1. Es gibt keinen Augenblick, worin du nicht ein unermessliches Gewicht himmlischer Glorie erkaufen könntest. Wirst du diese große Wahrheit niemals beherzigen? Wer für jede einzelne Sekunde einen leichten zeitlichen Gewinn dir verhieße, würde ohne Zweifel deine Aufmerksamkeit wecken. Wie also geschieht es, dass die wahren, ständigen Güter der Ewigkeit sie nicht wecken? Du achtest nun den unendlichen Wert der Zeit als nichts. Gilt es, dich zu ergötzen, zu belustigen, dann erscheint die längste Zeit dir kurz. Gilt es aber deinem Heil, dann scheint jeder Augenblick dir unerträglich lange. Willst du etwa, den hohen Preis der Zeit zu erkennen, warten, bis du keine mehr zu verlieren hast?
2. Gott, der mit höchster Freigebigkeit alle Güter des Lebens verleiht, ist dennoch mit der Zeit so zurückhaltend, dass er nur einen Augenblick auf einmal verleiht. Nur der gegenwärtige Augenblick ist dein, und schnell wie dein Gedanke ist auch dieser Augenblick entflohen. Wer aber kann mit Sicherheit auf den künftigen Augenblick rechnen? Nur der gegenwärtige Augenblick ist eigentlich mein. Nur ihn habe ich, für meine Ewigkeit zu wirken. Und die größte aller Torheiten ist es, ihn zu verlieren. Die Gottlosen sagen: "Wenn Tote nicht auferweckt werden, dann lasst uns essen und trinken; denn morgen sind wir tot." (1. Korinther 15,32b) Dieser Ausspruch flößt einer christlichen Seele Entsetzen ein, sie spricht vielmehr umgekehrt: Tun wir Buße und halten wir uns bereit, denn vielleicht sterben wir morgen.
3. Die Zeit eilt und kehrt nicht zurück. Von ihr hängt meine Ewigkeit ab. Verliere ich sie, so verliere ich mich selbst auf ewig. Indessen steht es bei uns, durch ihre glückselige Verwendung, durch Vervielfältigung unserer guten Werke und verdoppelten Eifer sie zu ersetzen. Ist sie aber einmal für uns abgelaufen, dann seufzen wir ihr vergeblich nach. Dieser Verlust ist die ewige Verzweiflung der Verdammten. Werden wir doch durch ihre Torheit weise. Verwenden wir sie mit aller Sorgfalt, Schätze zu erwerben, die uns den Himmel erkaufen. Epheser 5,15-16: "Achtet also sorgfältig darauf, wie ihr euer Leben führt, nicht töricht, sondern klug. Nutzt die Zeit; denn diese Tage sind böse."
Allerheiligste Jungfrau, die du das Licht der Welt in deinem jungfräulichen Schoß getragen und viele Jahre immer vor Augen hattest, welche großen Dinge müssen dir dadurch klar geworden sein. Du erhieltest die hohe Einsicht des unsichtbaren und ewigen Lebens, um dagegen die sichtbaren und vergänglichen Güter dieser Welt gering zu schätzen und als leere Eitelkeit anzusehen. Gib mir, o huldvolle Jungfrau, dass auch ich, durch dieses Licht des Glaubens erleuchtet, nichts achte, wünsche und begehre, als Gott und was mich zu Gott führen kann. Amen.
Zu Gott auf die Fürbitte der heiligen Katharina
O Gott, der Du die heilige Katharina zur Siegerin über die Weisheit und die Verfolgungen dieser Welt gemacht hast, verleihe uns auf ihre Fürbitte, dass wir die schädlichen Reize der Welt allzeit fliehen, durch Jesus Christus, unseren Herrn. Amen.
Andenken an die seligste Jungfrau
Bei Ribadeniera erzählt Equilinus, ein frommer Bischof, wie die heilige Katharina so frühzeitig zum christlichen Glauben gekommen ist. Es ist ihr nämlich als Kind die seligste Jungfrau mit dem Jesuskindlein im Traum erschienen, und Jesus hat von ihr, weil sie noch nicht getauft war, die Augen abgewendet. Dies hat die junge Katharina bewogen, sich im Glauben zu unterrichten und taufen zu lassen. Nach empfangener Taufe hat sie wieder die vorige Erscheinung gehabt, mit dem Unterschied, dass Jesus zu ihr ganz freundlich war, und ihr einen Ring an den Finger gesteckt hat.
Katharina stammte aus königlichem Geschlecht und wurde im 4. Jahrhundert in der Gelehrtenstadt Alexandrien geboren. Reich war sie und schön; aber weit mehr als Reichtum und Schönheit schätzte sie die Wissenschaft. Tag und Nacht lernte sie und las viele Bücher. Auch wurde sie nicht müde, auf die gelehrten Reden weiser Männer zu lauschen, und über alles, was sie hörte, dachte sie nach. So kam es, dass sie mit der Zeit unvorstellbar klug wurde und auf alle Fragen, die man an sie richtete, eine gute Antwort wusste. Die Leute staunten über sie und vermochten es kaum zu begreifen, dass ein Mädchen so klug sein konnte.
Was Katharina wusste, war allerdings nur irdische Wissenschaft, denn sie war eine Heidin, die von der himmlischen Weisheit noch nichts gehört hatte. Von einem Einsiedler wurde sie im wahren Glauben unterrichtet und zum Christentum bekehrt. Da erkannte sie, dass der heilige Apostel Paulus Recht hatte, als er schrieb, die Weisheit dieser Welt sei vor Gott nur Torheit. Ohne Unterlass las Katharina in den heiligen Schriften und wurde dadurch auch in den Wahrheiten der heiligen Religion so bewandert, dass sie sich schließlich nirgendwo besser auskannte als im Katechismus.
Um jene Zeit brach in Alexandrien eine Christenverfolgung aus, und auch Katharina sollte gezwungen werden, vor einem Götzenbild im Tempel Weihrauch zu streuen. Sie tat es aber nicht, vielmehr setzte sie dem Kaiser, der zugegen war, mit klugen und tapferen Worten auseinander, dass der Götzendienst Lug und Trug sei.
Der Kaiser erzürnte sich über die Rede, aber widerlegen konnte er sie auch nicht, und weil er sich selbst nicht mehr zu helfen wusste, ließ er die gelehrtesten Männer aus der Stadt, fünfzig an der Zahl, zusammenrufen und trug ihnen auf, die Weisheit des Christenmädchens zu besiegen.
Anfangs hatte Katharina einen harten Stand, denn sie sah sich allein fünfzig Männern gegenüber, aber Gottes Weisheit sprach aus der klugen Jungfrau, und sie redete so hell und klar, so warm und überzeugend, dass nicht sie von den Gelehrten, sondern die Gelehrten von ihr besiegt wurden. Samt und sonders bekehrten sich die Männer zum Christentum.
