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RE: Thomas von Kempen, von der Nachfolge Christi
in Zitate von Heiligen 29.02.2016 22:40von Blasius • 3.922 Beiträge
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Erstes Buch Anleitung zum geistlichen Leben
Von der Nachfolge Christi
KAPITEL 17
Das monastische Leben
1. Das Ordensleben ist nicht leicht.
2. Der Schlüssel zum wahren Ordensleben.
3. Das Ziel im Kloster: Dienmut, Demut.
1. Willst du mit anderen Frieden und Eintracht bewahren, so mußt du lernen, dich selbst in vielen Dingen zu bezwingen. Es ist keine Kleinigkeit, in Klöstern oder einer Ordensgemeinschaft zu wohnen und dort ohne Klage zu leben und treu bis zum Tode auszuharren. Wohl dem, der daselbst gut gelebt hat und glücklich vollenden durfte!
2. Willst du fest stehen und fortschreiten, wie es sich gehört, so betrachte dich als einen Pilger und Fremdling auf Erden. Du mußt ein Tor werden um Christi willen, wenn du ein Ordensleben führen willst. Ordenskleid und Tonsur bedeuten wenig. Sittliche Neugeburt und völlige Ertötung der Leidenschaften machen den wahren Ordensmann. Wer etwas anderes sucht als einzig Gott und das Heil seiner Seele, findet nur Plage und Schmerz. Auch kann der Friede dessen nur von kurzer Dauer sein, der nicht bestrebt ist, der Geringste zu sein und sich allen unterzuordnen.
3. Zum Dienen bist du gekommen, nicht zum Herrschen. Zum geduldigen Arbeiten bist du berufen, nicht zu Müßiggang und Plauderei. Hier also werden die Menschen erprobt, wie "das Gold im Feuerofen" (Weish 3, 6). Hier kann nur aushalten, wer von ganzem Herzen gewillt ist, sich um Gottes willen zu demütigen.
KAPITEL 18
Schau auf das Vorbild der heiligen Väter
1. Das Leben der heiligen Väter war: Dienen und Dulden, Kämpfen und Kasteien, Fasten und Beten.
2. Auf ihre Demut, Liebe und Geduld.,
3. Auf die Ordensgründer und die blühenden Tugenden der ersten Zeiten.
1. Schau auf die lebendigen Vorbilder der heiligen Väter, in denen wahre Vollendung und Religiosität aufstrahlt, und du wirst sehen, wie geringfügig, ja wie nichtssagend ist, was wir tun. Ach, was ist es doch mit unserem Leben, wenn wir es mit dem ihrigen vergleichen! Die Heiligen und Freunde Christi dienten dem Herrn in Hunger und Durst, in Kälte und Blöße, in Mühe und Erschöpfung, in Wachen und Fasten, in Gebet und heiliger Betrachtung, in vielerlei Verfolgung und Schmach. Wie viele und schwere Trübsale haben sie erduldet: die Apostel, die Märtyrer, die Bekenner und 5 Jungfrauen und die übrigen alle, die entschlossen waren, Christi Fußstapfen zu folgen. Sie haben "ihre Seele in dieser Welt gehaßt, um sie für das ewige Leben zu besitzen" (vgl. Joh 12, 25). Wie streng und entsagungsvoll war das Leben, das die heiligen Väter in der Wüste führten! Wie anhaltend und schwer waren die Versuchungen, die sie zu ertragen hatten, wie häufig die Quälereien, mit denen der Feind ihnen zusetzte! Wie viele glühende Gebete opferten sie dem Herrn auf, wie streng waren die Fasten, die sie hielten, wie groß der Eifer und das feurige Verlangen, im geistlichen Leben Fortschritte zu machen! Wie tapfer kämpften sie, um die Laster zu unterdrücken, und wie lauter und gerade zielte ihre Meinung auf Gott! Am Tage arbeiteten sie, und nachts lagen sie lange dem Gebete ob, obwohl sie nicht aufhörten, auch bei der Arbeit ununterbrochen das innerliche Gebet zu pflegen. Alles, was sie an Zeit erübrigten, wandten sie nützlich an. Jede Stunde schien ihnen zu kurz für den Umgang mit Gott, und über der großen Süßigkeit der Beschauung vergaßen sie sogar, dem Leibe die notwendige Erholung zu gewähren.
