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#36

RE: Thomas von Kempen, von der Nachfolge Christi

in Zitate von Heiligen 27.03.2016 21:58
von Blasius • 3.810 Beiträge

Zweites Buch



Wege zum inneren Leben

. KAPITEL 11

Nur wenige lieben das Kreuz Christi

1. Christusliebe ohne Kreuzesliebe.
2. Christusliebe ohne Eigenliebe.

1. Jesus hat jetzt viele, die sein himmlisches Reich lieben, aber wenige, die sein Kreuz tragen wollen; viele, die nach seinem Trost verlangen, wenige, die Leiden begehren. An seinem Tische findet er Gäste genug, bei seinem Fasten aber nur wenige. Alle möchten sich mit ihm freuen, wenige nur wollen etwas für ihn leiden. Viele folgen Jesus bis zum Brechen des Brotes, wenige bis zum Trinken des Leidenskelches. Viele verehren seine Wunder, wenige teilen sich mit ihm in die Schmach des Kreuzes. Viele lieben Jesus, solange ihnen nichts Widriges begegnet. Viele loben und preisen ihn, solange sie einige Tröstungen von ihm empfangen. Wenn sich aber Jesus verbirgt und sich nur ein wenig von ihnen zurückzieht, verfallen sie in Klagen oder in große Trauer. Die aber Jesus um Jesu willen lieben und nicht, um selber Tröstungen zu empfangen, preisen ihn ebenso in jeder Not und inneren Verlassenheit als in der erquickendsten Tröstung. Ja, wenn er ihnen niemals Trost spenden sollte, sie würden ihn dennoch allezeit loben und ihm immer danksagen wollen. Wieviel vermag doch die reine Liebe zu Jesus, die keinen Eigennutz und keine Eigenliebe kennt! Müssen sie nicht alle als Lohnknechte angesehen werden, die immer nach Tröstungen haschen? Und wenn sie immer auf ihren Vorteil und Gewinn bedacht sind, beweisen sie nicht, daß sie mehr sich selbst als Christus suchen?

2. Wo findet man einen Menschen, der Gott unentgeltlich dienen möchte? Selten wird einer so innerlich erfunden, daß er von allem entblößt wäre. Denn einen Menschen, der wahrhaft arm im Geiste und von allem Geschöpflichen losgelöst ist, wer wird ihn finden? "Weither und von den äußersten Grenzen ist sein Wert" (Spr 31,10). "Gäbe der Mensch all sein Vermögen, es wäre nichts" (vgl. Hld 8, 7), und übte er große Buße, es wäre noch nicht viel; wenn er sich ein umfassendes Wissen 41 erwürbe, so wäre er noch weit vom Ziele, und hätte er große Tugendkraft und besonders glühende Hingabe erreicht, es fehlt ihm noch viel, nämlich das Eine, was ihm am allermeisten nottut. Und das ist? Daß, nachdem er alles verlassen hat, er nun auch sich selbst verlasse und ganz aus sich herausgehe und nicht einmal einen Rest von Eigenliebe zurückbehalte. Und wenn er alles getan hat, was er als seine Pflicht erkannt hat, möge er sich vorkommen, als habe er nichts getan. Er denke bescheiden von dem, was etwa hoch eingeschätzt werden könnte und bekenne ehrlich, daß er nach dem Wort der ewigen Wahrheit nur ein unnützer Knecht ist. "Wenn ihr alles getan habt, was euch geboten war, so sprecht: Wir sind unnütze Knechte" (Lk 17,10). Dann kann er, wahrhaft arm und entblößt im Geiste, mit dem Propheten sprechen: "Ich bin einsam und arm" (Ps 25,16). Dennoch ist niemand reicher, niemand mächtiger, niemand freier als der, der es versteht, sich selbst und die ganze Welt zu verlassen und sich zuunterst zu setzen.

