso schwerer wird deine Verdammnis. Deine Hoffnung in deiner Unbußfertigkeit ist Vermessenheit. Zittere, dass du, indes du Barmherzigkeit erwartest, dem Gericht anheimfällst. Jesus Sirach 5,7: "Zögere nicht, dich zu ihm zu bekehren, verschiebe es nicht Tag um Tag. Denn sein Zorn bricht plötzlich aus, zur Zeit der Vergeltung wirst du dahingerafft."
Ich grüße dich ganz herzlich, meine liebe Mutter Maria, meine auserwählte Mittlerin und treuherzige Fürsprecherin bei deinem Sohn. An dein mütterliches Herz spreche ich diesen Gruß in kindlicher Liebe und wünsche hierdurch dein treues Herz so sehr zu erfreuen, als der Engel Gabriel es mit seinem himmlischen Gruß erfreut hat. Ich grüße und ehre dich, meine liebste Mutter, im Namen aller, die im Himmel, auf Erden und unter der Erde sind. Insbesondere grüße und ehre ich dich anstatt derjenigen, die dich verunehren und boshaft lästern. Lass dir meine Grüße gefallen jetzt und allezeit. Amen.
Zu Gott auf die Fürbitte des heiligen Ambrosius
O Gott, der Du Deiner Kirche den heiligen Ambrosius als einen freimütigen Verteidiger Deiner Lehre gegeben hast, wir bitten Dich auf seine Fürbitte um die Gnade, seiner Lehre und seinem Beispiel zu folgen, der Du lebst und regierst, Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.
Andenken an die seligste Jungfrau
Heute ist der Vorabend des Festes der Unbefleckten Empfängnis Mariä, und wurde von vielen als ein Fasttag beobachtet. In England, als es noch katholisch war, war dieser Gebrauch allgemein.
Trier ist unter den deutschen Städten an Ehren reich, und nicht die geringste unter den christlichen Ehren Triers besteht darin, dass in seinen Mauern der erste von den vier großen Kirchenlehrern des Abendlandes geboren wurde, Sankt Ambrosius, von dem es im Evangelium heißen könnte: „Keiner fand sich, der gleich ihm gehütet das Gesetz des Allerhöchsten.“
Ambrosius, der Sohn eines hohen Staatsbeamten, wurde in Trier um das Jahr 333 geboren, zog nach dem frühen Tod des Vaters mit Mutter, Bruder und Schwester nach Rom und erhielt dort eine treffliche Erziehung. Nach den Schuljahren trat der junge Mann in den Staatsdienst, arbeitete eifrig und pflichtgetreu, stieg auf der Leiter der Ämter und Ehren schnell empor und nahm mit vierzig Jahren als Statthalter in Mailand eine der höchsten Staatsstellen ein.
In Mailand ging es zu der Zeit kunterbunt her, denn neben den Katholiken machten sich Irrgläubige breit, die schon oft erwähnten Arianer. Es war des Zwistes kein Ende, und alle Tage gab es neue Händel. Mit Geduld und Geschick vermittelte der junge Statthalter zwischen den beiden Gruppen, und infolge seiner Klugheit und Gerechtigkeit hatte sich Ambrosius bald das Vertrauen aller erworben. Als dann der derzeitige Bischof von Mailand starb, konnte man sich über den Nachfolger nicht einigen. Bei der Wahl des neuen Oberhirten standen sich im Dom der Stadt die Gegner mit geballten Fäusten gegenüber, und um Blutvergießen zu verhüten, eilte der Statthalter in eigener Person herbei, griff in den Tumult ein und mahnte mit ernsten Worten zur Besinnung und Einigkeit.
Da wurde es still im Dom, und in die Stille rief plötzlich eine helle Kinderstimme: „Ambrosius, Bischof!“ Es wirkte aber das Wort aus Kindermund wie ein Funke, der einen Brand entzündet, denn gleich nachher ging der Ruf von Mund zu Mund: „Ambrosius, Bischof!“
Ob Ambrosius wollte oder nicht, ob er sich weigerte und sträubte, es half ihm alles nichts, das Volk hatte ihn gewählt und ließ nicht mehr ab von ihm. Dabei war der Gewählte ein Staatsbeamter, weder Priester noch überhaupt getauft. Wie? Ambrosius war noch nicht getauft? Nein, denn damals bestand der unchristliche Brauch, die Taufe, obwohl man christlich lebte, möglichst bis in die Sterbestunde hinauszuschieben. Welch ein Unverstand! Wie viele Kinder und Erwachsene, die plötzlich vom Tod hinweggerafft wurden, mögen da wohl ohne die Taufgnade verstorben sein?
Ambrosius war, wie gesagt, bei der Erwählung zum Bischof von Mailand noch nicht getauft. Bevor er die Bischofsweihe empfing, musste er natürlich getauft werden. Das geschah am 30. November 374, und an den folgenden Tagen erhielt Ambrosius nach der Legende die heiligen Weihen, jeweils eine an einem Tag, erst die vier niederen Weihen, dann wurde er Subdiakon, dann Diakon, dann Priester und endlich am 7. Dezember, also am heutigen Gedenktag, Bischof. So schnell hat es noch keiner fertiggebracht, dass er innerhalb einer Woche vom Ungetauften bis zum Bischof aufstieg.
Ambrosius war also Bischof geworden, und nicht lange dauerte es mehr, da war jeder Zoll an ihm ein Bischof. Bischof Ambrosius war ein Vater der Armen. Gegen die Irrgläubigen, die hartnäckig im Irrtum verharrten, ging er vor, wie es die Pflicht eines katholischen Bischofs gebietet, und wenn er sonntags auf der Kanzel Gottes Wort verkündete, machtvoll und kräftig, so lohten erneut die Pfingstgluten auf. Unzählig ist die Zahl jener, die er bekehrte, und der größte unter denen, die er bekehrte, ist der heilige Augustinus gewesen. Dabei war Bischof Ambrosius kein Schönredner, sondern ein mutiger Mann, der auch den Mächtigen und auch dem Kaiser kühn und ungeschminkt die Wahrheit öffentlich an den Kopf warf. An Ambrosius war jeder Zoll nicht nur ein Bischof, sondern auch ein Mann.
Es darf ferner nicht unerwähnt bleiben, dass Bischof Ambrosius es war, der oft in Wort und Schrift das hohe Lied der Jungfräulichkeit im ehelosen Stand um Christi willen verkündete, und damit leitet der Heilige bereits vom heutigen Tag über auf das morgige Hochfest der Jungfräulichkeit, an dem wir der Unbefleckten Empfängnis der allerseligsten Jungfrau gedenken.
Aus dem "Marianischen Festkalender:
Der heilige Ambrosius war für die Verteidigung der Vorrechte Mariens so begeistert, dass er nichts ertragen konnte, was der Ehre dieser heiligen Mutter zuwider lautete. Als Jovinian, ein abtrünniger Mönch von Mailand, die Vermessenheit zeigte, zu behaupten, dass der jungfräuliche Stand keinen Vorzug habe vor dem Ehestand, und dass Maria mit der Geburt aufgehört habe, Jungfrau zu sein, beschloss der große Bischof, von heiligem Zorn ergriffen, eine so empörende Gottlosigkeit im Keim zu ersticken. Er beeilte sich deshalb, nach Mailand ein Provinzial-Konzil zu berufen, und in dieser ehrwürdigen Versammlung ließ er Jovinian als Ketzer verdammen und erklären, dass er und seine Schüler von allem Anteil an den Gütern der Kirche und der Gemeinschaft der Gläubigen ausgeschlossen sein sollen.
1. Betrachten wir diesen großen Propheten, der die Wüste verlässt, den Völkern die Buße zu predigen, die er selbst von frühester Kindheit an in höchster Strenge geübt hat. Er ist, wie der Herr der Propheten ihm selbst das Zeugnis gibt, "ein brennendes und leuchtendes Licht". Erfüllt mit dem Heiligen Geist, brennt er von heiligem Eifer für Gottes Ehre, und leuchtet durch Unschuld, Heiligkeit und Buße. Von Kindheit an in der Wüste, war Gebet und Buße seine unablässige Beschäftigung. Sein Umgang war mit Gott allein, und in seinen erhabenen Betrachtungen über die tiefsten Geheimnisse des Heils erleuchtet, verlässt er diesen schaurigen Aufenthalt nur auf Gottes Geheiß.
2. Schon der bloße Anblick dieses heiligen Einsiedlers ist eine eindringliche Predigt. Denn, wie der Herr von ihm bezeugt, weder aß noch trank er, und seine Speise, Heuschrecken nämlich und wilder Honig, predigt die Buße denjenigen, die ihrem Bauch als ihrem Gott dienen. Seine Kleidung aber, Kamelhaare und ein lederner Gürtel um seine Lenden, verdammt die Kleiderpracht und Weichlichkeit der Weltkinder. Darum auch wirken seine Reden erschütternd auf die Herzen. Unerschrocken bezeichnet er die heuchelnden Pharisäer als eine Natternbrut, und bedroht sie, wenn sie nicht ernsthaft Buße tun, mit dem unauslöschlichen Feuer der Hölle. Ebenso wenig fürchtet er den Zorn der Könige und stirbt mit Freuden den Märtyrertod.
3. Hören wir die Stimme dieses gewaltigen Predigers, der bis auf den heutigen Tag aus den Fluren des Evangeliums uns zuruft: "Bringt Frucht hervor, die eure Umkehr zeigt. Jeder Baum, der keine gute Frucht hervorbringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen." (Matthäus 3,8+10) Indessen fordert er uns zu keiner Buße auf, die mit der seinigen sich vergleichen ließe. Er fordert bloß, dass wir keine Ungerechtigkeit begehen, die Pflichten unseres Standes genau erfüllen, den Armen eine milde Hand auftun, und Jesus, das Lamm Gottes, als den eingeborenen Sohn Gottes erkennen und ihm gehorchen. Matthäus 11,12: "Seit den Tagen Johannes` des Täufers bis heute wird dem Himmelreich Gewalt angetan; die Gewalttätigen reißen es an sich."
Am Fest des heiligen Nikolaus ist es bis Weihnachten nicht mehr lang. Nikolaus verdient wie kein zweiter die Ehre, der Vorbote des Christkinds zu sein, denn er ist wirklich ein guter Mann.