2. Allen Reichtümern, Würden, Ehren, Freunden und Verwandten entsagend, begehrten sie von der Welt nichts zu besitzen; kaum nahmen sie das Lebensnotwendige zu sich. Dem Leibe zu dienen empfanden sie selbst im Notfalle als schmerzlich. Sie waren also arm an irdischen Dingen, aber überaus reich an Gnade und Tugenden. Äußerlich darbten sie, innerlich kosteten sie die von Gott kommende Erquickung der tröstenden Gnade. Der Welt waren sie fremd, Gott aber standen sie nahe wie vertraute Freunde. Sich selbst kamen sie wie nichts vor, und der Welt erschienen sie verächtlich, in den Augen Gottes aber waren sie wertvolle, liebe Menschen. Gegründet in wahrer Demut, lebten sie in schlichtem Gehorsam. Ihr Wandel trug das Gepräge der Liebe und Geduld; darum erstarkten sie täglich im Geiste und empfingen große Gnaden von Gott. Allen Ordensleuten als Beispiel gegeben, sollen sie uns mehr zum Fortschritt im Guten anspornen als jene, die zu den Lauen zählen, uns verleiten, im Eifer zu erlahmen.
3. Wie stark war die Glut aller Ordensleute in den ersten Zeiten, als ihre heiligen Gründungen ins Leben traten! Welche Hingabe im Gebete, welcher Wetteifer im Ringen um die Tugend! Wie hoch stand die Zucht! Wie blühten bei allen die Ehrfurcht und der Gehorsam gegen die Regel des Meisters! Zeugen dessen, daß sie wirklich heilige, vollkommene Menschen waren, die in wackerem Streit die Welt unter ihre Füße brachten, sind die noch vorhandenen Spuren. Heute aber gilt schon als groß, wer die Gebote nicht übertritt und sein Los geduldig zu ertragen versteht. O der Lauheit und Nachlässigkeit in unserem Stande, daß unsere erste Glut so schnell erkaltet und wir vor Trägheit und Saumseligkeit des Lebens müde werden! Möchte doch in dir das Verlangen nach Fortschritt in der Tugend niemals einschlafen, nachdem du wiederholt so viele Beispiele gottinniger Menschen gesehen hast.
http://www.gottliebtuns.com/doc/Thomas%2...e%20Christi.pdf
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RE: Thomas von Kempen, von der Nachfolge Christi
in Zitate von Heiligen 06.03.2016 13:44von Blasius • 3.922 Beiträge
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Erstes Buch Anleitung zum geistlichen Leben
Von der Nachfolge Christi
KAPITEL 19
Ertragen von Unrecht und: Wer sich wahrhaft als geduldig erweist
1. Mach nicht soviel Wesens von deinem Leiden. Andere haben mehr gelitten.
Der kluge Mensch klagt nicht.
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2. Denke nicht an die Menschen, die dir wehe tun, sondern an Gott, der
deine Geduld krönen wird.
3. Kämpfe und bete um die Krone der Geduld.
1. (Der Herr:) Mein Sohn, was redest du da? Höre auf zu klagen und bedenke einmal,
was ich und andere Heilige gelitten haben. "Noch hast du nicht bis aufs Blut
widerstanden" (Hebr 12, 4). Deine Leiden sind gering; sie können den Vergleich
nicht aushalten mit denen, die soviel ausgestanden haben, so stark versucht, so
schwer bedrängt, so vielfach geprüft und erprobt wurden. Denke also an die schweren
Leiden der anderen; es ist schon notwendig. Dann wirst du deine so kleine Bürde
leichter tragen. Erscheint sie dir aber nicht so leicht, so untersuche einmal, ob nicht
etwa deine Ungeduld dahinter steckt. Mögen nun deine Leiden klein oder groß sein,
suche alles in Geduld zu ertragen. Je besser du dich zum Leiden bereitest, um so
klüger handelst du und um so größer wird dein Verdienst sein. Du wirst auch leichter
damit fertig, wenn du dich zielbewußt, praktisch und eifrig auf das Ziel einstellst.
