Von der Kraft des heiligen Meßopfers für die Verstorbenen
Die heiligen Väter sprechen sich vielfach mit Eifer über die unermeßliche Wirkung des heiligen Meßopfers für die Verstorbenen aus. Der hl. Cyrill von Jerusalem sagt, als er jenen, die von ihm im Christentum unterrichtet wurden, mehrere Stellen der Meßordnung erklärt, daß wir darin für unsere Väter und überhaupt für alle Verstorbenen in der zuversichtlichen Hoffnung beten, daß ihnen durch die Gebete, die man im heiligen Opfer für sie darbringe, große Linderung zuteil werde, und fügt, um dies zu erklären, bei: "Wenn einem König, für jene, die ihn beleidigt hatten, und deshalb bestraft wurden, die Freunde oder Verwandten der Beleidiger irgend ein Geschenk von hohem Wert, wie z.B. eine Krone, zur Besänftigung seines Zornes darbrächten, glaubt ihr nicht, daß der Fürst die Schuldigen begnadigen oder doch ihre Strafe mildern würde? Ebenso richten wir unsere Gebete zu Gott für die Verstorbenen, obschon wir Sünder sind; nicht zwar, als könnten wir ihm eine Krone anbieten, sondern indem wir ihm Jesus Christus selbst darbringen, der für unsere Sünden geblutet hat, damit der so gütige und barmherzige Gott ihnen und uns gnädig sein möge" (Katech. 19.9).
"Nicht umsonst", sagt der hl. Chrysostomus, "haben die Apostel das Gedächtnis an die Toten bei den heiligen ehrfurchtsgebietenden Geheimnissen verordnet, denn sie wußten, welche Vorteile denselben aus dieser übung zuströmen. Wenn die Gemeinde mit dem Priester die Hände ausstreckt in Gegenwart des heiligen Opfers, welche Kraft müssen dann unsere Gebete haben! Wer am Altar steht, ruft nicht vergebens: Laßt uns für die Entschlafenen beten."
Sehr schön sagt auch ein frommer Schriftsteller unserer Zeit: "Das heilige Meßopfer ist Gott weit angenehmer, als wenn wir ihm tausend Welten zum Opfer brächten, die alle mit Seraphinen angefüllt wären: Welten voll Seraphinen, was sind sie im Vergleich mit Jesus, dem eingeborenen, geliebten Sohn Gottes? Und gibt es wohl etwas, das wir durch Jesus durch seine Vermittlung hei Gott nicht erhalten könnten? Wäre eine Seele im Fegfeuer so tief verschuldet, daß das Blut Jesu diese Schuld heim Vater nicht bezahlen könnte? Könnten sich diese Seelen jetzt noch die Verdienste Jesu aneignen, so würde sofort eine allgemeine Erlösung stattfinden."
Beispiele, wie hilfreich das heilige Meßopfer für die Armen Seelen wirkt
Der hl. Abt und Kirchenvater Bernhard schreibt in dem Leben des hl. Malachias: "Einst hörte dieser heilige Bischof im Traum eine Stimme, die ihm sagte, seine Schwester, die unlängst gestorben war, stehe im Vorhof und habe schon 30 Tage lang nichts mehr verkostet. Beim Erwachen verstand er sogleich, welche Speise ihr abging, denn es waren ebenso viele Tage, daß er das lebendige Himmelsbrot nicht mehr für sie dargebracht hatte. Er fuhr hernach ununterbrochen fort, ihr diese himmlische Wohltat wieder zu erweisen, worauf er sie bald einmal in einem Trauerkleid zur Kirche kommen sah; sie durfte aber nicht hinein. Später sah er sie in einem etwas weißen Gewand in der Kirche; allein sie durfte sich dem Altar nicht nähern. Endlich sah er sie das dritte Mal in einem weißen Gewand unter einer Schar Weißgekleideter, was ihm ihre Erlösung bedeutete."
Der hl. Bernhard schließt diese Erzählung mit folgenden Worten: "Offenbar hat dieses Sakrament die Kraft, die Sünden zu tilgen, die feindlichen Mächte zu überwältigen und den von der Erde Heimkehrenden den Himmel aufzuschließen."
Der hl. Antonius erzählt: "Als einst der hl. Johannes von Alvernia, aus dem Minoritenorden, an einem Allerseelentag bei der heiligen Wandlung den allerheiligsten Leib unseres Herrn dem ewigen Vater aufopferte und ihn inbrünstig bat, die Seelen im Fegfeuer durch das Blut und die Verdienste seines eingeborenen Sohnes daraus zu befreien, sah er deren eine große Menge, gleich unzählig vielen Feuerfunken aus einem Ofen, sich in den Himmel emporschwingen."
Das heilige Meßopfer ist das kräftigste Heilmitteln für die Armen Seelen.