Nikolaus war noch jung, als im Jahr 300 seine Eltern am gleichen Tag durch die Pest zu Tode kamen. Es war bitter für den Jungen, denn Waisenkinder haben es im Leben meistens weit schwerer als andere Kinder, deren Eltern so lange Leben, bis sie groß sind.
Weil also Nikolaus früh an sich selbst erfuhr, wie tief Not und Unglück die Menschen quälen können, verstand er auch die Armen und Bedrückten. Und weil er dazu ein gutes Herz hatte, war es ihm sehr wichtig, anderen, die in Sorgen lebten, zu helfen, wo er nur konnte, und wo er nicht helfen konnte, da stand ihm sogar Gott durch offensichtliche Wunder bei.
Da war einmal zu Myra in Kleinasien, wo Nikolaus lebte, ein entsetzliches Verbrechen geschehen. Drei kleine Kinder waren getötet worden, und die Leichen hatte der Mörder in einem Fass versteckt. Als diese Tat bekannt wurde, waren die Leute entsetzt und voller Angst. Auch Nikolaus hörte von dem Mord. Sofort ging er hin und erweckte durch das heilige Kreuzzeichen die Kinder wieder zum Leben. Zur Erinnerung an dieses Wunder sieht man auf den Bildern, die den heiligen Nikolaus darstellen, ein Fass mit drei kleinen Kindern.
Auf anderen Bildern hat der Heilige ein Buch in den Händen, und auf dem Buch liegen drei goldene Äpfel. Damit hat es folgende Bewandtnis. Es lebte damals in Myra ein Familienvater, der drei Töchter hatte und so arm war, dass er nicht wusste, wie er die Kinder ernähren sollte. Als die Not immer größer wurde, kam dem verzweifelten Vater der schreckliche Einfall, die Mädchen zu verkaufen. Die Leute, die von dem Vorhaben hörten, schüttelten den Kopf und bekreuzigten sich. Nikolaus hörte auch von der Sache, schüttelte aber nicht den Kopf, sondern er beschloss, sogleich zu Hilfe zu kommen. Als es dunkel geworden war, ging er an dem Haus, in dem die unglückliche Familie wohnte, vorüber und warf durch das Fenster, das gerade geöffnet war, einen Beutel mit so viel Geld hinein, wie er im Augenblick besaß. Dann lief er fort, weil er nicht wollte, dass seine helfende Tat bekannt werde. Das gleiche tat Nikolaus, sobald er wieder zu Geld gekommen war, noch zweimal, bis die Familie von aller Not befreit war. Er tat dies ganz verborgen und still. Und so ist es auch zu verstehen, dass Sankt Nikolaus, der noch heute jedes Jahr an seinem Festtag die Kinder beschenkt, das schöne gute Werk immer in der Nacht tut, wenn die Kinder schlafen. Der heilige Mann will in seiner Bescheidenheit das Gute, das er verrichtet, nach echter Christenart heimlich tun. So soll es ja auch sein, denn, so sagt es die Bibel, beim Gutestun darf die linke Hand nicht wissen, was die rechte tut.
Auf den Bildern des heiligen Nikolaus ist neben dem Fass mit den drei Kindern, die er zum Leben erweckte, und neben den goldenen Äpfeln, die seine dreimalige Gabe an die arme Familie darstellen, auch noch ein Schiff im Sturm abgebildet. Als sich nämlich einmal ein Schiff in Seenot befand und fast unterging, erschien plötzlich auf dem Deck der heilige Nikolaus, nahm das Steuer in die Hand und führte das Schiff durch die Wellen in den sicheren Hafen. Deshalb ist Sankt Nikolaus nicht nur der Liebling der Kinder, sondern auch der Patron der Seefahrer und Reisenden auf den Meeren und auf den Flüssen.
Zuletzt ist der heilige Nikolaus Bischof in seiner Vaterstadt Myra geworden. Dort ist er auch am 6. Dezember 345 gestorben.
Aus dem "Marianischen Festkalender:
Man muss den heiligen Nikolaus mit vollem Recht unter die frömmsten Diener Mariens und die eifrigsten Verteidiger ihrer Vorzüge zählen. Von Kindheit an fastete er jeden Samstag bei Wasser und Brot zu ihrer Ehre, und täglich richtete er die glühendsten Gebete an sie. Die Mutter Gottes ließ ihm dafür den köstlichsten Segen und sogar viele höchst erfreuliche Gesichte zuteilwerden.
Als er eines Nachts im Gebet begriffen war, sah er den Heiland der Welt in großer Herrlichkeit zu sich kommen, und erhielt von dem göttlichen Meister, ein mit Gold und Edelsteinen verziertes Evangelienbuch von großem Wert zum Geschenk. Hierauf erblickte er die glorreiche Jungfrau, die sich ihm mit unendlicher Freundlichkeit näherte, und ein Pallium, wie die Erzbischöfe sie zu tragen pflegten, über die Schulter hängte. Auf diese Weise verkündigten ihm Jesus und Maria selbst, dass sie ihn für die bischöfliche Würde bestimmt hatten, zu der er bald darauf, zum Ruhm der Kirche und zum Heil der Seelen erhoben werden sollte.
Beim Konzil von Nizäa war er einer der gefürchtetsten Gegner des Arianismus, und er zeigte sich hauptsächlich voller Eifer, die Mutter Gottes wegen der sträflichen Angriffe der Neuerer zu rächen. In einer der Sitzungen hatte ein unverschämter Ketzer die Keckheit, mit einer Menge gotteslästerlicher Irrtümer über Maria hervorzutreten, und ihre schönsten Vorzüge zu leugnen. Nikolaus, der ganz außer sich geriet, warf sich auf ihn, und versetzte ihm einen derben Schlag auf seinen gottlosen Mund, indem er sich glücklich pries, auf solche Weise die seiner guten Mutter zugefügte Schmach öffentlich zu rächen. Die Väter des Konzils missbilligten jedoch dieses Benehmen, und glaubten den Bischof von Myra wegen seiner Ungeduld und Übereilung zur Strafe ziehen zu müssen. Sie erklärten daher, er solle für einige Zeit des Palliums und sogar der Mitra verlustig sein. Der Heilige unterwarf sich. Es war für ihn aber äußerst schmerzlich, die Zeichen seiner Würde nicht tragen zu dürfen. Allein Maria beeilte sich, ihm zu Hilfe zu kommen, und ihn auf eine auffallende Weise zu rechtfertigen.
Da er eines Tages eine feierliche Messe zur Ehre der allerseligsten Jungfrau zelebrierte, zeigten sich angesichts des ganzen Volkes zwei Engel, von denen der eine ihm die Mitra aufs Haupt setzte, während der andere ihm das Pallium um die Schultern hängte. Es erschien ihm ferner in der folgenden Nacht die Mutter Gottes, und sagte ihm, sie habe ihm, zum Dank für die Züchtigung, die er dem Ketzer auferlegt habe, das Pallium und die Mitra zurückgeben lassen.
So gut, so erkenntlich, so zuvorkommend sogar ist Maria zu ihren Dienern. Niemals lässt sie sich an Großmut übertreffen. Nikolaus starb am 6. Dezember 327.
Über den hl. Nikolaus
(Aus: „Katholischer Digest“, Nr. 12, Dezember 1957)
Für jedes Kind kommt einmal die Zeit, in der es erfährt, der hl. Nikolaus und sein Helfer Knecht Ruprecht seien nichts weiter als verkleidete Erwachsene, die den Kindern Angst einjagen, sie zum Bekennen ihrer Verfehlungen während des Jahres veranlassen und mit der Rute bestrafen sollen. Freilich, wer brav und artig gewesen sei, der habe nichts zu fürchten, sondern werde im Gegenteil noch belohnt.
Darin zeigt sich schon, dass es mit dem Schreckhaften dieser Gestalt – selbst der des Ruprecht – nicht gar so weit her gewesen sein kann. Und in der Tat, was wir über den Heiligen lesen, lässt uns auf einen gütigen alten Mann schließen, der niemand etwas zuleide tut, sondern vielmehr allen nur Gutes erweist – wie es von einem Bischof, und gar noch einem heiligen Bischof, mit Fug und Recht erwartet werden darf.
Der geschichtliche Nikolaus
Allerdings gab es nicht nur einen heiligen Nikolaus. Der „jüngste“ sozusagen ist der hl. Nikolaus von der Flüe aus dem 15. Jahrhundert, der Nationalheilige der Schweiz. Ein weiterer, ein Augustinermönch aus Mittelitalien, Nikolaus von Tolentino, lebte in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts. Dann Nikolaus der Pilger, ein Einsiedler, Narr in Christus und Märtyrer aus dem 11. Jahrhundert. Und schließlich der selige Nikolaus Albergati, Kartäuser, Bischof und Kardinal – wie Klaus von der Flüe - aus dem 15. Jahrhundert. Diese vier haben jedoch mit dem vorweihnachtlichen Nikolaustag nichts zu tun. Unser Nikolaus war vielmehr ein heiliger Bischof – wie Nikolaus Albergati –, weshalb er uns auch im Bischofsornat am vertrautesten ist. Er lebte vom Ausgang des 3. bis zur Mitte des 4. Jahrhunderts. Sein Geburtsort Patara, ehemals eine bedeutende Hafenstadt an der Küste Kleinasiens, ist heute fast vergessen. Meilenweit im Umkreis liegen die Trümmer antiker Baudenkmäler verstreut, überwachsen von Gras, Büschen und Bäumen. Selten kommt noch ein Wanderer in die wüste Gegend. Ähnlich verhält es sich mit Myra, dem Bischofssitz des Heiligen. Auch dies war eine bekannte Hafenstadt, heute liegt es jedoch infolge der Ablagerungen der reißenden kleinasiatischen Gebirgsflüsse einige Kilometer landeinwärts. Der heutige türkische Ort heißt Demre. Eine Erdflut hat das alte Myra nahezu ertränkt. Nur vereinzelt ragt noch hier und dort ein Bauwerk aus der 4-6 m hohen Sandschicht heraus.
Die Kirche des hl. Nikolaus blieb vor der völligen Zerstörung bewahrt. Die kleine Christengemeinde schützte das Innere vor dem Schlamm der Flüsse. Doch steigt man heute (1957) über grasüberwucherte Stufen in das alte Kirchenschiff, eine hohe, eindrucksvolle Halle mit Resten von Malereien, hinab. Bogenfenster unterbrechen die turmhohen wuchtigen Mauern. Nur vom Eingang her und durch zwei Fenster, die noch über die heutige Erdoberfläche hinausragen, dringt etwas Licht in den Raum. Zar Nikolaus II. von Russland wollte die Kirche wiederherstellen. Die russische Revolution verhinderte die Ausführung des Plans.