2. Sage nicht: Ich kann das von einem solchen Menschen nicht ertragen; ich brauche
mir derartige Dinge nicht bieten zu lassen. Er hat mich schwer geschädigt und wirft
mir Dinge vor, an die ich nie gedacht hatte. Von einem andern will ich es mir gern
gefallen lassen, soweit es mir tragbar erscheint.
Wer so denkt, ist ein Tor. Er beachtet nicht, welche Werte in der Geduld liegen, und
übersieht den, der sie einmal krönen wird. Ihm stehen fast nur die Menschen vor
Augen, die ihn beleidigt haben. Der hat nicht die wahre Geduld, der nur so viel leiden
will, wie ihn gut dünkt, und nur von dem, der ihm dafür paßt. Der wahre Dulder sieht
nicht darauf, von wem ihm zugesetzt wird, ob von einem Vorgesetzten oder einem
Gleichgestellten oder einem Untergebenen, ob von einem guten und heiligen
Menschen oder von einem gemeinen und nichtswürdigen. Das Üble, das die
geschöpfliche Welt ihm zufügt, nimmt er unterschiedslos und restlos mit Dank aus
Gottes Hand an, ganz gleich, ob er heftig bedrängt wird und ob es sich oft wiederholt.
Er sieht eben den ungeheuren Gewinn. Denn nichts, was für Gott gelitten wird, sei es
auch noch so klein, bleibt bei Gott ohne Verdienst.
3. Sei also gerüstet zum Kampfe, wenn du den Sieg erringen willst. Ohne Kampf
kannst du die Krone der Geduld nicht gewinnen. Wer nicht leiden will, weist die
Krone zurück. Begehrst du aber gekrönt zu werden, dann kämpfe mutig und halte
geduldig aus. Ohne Mühe keine Ruhe, ohne Kampf kein Sieg.
(Der Knecht:) Herr, deine Gnade mache mir möglich, was meiner Natur unmöglich
erscheint. Du weißt, daß ich nur wenig leiden kann und schon bei geringen
Schwierigkeiten schnell außer Fassung gerate. Möge mir alles Leid und Weh um
deines Namens willen lieb und teuer sein. Denn für dich leiden und geplagt werden
wirkt auf meine Seele wie heilende Arznei.
KAPITEL 20
Das Eingeständnis der eigenen Schwachheit und das Elend dieses Lebens
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1. Die Schwäche des Menschen ist groß; sie führt zur Mutlosigkeit.
2. Der Versuchungen sind so viele, daß wir unsere ganze Ohnmacht zu fühlen
bekommen.
3. Wer die Welt mit ihren Verführungen kennt, liebt sie nicht, aber viele kennen
sie nicht.
4. Wer die Welt ungeordnet liebt, weiß nichts von den erquickenden Tröstungen
Gottes.
1. (Der Knecht:) "Bekennen will ich wider mich meine Ungerechtigkeit" (Ps 32, 5),
bekennen will ich dir, O Herr, meine Schwäche. Oft ist es nur eine Kleinigkeit, die
mich umwirft und traurig macht. Ich nehme mir vor, entschlossen zu handeln, aber
schon bei einer geringen Versuchung gerate ich in große Verwirrung. Eine ganz
unbedeutsame Sache führt mich bisweilen in schwere Versuchung. Kaum fühle ich
mich ein Weilchen sicher, da finde ich mich bisweilen unversehens wie durch einen
leisen Windhauch fast umgeworfen.
2. Herr, siehe auf meine Ohnmacht und Gebrechlichkeit; sie ist dir ja kein Geheimnis.
Hab' Erbarmen und "entreiße mich dem Schlamm, daß ich nicht versinke" (Ps 69, 15)
und nicht für immer vollends mutlos bleibe. Das ist es, was mich häufig quält und vor
dir beschämt, daß ich im Kampfe gegen die Leidenschaften so wankelmütig bin und
so schwach. Wenn ich auch gerade nicht einwillige, so ist es mir doch lästig und
beschwerlich, von ihnen angefochten zu werden. Täglich im Kampfe zu leben wird
man leid; es ekelt einen an. Daran erkenne ich meine Schwäche, daß die
abscheulichen Phantasiebilder viel leichter eindringen als zurückweichen. Starker
Gott Israels, schaue in deinem Eifer für die Rettung der gläubigen Seelen auf die
Mühen und Leiden deines Knechtes herab und stehe ihm bei in allem, was er beginnt.