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#37

RE: Thomas von Kempen, von der Nachfolge Christi

in Zitate von Heiligen 28.03.2016 12:23
von Blasius • 3.810 Beiträge

Zweites Buch



Wege zum inneren Leben


KAPITEL 12

Der königliche Weg des heiligen Kreuzes

1. Ein hartes Wort, aber ein Segenswort.
2. Der einzige sichere Weg zum Leben und Frieden.
3. Ein Leid, dem du nicht entrinnen kannst.
4. Die Quelle der Annahme des Leidens und vieler Gnaden.
5. Der Aufruf zum tapferen Dulden.
. Dein Paradies auf Erden.
7. Die Mahnung: Stirb dir selbst.

1. "Hart" erscheint vielen "das Wort" (vgl. Joh 6,61): "Verleugne dich selbst, trag dein Kreuz und folge Jesus nach" (Mt 16,24). Aber weit härter wird sich jenes letzte Wort anhören: "Weichet von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer" (Mt 25, 41)!

Wer nämlich jetzt das Wort vom Kreuz willig anhört und befolgt, braucht nicht zu fürchten, daß er einmal das Wort von der ewigen Verdammnis zu hören bekommt. Dieses Zeichen des Kreuzes wird am Himmel sein, wenn der Herr zum Gericht kommt. Dann werden alle Diener des Kreuzes, die sich dem Gekreuzigten im Leben gleichförmig gemacht haben, mit großer Zuversicht vor Christus, dem Richter, erscheinen. Was fürchtest du also, das Kreuz auf dich zu nehmen, durch das man in den Himmel eingeht? Im Kreuz ist Heil, im Kreuz ist Leben, im Kreuze Schutz vor den Feinden, Mitteilung himmlischen Trostes, Stärke des Geistes, seelische Kraft, Freude des Geistes, im Kreuze liegt der Inbegriff der Tugend, die vollendete Heiligkeit. Es gibt kein Heil der Seele und keine Hoffnung ewigen Lebens außer im Kreuze. Trag also dein Kreuz, folge Jesus, und du wirst ins ewige Leben eingehen. Er ging dir mit dem Kreuze voran und starb für dich am Kreuze, damit auch du dein Kreuz tragest und am Kreuze zu sterben verlangest. Denn "wenn du mit ihm gestorben bist, wirst du auch mit ihm leben" (Röm 6, 8), und wenn du teil hattest an der Pein, wirst du auch teilhaben an seiner Herrlichkeit. 42

2. Siehe, alles gründet im Kreuze, und am Sterben ist alles gelegen. Es gibt keinen anderen Weg zum Leben und zum wahren inneren Frieden als den Weg des heiligen Kreuzes und der täglichen Selbstüberwindung. Wo du auch gehst, und was immer du suchst, du wirst weder oben einen Weg finden, der vollkommener wäre, noch unten einen Weg, der sicherer wäre als der Weg des heiligen Kreuzes. Ordne und regele alles, wie du es gern hast und wie du für gut findest, du wirst sehen, daß du immer etwas leiden mußt, ob es dir recht ist oder nicht. Immer wirst du das Kreuz finden. Denn entweder hast du körperlich zu leiden, oder du fühlst dich seelisch bedrängt. Einmal weißt du dich von Gott verlassen, ein andermal vom Nächsten geplagt, und - was noch mehr bedeutet - oft bist du dir selber zur Last. Trotzdem gibt es kein Heilmittel und keinen Trostgedanken, der dich davon befreien oder dir die Last erleichtern könnte. Du mußt es schon tragen, solange Gott will. Gott will nämlich, daß du lernst, Trübsal ohne Trost zu ertragen. "Du sollst dich ihm ganz unterwerfen und durch das Leid in der Demut wachsen. Niemand geht so tief empfindend in das Leiden Christi ein als der, dem ein ähnliches Leid beschieden ist.