Die Kirche wurde bereits im 4. Jahrhundert, also kurz nach des Bischofs Tod, errichtet, ein Zeichen für die hohe Verehrung, die er schon damals genoss.
Von der alten Schönheit zeugen nur noch wenige Reste. In einer der beiden Seitenkapellen befindet sich das alte Grabmal des Heiligen. Der mächtige Marmor-Sarkophag ist jedoch übel zugerichtet. Durch ein Loch in seiner Stirnseite haben italienische Kaufleute und Seefahrer (1087) die Gebeine herausgenommen und vor den Türken nach Bari in Sicherheit gebracht.
Historisches ist über Nikolaus wenig überliefert. Wir wissen nur, dass dieser „Bekenner“ in der letzten Christenverfolgung viel erleiden musste, dass er 325 beim Konzil von Nicäa war und um 350 verstarb. Nahezu alles andere ist legendär.
Der hl. Nikolaus in der Legende
Über den hl. Nikolaus in der Legende aber könnte man ganze Bücher schreiben. Ihren Anfang nahm die Nikolausverehrung in Konstantinopel. Dort entstand die Wundererzählung von der Errettung dreier Feldherren, die zum Tode verurteilt waren. Der Heilige soll dem Kaiser erschienen sein und ihn um ihre Begnadigung und Freilassung gebeten haben. Nach Erhörung dieser Bitte wurde er in der griechischen Kirche besonders verehrt.
Der Kult griff dann nach Italien über und breitete sich nach der Überführung (man könnte auch sagen: dem Raub) der Gebeine nach Bari rasch aus. Nikolaus wurde einer der großen Volksheiligen. Sein Grab in der am Meer gelegenen Nikolauskirche der süditalienischen Hafenstadt wurde zum Ziel für Pilger aus allen europäischen Ländern. Legende und Verehrung breiteten sich aus, und überall entstanden Nikolauskirchen.
Eine andere Legende erzählt, dass in einem Hungerjahr drei Getreideschiffe, die nach Rom unterwegs waren, vom Sturm in den Hafen von Myra getrieben worden seien. Nikolaus erbat sich von den Schiffsleuten 300 Scheffel Weizen mit dem Versprechen, Gott werde sie ihnen wieder ersetzen. Und wirklich, als man in Rom den Weizen nachmaß, fehlte nicht ein Körnchen.
Ein Wallfahrtsort in Frankreich besitzt einen Finger des Heiligen. Daran rankt sich die Legende von zwei Schülern, die auf dem Weg zu ihm von habgierigen Wirtsleuten ermordet und beraubt worden waren. Der Heilige erfuhr auf wunderbare Weise davon, machte sich auf den Weg, bat um Obdach, brachte den Wirt zum Geständnis und erweckte die beiden Schüler wieder zum Leben.
Ein andermal rettete er ein in Seenot geratenes Schiff vor dem Untergang und führte es dem sicheren Hafen zu.
Nach einer weiteren Legende hat der Heilige in seiner Vaterstadt Patara drei Jungfrauen zur Mitgift verholfen. Ihr Vater, ein in Not geratener Edelmann, konnte sie nicht standesgemäß ausstatten. In drei aufeinanderfolgenden Nächten warf deshalb Nikolaus je einen Goldklumpen durchs Fenster.
Der hl. Nikolaus im Volksbrauch
Die in den vielen Legenden zum Vorschein kommenden Eigenschaften ließen St. Nikolaus zu einem der volkstümlichsten Heiligen des Abendlandes werden. Bedeutende Künstler haben ihn in ihren Bildern verherrlicht. Aus den vielen Legenden entstanden volkstümliche Nikolausspiele, Nikolausmärkte wurden abgehalten und Nikolausritte veranstaltet.
Dargestellt wird der Heilige gewöhnlich als Bischof mit Mitra und Stab, drei goldene Kugeln auf einem Buch tragend; drei Broten oder Steinen, weil er Myra bzw. Bari vor Hungersnot bewahrte; mit zwei Schülern, die einem Bottich entsteigen; sowie mit Anker und Schiff.
Entsprechend ist er auch vielen Ständen zum Patron und in mancherlei Anliegen zum Nothelfer geworden: für die Advokaten, die Apotheker, Bäcker, Bierbrauer, Böttcher, Fährleute, Fischer, Flößer, Gefangenen, Jungfrauen, Kaufleute, Kinder, Lichterfabrikanten, Matrosen, Schreiber, Schüler, Steinbrucharbeiter, Wachszieher, Weber – für eine glückliche Heirat, Wiedererlangung gestohlener Sachen, gegen Diebe, falsches Geld usw. –
Die Reformation, die den Heiligenkult verwarf, versuchte, den heiligen Bischof aus dem Brauchtum zu entfernen, und übertrug seine Rolle des Geschenke Austeilenden auf das Christkind und die den Heiligen ursprünglich nur begleitende, auf heidnische Vorbilder zurückgehende und in den verschiedenen Ländern unter verschiedenen Namen auftretende Schreckgestalt, uns als Knecht Ruprecht oder Weihnachtsmann bekannt.
Den Nikolaus, der allein oder in Begleitung am Vorabend seines Festes durch die Lande zieht, in die Häuser kommt und nachschaut, ob die Kinder während des Jahres auch brav waren, gibt es in vielen europäischen und außereuropäischen Ländern.
Für uns Deutsche kommt er, wie Theodor Storm ihn sagen lässt, „von drauß` vom Walde“ her. Begleitet von seinem treuen Freund und Helfer, Knecht Ruprecht, fährt er mit seinem Schlittengespann durch die Lande. In manchen Gegenden meldet er sich schon am Tag zuvor an, indem er anklopft und Äpfel und Nüsse vor die Tür streut. Er lässt die Kinder beten, fragt den Katechismus ab, erkundigt sich nach ihrem Betragen und teilt dann seine Gaben aus: Äpfel, Nüsse, Lebkuchen, Weckmänner usw.
Andernorts ist es Brauch, dass Nikolaus still und heimlich während der Nacht kommt. Deshalb stellen die Kinder im Rheinland einen kleinen, aus einer Mohrrübe geschnitzten Pantoffel auf den Tisch. In der Lausitz hängen sie ihre Strümpfe ans Fenster, auch in Niederbayern stellt man Teller und Schuhe vors Fenster, in anderen Gegenden auf den Tisch oder unter das Bett. In Nordeuropa, Niederbayern, Tirol und Steiermark werden auch Papierschiffchen für die Gaben aufgestellt. Oder man stellt die Schuhe an den Kamin, weil St. Nikolaus mit Ruprecht angeblich auf einem Schimmel durch die Luft reitet und seine Gaben durch den Kamin wirft. In anderen deutschen Gegenden, ebenso in Holland, füllen die Kinder ihre Schuhe mit Heu und Hafer für das Reittier des Heiligen.
Im 17. Jahrhundert, als Neuyork noch Neu-Amsterdam hieß, kam St Nikolaus über Holland auch nach Amerika. Als Santa Claus bringt er dort alljährlich seine Gaben. Er fährt, wenn er mit seinem achtspännigen Renntierschlitten durch das Land kommt, durch den Rauchfang im Haus und füllt die Strümpfe der Kinder. Und wie überall in der Welt beglückt er auch dort Jahr für Jahr Millionen Kinderherzen.
Von dir, barmherzige Jungfrau, gilt das Wort der Heiligen Schrift: "Sie kommt denen zuvor, die nach ihr Verlangen." Lass es wahr werden dies herrliche Wort an mir Armen! Ja sieh mit zarter Liebe auf mich herab, auf uns alle, die wir noch, mit dem Gewand des irdischen Leibes umkleidet, auf Erden pilgern und gegen Welt, Fleisch und Satan zu kämpfen haben. Sei du unser Stab, unsere Stütze, damit wir im harten Kampf den erwünschten Sieg davon tragen und einst bei dir mit der Krone der Seligkeit beschenkt werden durch Jesus Christus, unseren Herrn. Amen.
Zu Gott auf die Fürbitte des heiligen Sabas
Wir bitten dich, o Gott, verleihe uns auf die Fürbitte des heiligen Sabas Gelassenheit und Geduld gegenüber Fehlenden und Beleidigern, durch Jesus Christus, unseren Herrn. Amen.
Zu Gott
O Gott, der Du uns Hirten gegeben hast, die über unser Seelenheil wachen, verleihe uns, dass wir ihnen die Erfüllung ihrer schweren Pflichten durch Hochachtung, Liebe und Gehorsam erleichtern, damit sie ihr Amt zu Deiner Ehre und unserem Heil verwalten, durch Jesus Christus, unseren Herrn. Amen.
Andenken an die seligste Jungfrau
An diesem Tag wurde zu Rom im Jahr 1584 vom Papst Gregor XIII. die Haupt-Kongregation oder Sodalität unter dem Titel der Kongregation der Verkündigung Mariä errichtet, von der andere dergleichen Sodalitäten in der katholischen Kirche ihren Ursprung haben.
Sabas wurde 439 zu Mutalaska, einem Flecken in Kappadozien, von wohlhabenden Eltern geboren, und im fünften Lebensjahr seinem Vetter Hermias übergeben, weil die Eltern Geschäfte halber sich auf einige Jahre auf Reisen begeben mussten.
Achtjährig begab sich Sabas in ein Kloster, blieb dort zehn Jahre, und lernte und übte während dieser Zeit, was Grund und Inhalt zum vollständigen Dienst Gottes ist. Er bemerkte im Haus des Vetters, was Anhänglichkeit ans Zeitliche und unbeherrschte Neigung nach sich ziehen, und entsagte auf immer dem Gut dieser Erde. Mit Erlaubnis seines Obern reiste er nach Jerusalem, um die heiligen Orte und die Klöster in Palästina zu besuchen. Damals lebte dort der berühmte heilige Euthimius, ein geistlicher Vater vieler Mönche und eine große Stütze des einsamen Lebens. Zu ihm begab sich Sabas und verlangte sein Jünger zu werden, um das vollkommene Leben zu ersteigen. Er wurde aufgenommen, und Theoktistes sein geistlicher Führer.