Da kannte des Kaisers Wut keine Grenzen mehr. Katharina wurde gegeißelt und in den Kerker geworfen. Zwölf Tage lang ließ man sie ohne Speise und Trank, aber ein Engel erschien und stärkte sie. Dann sollte Katharina zu ihrer Peinigung auf ein Rad gespannt werden, das mit krummen Messern versehen war. Doch kaum hatte sie das Marterwerkzeug berührt, da brachen die Speichen, und das Rad sprang auseinander. Schließlich wurde die heldenhafte Blutzeugin enthauptet, und als sie tot war, kamen Engel, nahmen den heiligen Leib, trugen ihn nach dem Berg Sinai und begruben ihn dort, wo einst Gott auf zwei steinernen Tafeln die wahre und einzige Weisheit der Zehn Gebote verkündet hat.
Von dieser Zeit an wird die heilige Katharina als die Patronin der Gelehrten hoch geehrt, und das geschieht mit Recht, denn dadurch, dass sie sich in der wahren Religion gut auskannte, hat sie die höchste Weisheit gefunden, die es gibt. Die höchste Weisheit lernt man aus dem Katechismus.
1. Eine vollkommene Seele fürchtet den Tod nicht mehr: "die vollkommene Liebe vertreibt die Furcht." (1. Johannes 4,18) Sie betrachtet den Tod als eine Pforte, die sie zu Gott, ihrer ewigen Liebe, führt, nach dem sie Tag und Nacht seufzt. Was auch würde sie mit diesem Leben verlieren? Einen Stand beständiger Gefahren, einen Weg, auf dem zahllose Feinde lauern, und wo sie von ihrer eigenen Gebrechlichkeit und von der Arglist des Teufels viel Böses zu fürchten hat, und daher in beständiger Angst schweben muss, von körperlichen Leiden und Drangsalen nicht zu sprechen: wie also sollte sie sich nicht erfreuen, von so vielem Elend befreit zu werden?
2. Warum fürchtest du denn den Tod? Was kann er dir hinwegnehmen, wenn du nichts Vergängliches liebst? Denn liebst du Gott allein, so gelangst du durch den Tod zu ihm. Ängstigt dich die Furcht, ob du zur Ruhe oder zur Strafe des Reinigungsfeuers in die Ewigkeit eingehst? Doch dies zu wissen, kommt dir nicht zu. Zagt auch die Natur, so vertraue darum nicht weniger lebend und sterbend auf deinen Gott. Aus dir selbst vermagst du es allerdings nicht, gut zu sterben. Gott aber, der dir verlieh, fromm zu leben, wird dir umso viel mehr verleihen, fromm zu sterben, als er dies fromme Leben dir nur wegen eines frommen Todes verlieh.
3. So wirf denn alle deine Sorgen auf Gott. Er, der im Leben deine Versuchungen dir überwinden hilft, wird auch im Tod dir beistehen. Eins nur ist furchtbar: die Sünde, die Ursache aller Übel in Zeit und Ewigkeit. Ist aber dein Herz rein von Sünden, und lebst du in der Gnade und Liebe deines Gottes, mit dem festen Willen, seine göttliche Liebe niemals zu beleidigen, dann wird kein Tod dir schaden, auch wenn er dich plötzlich überraschte, und du wirst ein mildes Gericht erfahren. Lukas 12,36-37a: "Seid wie Menschen, die auf die Rückkehr ihres Herrn warten, der auf einer Hochzeit ist, und die ihm öffnen, sobald er kommt und anklopft. Selig die Knechte, die der Herr wach findet, wenn er kommt. Amen."
1. Gedenke oftmals jener letzten Stunde, wo alle Menschen dich verlassen, wo deine liebsten Bekannten von dir weichen werden, und du allein den letzten Kampf des Lebens kämpfen musst. Unendlich bitter ist diese Stunde für alle, die nun diesen Gedanken mit Schauder von sich weisen. Aber diese Stunde verliert den größten Teil ihrer Bitterkeit für weise Seelen, die ihr Sterben täglich erwarten, und ihr Gewissen bei Zeiten ordnen, um nie unvorbereitet überrascht zu werden. Selig eine solche Seele, denn sie gehört zur Anzahl jener klugen Jungfrauen, von denen geschrieben steht: "Die Jungfrauen, die bereit waren, gingen mit dem Bräutigam in den Hochzeitssaal, und die Tür wurde zugeschlossen. Später kamen auch die anderen Jungfrauen und riefen: Herr, Herr, mach uns auf! Er aber antwortete ihnen: Ich kenne euch nicht. Seid also wachsam! Denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde." (Matthäus 25,10b-13)
2. Großen Trost bringt in jener Stunde ein Leben, das, wenn auch nicht immer, doch viele Jahre hindurch ohne schwere Sünde verfloss. Heilige Hoffnung auch gewähren dann die Werke der Nächstenliebe und der Barmherzigkeit, die wir in gesunden Tagen übten. Besonderen Schutz aber gibt die heilige Liebe, die im Leben sich bewährte, denn sie bedeckt die Menge der Sünden. Wägt der Trost einer solchen Stunde nicht ein ganzes Leben voll der Buße und ernster Kämpfe auf? Sieh, dies steht nun in unserer Macht. So beten wir denn zum Herrn, dass er unsere Hilfe sei, damit wir dann selig in seiner Gnade verscheiden.
3. Denke dich oftmals in diese Stunde, und will bei diesem Gedanken Angst dich überfallen, so bete also zum Herrn: "Herr, mein Gott, weiche nicht von mir, denn sehr nahe ist die Angst, und niemand ist, der da hilft!" (Psalm 22) Es entsetzt sich die Natur selbst beim Gerechtesten, doch er spricht voll der Zuversicht: "Der Herr ist mein Licht und mein Heil: Vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist die Kraft meines Lebens: Vor wem sollte mir bangen?" (Psalm 27,1-2) So lass denn dein ganzes übriges Leben eine beständige Vorbereitung zu dieser Stunde sein, und du wirst diese trostreichen Worte des Herrn vernehmen: "Ich lasse dich nicht fallen und verlasse dich nicht." (Hebräer 13,5b) "Sei getreu bis in den Tod; dann werde ich dir die Krone des Lebens geben." (Offenbarung 2,10b)
Allerseligste Jungfrau Maria, mit welch herrlicher Andacht hast du dich heute dem lieben Gott ganz und gar aufgeopfert. Und mit welch großer Herrlichkeit an Leib und Seele wird dir Gott dies Opfer belohnt haben. Daran erinnere ich dich, Maria, und bitte dich, erwirb mir die Gnade, dass auch ich mich meinem lieben Gott von ganzem Herzen aufopfere. Weil ich aber dies nicht recht tun kann, so bitte ich dich, du wollest ihn an meiner statt mein Herz aufopfern, damit er es mit seiner Liebe entzünde und mit seiner Gnade erfülle. Erwirb mir auch, o heilige Jungfrau, die Gnade, deinem strengen Leben im Tempel im Fasten, Beten und Abtöten nach Möglichkeit nachzufolgen und alle Tage meines Lebens in der Gottseligkeit zuzubringen. Amen.