3. Das Kreuz steht also immer bereit. Es erwartet dich überall. Du kannst ihm nicht entfliehen, wohin immer du gehst. Wo du auch bist, du bringst dich immer selbst mit und wirst dich selbst finden. Wende dich nach oben, wende dich nach unten, wende dich nach außen, wende dich nach innen, in allem findest du das Kreuz. Und überall mußt du die Geduld bewahren, wenn du inneren Frieden haben und dir die ewige Krone verdienen möchtest. Trägst du das Kreuz gern, dann trägt es dich und wird dich zum ersehnten Ziel führen, dorthin, wo das Leiden ein Ende hat. Das ist freilich hienieden nicht der Fall. Trägst du das Kreuz ungern, so belastest du dich noch mehr, und aushalten mußt du trotzdem. Wirfst du ein Kreuz ab, wird dir ohne Zweifel ein anderes begegnen, das vielleicht noch schwerer zu tragen ist. Glaubst du, du könntest ihm entgehen? Noch kein Sterblicher hat es fertig gebracht. Welcher Heilige hat in dieser Welt ohne Kreuz und Leid gelebt? Nicht einmal Jesus Christus, unser Herr, war zeitlebens auch nur eine Stunde ohne Schmerz und Leid. "Christus", sagt die Schrift, "mußte leiden, von den Toten auferstehen und so in seine Herrlichkeit eingehen" (Lk 24, 26.46). Wie kannst du einen anderen Weg suchen als diesen Königsweg des heiligen Kreuzes? Das ganze Leben Christi war Kreuz und Martyrium, und du suchst Ruhe für dich und Freude? Du irrst, ja du irrst, wenn du etwas anderes suchst als Leid und Trübsal; denn dieses ganze sterbliche Leben ist voll des Elends und ringsum mit Kreuzen bezeichnet. Und je weiter einer im Leben des Geistes voranschreitet, um so schwerer sind oft die Kreuze, die ihm begegnen, weil die Pein seiner Verbannung mit seiner Liebe wächst.

4. Gleichwohl lebt der so vielfach geprüfte Mensch nicht ohne den erleichternden Trost. Er sieht, daß ihm das ruhig getragene Kreuz einen sehr reichen Gewinn einbringt. Indem er sich ihm willig unterwirft, wandelt sich die ganze Last der Trübsal in die Zuversicht, daß ihm der göttliche Trost geschenkt werde. Je mehr der Leib durch die Heimsuchung geschwächt wird, um so mehr wird der Geist von innen durch die Gnade gestärkt. Ja, manchmal zieht er aus den Leiden und Kreuzen eine solche Kraft, daß er, um dem gekreuzigten Christus in der Liebe gleichförmig zu werden, nicht mehr ohne Schmerz und Trübsal sein möchte. Er ist nämlich überzeugt, daß Gott ihn um so lieber hat, je mehr und je Schwereres er für ihn ertragen konnte. 43 Doch ist das nicht die Kraft des Menschen, sondern die Gnade Christi, die in einem gebrechlichen Geschöpf solche Leistungen zustandebringt. Wovor er von Natur aus zurückschreckt und was er flieht, an das macht er sich in der Glut des Geistes heran und umfängt es mit Liebe. Es liegt dem Menschen nicht, ein Kreuz zu tragen, das Kreuz zu lieben, den Leib zu züchtigen und in "Dienstbarkeit zu bringen" (1 Kor 9,27), die Ehre zu fliehen und Beleidigungen gern hinzunehmen, sich selbst zu verachten und zu wünschen, daß man verachtet werde, alles Widrige mit seinen nachteiligen Folgen zu erdulden und in dieser Welt kein Verlangen nach Glück und Wohlergehen zu tragen. Wenn du auf dich selbst zählst, wirst du nichts von alledem zustande bringen. Vertraust du aber auf Gott, dann wird die Kraft des Himmels dir zuströmen, und du wirst Herr werden über die Welt und den Leib. Ja selbst den teuflischen Feind wirst du nicht zu fürchten haben, wenn du die Waffenrüstung des Glaubens trägst und mit dem Kreuze Christi bezeichnet bist.

