Heilige Jungfrau Maria, erinnere dich, dass Jesus, die gebenedeite Frucht deines Leibes, sich nicht geschämt hat, uns seine Brüder zu nennen. Du bist also auch unsere Mutter und wir sind deine Kinder. Lass es uns erfahren, dass du unsere Mutter bist. Von der Höhe des himmlischen Thrones, auf den dein göttlicher Sohn dich erhoben hat, wirf einen Blick der Barmherzigkeit und Liebe auf uns, die wir noch in diesem Tal der Tränen, im Kampf mit allen Versuchungen und Gefahren dieses irdischen Pilgerlebens seufzen. Amen.
Zu Gott auf die Fürbitte der heiligen Tharsilla und der heiligen Ämiliana
Wir bitten Dich, o Gott, verleihe uns auf die Fürbitte der heiligen Tharsilla und Ämiliana die Gnade, das angefangene Werk des Heils glücklich zu vollenden, durch Jesus Christus, unseren Herrn. Amen.
Andenken an die seligste Jungfrau
Durch die Hände der jungfräulichen Mutter, nach dem Ausdruck des heiligen Bernhard, haben, in der heutigen Vigil und Nacht, viele Heilige, die ihre Herzen für die heilige Geburt Jesu Christi eifrig bereitet hatten, große Tröstungen und himmlische Gnadenschätze erhalten. Unter ihnen sind besonders zu nennen: der heilige Bernhard selbst, der heilige Stanislaus, die heilige Franziska, die heilige Gertrud, die heilige Mechthild.
Der heilige Gregor der Große hatte von väterlicher Seite drei Muhmen, die alle das Gelübde der Keuschheit abgelegt hatten und im Haus ihres Vaters, des Senators Gordian, sich den Übungen des beschaulichen Lebens weihten. Ihre Namen waren Tharsilla, Gordiana und Ämiliana. Gregor erzählt ihre Lebensgeschichte wie folgt:
Bei Tharsilla und Ämiliana wurde die Liebe zu Gott von Tag zu Tag inniger. Nur noch mit dem Körper waren sie auf der Erde, ihr Geist war fast immer in der Betrachtung des ewigen versunken. Bei Gordiana aber geschah das Gegenteil. Ihr Gemüt fing an zu erkalten in der heiligen Liebe und sich hinzuneigen zum Wohlgefallen am Irdischen. Oft sprach Tharsilla zur Schwester Ämiliana: „Ich fürchte, dass Gordiana nicht standhaft bleiben wird; denn ich bemerke, dass sie sich gerne auswärts zerstreut und das Herz zur Bewahrung ihres Gelübdes nicht sorgfältig genug hütet.“ Beide Schwestern bemühten sich, durch tägliche Ermahnungen sie von dem zerstörenden Leichtsinn abzuhalten und zum standesmäßigen Eifer zu bewegen. So lange sie redeten, heuchelte Gordiana großen Ernst, der aber in derselben Stunde auch wieder verschwand, indem sie sich neuerdings den Zerstreuungen überließ. Sie hatte Gemeinschaft mit den Kindern der Welt, und der Umgang mit denen, die der Welt sich entzogen hatten, wurde ihr immer lästiger. In einer Nacht erschien meiner Muhme Tharsilla, die durch anhaltendes Gebet, durch strenge Abtötung und durch den Eifer eines vollkommenen heiligen Wandels ihre Schwestern übertraf, in einem Gesicht ihr Urgroßoheim, der heilige Papst Felix, zeigte ihr die Wohnung der ewigen Herrlichkeit und berief sie, dahin zu kommen. Bald darauf wurde sie von einem Fieber befallen, das den nahen Tod ankündigte. Nach der gewöhnlichen Sitte, dass bei Sterbenden, zumal wenn sie vornehmen Standes sind, sich viele Menschen versammeln, um die Verwandten zu trösten, standen Männer und Frauen um das Lager der Kranken, und darunter befand sich auch meine Mutter. Auf einmal öffnete Tharsilla ihre Augen und schaute aufwärts. Da sah sie Jesus herabkommen, wurde heftig bewegt und rief den Umstehenden zu: „Tretet zurück, tretet zurück! Jesus naht!“ Sie hielt ihren Blick fest geheftet auf den Heiland und verschied. Das Zimmer wurde mit dem lieblichsten Wohlgeruch erfüllt, zum Hinweis auf die Gegenwart dessen, der die Quelle aller Lieblichkeit ist. Als der Leichnam, wie es gebräuchlich war, gewaschen wurde, fand man an den Knien und Ellenbogen Schwielen, groß und hart, wie die Schwielen der Kamele. Sie waren eine Folge ihres anhaltenden Gebetes, in dem sie vor Gott lag, und so zeigte das tote Fleisch die Spuren dessen, womit sich der lebendige Geist beständig beschäftigt hatte.