Verse zur Aufopferung Mariä von Johannes Angelus Silesius
Du edle Lilie, wo find`t man deinesgleichen?
Wann man wird alle Ort im Paradies durchstreichen.
Du glänzest, wie der Schnee, wenn ihn zur Winterszeit
Der Himmel mit dem Gold der Sonne überstreut.
Vor dir muss Sonne, Mond und jeder Stern erbleichen,
Dein Anseh`n, deine Pracht ist schöner, als das Kleid
Des Königs Salomon in seiner Herrlichkeit.
Dir muss der klare Blitz der Seraphimen weichen.
Dein edler Wohlgeruch erquickt die ganze Welt,
Dich preist, was unserm Gott dem Herrn zu Fuße fällt.
In dir erblicket man die Schönheit der Jungfrauen;
Der Märtyrer Bestand, ja aller Tugend Zier,
Und aller Blumen Wohlgeruch erquickt mich hier
O möcht ich ewig Gott also, wie du, anschauen.
Weiteres Andenken an die seligste Jungfrau
Zu Paris wurde im Jahr 1671 das Kloster der geistlichen Jungfrauen, die der Regel des heiligen Benedikt folgen, unter dem Titel Mariä Opferung erbaut, unter welchem Titel auch zu Metz das Klöster der Cölestiner erbaut ist. Das Fest selbst aber wurde zu Venedig in der Kirche des heiligen Grabes sehr feierlich gehalten.
1. Kein Laster ist im eigentlicheren Sinn niederträchtiger, als die Verleumdung. Ergießt deine Galle sich über einen Feind, so geschieht dies offenbar aus Hass, aus Rachsucht, und zwar dann, wenn er am wenigsten imstande ist, sich zu verteidigen. Was aber ist je eines ehrliebenden Gemütes unwürdiger? Ergeht deine Verleumdung über einen Freund, so ist dies schändliche Falschheit und Verrat. Wie kannst du je in seiner Gegenwart ihn loben und deiner Liebe ihn versichern, dann aber mit der gleichen Zunge ihm Böses nachreden, und seinen Ruf schänden? Ist dies nicht Niederträchtigkeit? Verleumdest du aber eine gleichgültige Person, die dir nichts zu Leide tat, so ist dies gräuliche Bosheit und Schäbigkeit des Herzens.
2. Und mit welchen Waffen ficht die Verleumdung! Mit einer arglistigen Zunge, die ihr Gift verbirgt, desto meuchlerischer zu verwunden oder zu töten. Die niederträchtigsten Verleumdungen werden insgeheim und im Vertrauen, immer aber in Abwesenheit des Verleumdeten ausgestreut, damit er sich nicht wehren kann. Kaum ist eine schmählichere Feigherzigkeit denkbar! Wohl nennt der Prophet einen solchen Lästermund ein offenes Grab, das Fäulnis und Gestank aushaucht, wodurch die Unschuld und die Gerechtigkeit getötet werden. Was gehen die Fehler der anderen dich an? Möchtest du, dass man so mit dir umgeht? So bedecke sie denn mit dem Mantel der Nächstenliebe, und wende deinen Eifer gegen dich selbst, und du wirst vollauf zu tun finden.
3. Hältst du etwa den Raub der Ehre und des guten Rufes deines Bruders für einen geringen Raub? Das bürgerliche Leben raubst du ihm dadurch, und tötest überdies deine eigene Seele, oder schlägst ihr doch unheilbare Wunden. Denn verziehen wird diese Sünde nur, wenn sie durch Widerruf ersetzt wird. Hast du aber je widerrufen? Oder kam jemand in der Absicht zu dir, eine Verleumdung zu widerrufen? Wie schmerzliche Übel erzeugt oft ein unbesonnenes Wort, und wie schwer ist es, sich dafür zu entschuldigen. Lerne schweigen und deine Zunge bändigen, die "ein Feuer, eine Welt voll Ungerechtigkeit ist". (Jakobus 3,6a) "Aufgrund deiner Worte wirst du freigesprochen, und aufgrund deiner Worte wirst du verurteilt werden." (Matthäus 12,37)
Du sprichst, Herr, und ein Lichtstrahl ist dein Wort.
Beschämt gehn seine argen Feinde fort;
Doch horchen alle Völker, - denn der Frieden
Wird nur durch dein Gesetz der Welt beschieden. [/b]
1. Selten löste der Herr die arglistigen Fragen seiner Widersacher, ohne dabei zugleich ein Geheimnis oder eine Sittenlehre auszusprechen. Also ist auch obiger Ausspruch des Herrn ein Grundsatz der Religion und ein Gebot des christlichen Gesetzes. Darum spricht der Apostel Petrus: "Unterwerft euch um des Herrn willen jeder menschlichen Ordnung: dem Kaiser, weil er über allen steht, den Statthaltern, weil sie von ihm entsandt sind." (1. Petrus 2,13a) "Jeder", fügt der Weltapostel bei, "leiste den Trägern der staatlichen Gewalt den schuldigen Gehorsam. Denn es gibt keine staatliche Gewalt, die nicht von Gott stammt; jede ist von Gott eingesetzt. Wer sich daher der staatlichen Gewalt widersetzt, stellt sich gegen die Ordnung Gottes, und wer sich ihm entgegenstellt, wird dem Gericht verfallen." (Römer 13,1-2) Sehen wir nicht, sogar in unseren Tagen, welche Verheerungen, welche Staatsumwälzungen, welche Gräuel, welches Blutvergießen, welches unaussprechliche Elend der Ungehorsam gegen dieses heilige Sittengebot nach sich zieht.
2. Folgerte aber der Herr, es sei dem Cäsar der Tribut zu geben, weil die Zinsmünze mit Cäsars Bild geprägt war, so zeigte er dadurch uns deutlich, dass wir uns Gott geben sollen, weil das Bild Gottes uns eingeprägt ist. Ihm verdanken wir Dasein und Leben. Opfern müssen wir ihm daher unser ganzes Wesen, unseren Leib und unsere Seele. Wir opfern ihm aber den Leib, "wenn unsere Glieder, die einst der Missetat dienten, nun der Gerechtigkeit zur Heiligung dienen;" wenn wir unsere Kräfte und Fähigkeiten zu seinem Dienst verwenden, und unsere Glückseligkeit nicht in fleischlichen Lüsten, noch in verweslichen Gütern dieser Welt, sondern in ihm suchen. Denn dies ist ein reines, Gott wohlgefälliges Opfer: "sich vor jeder Befleckung durch die Welt zu bewahren." (Jakobus 1,27b)
3. Ganz vorzüglich aber sind wir verpflichtet, den edelsten Teil unser selbst, unsere Seele, ihm zu opfern. Dies aber geschieht durch innerlichen und äußerlichen Gottesdienst, durch Unterwerfung unseres Geistes zum Glauben an seine göttlichen Offenbarungen, durch eine Liebe, die ihn über alles liebt, durch Reinheit des Gewissens und ein Leben nach seinem heiligen Gesetz. Wie haben wir diese Pflicht bis jetzt erfüllt? Haben wir Gott das Leben geweiht, das wir von ihm empfingen? Haben wir seine Gaben zu seiner Ehre verwendet? Säumen wir nicht, diesen Ehrenzins ihm zu bezahlen, der ihm gebührt. Psalm 29,2a: "Bringt dar dem Herrn die Ehre seines Namens."
