Eine segensreiche Abhandlung über das Leiden und das Kreuz
von Hw Georg Niedermayr in "Lehr- und Gebetbuch:" (1817):
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Mach dir dein Kreuz nicht noch schwerer, als es wirklich ist:
Wenn du es immer nur auf der schlimmern und drückender» Seite betrachtest,
wird es dir nur schwerer vorkommen;
betrachte es auf der guten Seite.
Sieh, es gehet doch nicht anders, als wie die heilige Schrift sagt:
Durch Leiden und Trübsale müssen wir in das Himmelreich eingehen. Apostelgesch. 14, 21.
Vom Anfange der Welt her gieng es nicht anders.
Es mußte gelitten seyn, wer in den Himmel wollte.
So hat Abel gelitten, der von seinem Bruder getödtet wurde.
So hat Abraham, Isaak und Jakob gelitten,
die sich alle in dieser Welt nur wie Fremd, linge betrachteten.
So hat der egyptische Joseph gelitten, der von seinen Brüdern
in die Sklaverey ist verkaufet worden.
So hat Tobias gelitten, der sein Augenlicht verloren, eben weil er Gott an, genehm war.
Tob. 12, ,z.
Im neuen Testamente haben die Apostel gelitten.
Es haben die Martyrer gelitten.
Und nach ihnen hatte fast immer
der mehrere Kreuze und Leiden,
der Gott angenehmer war.
Wie willst du dich beklagen, wenn es Gott mit dir machet,
wie er es mit seinen liebsten Freunden gemacht hat;
wenn er dich durch einen etwas rauhen Strick in den Himmel ziehet?
Wenn alles in der Welt verloren ist,
so ist ja für deine wahre Glückseligkeit noch nichts verloren,
weil du nicht für die Welt, nicht für die Güter der Welt,
nicht in dieser Welt glücklich zu seyn erschaffen bist.
Wie könntest du die Tugend der Geduld ausüben, wenn du nichts zu leiden hättest?
Wenn du dir doch diese Wahrheit recht tief zu Herzen nähmest:
Gott mag schicken was er will;
Leiden oder Freuden, Trost oder Betrübniß,
so bleibet er doch immer der gleich gute Vater,
und verlanget immer nur unser wahres Glück, unsere ewige Seligkeit.
Er thut im, mer alles, weil es so zu unserm wahren Besten ist.
Wie sollst du dich denn beklagen unter der Hand eines solchen Vaters,
von dem du versichert bist, er thue alles nur zu deinem wahren Besten? —
Leide also alles mit Geduld, und mit Ergebung in den göttlichen Willen,
es komme hernach dein Leiden her aus augenscheinlicher
Schickung Gottes,
oder von der Bosheit der Menschen, weil auch dieses
eine Zulassung Gottes ist.
Betrage dich an deinem Kreuze,
wie sich der rechte Schacher, und nicht wie sich der linke betragen hat,
sonst würde dir dein Leiden auch eben so wenig, wie ihm, nützen.
Opfere dein Leiden und Kreuz Gott auf,
in Vereinigung mit dem Leiden Jesu Christi,
und der Heiligen, zur Ehre Gottes,
und zur Genugtuung für deine Sünden,
die wohl gewiß noch größere Strafen verdienet haben.
Stärke dich in deinem Leiden durch das Andenken
an das Leiden Jesu Christi,
und sieh Jesum, deinen Erlöser an, wie er dich einladet,
dein Kreuz ihm nachzutragen,
bis er dich dafür einst ewig im Himmel belohnen kann.
Wer zu mir kommen will, sagt er Luk. 9, 23. der
nehme sein Kreuz auf sich, und folge mir nach.
Gebeth in Kreuz und Leiden.
Mein Gott und mein Herr! du hast mir dieses Kreuz, diese Leiden zugeschicket.
Du bist mein Gott, ich bin dein Geschöpf.
Ich unterwerfe mich also deinem heiligen Willen.
Du bist mein Vater, ich bin dein Kind.
Du willst nichts anderes, als mein Bestes, wenn ich es auch nicht einsehe.
Warum sollte ich mich also nicht ganzlich dir überlassen,
und mich ganzlich dir unterwerfen?
O Herr, himmlischer Vater!
wie ein Kind werfe ich mich in deine Arme, und überlasse mich dir.
Thue mit mir, was du willst.
Aber, o mein Gott! ich bin schwach.
Ohne deine Gnade werde ich in der Geduld nicht ausharren.
Ohne deine Hilfe werde ich nicht so leiden, wie du es willst.
Ich bitte dich also um Stärke,
um Hilfe, um Geduld und um Gnaden,
damit ich mir durch diese Leiden den Weg zum Himmel bahne,
meine Sünden abbüße, und mit dir mehr vereiniget werde.
Ich will jetzt leiden, damit ich einst ewig bey dir getröstet werden möge.
Wenn ich das Leiden Jesu Christi, deines Sohnes, betrachte,
welches er für mich ausgestanden hüt, so ist mein Leiden noch allzu gering ,
als daß ich ihm dadurch würdig danken könnte.
Wenn ich meine Sünden betrachte, so habe ich noch weit mehr verdienet.
O Gott!
ich opfere dir also mein Leiden auf,
in Bereinigung mit dem Leiden Jesu Christi,
der seligsten Jungfrau Maria und aller Heiligen.
Und dieß zu deiner größern Ehre, zur Genugthuung aller meiner Sünden,
und zu Hilf und Trost aller christglaubigen Seelen im Fegfeuer.
O Jesu!
ich bitte dich, befreye mich wieder von diesem Leiden und Kreuze,
sobald es dein heiliger Wille, und der Nutzen meiner Seele ist.
Solang es aber so dienlicher zu meiner Seligkeit ist,
will ich nach deinem Beyspiele,
und dir zu Liebe leiden, o mein Jesu!
Du hast mir deine Liebe gegen mich mit deinem so bittern Leiden bewiesen.
Ich will auch nicht mit blossen Worten zufrieden seyn,
sondern dir auch wieder mit meinem Leiden meine Gegenliebe beweisen.
Deine Angst, o mein Jesu! tröste mich,
dein Leiden stärke mich,
und dein Sterben erhalte mir das ewige Leben.
Amen.
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