Sabas hatte sich früher schon an Verleugnung seiner selbst und ans Fasten gewöhnt. Und jetzt war er der erste und letzte beim Gebet, der Fleißigste bei der Arbeit, der Eilfertigste zum Gehorsam, in der Abtötung der Strengste, in seinem ganzen Wesen der Frömmste, somit allen Mönchen zur Erbauung und Freude. Ein Beweis seiner Verleugnung und des Mutes in seiner Strenge ist auch dieses: er war einst im Garten und bekam Lust, einen Apfel zu essen. Er pflückte die Baumfrucht, besann sich aber, dass dies eine Versuchung sei, warf den Apfel von sich, und versprach es Gott, von nun an kein Obst mehr zu essen.
Auf Geheiß seines Obern kam er nach Alexandria, wo sich wirklich seine Eltern aufhielten, ihn erkannten und nimmer entlassen wollten. Er nahm, und zwar nur aus Ehrerbietigkeit gegenüber den Eltern, von zwanzig Goldstücken drei an, machte sich heimlich davon und zurück ins Kloster, wo er die Gabe seinem Abt Euthimius übergab.
Darauf bezog er eine verborgene Höhle, lebte fünf Jahre lang in großer Strenge, kam jeden Samstag zu den Brüdern, lieferte seine Arbeit, in der Woche bei fünfzig Körben, blieb bis Sonntagabend bei ihnen, nahm Palmzweige zur Flechtarbeit mit sich, und aß nichts mehr, bis er wieder zu seinen Brüdern kam. Da bestand er den Anfall der Hölle durch Fasten, durch Gebet und Arbeit. Euthimius gewann ihn sehr lieb, nannte ihn seiner erprobten Heiligkeit wegen den „jungen Greis“, und nahm ihn zum Gefährten in die Wüste Rouba mit sich, um seine große Fasten von Mitte Januar an bis Palmsonntag zu halten.
Nach dem Tod des heiligen Euthimius begab sich Sabas in eine andere Höhle in der Gegend des Baches Zedron, wo er seine strenge Lebensweise fortsetzte. Da sammelten sich viele Jünger um ihn her, die der Ruf des heiligen Mannes herbeigezogen hatte. Er unterzog sich schließlich, ihr Führer zu sein auf dem Weg zur Vollkommenheit, baute ein Kloster für 140 Jünger in seinem 45. Lebensjahr und ein kleines Bethaus dabei. Fügte es Gott, dass ein Priester vorbeireiste, so ersuchte er ihn, das heilige Messopfer in dem Bethaus zu entrichten, denn bisher hielt die große Demut den Diener Gottes ab, die Priesterweihe zu empfangen. Als er aber ein Vater vieler Mönche, der Stifter mehrerer Klöster und das Oberhaupt der Einsiedler in Palästina geworden war, hielt es der Patriarch zu Jerusalem für nötig und heilsam, ihn zum Priester zu weihen, und der demütige Sabas unterwarf sich.
Immer mehr wuchs seine Heiligkeit und sein Ansehen bei Großen und Kleinen. Man bewunderte an ihm in gleichem Maß die hohe Weisheit seiner Seelenleitung, wie die Lauterkeit seines Wandels. Doch es gab auch damals, und sogar unter seinen Jüngern, schwache Augen, die sein Licht nicht vertragen mochten, und deswegen seinen Eifer trübten. Er aber ertrug alle mit Liebe und Sanftmut und wich der Tücke lieber aus und verbarg sich aufs Neue in eine Höhle, um niemanden mehr, als er musste, beschwerlich zu sein. Streiten gegen das Böse und leiden, was gelitten sein muss, hielt er für unerlässliche Pflicht eines Vorgesetzten. Gott verlieh ihm auch die Gabe der Wunder, und bediente sich dieses so armen Mannes zum Trost der Kirche und um den Gewaltigen dieser Erde Ehrfurcht vor Gott und den Heiligen abzugewinnen.
Der Kaiser Anastasius zu Konstantinopel verursachte der Kirche Gottes großes Leidwesen, besonders war er feindselig gegen die Bischöfe. Da nahm Elias der Patriarch zu Jerusalem Zuflucht bei dem heiligen Sabas und ersuchte ihn, die Sache der Katholiken vor dem Kaiser zu verteidigen. Sabas, obschon jetzt bei siebzig Jahren alt, übernahm diese Aufgabe, denn es betraf die Ehre Gottes. Er verreiste mit einigen Mönchen nach Konstantinopel. Als er zum Verhör in den Saal hineintrat, stand der sonst so ehr- und geldsüchtige Kaiser von Thron auf, ging ihm entgegen, ehrte ihn und versprach seine Bitte zu erhören. Darauf bot ihm der Kaiser Geschenke an für sein Kloster; Sabas aber wies diese zurück und sagte: „Meine Mönche haben keine Geschenke nötig, denn ihr Erbteil ist der Herr, aber Jerusalem ist hart gedrückt von Auflagen und leidet ohnehin Hunger und Plage genug von der Dürre und Pest, die Christgläubigen sind den Räubern bloßgestellt, ihre Städte sind von Ketzern zerstört, die Klöster sind ohne Wehr gegen die Horden der Sarazenen, da sollst du helfen.“ Der Kaiser versprach es. Marinus, der Schatzmeister, aber widersprach und wollte den Kaiser von dem Erlass der Steuer abhalten. Sabas drohte ihm mit göttlicher Strafe. Er aber achtete die Drohungen nicht, bis in einem Auflauf des Volkes in der Hauptstadt sein Haus in Feuer stand, und er kaum durch Flucht sein Leben retten konnte. Der Kaiser erließ die Steuer und das Volk verdankte dem Mann Gottes die Besiegung des Herzens ihres Kaisers.
Nun kehrte der Heilige eilig in seine Einsamkeit zurück. Aber nicht lange konnte er die Ruhe genießen in der Einsamkeit, die Ketzerei des Eutyches erregte Verfolgung, die Katholiken waren deren Hass ausgeliefert. Das Konzil zu Chalzedon fand Widerspruch bei den Ketzern und nicht überall Aufnahme. Da machte sich der Diener Gottes in seinen alten Tagen auf aus seiner sonst so lieben Einsamkeit, denn es galt die Ehre Gottes, den wahren Glauben und das Heil so vieler Seelen. Er durchzog Städte und Dörfer, deckte den Irrtum auf, erklärte die Glaubenslehre, ermahnte zur Festhaltung und Befolgung des Glaubens, und mit Gottes Gnade gelang es ihm, die Annahme des Konzils zu bewirken und die Herzen im Glauben zu stärken.
Und noch einmal reiste der bald neunzigjährige Greis. Auf Verlangen seines Patriarchen reiste er nach Konstantinopel zum Kaiser Justinianus, um ihm die grundlose Verdächtigung der Gläubigen in Palästina aus dem Sinn zu nehmen und des Kaisers Herz zu bewegen, den Einfällen der Samaritaner und mitunter der Ketzer Einhalt zu tun. Der Kaiser empfing ihn mit aller Ehrfurcht und versprach Hilfe. Da trug es sich zu, während der Kaiser eine Begünstigung für den Mann Gottes schrieb, dass die Stunde eintraf, in welcher er die Terz beten sollte. Er entfernte sich und betete. Das wurde ihm übel genommen; er aber gab zur Antwort: „Der Kaiser verrichtet sein Amt, und ich das Meine.“
Darauf kehrte er in sein Kloster zurück und rüstete sich zum Tod. Der Herr hatte ihm seine baldige Ankunft angedeutet. Er ermahnte die Mönche zur Liebe der Einsamkeit, Festhaltung der Ordenszucht, bestellte seinen Nachfolger und entschlief sanft im Herrn über dreiundneunzig Jahre alt, im Jahr 532.
Heilige Maria! Nimm uns als deine Kinder an, und wende uns armen Sündern, für die dein göttlicher Sohn sein heiliges Blut vergossen hat, deine Mutterliebe zu: "Wenn ich auch wandle mitten im Todesschatten, so will ich nichts Böses fürchten, weil du bei mir bist." Auf dich vertraue und baue ich. Erbitte den Gefallenen Bekehrung, den Reuigen Verzeihung, den Gerechten die Gnade der Beharrlichkeit. Zeige dich uns als unsere Mutter, uns, die wir in allen Nöten und Anliegen unsere Zuflucht zu dir nehmen, unsere Arme nach dir ausstrecken, unsere Blicke zu dir emporrichten. Amen.
Zu Gott auf die Fürbitte der heiligen Barbara
O Gott, der Du der heiligen Barbara so großen Mut, den Glauben zu bekennen, verliehen hast, gib uns auf ihre Fürbitte die Gnade, im Glauben zuzunehmen, und alle Feinde unseres Seelenheils zu überwinden, durch Jesus Christus, unseren Herrn. Amen.
Andenken an die seligste Jungfrau
An diesem Tag, das Jahr ist unbekannt, wurden zu Paris in der Kirche Unserer Lieben Frau unter anderen vornehmen Reliquien Haare von der seligsten Jungfrau mit großer Ehrerbietung empfangen.
Wenn man am Fest der heiligen Barbara einen frischgeschnittenen Kirschbaumzweig aus der Kälte draußen in die warme Stube holt, in ein Glas mit Wasser stellt und sorglich pflegt, so springen die Knospen an dem Zweig, den man Barbarazweig nennt, am Weihnachtsabend auf zum Sinnbild und Gleichnis für jenes Reis, das in wundersamer Schönheit zur halben Nacht, wohl in dem kalten Winter, ein Blümlein hold gebracht. Das Barbarafest ist also wieder eine neue Bestätigung dafür, dass das hochheilige Weihnachtsfest nicht mehr fern ist.
Die heilige Barbara, die aus dem Morgenland stammte, lebte um das Jahr 300. Der Vater, reich und angesehen, war ein eifriger Götzenpriester, der alles nur Menschenmögliche tat, um sein einziges, schönes und kluges Kind vor dem Christentum, das er über die Maßen hasste, zu bewahren. Auf Schritt und Tritt ließ er die Tochter bewachen, und wenn er auf Reisen ging, sperrte er sie in einen Turm, nur damit sie nicht mit Christen in Berührung komme.
Vergebens war jedoch alle Mühe, denn die Gnade dringt ungehindert durch dicke Mauern und eiserne Türen, und niemand kann ihr wehren. So musste auch Barbaras Vater, als er einst von einer Reise heimkehrte, feststellen, dass die Tochter sich zu Christus bekehrt hatte. Grenzenlos war die Wut des Getäuschten. Durch den Übertritt zum christlichen Glauben hatte die eigene Tochter, wie er meinte, seine götzenpriesterliche Amtsehre besudelt, und in seiner Verblendung glaubte er, die vermeintliche Unehre nur dadurch wieder in Ehre umwandeln zu können, dass er das Kind in eigener Person dem heidnischen Richter zur Folterung übergab.