Dein ist sie zweifach: denn es schuf sie deine Milde,
Und schuf sie neu, als durch die Schuld sie fiel.
1. "Herr," ruft der Prophet in hohem Erstaunen aus, "du lässt dein Angesicht über uns leuchten!" (Psalm 4,7b) Geadelt hast du den Menschen durch Vernunft, Freiheit und Unsterblichkeit, und ihn erschaffen nach deiner Ähnlichkeit, denn rein, heilig und fleckenlos ging er aus deinen Händen hervor. Als dein Bild hattest du ihn erschaffen, und selbst der tiefste Fall, in dem durch die Schuld deine göttliche Ähnlichkeit erlosch, vermochte es nicht, dein unsterbliches Bild in ihm zu auszutilgen. Psalm 49,21: "Der Mensch in Pracht und Ehren, doch ohne Einsicht, er gleicht dem Vieh, das verstummt."
2. Dies ist das Elend, worin die menschliche Natur nun schmachtet, und leider sind die meisten Menschenkinder so gänzlich in diese Tierheit versunken, dass sie gleich den Tieren des Feldes allen blinden Trieben ihrer Begierlichkeit folgen, und dieser schändlichen Herrin wie geborene Knechte gehorchen. Aber so edel ist die menschliche Seele, dass das Licht des göttlichen Angesichtes, mit dem sie besiegelt wurde, selbst durch diese Finsternisse hindurchdringt, und an ihr unsterbliches Ziel sie ermahnt. Ja so unendlich auch ist ihr Wert, dass die ewige Weisheit selbst vom Himmel kam, ihr Bild aufsuchte, es in ihrem Blut reinigte, und die göttliche Ähnlichkeit wiederherstellte, damit es würdig würde, in den lebendigen Bildersaal des ewigen Königs aufgenommen zu werden, und in unsterblicher Herrlichkeit zu glänzen.
3. Ja sie brachte auch Arzneien aus den himmlischen Höhen mit, auf dass jede Seele das Licht ihrer Vernunft und ihrer angeborenen Freiheit anwendet, die Wunden ihres Falles zu heilen, und stellte sich selbst als das Urbild auf, dem wir uns gleichförmig bilden müssen, um zu unserer ursprünglichen Würde wiederhergestellt zu werden. Darum blicken wir ohne Unterlass zu diesem göttlichen Urbild auf, und bilden wir die Züge seiner Sanftmut, seiner Demut, seiner Geduld, seiner Gerechtigkeit, seines Gehorsams, seiner Liebe in uns nach, auf dass der ewige Vater sein Bild in uns erkenne und in seine ewige Glorie uns aufnehme. "Wie wir nach dem Bild des Irdischen gestaltet wurden, so werden wir auch nach dem Bild des Himmlischen gestaltet werden." (1. Korinther 15,49)
„Unter deinen Schutz und Schirm“ gehört zu den ältesten Mariengebeten. Nicht verwunderlich, denn der Ruf nach Schutz und Behütung strömt schnell aus dem Mund jenes Wesens, das zu den gefährdetsten dieser Erde gehört. Man hat schon einmal gesagt, die Natur habe den Menschen recht stiefmütterlich behandelt, wenn man ihn mit den Tieren vergleiche. Welch vorzügliche Schutzwaffen besitzen sie! Und der Mensch? Gewiss hat die Natur dem Menschen den Verstand gegeben, mit dessen Einsatz er letzthin allen Tieren überlegen ist, wie es die Geschichte der Kulturentwicklung bezeugt. Aber eben nur „letzthin“. Dazwischen liegt die breite Zone des Gefährdetseins, die durch die erbsündliche Verdüsterung unseres Verstandes und die schmähliche Schwäche unseres Willens eine recht ansehnliche Breite besitzt. Somit kommt der Mensch oft in Not. Und dann schaut er nach Hilfe aus. So will es der Schöpfer auch, denn eingedenk seiner Schwachheit öffnet der Mensch um so bereitwilliger seine Seele der Einwirkung des Allerhöchsten.
Es ist ergreifend zu lesen, wie oft in den Psalmen, die zum Gebetbuch der Kirche geworden sind, nach der göttlichen Hilfe gerufen wird. Besonders kräftig geschieht es in jenen Psalmen, die der vor Saul flüchtende und hart bedrängte David gedichtet hat. Dem entspricht es, wenn der Christ seine himmlischen Fürbitter, die heiligen Himmelsbewohner, als seine Schutzpatrone ansieht und sie eigens dazu erwählt. Sie sollen wie starke Freunde und wie weise Ratgeber sein irdisches Tun und Lassen bewachen und leiten, vor allem natürlich dahin, dass ihm nicht durch des verschlagenen Teufels List ein böses Hemmnis auf der Reise ins himmlische Vaterhaus erwachse.
Wem könnte aber der Christ seine Sorgen mehr anvertrauen als seiner himmlischen Mutter? Weiser ist sie als alle anderen, mehr vermag sie als alle zusammen. Und mit welcher Liebe mag sie jene umgeben, für die ihr geliebter Sohn sein Herzblut gelassen hat! Darum haben die Gläubigen sich schon erstaunlich früh unter den Schutz Mariens gestellt. Unzählige Male wurde sie zur himmlischen Patronin erwählt, sei es von einzelnen, sei es von Gemeinschaften, ja selbst von ganzen Städten und Ländern. Nicht zuletzt wurden ihr durch die von Pius XII. vorgenommene Weihe die ganze Kirche und die gesamte Erde anvertraut.
Dieser Gedanke an Marias Schutz hat wohl nie eine schönere Darstellung gefunden als in den spätmittelalterlichen Schutzmantelmadonnen. In ihnen flüchtet klein und groß, arm und reich unter Marias weiten, breiten Mantel, denn Maria, die Schlangenzertreterin und gütige Mutter, wird keinem Verderben Zutritt gewähren. Wie innig wurde doch in den Bombennächten das Lied gesungen: Maria, breit den Mantel aus! Möge die himmlische Mutter ihn noch fester um uns legen, da unsere Zeit eine so gefährdete und gefahrenschwangere ist!