Stärke mich mit himmlischer Kraft, daß nicht der alte Mensch die Oberhand gewinne,
jener elende Triebmensch, der dem Geist nicht gänzlich unterworfen ist, gegen den
man zu kämpfen haben wird, solange man atmet in diesem wahrhaft armen Leben.
3. Welch ein Leben, wo Trübsal und Ungemach auf uns warten, wo allüberall die
Fallstricke und Feinde lauern! Sowie die eine Bedrängnis oder Versuchung weicht,
tritt eine andere an ihre Stelle. Während der erste Kampf noch andauert, brechen
schon mehrere andere unverhofft über uns herein. Wie kann man ein Leben lieben,
das so viele Bitterkeiten in sich birgt und so vielem Leid und Elend unterworfen ist?
Wie kann man nur von Leben reden, wenn es immer wieder Tod und Pest erzeugt?
Dennoch, es wird geliebt, und viele suchen in ihm ihre Freude. Oft wird die Welt als
trügerisch und eitel hingestellt. Trotz allem, man läßt sie nicht leicht fahren, weil das
Begehren des Leibes allzuviel Macht besitzt.
4. Das eine ist es, was zur Weltliebe, ein anderes, was zur geringeren Wertung der
Welt treibt. Zur Weltliebe treiben "Fleischeslust, Augenlust und Hoffart des Lebens"
(1 Joh 2, 16). Die Strafen aber und das Elend, das ihnen gerechterweise folgen wird,
erzeugen Haß und Ekel an der Welt. Doch leider trägt die böse Lust den Sieg über
das Weltkind davon. In Domen zu liegen scheint ihm eine Wonne, weil er die
Lieblichkeit Gottes und die innere Schönheit der Tugend weder erkannt noch
verkostet hat. Die aber die Welt in vollkommenem Sinne geringer werten und in
heiliger Zucht nur für Gott zu leben suchen, kennen den göttlichen Trost, der denen
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verheißen ist, die den ganzen Verzicht leisten. Diese sehen klarer, wie schwer sich
die Welt irrt und wie vielfach sie der Täuschung verfällt.
http://www.gottliebtuns.com/doc/Thomas%2...e%20Christi.pdf
RE: Thomas von Kempen, von der Nachfolge Christi
in Zitate von Heiligen 07.03.2016 09:23von Blasius • 3.922 Beiträge
Anleitung zum geistlichen Leben
Erstes Buch
Von der Nachfolge Christi
KAPITEL 21
Das reuevolle Herz
1. Der Reueschmerz entspricht der verbannten, gefährdeten, sündigen Seele.
2. Die Reue setzt die Loslösung voraus.
3.Ohne Reue keine göttliche Tröstung.
4. Zur Reue führt der Gedanke an: Leid, Sünde, Tod, Hölle, Fegfeuer.
1.Willst du vorwärts schreiten, so erhalte dich in der Furcht Gottes. Sei nicht gar zu frei, sondern halte alle deine Sinne im Zaume und überlaß dich nicht einer ungehörigen Freude. Erwecke von Herzen Reue, und du wirst Hingabe finden. Die Reue ist der Schlüssel zu vielen Gütern, die Ausgegossenheit bedeutet gewöhnlich deren schnellen Verlust. Es ist zum Staunen, daß sich der Mensch in diesem Leben jemals freuen kann, wenn er an seine Verbannung denkt und an die vielen Gefahren, die seiner Seele drohen. In unserer Leichtfertigkeit und Gewissenlosigkeit gegenüber unseren Fehlern haben wir das Gefühl für den elenden Zustand unserer Seele verloren. Wir lachen oft ohne Anlaß, wo wir zu Recht weinen sollten. Es gibt keine wahre Freiheit und keine edle Freude außer in der Gottesfurcht und im guten Gewissen.