Es sollte noch schlimmer kommen, denn als Barbara sich weder durch eiserne Krallen noch durch sengende und brennende Fackeln noch durch sonstige Marter vom Glauben abbringen ließ, erbat sich der Rabenvater von dem Richter die Gnade – ja, er hat es ausdrücklich Gnade genannt –, erbat er sich die Gnade, mit eigener Hand die Tochter hinrichten zu dürfen. So weit konnte die Verblendung eines Heiden gehen, dass er aus Hass gegen die christliche Religion das eigene Kind hinmordete. Wir können dem lieben Gott fürwahr nicht genug dafür danken, dass wir nicht im Heidentum geboren wurden.
Was sich Barbaras Vater von dem heidnischen Richter als Gnade erbeten hatte, wurde ihm gewährt, er durfte tun, was er tun wollte, und da hat er zu seiner immerwährenden Schande und zum ewigen Ruhm des Kindes die Tochter durch das Schwert hingerichtet.
Sankt Barbaras Martertod war wie kein zweiter schrecklich und glorreich zugleich, und deswegen gehört sie seit eh und je bei den Christen zu den bekanntesten und beliebtesten Heiligen, die es gibt. Sankt Barbara zählt zu den heiligen Vierzehn Nothelfern und ist obendrein die Patronin der Bergarbeiter, der Baumeister, der Dachdecker, der Artilleristen, der Feuerwehrleute und der Glockengießer. Auch vor Blitz und Feuer wird sie als Beschützerin angerufen, und ganz besonders ist sie die Patronin der Sterbenden, zu der man alle Tage um die Bewahrung vor einem jähen und unvorgesehenen Tod und um eine gute und glückselige Sterbestunde beten soll, auch schon in der Kindheit, denn nur zu wahr sagt das Sprichwort: „Alte Leute müssen sterben, junge Leute können sterben.“
1. Herr, mein Gott, zitternd bete ich den Abgrund deiner Gerichte an. Mein Elend, Herr, bekenne ich dir. Sieh, mehr liebe ich meine Wunden, als die Gesundheit, mehr die vorübergehende Täuschung, als die ständige, ewige Wahrheit. Ich erkenne das Gute, und - tue, ach, das Böse. Wie aber ich, so alle, die aus Adam geboren sind. Woher, mein Schöpfer, diese tiefen Wunden der menschlichen Natur? Kam diese edle Natur also verkehrt aus deiner Hand? Niemals!. Zum Flug ist der Vogel, zu schnellem Lauf der Hirsch erschaffen, und krank ist der Vogel, der zu keinem Flug, krank der Hirsch, der nicht zum Lauf sich erheben kann. Und nicht krank, nicht bis ins Innerste verwundet wäre die Seele, die du geschaffen hast, dich, unendliche Majestät, zu erkennen und zu lieben, und die zu schwach zu aufopfernder Liebe ist?
2. Woher diese Krankheit, dies tiefe Elend, das nicht von dir, der ewigen Liebe, kam? Angeboren sind mir und allen Sterblichen diese schweren Übel, über die ich vor dir seufze. Denn also sehe ich den Menschen, soweit die Geschichte reicht. Vor ihrer Pforte aber zeigt mir der Cherub mit dem Flammenschwert ein Menschenpaar, aus dessen Brust sie hervorgingen, und ihnen folgte der Anfang des Todes: Tränen, Wehen, Verbrechen und zweifacher Tod, als ein schreckliches Geleit, das auf alle ihre Nachkommen sich vererbte.
3. Unendliche Majestät, kein Schatten der Ungerechtigkeit ist in dir. Nur zu deiner eigenen ewigen Verherrlichung konntest du, aller Wesen Ursprung und Ziel, erschaffen. Und voll wurde die Summe deiner Verherrlichung, ob der Mensch stand oder fiel, denn was deiner Rechten entfloh, das fiel in deine Linke. Erleuchtet hattest du den Menschen mit dem Licht deines Antlitzes, bewaffnet mit ursprünglicher Gerechtigkeit. Aber nicht reichen konntest du die Siegeskrone dem Untreuen, der im notwendigen Prüfungskampf nicht bestand. Zur Seite hast du ihm gestanden, ihn zu krönen, wenn er siegt, zu heilen, wenn er fällt. Und deine unermessliche Barmherzigkeit bereitete dem Gefallenen einen überreichlichen Quell des Heils und der Erlösung. Rufen wir mit dem Psalmisten: "Herr, erbarme dich meiner und heile meine Seele, denn gesündigt habe ich vor dir."
Großer Apostel der Inder, heiliger Franziskus Xaverius, erbitte allen Priestern unserer heiligen Kirche und uns allen von Gott die Gnade einer innigen, lebendigen und starken Liebe, durch die wir in den Stand gesetzt werden, alles zu verlassen, um Gott zu gefallen und ihm allein zu dienen mit all unseren Kräften, so dass wir in Wahrheit sagen können: "O Jesus, dir lebe ich; Jesus, dir sterbe ich; Jesus, dein bin ich im Leben und im Tod!" Amen.
Zu Gott
Erbarme dich, o Gott, aller Völker, die noch im Schatten des Todes sitzen, und lass Dein heiliges Licht über sie leuchten, damit sie Dich, ihren Vater erkennen, und in Jesus, Deinem Sohn, dem Erlöser der Welt, ihr Heil finden. Amen.
Andenken an die seligste Jungfrau
Der heilige Franz Xaver war in seinen Missionen ernstlich bedacht, den Neubekehrten die Andacht zur göttlichen Mutter einzuflößen. Er hat auch ihren Schutz in seiner Todesstunde eifrig mit den Worten angerufen: "Mutter Gottes steh mir bei!"
Wieder ist die Zeit der Adventslieder gekommen: „Tauet, Himmel, den Gerechten ...“, „Aus hartem Weh die Menschheit klagt ...“, „O komm, o komm, Emanuel ...“. Wir gedenken der langen Zeit, da unsere Vorfahren nach dem Erretter aus Sünde und Schuld seufzten. Es ist die Adventszeit für uns allerdings nur ein Gedenken, denn längst ist uns das Heil erschienen, Christus, der Herr, der sein Volk erlöste von allen seinen Sünden. Uns wurde Gnade zuteil, aber es gibt auf dem weiten Erdenrund tausend Millionen Menschen, die heute noch vom Wahn des Heidentums oder des Islams umfangen sind und deren Advent noch nicht beendet ist. Dass wir der Armen gedenken und durch Opfer und Gebet helfen, damit die Glaubensboten auch ihnen den Heiland und das Heil bringen können, deshalb stellt uns die Kirche am heutigen Tag, gleich zu Anfang des Advents, den größten Missionar der Neuzeit vor Augen, den heiligen Franz Xaver.
War das ein Hallo, als Ende 1534 im Sankt-Barbara-Studentenheim zu Paris ein neuer Schüler auftauchte, der hinkte, schon zweiunddreißig Jahre alt war und in der untersten Klasse bei den Zehnjährigen anfing, Latein zu lernen.
Ein seltsamer Kauz war er schon, der spanische Edelmann Ignatius von Loyola, ein ehemaliger Offizier, der deswegen das Lernen begann, weil er noch Priester werden wollte.
Wenn er nur nicht gar so fromm gewesen wäre! Die Mitschüler begnügten sich allerdings damit, den alten Knaben weidlich aufzuziehen, der seinerseits die kleinen Wichtigtuer nicht ernst zu nehmen schien und gutmütig über ihren Spott und Schabernack hinweglächelte.
Nur einer im Haus, auch ein spanischer Edelmann, ein hochfahrender Geist, Franz Xaver mit Namen, der ein fabelhafter Student gewesen und mit fünfundzwanzig Jahren bereits Hochschullehrer war, konnte den Landsmann überhaupt nicht ausstehen, und je mehr Ignatius sich dienstbeflissen um den Jüngeren bemühte, desto beißender spottete Xaver über den Älteren. Ignatius ließ sich jedoch durch keine noch so plumpe Abfuhr entmutigen, denn als geschulter Menschenkenner hatte er trotz der buntschillernden Eitelkeit, mit der Xaver sich gab, den inneren Wert des hochstrebenden Edelmanns erkannt und den großen Vorteil errechnet, der dem Reich Christi auf Erden erwachsen werde, wenn es ihm gelänge, den überragenden Mann für den neuen Orden, den er gründen wollte, zu gewinnen.
Lange hat Ignatius um Xaver ringen müssen, denn leicht ist für den Weltmenschen die Bekehrung von Eitelkeit und Ruhmsucht nicht. Viel auch hat er gebetet, und eines Tages gewann er das Spiel, jenes Spiel, das jeden Einsatz tausendfach aufwog. Die größte Eroberung, die der Seelenjäger Ignatius für Christi Reich gemacht hat, heißt Franz Xaver.
Franz Xaver war einer von denjenigen, die nicht mehr zurückschauen, wenn sie einmal die Hand an den Pflug gelegt haben. Zwar konnte er so wenig wie andere auch aus der Haut herausfahren, in der er steckte, denn niemand vermag sein Wesen zu ändern, und deshalb blieb auch Xaver, was er war, aber sein Ehrgeiz war nicht mehr weltlicher Ruhm, sondern Gottes Ehre und die Rettung unsterblicher Seelen.
Als Xaver im Jahr 1542 nach zehnmonatiger Seefahrt in Indien landete, begann ein einzigartiges Heldenleben. Franz Xaver wurde der größte Missionar der neuen Zeit, der im Dienst der Heidenbekehrung körperliche Strapazen und Anstrengungen von solchem Ausmaß auf sich genommen hat, dass man sich unwillkürlich fragt, ob die Leistungen unserer besten Sportler heute an sie herankommen. Auf hundert Flüssen fuhr sein Boot, und mit den unsicheren Nussschalen der Eingeborenen segelte er der Küste entlang durch die Inseln über das Meer von Indien nach Japan. Barfuß legte Xaver Zehntausende von Kilometern zurück durch Urwald, Sumpf und Wüste, in der brütenden Hitze Indiens und in der eisigen Kälte Japans, unter Kopfjägern und Kannibalen mit immer neuen Sprachen. Dazu quälte den Immer- und Nimmermüden ein schmerzliches Magenleiden, und alle Tage wrang ihn das Fieber förmlich aus. Schonung kannte er keine. Ob er selbst draufging, daran lag dem Champion der katholischen Weltmission nicht das Geringste, wenn er nur Seelen für Christus und den Himmel gewann.