Kirchengebet
Wir bitten Dich, Herr, unser Gott: gib, dass wir, Deine Diener uns beständiger Gesundheit des Leibes und der Seele erfreuen, und dass wir durch die glorreiche Fürsprache der seligen allzeit reinen Jungfrau Maria von der Trübsal dieser Zeit befreit werden und die ewige Freude genießen dürfen. Amen.
Zur Geschichte des Festes: Spanien hatte im Lauf der Jahrhunderte gar manche Kämpfe anzufechten gegen die Sarazenen, gegen Häretiker und andere Kirchenfeinde. Aber immer wieder nahmen die christlichen Könige und das gläubige Volk ihre Zuflucht zur Gottesmutter, und immer wieder wurden die Feinde und Gefahren glücklich überwunden. Man war darum von dem besonderen Schutz Mariens vollauf überzeugt. In dieser seligen Gewissheit und im Gefühl der Dankbarkeit bat man in Rom um die Erlaubnis, „zum Gedächtnis aller Siege und der so häufig sichtbaren Hilfe der Gottesmutter“ (besonders seit dem 6. Jahrhundert bis auf Philipp IV., 1268 bis 1314), ein besonderes Marienfest feiern zu dürfen unter dem Titel „Mariä Schutz“. Durch ein Dekret vom 28. Juli 1656 gab Papst Alexander VII. seine Einwilligung dazu. Nach und nach haben auch andere Länder und religiöse Genossenschaften die Erlaubnis zu dieser Festfeier erhalten.
Die Griechen feiern übrigens schon seit vielen Jahrhunderten ein solches Fest. Auch die Russen, Ruthenen und Serben kennen heute noch ein Schutzfest Mariens und feiern es am 1. Oktober.
(„So feiert dich die Kirche“, Prof. Dr. Carl Feckes, Maria im Kranz ihrer Feste, Steyler Verlagsbuchhandlung, 1957)
1. Viele leben nun so, als hätten sie sich selbst erschaffen, und wollen keinen Herrn über sich erkennen. Aber es kommt eine Stunde, eine unendlich bittere Stunde, wo der allerhöchste König der Schöpfung, ob sie wollen oder nicht, sie zur Rechenschaft berufen wird. Auch für uns ist diese Stunde bereits im Anzug, darum bereiten wir uns zu dieser Rechenschaft vor. Wozu verwendeten wir unseren Leib, unsere Seele, unseren Verstand, unsere Fähigkeiten, unser Vermögen, unseren Einfluss? Wozu die Zeit, die Gnade Gottes, die Mittel des Heils, die Sakramente der Erlösung? Was werden wir Gott, unserem allerhöchsten König, antworten, wenn er Rechenschaft über seine Gaben von uns verlangt?
2. Beherzigen wir diese Stunde ernsthaft, denn schrecklich ist die Todesstunde, wenn das schlafende Gewissen erst dann erwacht. Weit größer und entsetzlicher als je in unserem Leben werden dann unsere Sünden uns erscheinen, Sünden, die wir begehen wollten, Sünden, die wir wirklich begingen, Sünden der Jugend, Sünden des höheren Alters, Sünden, die wir im Verborgenen, Sünden, die wir öffentlich begingen, Sünden, die wir vor uns selbst geheim hielten, und deren wir uns nie gehörig in der Beicht anklagten, persönliche Sünden, und Sünden, wozu wir andere verleiteten. O wie wird der Anblick dieser unermesslichen Schulden uns erschüttern, die wir nun so gleichgültig betrachten.
3. Wehe dem Toren, der da wartet, seine Rechnungen zu ordnen, bis diese letzte und schreckliche Stunde erscheint. Eilen wir also zu tun, was jener Knecht, der außer Stande war, die zehntausend Talente zu bezahlen; werfen wir uns zu den Füßen unseres himmlischen Königs und seiner Diener nieder, in Tränen um die Vergebung unserer Schuld zu bitten, und verwenden wir unser ganzes übriges Leben darauf, sie abzutragen. Denn wie groß, wie schwer, wie zahlreich auch unsere Sünden nun sind, wird Gottes unendliche Güte sie uns erlassen, wenn wir uns vor ihm demütigen und uns wahrhaft zu ihm bekehren. Jesus Sirach 5,7+8: "Zögere nicht, dich zu ihm zu bekehren, verschiebe es nicht Tag um Tag! Denn sein Zorn bricht plötzlich aus, zur Zeit der Vergeltung wirst du dahingerafft! Vertrau nicht auf trügerische Schätze; sie nützen nichts am Tage des Zorns."
"Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken. Das ist das wichtigste und erste Gebot. Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst." (Matthäus 22,37-39)
"Wer bis zur vollkommenen Liebe Gottes gelangte, den rührt weder Ruhm noch Schmach; er verachtet Versuchungen und Leiden und verliert den Geschmack an allem, außer an Gott. Da er an nichts, was nicht Gott ist, Trost noch Ruhe findet, sucht er einzig seinen Vielgeliebten, und zwar mit solcher Innigkeit, dass, ob er arbeitet oder isst, ob er wacht oder schläft, ob er handelt oder wandelt, alle seine Gedanken und all sein Ehrgeiz dahin zielt, Denjenigen zu finden, den er liebt. Gott ist sein Schatz; und wo der ist, da ist sein Herz. Vergleichen könnte man ihn einem leidenschaftlich liebenden Menschen, der mit aller Sehnsucht nur nach dem einzigen Geschöpf seufzt, das er leidenschaftlich liebt." (Der heilige Johannes Chrysostomus) Wohin gehst du und was suchst du? So fragte man einen Ordensmann. Er aber antwortete: "Ich gehe zu Gott, und suche Gott; und nicht ablassen will ich, bis ich Ihn gefunden habe." Der selige Raimundus Lullus wurde auf folgende Weise befragt: Wem gehörst du? Woher kommst du? Wohin gehst du? Wer hat dich hierher geführt? - Auf all diese Fragen antwortete er: "Ich gehöre der Liebe; ich bin aus der Liebe; ich gehe zur Liebe; und die Liebe hat mich hierher geführt!" Immer war das Herz und der Sinn des heiligen Vinzenz Ferrer voll von Gott; immer dachte er an Gott, nie sprach er anders als von Gott oder mit Gott. Ob er saß oder ging, studierte oder in Gesellschaft war, sah man es ihm an, dass er in Gott gesammelt war und sich mit Ihm vereinigte. Die Gluten der göttlichen Liebe wirkten im heiligen Aloysius, in der heiligen Katharina von Siena, im heiligen Petrus von Alkantara, in der heiligen Theresia von Avila, im heiligen Philipp Neri, in der heiligen Magdalena von Pazzi, im heiligen Franz von Paula und in mehreren anderen Heiligen Dinge, die unglaublich erscheinen würden wenn man sie erzählte. Ein Botschafter des heiligen Ludwig, des Königs von Frankreich, begegnete zu Ptolemais einer Frau, die durch die Straßen dieser Stadt lief und in der rechten Hand ein Gefäß voll Wasser, in der linken aber eine brennende Fackel trug und seufzend ausrief: "O Gott, o Gott! ist es je möglich?" - Hierüber verwundert, blieb der Botschafter stehen und fragte sie, was dies bedeuten sollte. - "Auslöschen möchte ich," sprach sie, "auslöschen die Hölle mit diesem Wasser und das Paradies verbrennen mit dieser Fackel, wenn es Gott so gefallen würde, damit Er einzig und allein um Seiner selbst willen geliebt würde!" Eine fromme Klosterfrau pflegte, wenn man sie fragte, wie viel Uhr es ist, die Antwort zu geben: "Es ist nun gerade die Stunde, Gott zu lieben!"