2.Glücklich, wer alles, was ihn hindert und zerstreut, abwerfen, sich zum Einswerden heiliger Zerknirschung sammeln kann. Glücklich, wer sich von allem loslöst, was sein Gewissen beflecken oder belasten kann. Streite männlich! Gewohnheit wird durch Gewohnheit überwunden. Wenn du es verstehst, die Menschen in Ruhe zu lassen, so werden sie auch dich in deinem Tun nicht stören. Mische dich nicht in fremde Dinge, und kümmere dich nicht um die Händel der Großen. Achte immer zuerst auf dich und ermahne vor allem dich selbst, mehr als alle, die dir lieb sind.
3.Wenn du die Gunst der Menschen entbehrst, werde nicht traurig, das aber nimm dir zu Herzen, wenn du nicht immer so gut und so vorsichtig wandelst, wie es sich für einen Diener Gottes und einen frommen Ordensmann geziemt. Es ist dem Menschen oft dienlicher und sicherer, daß er in diesem Leben nicht viele Tröstungen empfängt, 20 besonders dem Fleische nach.
Doch daß wir den göttlichen Trost gar nicht oder nur selten empfinden, ist unsere eigene Schuld.
Wir bemühen uns nicht um die Zerknirschung des Herzens und geben den Trost der äußeren Dinge, der doch so vergänglich ist, nicht auf. Wisse: Du bist des göttlichen Trostes unwürdig, aber Trübsal in Menge hast du um so mehr verdient.
4.Ist ein Mensch völlig zerknirscht, dann ist ihm die ganze Welt lästig und bitter. Der gute Mensch findet Grund genug zu trauern und zu weinen. Ob er an sich selbst denkt oder an den Mitmenschen, er weiß, daß keiner hier ohne Trübsal lebt. Und je genauer er sich betrachtet, um so größer wird sein Leid. Unsere Sünden und Fehler bieten Anlaß genug zu begründeter Trauer und zur inneren Zerknirschung. Wir sind derartig in sie verstrickt, daß wir uns nur selten imstande fühlen, die himmlischen Dinge zu betrachten. Dächtest du öfter an dein Sterben als an ein langes Leben, du würdest weit eifriger an deiner Besserung arbeiten. Wenn du überdies die zukünftigen Qualen der Hölle und des Fegfeuers mit Herz und Gemüt erwägen wolltest, ich glaube, du nähmst gern Mühen und Leiden auf dich und schrecktest vor keiner Strenge zurück. Weil uns aber diese Gedanken nicht zu Herzen gehen und unsere Liebe jenen Dingen gilt, die uns schmeicheln und locken, bleiben wir kalt und maßlos träge. Oft ist es Mangel an Geist, daß sich der elende Leib so leicht beklagt. Bete darum demütig zum Herrn, er möge dir den Geist der Zerknirschung verleihen, und sprich mit dem Propheten: "Speise mich, Herr, mit dem Brote der Tränen und tränke mich mit dem Tranke der Tränen in reichem Maße" (Ps 80, 6).
http://www.gottliebtuns.com/doc/Thomas%2...e%20Christi.pdf
RE: Thomas von Kempen, von der Nachfolge Christi
in Zitate von Heiligen 08.03.2016 14:32von Blasius • 3.922 Beiträge
Anleitung zum geistlichen Leben
Erstes Buch
Von der Nachfolge Christi
KAPITEL 22
Der Blick in das menschliche Elend
1. Das Menschenleben ist Elend in vielfacher Gestalt.
2. Viele hängen trotz allem an der Welt, andere erheben sich über sie.
3. Werde nicht müde am Leben; ringe dich tapfer und geduldig durch.
4. Dein Elend vor Augen, demütige dich und beginne von neuem.
1. Elend bist du, wo immer du weilst und wohin du dich auch wendest, wenn deine
Richtung nicht auf Gott zielt. Was wirst du so unruhig, wenn es dir nicht nach
Wunsch und Willen geht? Wer ist der Mensch, der alles hat, was er sich wünscht? Ich
nicht und du nicht und kein Mensch auf Erden. Keinem in der Welt bleiben irgendwie
Plage und Trübsal erspart, mag er König sein oder Papst. Und wer hat es besser?
