Gelobt sei Jesus Christus !
Wir erleben heute eine Schwemme von ang. "Visionen" und "Erscheinungen" mit oft auch haarsträubenden "Botschaften"
Vielfach werden sie für Manche zur eigentlichen "Glaubensrichtschnur".
Hier ist denn auch das Seelen- und Glaubensleben aus dem Lot geraten.
Schon der hl. Bonaventura (1221-1274) mahnte:
-
“Der Mensch darf nicht jedem Geiste glauben, sondern er muß (die Geister) prüfen, ob sie aus Gott sind.
Wer nämlich in solchen Dingen schnell glaubt, ist leichtsinnig, und vielleicht ist er auch aufgeblasenen Sinnes, indem er sich für solche Visionen und Offenbarungen besonders geeignet hält. – Deshalb sind solche Erscheinungen mehr zu fürchten als zu erwünschen.
Es wird nämlich von einem gewissen heiligen Pater erzählt, daß er, als ihm der Teufel in der Gestalt Christi erschien, die Augen schloß und sprach, er wolle in diesem Leben Christus nicht sehen. Da verschwand der Teufel, durch solche Demut beschämt, auf der Stelle.
Andererseits wird von sehr vielen berichtet, die sich für Visionen geeignet hielten und sie begehrten, die in viele Wahnvorstellungen und Irrtümer gestürzt sind”.
Dieses Zitat ist eingebunden in eine hilfreiche Abhandlung
des Dogmatikprofessors Hw Joseph Schumacher: aus dem Jahre 1984.
über Privatoffenbarungen und die tatsächliche Bedeutung deren Approbation ("Anerkennung"); Auszüge:
-
Weil die Unterscheidung zwischen echten und falschen Visionen und Offenbarungen im konkreten Fall äußerst schwierig ist, deshalb übt die Kircheihnen gegenüber
[blau]generell Zurückhaltung.
Nur eine geringe Zahl von Privatoffenbarungen hat sie approbiert.
Bei grundsätzlicher Wertschätzung solcher Phänomene verhält sie sich im konkreten Fall im allgemeinen distanziert.
Zwischen 1930 und 1950 hat sie in Westeuropa allein 30 Reihen von Muttergotteserscheinungen mit insgesamt 300 Einzelerscheinungen vor kindlichen Seherinnen und Sehern untersucht.
Von den vielen Erscheinungen der letzten Jahrzehnte erhielten nur die von Banneux und Beauraing die kirchliche Anerkennung. In allen anderen Fällen erfolgte ein ablehnender oder verwerfender Bescheid, oder man nahm eine abwartende Haltung ein.
Man kann sich gegenüber visionären Vorkommnissen eher durch Leichtgläubigkeit als durch Skepsis verfehlen, besonders in unruhigen und unsicheren Zeiten.
Das ist die Meinung des hl. Johannes vom Kreuz, der selbst ein hochbegnadeter Mystiker gewesen ist.
Bereits Thomas von Aquin warnt hier vor Leichtgläubigkeit, weil der christliche Glaube sonst dem Spott der Ungläubigen ausgesetzt werde.
[....]
Johannes Gerson ist der Meinung, daß es kaum eine zerstörendere und ungesundere Seuche gibt als die Begierde nach Offenbarungen.
Die Zurückhaltung der Kirche gegenüber Privatoffenbarungen ist eine grundlegende Verpflichtung auch für den einzelnen Katholiken.
Daher sollen weder seine eigenen subjektiven Erlebnisse noch jene anderer für ihn eine entscheidende Norm für sein geistliches Leben sein, vielmehr soll er sich der öffentlichen Offenbarung unterwerfen und der Lehre und der Leitung der Kirche anvertrauen.
Wichtiger als die Privatoffenbarungen sind das Evangelium und die Sakramente .
Weil die Gefahr der Selbsttäuschung hier gross ist, kann die subjektive Gewissheit des Visionärs nicht an die Stelle einer eingehenden Prüfung gesetzt werden.
Zurückhaltung ist auch deswegen geboten, weil bei derartigen Phänomenen nicht selten aufdringliche Propaganda und menschliches Geltungsstreben mitspielen und weil ihnen die Tendenz zur Eskalation immanent ist. Sie arten leicht aus zu einer Leidenschaft, speziell in Zeiten des Umbruchs.