5. Rüste dich, das Kreuz deines Herrn, der sich aus Liebe zu dir hat kreuzigen lassen, "wie ein guter und getreuer Knecht" Christi (Mt 25, 21.23) mannhaft zu tragen. Bereite dich, in diesem elenden Leben viel Leid und vielerlei Drangsal zu ertragen. Denn das wird dein Los sein, wo du auch weilst, und das wirst du finden, wo du dich auch verbirgst. Es muß so sein, und es gibt kein Mittel, der Drangsal des Elends und dem Schmerz zu entrinnen, als sich zu gedulden. Trinke den Kelch des Herrn mit Freuden, wenn du sein Freund sein und mit ihm Gemeinschaft haben willst. Die Tröstungen überlaß Gott. Er mag es mit ihnen halten, wie es ihm gefällt. Du aber bereite dich, Trübsale zu erdulden und diese als ganz erquickende Tröstungen anzusehen. Denn die Leiden dieser Zeit reichen nicht aus, die künftige Herrlichkeit mit ihnen zu verdienen, (vgl. Röm 8, 18) auch dann nicht, wenn du allein das ganze Leid auf dich nehmen könntest.

6. Hast du es einmal so weit gebracht, daß du die Trübsal um Christi willen als eine willkommene, schmackhafte Gabe empfindest, dann sei überzeugt, daß es gut um dich steht, dann hast du den Himmel auf Erden gefunden, Solange dir aber das Leiden schwer fällt und du ihm zu entfliehen suchst, solange steht es schlecht um dich. Die Flucht vor der Trübsal wird dir überallhin folgen. Bist du bereit zum Leiden und Sterben, wie es deine Aufgabe ist, wird es schnell besser mit dir, und du wirst Frieden finden. Wärest du auch mit Paulus in den dritten Himmel entrückt (2 Kor 12, 2), so würdest du deshalb nicht vor jedem Leid bewahrt bleiben. "Ich", spricht Jesus, "werde ihm zeigen, wieviel er um meines Namens willen leiden muß" (Apg 9,16). Das Leid bleibt also dein Anteil, wenn du Jesus lieben und ihm allezeit dienen willst. Daß du doch würdig wärst, für den Namen Jesu etwas zu leiden! Welche Ehre brächte es dir! Welche Freude allen Heiligen Gottes! Und welche Erbauung dem Nächsten! Denn alle empfehlen die Geduld, aber nur wenige wollen sie üben. Es ist nicht mehr als recht, daß du gern etwas für Christus leidest, da viele weit schwereres Leid für die Welt auf sich nehmen.

7. Sei fest überzeugt: du mußt deinen Lebensweg als ein Sterbender gehen. Je mehr einer sich selbst stirbt, desto mehr beginnt er für Gott zu leben. Niemand ist befähigt, himmlische Dinge zu fassen, der sich nicht demütig entschließt, für Christus ein Kreuz zu tragen. Nichts ist Gott wohlgefälliger, nichts dir heilsamer in dieser Welt, als willig für Christus zu leiden. Wenn du die Wahl hättest, solltest du eher 44 wünschen, Widriges für Christus zu leiden, als mit vielen Tröstungen erquickt zu werden. So wärest du Christus ähnlicher und allen Heiligen gleichförmiger. Unser Verdienst und der Fortschritt in unserem Stande bestehen nicht in lauter Annehmlichkeiten und Tröstungen, sondern in vielem Ungemach und Leid, das wir tragen. Gäbe es für die Menschen einen besseren und vorteilhafteren Weg zum Heile als Leiden zu tragen, Christus hätte ihn sicher durch Wort und Beispiel gezeigt. Denn sowohl seine Jünger, die ihm folgten, als alle jene, die ihm folgen wollen, mahnt er laut und verständlich: "Wer mir nachfolgen will, verleugne sich selbst, trage sein Kreuz, und dann folge er mir" (Mt 16,24; Lk 9,23). Nachdem wir also alles überdacht und erwogen haben, ist dies der Worte letzter Sinn, "daß wir durch viele Trübsale eingehen müssen in das Gottesreich" (Apg 14,22).