Ohne Zweifel der, der für Gott zu leiden vermag. Da äußern die Kranken und
Schwachen: Sieh da, was hat der aber für ein gutes Leben! Wie reich ist der, wie
groß, wie mächtig und hochstehend! Du aber blicke auf die himmlischen Güter, und
du wirst sehen, daß all das Irdische nichtig und gänzlich unsicher ist, ja mehr eine
Last bedeutet, da man es nie ohne Sorge und Furcht besitzen kann. Das macht die
Seligkeit des Menschen nicht aus, Zeitliches bis zum Überfluß zu besitzen. Ein
Mittelmaß genügt. Es ist wahrhaftig ein Elend, auf Erden zu leben. Je geistiger ein
Mensch leben möchte, desto bitterer wird ihm das gegenwärtige Dasein; denn er
durchlebt tiefer und durchschaut klarer die Gebrechen der menschlichen
Verderbtheit. Denn dem Essen, Trinken, Wachen, Schlafen, Ruhen, Arbeiten und
dem übrigen Bedürfen der menschlichen Natur unterworfen sein, ist wirklich ein
großes Elend und Leid für den frommen Menschen. Er möchte ja so gern davon
befreit und aller Sünde ledig sein. Denn der innerliche Mensch fühlt sich durch das
Bedürfen des Leibes doch sehr bedrängt in dieser Welt. Darum bittet der Prophet
inständig, daß er davon frei sein möchte, und ruft: "Befreie mich, O Herr, aus meinen
Nöten" (Ps 25, 17).
2. Wehe aber denen, die ihr Elend nicht erkennen, und noch mehr wehe denen, die
dieses elende, verderbte Leben lieben! Denn manche hängen so fest an diesem Leben
obschon sie es kaum durch Handarbeit oder Betteln notdürftig erhalten können -, daß
sie sich um das Reich Gottes nicht kümmern würden, wenn sie nur ewig hier bleiben
könnten. Diese unseligen, ungläubigen Menschen, die so tief im Irdischen versinken,
daß sie nur noch am Leiblichen Geschmack finden! Am Ende jedoch werden die
Elenden es noch schwer zu fühlen bekommen, wie wertlos und nichtig der
Gegenstand ihrer Liebe war. Die Heiligen Gottes aber und alle vertrauten Freunde
Christi achteten nicht auf das, was dem Leibe gefiel und was damals in Blüte stand,
sondern ihr ganzes Hoffen und Trachten ging nach oben zu den ewigen Gütern. Ihre
ganze Sehnsucht schwang sich zu dem Bleibenden und Unsichtbaren empor, aus
Furcht, die Liebe zum Sichtbaren könnte sie in die Tiefe ziehen.
3. Bruder, verliere nicht das Vertrauen auf den geistlichen Fortschritt. Noch hast du
Zeit und Weile. Warum willst du deinen Vorsatz aufschieben? Auf! Fange
augenblicklich an und sprich: Jetzt ist es Zeit zu handeln, die Stunde des Kampfes hat
geschlagen, der geeignete Augenblick zur Besserung ist gekommen. Wenn du zu
leiden hast und dich in Not befindest, dann hat die Stunde geschlagen, Verdienste zu
erwerben. Durch Feuer und Wasser mußt du hindurch (vgl. Ps 66, 12), bevor du zur
Erquickung gelangst. Tust du dir keine Gewalt an, wirst du die böse Neigung nicht
bezwingen. Solange wir diesen gebrechlichen Körper tragen, können wir nicht ohne
Sünde sein noch dem Lebensüberdruß und Leid entgehen. Gern hätten wir Ruhe von
all dem Elend, aber da wir die Unschuld durch die Sünde verloren haben, haben wir
auch die wahre Seligkeit eingebüßt. So müssen wir uns denn mit Geduld wappnen
und auf Gottes Barmherzigkeit warten, bis das " Verderben vorüberzieht" (Ps 57, 2)
und "die Sterblichkeit vom Leben verschlungen wird" (2 Kor 5, 4).
4. Wie groß ist doch die Gebrechlichkeit des Menschen, die stets zum Bösen neigt!
Heute beichtest du deine Sünden, und morgen tust du schon wieder, was du
gebeichtet hast.