In der ganzen Kirchengeschichte hat die Kirche nicht so viele falsche Offenbarungen verwerfen müssen wie im 20. Jahrhundert.
Der ungesunden Begierde nach Offenbarungen liegt einerseits ein geschwächter Glaube zugrunde, andererseits das Streben nach immer neuen Abwechslungen.
Es wird ausgesprochener Mißbrauch mit den Privatoffenbarungen getrieben, wenn man mit ihrer Hilfe historische oder topographische Fragen zu lösen versucht.
Mit ihnen kann man keine exegetischen Schwierigkeiten lösen.
Sie können nicht als theologische Beweismittel Verwendung finden.
Sie haben keinen Platz in der theologischen Erkenntnislehre.
Sie können nicht davon dispensieren, das Denken und Leben nach den Lehren des Glaubens und mit Hilfe der Vernunft zu normieren.
Schon deshalb kann ihre Stellung im kirchlichen Leben stets nur eine untergeordnete sein.
Das Heil liegt nicht in den ausserordentlichen Dingen.
Nicht die visionäre Erleuchtung ist die Grundlage des christlichen Lebens, sondern der Glaube an die – der Kirche anvertraute – öffentliche Offenbarung, das depositum fidei.
Nicht die Ekstase ist der Höhepunkt der Vollkommenheit, sondern die Liebe.
Bei aller Wertschätzung der ausserordentlichen Gnadengaben ist auch für Paulus die Agape wichtiger.
Dieser Gedanke findet sich in immer neuen Variationen bei Johannes vom Kreuz. Das Streben des Menschen muß sich primär auf die Vereinigung mit Gott, auf die Entfaltung der Liebe richten. Dabei muß er sich in erster Linie der gewöhnlichen Gnadenordnung bedienen.
Niemals werden Privatoffenbarungen von der Kirche als Gegenstand allgemeiner Glaubenspflicht vorgelegt.
Ihre kirchliche Approbation besagt nur, daß sie nichts enthalten, was dem Glauben und der Sitte widerspricht, daß sie veröffentlicht und Gegenstand des Kultes werden können, daß ihre übernatürliche Verursachung vernünftigerweise (fide humana) angenommen werden kann und sie der Erbauung der Gläubigen dienen können.
Approbierte Erscheinungen sind nicht verpflichtend
Ihre kirchliche Billigung hat nicht die Gewißheit des göttlichen Glaubens zum Ziel, wie das bei dem depositum fidei der Fall ist, sondern nur eine Zustimmung im menschlichen Glauben, wonach sie wahrscheinlich glaubwürdig sind.
Die Approbation geht mehr auf die Vereinbarkeit einer Privatoffenbarung mit der öffentlichen Offenbarung als auf ihre Echtheit oder Gottgewirktheit.
Sie gehört nicht in den Bereich des Lehramtes, sondern des Hirtenamtes.
Daher sind auch approbierte Privatoffenbarungen für die Gläubigen nicht verpflichtend.
Die Kirche könnte sie gar nicht verpflichtend machen, selbst wenn sie es wollte, denn ihre Unfehlbarkeit bezieht sich nur auf die Bewahrung und Interpretation der öffentlichen Offenbarung.
[....]
Der einzelne hat, von Sonderfällen abgesehen, für sich das Recht, niemals von Privatoffenbarungen Gebrauch zu machen.
Auch wenn sie offiziell von der Kirche approbiert worden sind, ist er nicht an sie gebunden.
Das hat letztlich seinen Grund darin, dass von außen für gewöhnlich nur ein mehr oder weniger hoher Grad von Wahrscheinlichkeit für die Echtheit einer Privatoffenbarung erreichbar ist.
Dem Aussenstehenden ist der Zugang zu dem eigentlichen mystischen Kernerlebnis eines Visionärs verwehrt.
Selbst für den unmittelbaren Empfänger einer Offenbarung ist hinsichtlich ihrer Echtheit oft nur schwerlich Gewissheit zu erreichen.“
-
Siehe bitte auch:
Die Unterscheidung der Geister
-