Herr, nur nach Dir allein verlangt mein Herz! Verleihe mir, dass ich nur Dich sehe, nur von Dir gerührt werde, nur Dich koste, nur Deiner gedenke, nur für Dich spreche und wirke! Du bist der Schatz meiner Ewigkeit, und nur in Dir kann mein Herz vollkommen ruhen! Amen.
1. "Hervorbringen werden sie, Herr, das Andenken an deine überschwängliche Liebe!" So groß ist die Liebe unseres Gottes, wenn sie dem Herzen sich kund gibt, dass darüber dem Menschen alle Freuden der Erde verleiden. Dies sehen wir an den Sündern, die sich aufrichtig bekehrten, und die wegen dieser Liebe und Freundlichkeit des Herrn, der sie nicht als ein strenger Richter bestrafte, sondern als ein milder Vater liebreich aufnahm, ihm mit Freuden alles opfern, was sie früher für die einzige Glückseligkeit gehalten hatten. So groß ist der Trost in ihrem Herzen, dass sie alle Lockungen, die zur Sünde sie zurückführen wollten, mit Abscheu von sich weisen, und gegen die Liebe ihres Gottes mit dem Apostel alles andere gleich dem Gassenkot verachten.
2. Unaussprechlich ist der Friede, den diese freundliche Liebe Gottes in ihre Herzen ergießt, und den Salomo ein beständiges Freudenmahl nennt. Ihre Leidenschaften schweigen, oder regen sie sich auch zuweilen, so werden sie doch bald besänftigt. Die innerliche Salbung dieser Liebe versüßt ihnen jedes Leiden, jedes Werk der Buße. Sie genießen im Umgang mit ihrem Gott, zumal aber bei seinem himmlischen Tisch, eine selige Freude, die sie über diese Erde erhebt, und mit Vertrauen sehen sie die Stunde ihrer Auflösung nahen. Sie sind zwar nicht ohne Furcht, doch ist ihre Furcht eine kindliche Furcht, die nicht sowohl der Strafe gedenkt, als den Gegenstand ihrer ewigen Liebe zu beleidigen fürchtet.
3. Dies ist der Unterschied zwischen den Kindern der Welt und den Kindern Gottes, dass jene in ihren Leiden klagen und einer trostlosen Verzweiflung sich überlassen, diese aber in den Trübsalen dieses Lebens Gott loben, dessen Hand sie ihnen sendet, und ihn durch ihre Geduld verherrlichen. Denn der Weg der Auserwählten ist der Weg des Kreuzes. Aber die Liebe erleichtert ihnen jedes Kreuz: sie hilft ihnen es zu tragen. Und ob auch die Natur darüber murre, umfangen sie es dennoch friedlich. Öffnen wir dieser göttlichen Liebe unser Herz, und sie wird uns bald in himmlische Menschen umwandeln. Psalm 34,9a: "Kostet und seht, wie gütig der Herr ist."
1. Gewaltig ist die Liebe guter Eltern für ihre Kinder. Sie scheuen keine Sorgen, keine Anstrengungen, ihr Glück zu fördern. Erkranken aber diese geliebten Kinder, dann ist die ganze Familie ängstlich beschäftigt. Kein Geld wird gespart, keine Nachtwache, kein Opfer gescheut. Also sandte auch jener Fürst, dessen Sohn erkrankt war, nicht seine Leute: er selbst kam zu Jesus, um ihn um die Heilung seines Sohnes zu bitten. Aber liebe Eltern, warum diese Angst? Warum diese Sorgen? Was verliert ihr denn, wenn dieses Kind stirbt? Oder was gewinnt ihr, wenn es am Leben bleibt? Ach, du kennst die Liebe nicht, würden sie dem so Fragenden antworten, uns selbst lieben wir in unserem Kind, und wir selbst sterben gleichsam mit ihm.
2. Erkennst du hier das Bild des himmlischen Vaters? Nur einen Funken seiner Liebe legte er in das Herz der Eltern, und wie unüberwindlich wirkt er in ihnen. Was ist aber dieser geringe Funke gegen die unermessliche Liebe des göttlichen Vaterherzens. Denn der Herr selbst spricht in Jesaja 49,15: "Kann denn eine Frau ihr Kindlein vergessen, eine Mutter ihren leiblichen Sohn? Und selbst wenn sie ihn vergessen würde, ich vergesse dich nicht." Nichts zwar verliert er, wenn wir verloren gehen, und nichts gewinnt er, wenn wir selig werden, aber sein Wesen ist die Liebe, er liebt uns als seine Geschöpfe, er liebt sein eigenes Bild in uns.
3. Gute Eltern versuchen ihre Kinder durch Güte und Strenge zu bessern, sie verstoßen sie nicht, auch nach vielen Fehlern. Nur wenn sie nach allen Ermahnungen, Wohltaten und Strafen sich also gegen die Eltern empören, dass sie ihnen nach dem Leben stellen, schließen sie sie mit Schmerz vom Vaterhaus aus. So tut es auch unser himmlischer Vater, der seine unendliche Güte gleichsam erschöpft, und schließt nur jene Verstockten vom Himmel aus, die da wünschten, dass kein Gott wäre, und bis an ihr Ende in dem hartnäckigen Trotz gegen ihn verharren. "Sag zu ihnen: So wahr ich lebe - Spruch Gottes, des Herrn -, ich habe kein Gefallen am Tod des Schuldigen, sondern daran, dass er auf seinem Weg umkehrt und am Leben bleibt." (Ezechiel 33,11a)
1. Es besteht zwischen der triumphierenden und der streitenden Kirche eine wahre, lebendige und innige Gemeinschaft, denn alle Glieder der einen heiligen Kirche sind durch das Erlösungsblut Jesu Christi miteinander verschwistert. Wir zwar leben noch im Glauben, sie aber in der Anschauung. Doch sind alle, die hienieden in Gottes Gnade leben, "Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes". (Epheser 2,19) Versichert uns aber die ewige Wahrheit, dass mehr Freude im Himmel ist über einen Sünder, der da Buße tut, als über 99 Gerechte, die der Buße nicht bedürfen (Lukas 15,7), so sehen wir daraus klar, dass die glückseligen Himmelsbürger die Gerechten genau von den Sündern unterscheiden.