Selten mag es einen Glaubensboten gegeben haben, der sein Leben so rückhaltlos in die Schanze schlug, wie Xaver es tat, nie aber gab es auch einen Missionar, der größere Erfolge erzielte als er. Xaver hat mit eigener Hand eine Million Menschen getauft.
Nur zehn Jahre lang hielt der heldenhafte Mann die Last aus, aber in den zehn Jahren hat er mehr gearbeitet und geleistet als wohl hundert andere zugleich. Unter den Großen im Reich Christi ist Xaver einer der größten, und es gibt keinen Ruhm, der herrlicher ist als dieser Ruhm.
1. Die schrecklichste Strafe der Verdammnis ist Gottes ewiger Verlust. Unsere Seele hat eine unermessliche Auffassungskraft, die nur Gott allein erfüllen kann, doch wird sie in diesem Leben vielfältig zerstreut. Sie fühlt sich gewaltsam und unüberwindlich zu Gott hingezogen; doch wird diese Anziehung hienieden durch die Geschöpfe gleichsam aufgehalten. Sie hat eine natürliche Idee von der unendlichen Schönheit und Herrlichkeit Gottes; doch wird diese Idee durch die Schwere ihres Körpers und das Verderbnis der Sinne verdunkelt und geschwächt. Ist sie aber einmal vom Körper gelöst und fern von diesen Dingen, dann fühlt sie einen unermesslichen Hunger nach ihrer wahren Glückseligkeit, die keine andere als Gott selbst ist.
2. Nun ist der Zauber der Geschöpfe verschwunden, die ihr Herz gefesselt hielt. Gelöst ist die Binde, die sie abhielt, Gott zu erkennen. Sie erkennt ihn als die unendliche Schönheit, Lieblichkeit, als den Urquell aller Seligkeit, der allein ihr unendliches Verlangen sättigen kann, und eilt schneller, denn jeder Pfeil, nach ihm, ihrem ewigen Ziel, ihn zu umfangen und unzertrennlich mit ihm sich zu vereinigen. Doch eine unsichtbare und allmächtige Hand stößt sie zurück, und nun beginnt ihr namenloser Schmerz, ihre unendliche Verzweiflung. Sie will Gott lieben und kann es nicht. Sie erkennt ihn als ihre einzige Glückseligkeit, und kann ihn nicht besitzen. Sie fühlt sich gewaltsam zu ihm angezogen, und wird ewig gewaltsam zurückgestoßen. Diese verschmähte Liebe wandelt sich in den grimmigsten Hass, sie wütet gegen sich und gegen Gott, sucht sich selbst zu vernichten und vermaledeit ewig Gott, der sie erschuf und auf ewig verwarf.
3. Was für eine schreckliche Pein, ewig nach Gott, der unendlichen Glückseligkeit, zu ringen, die sie niemals besitzen wird, ewig zu hassen, wonach sie ewig vergeblich sich sehnt. Dieser folternde Schmerz ist die unglückselige Beschäftigung der Verdammten in alle Ewigkeit. Ich habe Gott, die unendliche Glückseligkeit, verloren, auf ewig verloren, durch meine eigene Schuld verloren; habe ihn wegen der Lust eines Augenblicks verloren, und mich selbst in den Abgrund der unglückseligen Ewigkeit gestürzt. Jeremia 6,29-30: "Der Blasebalg schnaubt, doch das Blei bleibt unberührt vom Feuer. Umsonst versucht der Schmelzer zu schmelzen; die Bösen lassen sich nicht ausscheiden. Verworfenes Silber nennt man sie; denn verworfen hat sie der Herr."
O Maria, du Spiegel makelloser Reinheit, lieblich glänzender Mond der Jungfräulichkeit, du Licht und Vorbild aller Heiligkeit! Wir freuen uns mit dir deiner erhabenen Vorzüge, deiner herrlichen Eigenschaften, die dich als Mutter und Jungfrau zieren. Wir freuen uns mit dir, und danken der allerheiligsten Dreifaltigkeit, dass sie dich mit unvergleichlicher Würde bekleidet hat und bitten dich, dass du deine mütterliche Macht und Zärtlichkeit anwendest, damit alle Sünder und Irrenden zu Gott und seiner heiligen Kirche aufrichtig zurückkehren. Amen.
Kirchengebet
Gott, Du Spender alles Guten, Du hast bei Deiner Dienerin Bibiana mit der Blüte der Jungfräulichkeit die Palme des Martyriums verbunden; so verbinde auch auf ihre Fürsprache unsere Seelen durch die Liebe mit Dir, damit wir, den Gefahren entrückt, den ewigen Lohn erlangen. Durch unsern Herrn Jesus Christus, Deinen Sohn, der mit Dir lebt und herrscht in der Einheit des Heiligen Geistes, Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.
Zu Gott auf die Fürbitte der heiligen Bibiana
O Gott, der Du in der heiligen Bibiana die Jungfräulichkeit mit dem Martertod vereinigt hast, vereinige auf ihre Fürbitte unsere Herzen durch ihre Liebe mit Dir, damit wir, von allen Gefahren befreit, zu den ewigen Belohnungen gelangen, durch Jesus Christus, unseren Herrn. Amen.
Zu Gott
Herr, Du hast Worte des ewigen Lebens, der Du uns selbst der Weg, die Wahrheit und das Leben geworden bist, lass uns jene Worte hören und ernst beherzigen, dass wir nicht auf Abwege in Irrtum und Laster geraten. Du hast die wahre Weisheit unter die Menschen gebracht, die Weisheit der Tugend, in Deinem Evangelium hören wir sie, in Deinem irdischen Leben schauen wir sie, durch die Geheimnisse des Heils, die Du für uns gestiftet hast, werden wir für sie empfänglich und ihrer teilhaftig. Lass alle unsere Handlungen von dieser Weisheit geleitet und veredelt sein. Du bist aus Liebe zu uns herniedergestiegen, um in uns die Liebe zu entzünden, die Gründerin und Vorsteherin des Gesetzes und der Vollkommenheit. Gib, dass diese Liebe der Grund unseres Strebens, das Ziel unseres Verlangens und einst die Belohnung unserer Tugend ist. Amen.
Nicht Bibiana hat die Tagesheilige geheißen, sondern Viviana. Dass in dem Namen zweimal ein Buchstabe geändert wurde, nennen die Gelehrten Lautverschiebung.
Die heilige Bibiana hieß also eigentlich Viviana, und das ist ein schöner Name, denn Viviana heißt auf Deutsch die Lebensvolle, die mit Leben erfüllte, mit jenem heiligen übernatürlichen Leben, das Gott den ersten Menschen im Paradies geschenkt hatte und das uns das Christkind in der Heiligen Nacht wiederbrachte, nachdem es durch die Sünde der Stammeltern verlorengegangen war.
Die heilige Bibiana lebte im vierten Jahrhundert zu Rom. Der Vater, Flavian mit Namen, war ein städtischer Beamter. Die Mutter hieß Dafrosa. Zwei Kinder waren vorhanden, Bibiana und ihre Schwester Demetria. Es war eine gute christliche Familie.
Gleich beim Aufstehen in der Frühe wurde der neue Tag durch das gemeinschaftliche Morgengebet geweiht. Wenn es die Zeit erlaubte, ging man auch werktags in die heilige Messe. Einer aus dem Haus ging stets, um den Segen für alle zu holen, und die anderen, die verhindert waren, beteten im Geist die Wandlung mit. Mittag- und Abendessen waren nie ohne Tischgebet vorher und nachher. Am Abend dankten alle Gott gemeinsam für den Tag, auch unterließen sie es nicht, kurz das Gewissen zu erforschen und Reue zu erwecken, und zum Schluss baten sie um Gottes Schutz für die Nacht. So soll es ja auch sein, denn durch Gebet muss man jeden Tag heiligen, damit er ein gottgefälliger Tag sei.
Die Familie der heiligen Bibiana war eine gute und fromme Familie, und als eine Christenverfolgung ausbrach – die letzte der zehn römischen Verfolgungen –, bestanden, durch die Gnade gestärkt, alle, Vater, Mutter und die beiden Schwestern, glorreich das Martyrium, Bibiana zuletzt, die am härtesten gefoltert wurde. Mit gebundenen Händen wurde sie an eine Säule gefesselt, und rohe Henkersknechte schlugen mit Bleikolben auf sie ein, bis sie tot zusammenbrach. So sehr hat dieser schreckliche Martertod die Christen mit Hochachtung vor dem tapferen Mädchen erfüllt, dass sie ihr zu Ehren bald nach dem Ende der Verfolgung zu Rom eine prachtvolle Kirche bauten, in der unter dem Hochaltar ihre verehrungswürdigen Überreste zugleich mit den heiligen Überbleibsel der gesamten Martyrerfamilie bestattet wurden und heute noch mit Recht verehrt werden, denn eine Familie von der Art dieser Heldenfamilie ist für immer aller Ehren wert.