http://www.gottliebtuns.com/doc/Thomas%2...e%20Christi.pdf


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zuletzt bearbeitet 28.03.2016 12:25 | nach oben springen

#38

RE: Thomas von Kempen, von der Nachfolge Christi

in Zitate von Heiligen 30.03.2016 17:14
von Blasius • 3.810 Beiträge

Drittes Buch

Kampf und Trost

KAPITEL 1

Christus spricht im Innern zur gläubigen Seele

1. Horche gern auf die inneren göttlichen Anregungen; sie bedeuten Seligkeit für dich.
2. Den irdischen Dingen gegenüber sei weniger aufgeschlossen; sie verführen und enttäuschen.

1. "Ich will hören, was Gott, der Herr, in mir spricht" (Ps 85, 9). Selig die Seele, die Gottes Stimme in sich vernimmt und aus seinem Munde ein Wort des Trostes empfängt. Selig die Ohren, die offen sind "für das leise göttliche Flüstern" (vgl. Ijob 4, 12), von den Geräuschen dieser Welt aber nichts auffangen. Ja, selig die Ohren, die sich der Stimme von draußen nicht öffnen, dafür aber nach innen lauschen, wo die Wahrheit lehrt. Selig die Augen, die, dem Äußeren verschlossen, ihre Blicke nach innen richten. Selig, die da eindringen in die innere Welt und täglich in wachsendem Eifer bemüht sind, die himmlischen Geheimnisse zu erfassen, indem sie sich durch Übungen dazu bereiten. Selig, die alles, was sie an die Welt fesselt, abschütteln, um sich dann ganz Gott hinzugeben.

2. Bedenke das, meine Seele, und schließe die Tore deiner Sinne, damit du zu hören vermagst, was der Herr, dein Gott, in dir spricht. Dein Geliebter spricht: "Dein Heil bin ich" (Ps 35,3), dein Friede und dein Leben. Halte dich an mich, und du wirst 46 Frieden finden. Laß alles Vergängliche, suche das Ewige! Was sind alle zeitlichen Dinge anders als eine Verführung? Und was nützen alle Geschöpfe, wenn du vom Schöpfer verlassen bist? Lös dich also von allem los, und schenke dich willig und treu deinem Schöpfer, und du wirst imstande sein, zur wahren Glückseligkeit zu gelangen.


http://www.gottliebtuns.com/doc/Thomas%2...e%20Christi.pdf

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#39

RE: Thomas von Kempen, von der Nachfolge Christi

in Zitate von Heiligen 02.04.2016 09:10
von Blasius • 3.810 Beiträge

Drittes Buch

Kampf und Trost




KAPITEL 2

Die Wahrheit spricht im Inneren ohne laute Worte

1. Die rechte Einsicht in die Offenbarung gibt Gott.
2. Das äußere Wort der Schrift tut es allein nicht.
3. Gott selber muß durch das geoffenbarte Wort gnadenhaft zum Herzen reden.

1. (Der Knecht:) "Rede, Herr, dein Diener hört" (1 Sam 3, 10). "Dein Knecht bin ich.
Gib mir Einsicht, daß ich deine Zeugnisse verstehe" (Ps 119,125). "Gib meinem
Herzen das Verlangen zu hören, was du sprichst" (Ps 79, 1). "Wie Tau möge deine
Rede träufeln" (Dtn 32, 2).