2. Diese Freude der Heiligen an der Bekehrung der Sünder entspringt ihrer feurigen Liebe und der lebendigen Sehnsucht, dass die unendlich liebevolle Majestät Gottes von einer immer größeren Anzahl Anbeter verherrlicht wird. Daher auch nehmen sie den innigsten Anteil an ihren Brüdern und Schwestern, die noch in diesem Tal des Kampfes sind. Sie kennen unsere Schwächen und die Versuchungen, denen wir beständig ausgesetzt sind, und bringen die Bitten, die wir an sie richten, vor Gottes Thron. Wie auch sollten sie, die im irdischen Leben sogar für ihre Feinde beteten, nun, wo ihre Nächstenliebe vollkommen ist, nicht für diejenigen bitten, die sie verehren und anrufen?
3. Gott aber erhört die Fürbitten seiner Heiligen für uns. Psalm 145,18-19: "Der Herr ist allen, die ihn anrufen, nahe, allen, die zu ihm aufrichtig rufen. Die Wünsche derer, die ihn fürchten, erfüllt er, er hört ihr Schreien und rettet sie." Auch spricht der Sohn Gottes: "Wenn einer mir dient, wird der Vater ihn ehren" (Johannes 12,26b), diese Ehre aber besteht darin, dass er ihre Bitten erhört. So rufen wir denn diese glorreichen Himmelsfürsten oftmals an, und sprechen wir: Selige Bewohner des himmlischen Jerusalems, bittet für uns beim Thron des Allmächtigen, der euch als seine Kinder liebt, damit wir, wie ihr, die Welt und uns selbst überwinden, im Glauben leben und sterben, und einst Gefährten eurer Seligkeit werden. So heißt es in Davids Psalm: "Deine Freunde, mein Gott, sind mir überaus hoch geehrt; ihre Herrschaft wurde überaus mächtig gekräftigt."
1. Willst du Gottes Gnade erlangen und bewahren, so liebe das Gebet und lass es deine beständige Übung sein. Gott gab es uns als das allgemeine Mittel gegen alle unsere Übel, und es fordert weder einen erhabenen Geist, noch große Wissenschaft. Ein ehrerbietiges und eifriges Gebet findet immer eine liebevolle Aufnahme. Auch steht der Zutritt zum himmlischen König dir frei zu jeder Zeit. Er ist keine stolze und unzugängliche Majestät. Keine Wache verwehrt dir den Eintritt in seinen Palast. Er ist bereit, uns anzuhören, so oft wir wollen, und niemand, der mit andächtigem und zerknirschtem Herzen zu ihm kommt, geht leer von dem Thron seiner Barmherzigkeit aus.
2. Wie oft nimmst du, statt zu dem Vater des Erbarmens zu beten, deine Zuflucht zu Menschen und klagst ihnen deine Not! Darfst du dich aber wundern, wenn du ohne Hilfe, ja oft mit bitteren Worten abgewiesen wirst? Gott hat die Herzen der Menschen in seiner Hand, und sie werden dir auch nur insofern helfen, als er sie dazu anregt. Warum also nimmst du deine Zuflucht nicht sogleich zu ihm? Hast du nicht seine untrügliche Verheißung, dass du erhalten wirst, um was du im Glauben bittest? Glaubst du etwa dieser Verheißung nicht? Oder achtest du Gottes Wohltaten so gering, dass du nicht einmal darum bittest?
3. Betrachte den Fürsten, der zu Jesus kam, ihn zu bitten, dass er seinen Sohn gesund macht. Statt ihn zu erhören, gab der Herr ihm einen Verweis. Aber der betrübte Vater wurde dadurch nicht irre an der Güte Jesu. Er bat noch dringender, und erhielt endlich zu seiner großen Freude die Frucht seines Gebetes. Also prüft Gott zuweilen den Glauben und die Beharrlichkeit seiner Diener, immer aber erhört er ihr andächtiges, dringendes und beharrliches Gebet, und zögert zuweilen nur darum mit der Erhörung, damit sie dann seine Gaben umso höher achten. Denn ausdrücklich ist die Verheißung unseres Herrn: "Ich sage euch: Alles, um was ihr bettet in eurem Gebet, glaubt nur, dass ihr es empfangen werdet, dann wird es euch zuteil." (Markus 11,24)
1. Die christliche Vollkommenheit ist gleich einem hohen Berg, auf dessen Gipfel die heilige Stadt erbaut ist, wohin alle zielen, die diesen Berg besteigen, um daselbst zur Vereinigung mit ihrem Gott zu gelangen. Unter diesen Wanderern nun werden Anfänger diejenigen genannt, die noch unten am Fuß des Berges sind; - Fortschreitende die, die bereits die Mitte des Berges erreicht haben; - Vollkommene endlich die Glückseligen, die bis an seinen Gipfel gelangt sind. Die ersten haben noch vollauf zu tun, vor Sünden sich zu hüten. Die zweiten ringen nicht mehr, Sünden zu meiden, sondern wahre Tugenden zu erlangen. Die dritten, die bereits in Tugenden geübt sind, streben nach der Vereinigung mit Gott. Erwäge nun, zu welchen aus diesen dreien du gehörst.
2. Es müssen zwar auch die Fortschreitenden, ja sogar die Vollkommenen vor Sünden sich hüten, und auch die Anfänger müssen Fleiß anwenden, Tugenden zu erlangen und zur Vereinigung mit Gott zu gelangen. Indessen ist doch jeder dieser Stände vorzüglich mit der Arbeit beschäftigt, die ihm eigen ist, und niemand soll plötzlich von dem einen zu den andern übergehen wollen. Denn viele möchten gerne auf einmal vollkommen sein. Dies aber ist so wenig möglich, als dass der Körper eines kleinen Jungen plötzlich zu einem vollkommenen Mann erwachse. Das Kind mag weder die Speisen, noch die Arbeiten eines Mannes zu ertragen.
3. Darum ermahnt der heilige Apostel Petrus uns sehr weise, gleich neugeborenen Kindern nach vernünftiger Milch zu verlangen, damit wir dadurch allmählich zum Heil erwachsen (1. Petrus 2), und spricht auch an einer anderen Stelle: "Wachst in der Gnade und in der Erkenntnis unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus." (2. Petrus 3) Meist ist es nur die Eigenliebe, die so gerne sich vollkommen sehen möchte, und die nicht sowohl auf ihre Schwäche, als auf ihr Verlangen sieht, weshalb sie auch gewöhnlich auf dem Weg erliegt. Darum schreite mit Gottes Gnade, demütig und behutsam, bis dir gesagt wird: "Freund, rücke weiter hinauf!" Psalm 84,8: "Die Gerechten werden von Tugend zu Tugend schreiten, bis sie den Gott der Götter schauen."