Der sel. Heinrich Suso, aus dem Predigerorden, war. wie er selbst schreibt, mit einem Ordensmann, der in Köln sein Studiengefährte war, das gegenseitige Versprechen eingegangen, daß derjenige von ihnen, der den anderen überleben würde, ein Jahr lang wöchentlich zwei heilige Messen für den anderen lesen müsse. Nachdem nun der Ordensmann gestorben war, vergaß zwar Heinrich Suso für ihn die schuldigen Messen zu lesen, betete aber und opferte seine äußerst strengen Bußwerke fortwährend für ihn auf. Allein der Verstorbene erschien ihm darauf in einem ganz traurigen und abgehärmten Aussehen und beklagte sich bei ihm jämmerlich darüber, daß er versäumt habe, ihm durch Entrichtung des heiligen Meßopfers beizustehen. Suso entschuldigte sich damit, daß er ihn doch beständig dem Herrn empfohlen und für ihn Buße getan habe. Jetzt schrie der Verstorbene: "Blut, Blut, Bruder, ist nötig, damit mir Linderung werde! Messen, Messen, wie wir einander versprochen haben, sollen gelesen werden!" Und in der Tat, nachdem der Selige mehrere Messen für ihn gelesen hatte, sah er ihn bald darauf als eine Lichtgestalt gen Himmel steigen. Denn es ist nur allzu wahr, daß, wie der fromme Papst Benedikt XIII. hierbei bemerkt, nur Jesus Christus uns in seinem Blut von unseren Sünden rein gewaschen hat. Es sagt daher das heilige Konzil von Trient (25. Sitzung), daß die im Fegfeuer behaltenen Seelen die kräftigste Hilfe durch das heilige Opfer des Altares erhalten.
Vom Ursprung der 30 Messen oder der sogenannten Gregorianischen Messen
Der hl. Papst Gregor der Große erzählt selbst in seinen Gesprächen folgende Geschichte, die sich in seinem eigenen Kloster in Rom zugetragen und zu diesen Messen Anlaß gegeben hat. Ein Bruder namens Justus war gestorben. Da er aber gegen die Ordensregel sich einige Goldstücke angeeignet hatte, befahl der heilige Papst, ihm zur Strafe und den anderen zur Warnung, daß ihm kein Bruder im Tod beistehen und sein Leichnam außerhalb des Kirchhofes mit diesem Geld in eine Grube geworfen werden solle. Dieses geschah wirklich. Aber dreißig Tage später erbarmte sich der Heilige seiner und ließ eben so viele Tage nacheinander eine heilige Messe für ihn lesen. Als diese nun verrichtet waren, erschien der Verstorbene seinem leiblichen Bruder Copiosus, der Arzt in der Stadt war, und sagte ihm auf dessen Frage, wie es ihm gehe: Bisher ging es schlecht: allein jetzt steht es gut um mich; denn heute habe ich die Gemeinschaft erhalten. Nachdem Copiosus diese Nachricht ins Kloster gebracht hatte, zählte man die Tage, seit denen man das heilige Opfer für ihn dargebracht hatte (denn man hatte ihrer nicht geachtet), und es fand sich, daß es gerade der dreißigste war. Der heilige Papst schließt diese Erzählung mit den Worten: "Da Copiosus nicht wußte, was die Brüder für ihn getan, noch diese Brüder, was er gesehen hat, und da die Erscheinung mit dem heiligen Opfer übereinstimmte, so zeigte sich klar daß der gestorbene Bruder durch die Darbringung des heilsamen Opfers der Pein entkommen sei." Von da an wurde dieser Gebrauch der 30 Messen allgemein; und mehrere Beispiele zeugen von der großen Kraft derselben für die Verstorbenen.
über den Ursprung des Allerseelentages
Der große kirchliche Geschichtsforscher P. Surius, aus dem Karthäuserorden, gibt als Ursprung dieses allgemeinen Gedächtnistages folgende Begebenheit an, welche der hl. Petrus Damiani im Leben des hl. Abtes Odilo Cluny (Kluny) beschreibt: Ein frommer Ordensmann aus Frankreich, der auf seiner Heimkehr von einer Pilgerreise nach dem gelobten Land auf dem Meer durch einen Sturm auf eine unbekannte Insel geworfen wurde, traf da einen gottseligen Einsiedler an, der ihm sagte, er höre in der Nähe seiner Zelle oft ein seltsames und schreckliches Geheul der bösen Geister, die sich beklagten, daß ihnen durch die Gebete und guten Werke der Christen für die Verstorbenen ein so großer Schaden zugefügt werde, indem dadurch die ihnen zur Quälung übergebenen Seelen erlöst oder wenigstens in ihren Peinen stark erleichtert werden. Besonders äußerten sie deswegen einen großen Haß gegen den Abt Odilo von Cluny und dessen Mönche. Nach seiner Rückkehr teilte dieser Ordensmann, gemäß dem Verlangen des Einsiedlers, diese Nachricht dem heiligen Abt von Cluny mit, der. dadurch noch mehr entflammt, um dieses Werk so ausgezeichneter Liebe noch mehr zu verbreiten, um das Jahr 1030 in allen Klöstern seines Ordens auf den zweiten Wintermonat einen jährlichen Gedächtnistag für alle Seelen im Fegfeuer einführte.
Nachdem er später mit dem Papst Johannes XIX. davon gesprochen hatte, führte der Papst diesen Brauch in der ganzen Kirche ein. Zwar meldet schon Tertullian im dritten Jahrhundert, daß die Christen seiner Zeit ein jährliches Gedächtnis der Verstorbenen gehalten haben; und der Bischof Amalarius von Trier hatte eine solche schon zwei Jahrhunderte vor Odilo in seinem Sprengel eingeführt, allein erst infolge des genannten Ereignisses wurde dieser Brauch, wie gesagt, auf die ganze Kirche ausgedehnt.