Jetzt nimmst du dir vor, auf der Hut zu sein, und kaum ist eine
Stunde vorüber, da handelst du, als hättest du dir nichts vorgenommen. So haben wir
also Ursache genug, uns zu verdemütigen und niemals groß von uns zu denken, da
wir so gebrechlich und unbeständig sind. Schnell kann man durch Nachlässigkeit
verlieren, was man mit vieler Mühe und Hilfe der Gnade kaum eben erworben hat.
Was wird am Ende noch aus uns werden, da wir schon am Morgen so erschlaffen?
Wehe uns, wenn wir uns zur Ruhe setzen wollten, als wäre schon Friede und
Sicherheit, wo noch nicht eine Spur von wirklicher Heiligkeit in unserem Wandel zu
sehen ist. Es täte uns wirklich Not, daß wir noch einmal wie rechte Novizen zu einem
tugendhaften Leben angeleitet würden.
Vielleicht bestände dann die Aussicht auf
künftige Besserung und einen größeren Fortschritt im geistlichen Leben.
http://www.gottliebtuns.com/doc/Thomas%2...e%20Christi.pdf
RE: Thomas von Kempen, von der Nachfolge Christi
in Zitate von Heiligen 09.03.2016 16:20von Blasius • 3.922 Beiträge
Anleitung zum geistlichen Leben
Erstes Buch
Von der Nachfolge Christi
KAPITEL 23
Betrachtung des Todes
1. Der Tod kommt schnell. Bereite dich. Das Leben eilt.
2. Er kommt sicher und für viele unerwartet.
3. Er bringt dir eine bittere oder selige Sterbestunde; es hängt von dir ab.
4. Er mahnt: Wirke jetzt dein Heil, solange es noch Zeit ist.
5. Er kommt bei vielen Gelegenheiten.
6. Er weist über das Grab hinaus zur ewigen Heimat.
1. Gar schnell wird es hier mit dir geschehen sein. Sieh nur, wie es um dich steht. Heute lebt der Mensch noch, morgen ist er nicht mehr. Ist er aber einmal den Augen entschwunden, so ist er auch schnell aus dem Sinn. Wie ist doch das Menschenherz so träge und abgestumpft, daß es nur an die Gegenwart denkt und sich um die Zukunft so wenig sorgt! Du solltest dich in all deinem Tun und Denken so verhalten, als würdest du heute sterben. Hättest du ein gutes Gewissen, würdest du den Tod nicht sonderlich fürchten. Besser wäre es, die Sünden zu meiden, als den Tod zu fliehen. Bist du heute nicht bereit, wie willst du es morgen sein? Das „Morgen" ist ein ungewisser Tag. Weißt du übrigens, ob du das "Morgen" noch erleben wirst? Was nützt es, lange zu leben, wenn wir uns so wenig bessern? Ja, ein langes Leben bessert nicht immer; oft mehrt es nur die Schuld. Hätten wir doch einen Tag in dieser Welt gut gelebt! Viele zählen die Jahre ihrer Hinkehr zu Gott, aber die Frucht der Lebensbesserung ist oft gering. Ist es schrecklich zu sterben, so ist es vielleicht noch gefährlicher, länger zu leben. Glücklich, wer die Stunde seines Hinscheidens immer vor Augen hat und sich täglich auf das Sterben vorbereitet!
2. Hast du je einmal einen Menschen sterben sehen, so bedenke, daß auch du denselben Weg gehen wirst. Wenn es Morgen geworden ist, stelle dir vor, du werdest den Abend nicht mehr erreichen. Ist es Abend geworden, wage nicht, dir den Morgen zu versprechen. Sei also immer bereit und lebe so, daß der Tod dich nie unvorbereitet finde. Viele sterben plötzlich und unversehens; denn "der Menschensohn kommt zu einer Stunde, da man es nicht vermutet" (Lk 12, 40).