In einem alten Heiligenbuch lesen wir folgenden Bericht:
„... Nach Konstanzius kam Julian auf den kaiserlichen Thron und mit ihm der alte Lügengeist in neuer arglistiger Gestalt. Er erklärte die Christensekte für überflüssig, für dumm und gehässig und verfolgte sie mit Tücke und Gewalt. Da bewies Flavian, was ein Christ sei, und wie er handelt. Er nahm sich der Gläubigen an, ermahnte zur Standhaftigkeit, besuchte, tröstete, unterstützte die gefangenen Christen. Das Ansehen, das er früher genoss, war auch jetzt noch sein Schild, bis Schmeichler des Tyrannen den eifrigen Bekenner anzeigten. Der Kaiser befahl dem Statthalter Apronian die Verhaftung Flavians, und entweder das Opfer für die Götter, oder Verlust des Lebens. Apronian vollzog den Befehl. Der Diener Gottes erklärte freudig sein Christentum und den Willen, darin zu leben und zu sterben. Der Statthalter ließ ihm das Ehrenzeichen des Adels wegnehmen, und das Zeichen des Sklavenstandes auf die Stirn einbrennen. Wohl ein großer Schmerz, aber eine noch größere Beschimpfung! Der Heilige nahm freudig die Schmach des Kreuzes auf sich. Darauf schickte Apronian aus Furcht vor dem Volk den Diener Gottes ins Elend nach Aque Taurine, jetzt im Florentinischen; beraubte ihn seiner Güter, und gab den Soldaten Befehl, mit Härte gegen ihn zu verfahren. Der Heilige unterwarf sich von Gott getröstet seinen harten Leiden, nahm rührend Abschied von seiner Frau und Kindern, empfahl sie dem Schutz Gottes, wurde hinweggeführt ins Elend und starb bald hernach vor Hunger und Not, während er betete. Sein Festtag wird am 22. Dezember gehalten. Seine Frau Dafrosa wurde nun auch der Verfolgung ausgesetzt und musste vieles leiden. Schließlich wurde sie in den Kerker geworfen, und darin, weil sie von Jesus Christus nicht abweichen wollte, enthauptet. Ihr Fest fällt auf den 4. Januar. Diese heiligen Eltern hinterließen zwei Töchter Bibiana und Demetria, die Erben ihres Glaubens, Zeugen ihres Eifers, und in ihrer Vollendung die Frucht und Belohnung ihrer Gebete. Der Reichtum in Jesus Christus, die überschwängliche Gnade Gottes, die den Sohn hingab zum Lösegeld aller Schuld und zum Unterpfand ewiger Liebe, war den Töchtern der Ersatz ihrer zeitlichen Güter, da ihnen das väterliche Erbe entzogen wurde, und der Trost ihres Gemütes für den zeitlichen Verlust ihrer Eltern, da diese für Jesus Christus zu leiden sind gewürdigt worden. Von Gott also getröstet und gestärkt ertrugen die Schwestern die Schmach vor der Welt, den Verlust ihrer Eltern und die Armut mit stillem und geduldigem Herzen, ja freuten sich ihres armseligen Zustandes in der Armut Jesu. Es stand aber nicht lange an, sie wurden auch in den Kerker geworfen, mit Hunger und Durst gequält, um sie von Gottes Sohn abwendig zu machen. Allein der Herr wohnte in ihren erzen, stärkte, tröstete und erquickte sie; ihre Wohlgestalt nahm nicht ab, ihr Angesicht blieb ruhig und heiter. Jetzt nahm man Zuflucht zu einem anderen Mittel, da das erste ohne Wirkung blieb. Man versprach den Schwestern die Gunst des Kaisers, die Zurückgabe des väterlichen Gutes, ansehnliche Heirat: ein Verführungsmittel, welches Eifrige auf harte Probe setzt und die Lauen allzeit überwindet. Aber auch dieses Mittel vermochte nichts über die Jungfrauen. Diesem folgten Drohungen nach von allerhand Marter; aber vergeblich; denn die Jungfrauen sahen über die Trübsal hinaus in die Herrlichkeit, die ewig bleibt. Nur dies geschah, den vielen Stürmen unterlag der Leib der zarten schwachen Demetria, sie sank eines schnellen Todes zu den Füßen ihrer Schwester hin. Nun war der Vater, Mutter, Schwester hingegangen in die ewige Herrlichkeit, Bibiana noch im Kerker, und um so mehr der Wut und Arglist des Richters ausgesetzt. Er ergriff ein neues Mittel, die Heilige zum Fall, und durch den Sündenfall zum Abfall von Gott zu bringen. Bibiana wurde einer gewissen Rufina übergeben, mit dem Auftrag, in der blühenden Jungfrau das unreine Feuer der Wollust anzuzünden, ein Mittel des Falles sogar für Starke. Die Heilige aber verabscheute die Sünde, wachte über alle Neigungen, betete zu Gott, und siegte auch da, wo so viele fallen, durch Gottes Beistand bei den vielen Lockungen zur Sünde und Misshandlungen durch Schläge, weil sie unbeweglich blieb im Wandel vor Gott. Aber jetzt brach der Richter in Wut aus. Er ließ die Jungfrau von Henkern entkleiden, an eine Säule binden und mit Stricken, an deren Ende Bleikugeln befestigt waren, so lange geißeln, bis sie den Geist aufgab, im Jahr 362. Zwei Tage nach ihrem Tod wurde sie von einem frommen Priester, Johannes mit Namen, an der Seite ihrer Mutter und Schwester begraben. Ihnen zur Ehre hat mit der Zeit Papst Simplicius eine Kirche erbauen, Papst Urban VIII. dieselbe im Jahr 1628 auszieren und die Reliquien dieser Heiligen unter dem Hochaltar erheben lassen.“
Kirchengebet
Gott, du Spender alles Guten, du hast bei deiner Dienerin Bibiana mit der Blüte der Jungfräulichkeit die Palme des Martyriums verbunden; so verbinde auch auf ihre Fürsprache unsere Seelen durch die Liebe mit dir, damit wir, den Gefahren entrückt, den ewigen Lohn erlangen. Durch unsern Herrn Jesus Christus, deinen Sohn, der mit dir lebt und herrscht in der Einheit des Heiligen Geistes, Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.
Nur noch wenige Tage trennen uns vom hochheiligen Weihnachtsfest. Damals vor über zweitausend Jahren kniete Maria am heutigen Tag daheim zu Nazareth und erwartete in hoher Freude das Christkind. Frohbeglückt zählte sie bereits die Tage, die bis zur Heiligen Nacht noch verstreichen mussten.
Maria war alleine, versunken im Gebet:
Emanuel, erscheine, dich kündet der Prophet!
O Davids Sohn, wie gern möcht` ich dich schau`n
Und dienen deiner Mutter, der Königin der Frau`n!
Kyrie, eleison!
Maria wusste, dass sich in wenigen Tagen die Zeit erfüllte. Nur darüber war sich die Hochgebenedeite noch im Unklaren, wo das göttliche Kind geboren werde. Bereits vor siebenhundert Jahren hatte der Prophet Micha verkündet:
„Du aber, Betlehem, einst Ephrata genannt! Du bist ja zu gering, um unter Judas Gauen mitzuzählen. Aus dir entsprießt mir aber einer, um der Herrscher über Israel zu werden. Sein Ursprung stammt aus grauer Zeit, aus alten Tagen. Nur deshalb gibt man sie so lange hin, bis eine, die gebären soll, gebiert.“
So hatte Micha deutlich Betlehem als den Geburtsort des lieben Heilands bezeichnet, und zutiefst verstand Maria die Weissagung. Wie aber sollte es nach den klaren Worten des Propheten geschehen, dass der Erlöser zu Betlehem geboren werde, da sie, die Gebärerin, doch zu Nazareth wohnte und weilte und keinen Anlass hatte, nach Betlehem zu reisen.
Darüber machte sich Maria Gedanken, während nebenan in der Zimmermannswerkstatt der heilige Joseph hobelte und hämmerte, dass ihm der Schweiß von der Stirn rann. Zwischendurch summte der emsige Arbeiter ein Lied:
O komm, o komm, Emanuel!
Mach frei dein armes Israel!
In Angst und Elend liegen wir
Und flehn voll Sehnsucht auf zu dir.
Freu dich! Freu dich, o Israel!
Bald kommt, bald kommt Emanuel.
Da öffnete sich die Tür der Werkstatt. Nein, sie öffnete sich nicht, sondern flog knallend aus dem Schloss sperrangelweit auf, und im Torrahmen stand der Nachbar Levi, ein Mann hoch in den Fünfzigern, mit kahlem Kopf und angesilbertem Bart. Auf den ersten Blick sah man es ihm an, dass der Zorn in ihm überkochte. Und schon legte er los:
„Joseph, weißt du das Neueste? Es ist doch unerhört! Diese unverschämten Römer! Stets quälen sie uns mit neuen Verordnungen, und jeden Tag gibt es frischen Ärger, aber bei dem, was sie sich jetzt wieder geleistet haben, soll einem doch der Verstand stillstehen. Joseph, weißt du wirklich noch nichts?“
So sprach Levi laut und stürmisch, aber Joseph hatte keine Ahnung. Nur das wusste er, dass dem anderen tatsächlich der Verstand stillstand. Daher redete er begütigend auf den Nachbarn ein und bat ihn um Aufklärung. Levi gab sie ihm sogleich und erzählte breit und ausführlich, dass der Kaiser in Rom eine Volkszählung angeordnet habe; alle Leute müssten sich an ihren Familienstammort begeben und sich dort einschreiben lassen. Das sei wieder einmal eine unnötige Schikane von echter Römerart. Er, der Sprecher, habe es wohl leicht, denn seine Familie sei von jeher ortsansässig, aber andere müssten nun wandern, kreuz und quer durch das ganze Land, und auch er, Joseph, habe alle Arbeit liegen zu lassen und mit der Gattin nach Bethlehem zu ziehen, ausgerechnet in diesen Tagen, da das Kindlein geboren werden sollte. So sprach Levi und geriet allmählich wieder ins Schimpfen und Poltern und mit den Worten: „O diese Römer! O diese Römer!“ verschwand er schließlich wie ein Sturmwind aus der Werkstatt.
Da trat Joseph ins Kämmerchen zu Maria, die von dorther die erregten Worte Levis mitangehört hatte, und verständnisinnig sahen sich die beiden lächelnd an. Der Zimmermann überlegte still und sagte dann kurz und entschlossen:
„Maria, bis Betlehem dauert die Reise viereinhalb Tage. Wenn wir morgen zur Mittagszeit aufbrechen, sind wir genau zur rechten Zeit dort.“
Also geschah es auch. Und nun wusste Maria ganz bestimmt, wo ihr Kind geboren werden sollte und dass Weihnachten vor der Tür stand.
O diese Freude!
Vom heiligen Josef
Vom heiligen Josef kann man keine Taten erzählen, die viel Lärm machen in der Welt oder die in der Welt ein glitzerndes Aussehen haben. Auch können wir von ihm keine hohen Erscheinungen, Weissagungen künftiger Dinge oder Wunderwerke erwarten. Der heilige Josef hat gern Werke verrichtet, die Gott ihm vorlegte. Gott verlangte von ihm eben keine Werke, die in den Augen der Welt glänzen, sondern ganz alltägliche, teils verborgene Werke. Und Josef hörte auf Gott.