2. Einst sprachen die Kinder Israels zu Moses: "Sprich du zu uns, und wir wollen
hören. Nicht der Herr spreche zu uns, damit wir nicht etwa sterben" (Ex 20, 19). So
bitte ich nicht, nein, Herr, so nicht, vielmehr beschwöre ich dich mit dem Propheten
Samuel in Demut und voll Sehnsucht: "Rede, Herr, dein Diener hört." Nicht Mose
rede zu mir oder einer der Propheten, du vielmehr sprich, Herr und Gott, der Geist
und das Licht aller Propheten. Du kannst mich allein und ohne sie vollkommen
belehren, sie aber vermögen ohne dich nichts. Mit Worten zwar können sie dienen,
den Geist geben sie nicht. Sie bringen das Wort zum Klingen, doch das Herz
entzünden sie nicht, solange du schweigst. Sie überliefern Buchstaben, "du aber
deutest ihren Sinn" (Lk 24, 45). Sie künden Geheimnisse, du hast den Schlüssel für
das Verständnis der Zeichen. Gebote verkünden sie, du gibst die Kraft, sie zu halten.
Sie weisen den Weg, du gibst die Kraft, ihn zu gehen. Sie wirken nur nach außen, du
belehrst und erleuchtest die Herzen. Sie begießen von außen, du gibst die
Fruchtbarkeit (vgl. 1 Kor 3, 7). Sie machen laute Worte, du gibst den Zuhörern das
Verstehen.

3. Also nicht Moses spreche zu mir, sondern du, mein Herr und Gott, die ewige
Wahrheit, damit ich nicht etwa sterbe und keine Frucht bringe, wenn ich nur
äußerlich ermahnt und innerlich nicht entzündet wurde. Damit mir das Wort nicht zur
Verurteilung gereiche, wenn ich es nur gehört, aber nicht befolgt, nur gekannt, aber
nicht geliebt, nur geglaubt, aber nicht gehalten habe. Sprich also, Herr, dein Diener
hört. „Du hast Worte des ewigen Lebens" (Joh 6,69). Sprich zu mir, damit meine
Seele ein wenig getröstet, mein ganzes Leben gebessert, dir aber Lob und Ehre und
ewige Verherrlichung gezollt werde.

http://www.gottliebtuns.com/doc/Thomas%2...e%20Christi.pdf


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zuletzt bearbeitet 02.04.2016 09:11 | nach oben springen

#40

RE: Thomas von Kempen, von der Nachfolge Christi

in Zitate von Heiligen 03.04.2016 10:14
von Blasius • 3.810 Beiträge

Drittes Buch

Kampf und Trost




KAPITEL 3

47 Gottes Worte muß man in Demut hören

1. Öffne dich dem Wort Gottes in Demut, Stille und Verlangen.
2. Folge nicht den vielen, die lieber auf die Welt als auf Gott hören.
3. Gottes Worte sind dir nötig, wenn du versucht wirst, auch wenn er dich tröstet.
4. Bete in Demut um Kraft und Trost.

1. (Der Herr.:) Mein Sohn, höre auf meine Worte. Sie sind reich an köstlicher Kraft und übertreffen das gesamte Wissen der Weisen und Gelehrten dieser Welt. "Meine Worte sind Geist und Leben" (Joh 6,63). Man soll sie nicht an menschlichen Begriffen messen; auch dürfen sie nicht der eitlen Ergötzung dienen. "Still höre man sie an" (vgl. Koh 9, 17), und in aller Demut und mit großer Inbrunst nehme man sie entgegen. (Der Knecht:) Da sprach ich: "Selig, den du unterweisest, Herr, und den du über dein Gesetz belehrst, um ihm Trost zu bieten für böse Tage" (Ps 94, 12), und daß er auf Erden nicht so verlassen sei.