3. Ist jene letzte Stunde gekommen, dann wirst du dein ganzes vergangenes Leben in einem völlig anderen Lichte sehen und tief bedauern, daß du so nachlässig und lau gewesen bist. Wie glücklich und klug ist der, der sich bemüht, jetzt so zu leben, wie er im Tode befunden werden möchte. Große Zuversicht auf eine glückliche Sterbestunde wird haben dürfen, wer die Welt vollkommen gering wertet, ein glühendes Verlangen nach Fortschritt in der Tugend hegt, die Zucht liebt und das Opfer der Buße nicht scheut, wer willigen Gehorsam leistet, sich selbst verleugnet und alles Widrige aus Liebe zu Christus erträgt. 23
4. Viel Gutes kannst du wirken, solange du gesund bist. Was du aber in kranken Tagen zustande bringst, das weiß ich nicht. Wenige werden durch Krankheit gebessert, sowie auch jene selten heilig werden, die viel wallfahren. Verlaß dich nicht auf Freunde und Verwandte und verschieb dein Heil nicht auf die Zukunft; denn rascher, als du meinst, werden dich die Menschen vergessen. Besser ist es, dich beizeiten vorzusehen und ein gutes Werk vorauszuschicken, als auf anderer Leute Hilfe zu hoffen. Trägst du heute keine Sorge um dich selbst, wer wird künftig für dich sorgen? Jetzt ist die Zeit sehr kostbar, "jetzt sind die Tage des Heiles, jetzt ist die Zeit der Gnade" (2 Kor 6, 2). Aber wie traurig, daß du diese Zeit nicht nutzbringender verwendest! Du kannst doch Verdienste sammeln und ewig davon leben. Kommen wird der Augenblick, da du sehnlichst verlangst, auch nur einen Tag oder eine einzige Stunde zu haben, um dich zu bessern, und ich weiß nicht, ob du sie erhalten wirst. Sieh doch, teurer Freund, aus welcher großen Gefahr du dich befreien, welcher drückenden Furcht du dich entziehen kannst, wenn du jetzt immer gottesfürchtig lebst und des Todes gewärtig bist. Suche jetzt so zu leben, daß die Todesstunde eher Freude als Furcht in dir weckt. Lerne jetzt der Welt abzusterben, um dann ein "Leben mit Christus" (Gal 2,20) zu beginnen. Lerne jetzt alles von dir zu werfen, um dann unbeschwert zu Christus zu eilen. Züchtige jetzt deinen Leib durch Buße, um dann in sicherer Zuversicht leben zu können.
5. Du Tor! Wie kannst du denken, du würdest lange leben, wo dir kein Tag sicher ist. Wie viele schon sahen sich betrogen und plötzlich dem Leib entrissen! Wie oft hast du sagen hören: Dieser fiel im Kampf, jener ertrank, der eine fiel aus der Höhe und brach den Hals, der andere starb beim Essen, wieder ein anderer fand den Tod beim Spiel. Einen tötete das Feuer, den anderen das Schwert, einen dritten die Seuche, einen vierten ermordeten Räuber. So ist das Ende aller der Tod, und flüchtig wie ein Schatten eilt des Menschen Leben dahin. 6. Wer denkt noch an dich, wenn du gestorben bist, wer betet für dich? Mein Teuerster, tue jetzt, was du nur tun kannst; denn du weißt nicht, wann deine Stunde schlägt, und ebenso wenig, was dir nach dem Tode bevorsteht. Sammle dir unvergängliche Schätze, solange du noch Zeit hast. Dein einziger Gedanke sei dein Heil, deine einzige Sorge sei das, was Gottes ist. Mach dir jetzt die Heiligen zu Freunden, indem du sie verehrst und ihren Wandel nachahmst, damit sie dich, wenn du aus diesem Leben scheidest, in die ewigen Wohnungen aufnehmen (Lk 16,9).
Betrachte dich als einen Fremdling und Gast auf Erden, den die Händel der Welt nichts angehen. Halte dir dein Herz frei und richte es empor zu Gott; denn du hast hier keine bleibende Stätte (Hebr 13, 14). Dorthin sende täglich unter Tränen dein Bitten und Flehen, damit dein Geist verdiene, glücklich heimzufinden zum Herrn, wenn du gestorben bist. Amen!
http://www.gottliebtuns.com/doc/Thomas%2...e%20Christi.pdf
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