Mutter der Gnade, du bist diejenige, die nach dem Wort der Schrift, "wie eine Palme zu Cades, wie eine Ceder auf dem Libanon dasteht, wie ein schöner Ölbaum auf dem Feld prangt". Ja du bist reich an Tugenden und Verdiensten, an Früchten für das ewige Leben gewesen, als du auf Erden warst. Und wir - ich? Unsere Werke sind Spreu, unser Tun eitel Rauch! Hilf uns Maria, dass all unser Tun und Lassen das Wohlgefallen Gottes erlangt. Leite du unsere Schritte, dass wir nicht ausgleiten auf dem Weg zum ewigen Heil, dass wir feststehen wie eine Ceder, zu Gott, zum Himmel emporgerichtet wie eine Palme, fruchtbar wie ein Ölbaum und so dir ähnlich, auch an deiner ewigen Freude einst Anteil nehmen dürfen. Amen.
Zu Jesus Christus
Ewiger Dank sei Dir, göttlicher Heiland, dass Du mich im Schoß Deiner Kirche birgst. Ich gehöre dadurch unzweifelhaft zu Deinen Kindern. Lass nicht zu, dass ich die mir zuteil gewordene Gnade durch Abweichung von der wahren Lehre, oder durch Vernachlässigung der Heilsmittel, oder durch ein verkehrtes Leben missbrauche. Bestärke mich immer mehr im tätigen Glauben, bis ich würdig werde, in der Ewigkeit Dich zu schauen von Angesicht zu Angesicht. Amen.
Andenken an die seligste Jungfrau
Der an diesem Tag im Jahr 1439 verstorbene Kaiser Albert II. aus dem Haus Österreich hatte die Gewohnheit, das Lob und die Tagzeiten der seligsten Mutter Gottes öffentlich ohne Rücksicht der Personen im Chor mit den Geistlichen abzusingen.
1. Die Gerichte Gottes sind ein tiefer Abgrund. Er allein kennt diejenigen, die mit seiner Gnade zum Heil gelangen werden. Wir aber sollen, nach der Ermahnung des Apostels, unser Heil mit Furcht und Zittern wirken, da wir nicht wissen, ob wir zur Anzahl seiner Auserwählten gehören. Gottes unendliche Weisheit aber wollte dies so, damit wir in der Demut und in beständiger Wachsamkeit bleiben, ohne Unterlass zu seiner göttlichen Barmherzigkeit beten, uns rein bewahren und guten Werken mit Eifer nachgehen, die allein unsere Auserwählung sichern, auch wenn wir wüssten, dass wir zur glückseligen Anzahl der Auserwählten gehörten.
2. Bete also die göttlichen Ratschlüsse in Demut deines Herzens an, und fürchte die göttlichen Gerichte. Aber mäßige diese Furcht durch Liebe und Vertrauen. Ist nicht dein ganzes Leben eine beständige Verkettung von Gnaden und Erbarmungen von deinem himmlischen Vater? Früh schon erleuchtete dich sein heiliges Licht und zog dich zu seiner Erkenntnis und Liebe an. Und sieh, als du später hin dich verirrt und seinen Weg verlassen hast, ging seine Gnade dir nach, bewahrte dich vor den Schrecknissen eines jähen Todes und vor gänzlicher Verstocktheit des Herzens, und ruhte nicht, bist du zu ihm zurückgekehrt bist. Wie also fürchtest du, er werde nun das Schäflein verlassen, dass er mit so großer Mühe aufsuchte, und über dessen Wiederfinden er ein Fest mit seinen Engeln feierte?
3. Aber, sprichst du, wer weiß, ob ich aushalten werde! Denn wie viele, die Gott lange Zeit dienten, fielen am Ende ab und gingen ewig verloren. Sage mir, hast du in dir selbst die Kraft gefunden, deine sündhaften Fesseln zu brechen, oder hast du sie von Gott bekommen? Sind also diese großen Gnaden des Heils, die Gott dir verlieh, nicht ein sicheres Unterpfand, dass er auch die übrigen dir verleihen werde, selig zu vollenden? Rufe täglich mit ganzem Herzen um seine Gnade zu ihm, und er wird sie dir täglich verleihen. Nicht durch kleinmütiges Zagen, sondern durch kräftige Hoffnung und getreue Liebe wirst du zur Seligkeit gelangen. Psalm 31,2: "Herr, ich suche Zuflucht bei dir. Lass mich doch niemals scheitern; rette mich in deiner Gerechtigkeit."
1. "Gott will," spricht der Apostel, "dass alle Menschen selig werden, und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen!" Der eingeborene Sohn Gottes aber versichert feierlich, "viele sind berufen, und nur wenige auserwählt". Woher dies? Erstens aus dem menschlichen Widerstand, der Gottes liebevolle Absichten vereitelt. Wenn ganze Nationen der Verkündigung der Apostel sich widersetzten, und ihren Nachfolgern noch immer sich widersetzen; - wenn ganze Völker von der Einheit der Kirche sich losrissen, und noch zur Stunde die Augen der Wahrheit verschließen; - wenn so viele Kinder selbst der katholischen Kirche das Irrgerede der Gottlosen anhören, und gegen ihre Mutter sich empören: ist dies nicht ihre eigene Schuld? Und ist Gottes Vorsehung nicht vollkommen gerechtfertigt?
2. Die zweite Ursache ist "die Weisheit dieser Welt, die Torheit vor Gott ist". Denn was anderes rät diese törichte Weisheit, als Schädliches suchen, Vergängliches lieben, Heilsames vernachlässigen und Ewiges als nichts achten? Also verschmähten jene vom himmlischen König eingeladenen Gäste diese glänzende Auszeichnung, und gingen ihren Geschäften, ihren Unterhaltungen nach, ja sie misshandelten sogar seine Boten. Ahmen wir aber nicht ihrer Verkehrtheit nach? Ziehen wir unsere zeitlichen Vorteile nicht dem Heil unserer Seele vor? Widerstehen wir Gottes Einladungen nicht beständig, und zürnen denjenigen, die uns ermahnen, seiner Stimme Gehör zu geben, und seinen glorreichen Verheißungen durch treue Befolgung seines heiligen Gesetzes uns würdig zu machen?
3. Die dritte Ursache ist unser toter Glaube. Wären wir von Gottes Güte und Gerechtigkeit, von der Würde unserer Seele, von der Ewigkeit der himmlischen Belohnungen durchdrungen, wahrlich, wir würden den vergänglichen Gütern dieser Zeit nimmermehr mit so großer Gier nachstreben. Denn welcher Hungernde greift je nach einem Stein, wenn er durch Brot sich erquicken kann? Oder nach einer Schlange, wenn treffliche Fische ihm vorgesetzt werden? Welcher Mensch auch würde je der Hölle zueilen, wenn er tief von dem Gedanken an den Himmel durchdrungen wäre? Irren wir nicht, und treffen wir eine gute Wahl, dann werden auch wir von Gott auserwählt werden. "Vor dem Menschen ist Leben und Tod, das Gute und das Böse; welches ihm gefällt, das wird ihm gegeben werden."