2. (Der Herr:) Ich, spricht der Herr, habe die Propheten von Anbeginn belehrt und spreche unablässig zu allen bis heute, doch viele sind taub für mein Wort und harten Herzens. Ein großer Teil hört lieber die Welt als Gott und folgt lieber den persönlichen Wünschen als dem Willen Gottes. Die Welt verspricht nur geringfügige Dinge, die wieder vergehen, aber man dient ihr mit großer Gier. Ich verspreche Höchstes und Ewiges, und das Herz der Sterblichen bleibt kalt. Wer dient und gehorcht mir in allem mit soviel Sorgfalt, wie man der Welt und ihren Herren dient? "Erröte, Sidon, spricht das Meer" (Jes 23,4), und fragst du, warum? So höre! Für eine kleine Pfründe macht man weite Wege, für das ewige Leben heben viele kaum den Fuß von der Erde. Man jagt nach kleinen Gewinnen, um einen einzigen Groschen zankt man sich in unwürdiger Weise, für eine unbedeutende Sache und eine versprochene Kleinigkeit schreckt man vor keiner Anstrengung zurück, nicht bei Tage und nicht bei Nacht. Aber, O Schande, für das unwandelbare Gut, für den unschätzbaren Preis, für die höchste Ehre und endlose Herrlichkeit sich auch nur ein wenig anzustrengen, ist man zu bequem. Erröte, du fauler, mürrischer Knecht, jene sieht man bereiter zum Verderben als dich zum Leben. Sie haben mehr Freude an eitlen Dingen als du an der Wahrheit. Sie sehen sich öfters in ihren Hoffnungen betrogen, während meine Verheißung niemanden täuscht und keinen, der mir vertraut, leer ausgehen läßt. Was ich versprochen, werde ich geben, was ich gesagt, werde ich erfüllen, so einer nur treu bis zum Ende in meiner Liebe verharrt. Ich belohne alle Guten und prüfe in Strenge alle Frommen.

3. Schreibe meine Worte in dein Herz, und überdenke sie immer wieder. In Zeiten der Versuchung hast du sie sehr nötig. Was du beim Lesen nicht verstehst, wirst du am Tage der Heimsuchung begreifen. Ich pflege meine Auserwählten zwiefach heimzusuchen: in der Versuchung und im Trost. Und zwei Lektionen erteile ich ihnen Tag für Tag: ich rüge ihre Fehler und ermuntere sie zum Fortschreiten in der Tugend. "Wer meine Worte hat und sie mißachtet, wird seinen Richter haben am Jüngsten Tage" (vgl. Joh 12, 48). 48 (Der Knecht:) Herr, mein Gott, all mein Gut bist du. Und wer bin ich, daß ich wage, mit dir zu reden? Ich bin dein ganz armer Knecht, ein verwerflicher Wurm, viel ärmer und verächtlicher, als ich es weiß und zu sagen wage. Dennoch, Herr, gedenke, daß ich nichts bin, nichts habe und nichts vermag. Du allein bist gut, gerecht und heilig. "Du kannst alles" (Ijob 42, 2), "du gibst alles" (vgl. 1 Tim 6, 17), du erfüllst alles, nur den Sünder läßt du leer ausgehen. "Gedenke deiner Erbarmungen" (Ps 25, 6) und erfülle mein Herz mit deiner Gnade, da du "nicht willst, daß deine Werke unbenutzt bleiben" (Weish 14,5).

Wie kann ich es aushalten in diesem elenden Leben, wenn deine erbarmende Liebe und Gnade mich nicht stärken? Wende dein Antlitz nicht von mir, warte nicht länger mit deinem Kommen, entziehe mir nicht deinen Trost, damit meine Seele nicht werde "wie ein Land ohne Wasser" vor dir (Ps 143,6). Herr, "lehre mich deinen Willen tun" (Ps 143, 10), lehre mich, würdig und demütig vor dir zu wandeln. Denn du bist meine Weisheit, du kennst mich in Wahrheit und kanntest mich, bevor die Welt wurde und bevor ich geboren ward auf Erden.


http://www.gottliebtuns.com/doc/Thomas%2...e%20Christi.pdf

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