Als Josef schläft, steigt ein Engel zu ihm herab. Im Schlaf deutet er ihm den Willen Gottes. „Steh auf“, sagt er zu dem Schlafenden, „steh auf und nimm das Kind und seine Mutter und fliehe nach Ägypten und bleib dort, bis ich dir es sage. Denn Herodes wird das Kind suchen, um es zu töten.“ Ein Befehl Gottes, der gleichsam schrecklich und seltsam ist. Wurde Josefs Glaube erschüttert? „Wie stimmt dieser Befehl mit dem Wort überein, das der Engel über die künftige Größe des meiner Sorge anvertrauten Kindes gesagt hat? In diesem Kind soll die Fülle der Gottheit leibhaftig wohnen, und vor den Nachstellungen eines Tyrannen soll es nicht sicher sein? Hat denn der Himmel keinen Donner mehr, das Haupt des rasenden Herodes zu zerschmettern, um mit dem Leben des Wüterichs ein Ende zu machen? Wo ist der Würgeengel, damit er Schrecken und Tod unter die ausgeschickten Mörder verbreite? Kann nicht die Wiege dieses Kindes mit einer undurchdringlichen Wolke umhüllt sein? Können nicht die Feinde mit Feuer vom Himmel aufgezehrt werden? Hat doch Gott durch solche Mittel seine Diener beschützt, und der eigene Sohn soll fliehen wie ein normaler Mensch, dem seine Feinde nachjagen?“ Solche Unruhe könnte durch den Befehl zu fliehen in Josef ausgelöst werden. Zudem soll er ausgerechnet nach Ägypten fliehen, in das Land, wo seine Väter in der strengsten Gefangenschaft litten, in ein Land, welches den wahren Gott missachtet und vor Kälbern die Knie beugt, in ein Land, dessen König vielleicht nicht menschlicher als Herodes in der Heimat ist. Auch was die Zeit betrifft kann Josef Angst bekommen. „Bleib“, sagt ihm der warnende Engel, „bleib in Ägypten, also im Elend, und kehre nicht zurück bis ich es dir sage.“ Dieser Trost, um das Ende der Not zu wissen, auch er ist dem Pflegevater Jesu vorenthalten. Außerdem war ihm der Engel im Schlaf erschienen! „War es nicht ein Traum? War es Einbildung? Ist die Phantasie mit mir durchgegangen?“
Der heilige Josef aber ließ sich nicht irremachen, er dachte nicht einmal daran. Vernunft und Nachdenken waren bei ihm Gott geopfert, der durch seinen Engel mit ihm geredet hatte. Kaum hat der Schlafende den Befehl gehört, so weckt ihn sein gehorsames Herz, er verlässt sein Nachtlager, ruft Maria, erklärt ihr den Willen des Herrn, und beide machen sich sofort reisefertig. Kein Aufschub! Kein vernünftiges Überlegen! Kein Beratschlagen findet bei ihnen Platz! Sie nehmen ihr himmlisches Geschenk, das Jesuskind, und brechen noch in der Nacht auf in Richtung Ägypten. Schauen wir die fliehenden Eltern an: ohne Vorrat, ohne Führer, ohne Mittel und anderes Gepäck, bloß mit ihrer Armut überladen, von einer Wüste in die andere wandernd, und durch die Gegenwart ihres Kindes die gruseligsten Orte heiligend, sehen wir sie. Wechselweise tragen sie das Jesuskind, das Glück, das Heil der Welt. Sie tragen den, der eines Tages sagen wird: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben!“ Wir sehen sie, wie sie nach tausend Beschwernissen der Reise, wie Übeltäter in einem fremden Land ankommen, hier eine Zuflucht zu suchen, die sie in Bethlehem, in ihrem Vaterland, nicht finden konnten. Hier erwarteten sie nun in aller Ruhe die nächste Nachricht des Engels. Es ist fast schon ein blinder Gehorsam dem Herrn gegenüber, den wir beim heiligen Josef beobachten können.
Wie ist nun unser Herz beschaffen? Richtet es sich nach dem Willen Gottes? Nimmt es seine Gebote freudig auf? Und ist unser Herz so eilig, diese schnellstmöglich zu erfüllen? Wären wir doch so schnell beim Erfüllen der kleinsten Gebote, wie Josef es bei den schwersten war!
Es ist ein Gesetz der Welt sein Ansehen zu verteidigen, und viele verteidigen es bis auf ihr Blut. Es ist ein Gesetz der Welt für den Wohlstand zu leben, und viele unterstützen das mit ungeheurem Aufwand. Die Welt befiehlt, und viele überwinden alle Hürden! Gott befiehlt, und wir machen Einwendungen, wir überlegen, ob wir gehorchen wollen. Und wenn wir uns auch seinen Geboten unterwerfen, wenn wir seinen Willen tun, so geschieht es doch öfters wegen unseres zeitlichen Nutzens, wegen einer vorbeirauschenden Ehre. Das menschliche Ansehen treibt uns an, treibt uns weit mehr zu der Beobachtung der Gebote, als der Wille Gottes selbst.
Nein, so war der Gehorsam des heiligen Josef nicht. Sein Gehorsam war ein reiner Gehorsam, rein in der Absicht. Er hat nicht sich selbst, sondern er hat Gott allein, Gottes Willen, Gottes Ehre gesucht.
Er hätte nur wenige Worte sprechen brauchen und er hätte sich beim Volk höchstes Ansehen erworben. Er hätte nur sagen brauchen: „Mein Kind ist der Messias und ich bin sein Pflegevater.“ Diese wenigen Worte hätte es gekostet und er hätte ein königliches Ansehen gehabt. Allein der heilige Josef, der Gemahl der demütigsten Jungfrau, der Nährvater des erniedrigten Gottes, schweigt, er schweigt dreißig Jahre. Jerusalem kennt ihn nicht, es weiß nichts von ihm. Nazareth kennt ihn zwar, aber auch nur als einen Handwerker, der zu tun hat, wenn er sich und seiner Familie das Leben erhalten will.
So uneigennützig war das Herz des heiligen Josef. So wenig hat er sich, hat er seine eigene Ehre, seinen Nutzen gesucht. Gott allein hatte er vor Augen. Gottes Geboten und Befehlen allein wollte er gehorchen. Wenn Gott sprach, hat Josef gehört.
1. "Die Stunde kommt, in der alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören und herauskommen werden: Die das Gute getan haben, werden zum Leben auferstehen, die das Böse getan haben, zum Gericht." (Johannes 5,28-29) Ertönen wird der Klang der Posaune: "Steht auf, ihr Toten, und kommt zum Gericht." Wunderbar werden auf diesen Schreckensschall alle Leiber der Verstorbenen, wären sie auch längst zu Staub geworden und in alle Winde zerstreut, sich abermals sammeln, von ihren Seelen bewohnt zu werden. Wegen dieses allgemeinen Wunders, nennt auch der Apostel diese Posaune: "Die Posaune Gottes." (1. Thessalonicher 4,16b)
2. Auferstehen werden nun Kleine und Große, Könige und Bettler, Christen, Juden und Heiden. Gehorchen müssen alle dieser allmächtigen Stimme. Aber welcher große Unterschied zwischen diesen Erstandenen! Glänzen werden die Auserwählten in glorreichen Körpern, weil sie zum ewigen Leben der himmlischen Glorie erstehen, die Verworfenen dagegen in abscheulichen Körpern, die selbst ein Teil ihrer Verdammnis sind. Welchen Körper wirst du empfangen? Wie wirst du dann die unmäßige Liebe verfluchen, die du nun zu deinem Körper trägst, wenn du an diesem Tag verworfen wirst. Mit welchem Jubel dagegen wirst du dein Fasten, deine Bußwerke segnen, wenn der König unter seine Auserwählten dich beruft.
3. Und aufschweben werden die Gerechten, dem Herrn entgegen, in die Lüfte (1. Thessalonicher 4,17); die Verworfenen aber müssen ihn zum Gericht erwarten. Auf diesem Weg zum Leben und zum Tod "werden die Engel die Bösen aus der Mitte der Gerechten sammeln". Welches schreckliche Klagegeheul wird dann auf der Erde ertönen. Wie werden zumal in tiefen Schanden diejenigen stehen, die einst gewohnt waren zu herrschen, wenn sie unter den Verworfensten aller Menschen stehen müssen, und unter den Kindern Gottes solche sehen, die sie einst verachteten und beschimpften. Denn nicht die Reichen, die Adeligen, die Gelehrten, sondern "die Gutes getan haben", werden zum ewigen Leben erstehen; und nicht die Armen, die Einfältigen, die Verachteten, sondern "die Böses getan haben", werden verdammt werden. "Denn was der Mensch nun sät, das wird er dann ernten." (Galater 6,8)
Unter allen Frauen hat dich, o Maria, der Herr der Heerscharen, zu der unaussprechlich hohen Würde auserwählt, die Mutter seines Sohnes zu sein. Mit der ganzen Kirche, mit der Stimme der Apostel und aller Jahrhunderte bekennen wir es freudig und dankbar, dass du bist die Gottesgebärerin, die Mutter desjenigen, durch den alles erschaffen ist, und der uns am Kreuz mit seinem kostbaren Blut erlöst hat. Amen.
Zu Gott auf die Fürbitte des heiligen Saturnin
O Gott, der Du den heiligen Saturnin für seine Arbeiten und seinen Martertod im Himmel belohnst, verleihe uns auf seine Fürbitte, dass wir der Heiligkeit Deiner Lehre durch Worte und Handlungen unerschrocken Zeugnis geben, durch Jesus Christus, unseren Herrn. Amen.
Zu Gott
Ja, mein himmlischer Vater, ich will meinen Nächsten lieben wie mich selber, dann wirst auch du mich lieben, ich will ihm beistehen, dann wirst auch du mir beistehen, ich will ihn entschuldigen, dann wirst auch du mich entschuldigen, ich will ihn tragen, dann wirst auch du mich tragen, ich will ihm verzeihen, dann wirst auch du mir verzeihen. Muss ich aber auch meinem Bruder zu seinem und anderer Besten weh tun, so soll es immer ohne Leidenschaft und bösen Willen geschehen, damit die heilige Liebe des Christentums nie in meinem Herzen verletzt werde. Amen.
Andenken an die seligste Jungfrau
Im Leben des frommen Dieners Mariä Josbertus, dessen Gedächtnis man am heutigen Tag begeht, wird gelesen, dass, da er zeitlebens gewohnt war, die fünf Psalmen, deren Anfangsbuchstaben den Namen Maria ausdrücken andächtig zu beten, ihm nach dem Tod aus dem Mund, Augen und Ohren fünf schöne Rosen hervorgewachsen sind.