Tharsilla war kurz vor dem Fest der Geburt des Herrn gestorben. Wenige Tage darauf erschien sie in einem nächtlichen Gesicht ihrer Schwester Ämiliana und sprach: Komm, damit ich, da ich am Geburtsfest des Herrn von dir getrennt wurde, den Festtag der Erscheinung gemeinschaftlich mit dir begehen kann. Ämiliana, besorgt um ihre Schwester Gordiana, fragte: Wenn ich allein zu dir komme, wem soll ich unsere Gordiana übergeben? Tharsillas Gesicht trübte sich, und sie kam bekümmert zur Antwort: Komm, unsere Schwester Gordiana gehört den Weltkindern an. Ämiliana fühlte sich bald nach diesen wunderbaren Erscheinungen schwer krank. Das Übel nahm zu, und sie starb noch vor dem Fest der Erscheinung des Herrn. Gordiana ließ sich, nachdem sie von der schwesterlichen Obhut befreit war, mit jedem Tag mehr von irdischen Gesinnungen beherrschen und folgte endlich der Neigung, die lange schon in ihrem Inneren verborgen war. Alle Gottesfurcht beseitigend, nicht achtend auf Ehre und Schande, brach sie das heilige Gelübde und verehelichte sich mit dem Pächter ihrer Güter.“
Nachdem der heilige Gregor dies erzählt hat, setzte er hinzu: „sieh, alle drei haben sich anfangs mit dem gleichen Eifer zu Gott gewendet, aber nicht alle drei sind in dem gleichen Eifer verharrt, weil wie der Herr sagt, viele berufen sind, aber wenige auserwählt. Ich habe dieses vorgetragen, damit nicht jene, die zum Guten sich gewendet haben, sich selbst die Kräfte zum Guten zuschreiben oder auf ihre eigenen Kräfte vertrauen. Jeder mag wohl wissen, was er heute sei, was er aber morgen sein werde, das weiß keiner. Niemand erfreue sich also des Guten, als wäre er dessen schon sicher; so lange er in diesem schwachen Fleisch wandelt, kennt er ja das Ende nicht.“
1. Betrachte die Mühsale der heiligen Familie, die, in dem Befehl der weltlichen Obrigkeit Gottes Anordnungen verehrend, ohne Klage die weite Reise von Nazareth nach Bethlehem antritt, daselbst dem Edikt des Kaisers Augustus gemäß sich aufzeichnen zu lassen. O Tiefe der Ratschlüsse Gottes! Der menschliche Stolz führt seine Pläne aus, und weiß es nicht, dass er dabei Gottes Absichten ausführt, der feierlich durch seinen Propheten hatte verkündigen lassen, der Welterlöser werde zu Bethlehem geboren werden. So hatte Gottes Weisheit es geordnet, damit durch die öffentlichen Register, in die Jesus eingetragen wurde, bekannt wäre, er sei zu Bethlehem geboren.
2. Schwer von der langen Reise ermüdet, kommt endlich die heilige Familie in der Stadt Davids an, wo die Zeit erfüllt wird, dass die jungfräuliche Mutter Gottes das Licht der Welt gebären sollte. Sie suchen eine Herberge und finden keine. Alle Türen und alle Herzen sind ihnen verschlossen. So wird der Sohn Gottes, der Erlöser Israels, von seinem Volk verstoßen, noch ehe er geboren ist. Ein öder Stall nimmt die Verlassenen auf. Dies ist der Palast des Königs des Himmels und der Erde. Hier kommt der Erlöser zur Welt, und gibt durch seine Armut, durch seine Demut, durch seine Not mir die erste Lehre, die er einst am Kreuz als die letzte besiegeln wird, mein Herz von dieser Welt zu entfesseln.
3. Weisheit Gottes, Gott Emmanuel, Gesetzgeber und Erlöser der Welt, Ersehnter der Nationen, komm und erleuchte die Welt durch dein göttliches Licht. Befreie uns von der dämonischen Nacht der Sünde. Sieh, alle Gerechten erwarten dich, alle Armen im Geist seufzen nach dir, alle Gefangenen harren deiner, und beten zu dir, von ihren Fesseln sie zu erlösen. O komm! Auch meine Seele setzt alle ihre Hoffnung auf deine gnadenreiche Geburt, denn du allein bist ihr Heil. Tilge meine Sünden durch dein Erbarmen. Nimm Besitz von meinem Herzen und herrsche darin in Zeit und Ewigkeit. "Morgen werdet ihr die Herrlichkeit des Herrn schauen." (Exodus 16,7)
Strafe der ersten Sünde und Verheißung des Erlösers
Strafurteil über Eva und Adam
(Gen. 3, 14-24)
Hatte Gott, um die unglücklichen Menschen vor Verzweiflung zu bewahren, in dem Urteil über den Satan für sie diese tröstliche Verheißung voraus geschickt, so musste doch auch seine Gerechtigkeit walten. Zu dem Verlust, den die Stammeltern bereits an der Seele erlitten hatten, fügte er deshalb wie zur äußeren Bestätigung nun auch leibliche Strafen hinzu, wie sie der Schuld eines jeden entsprachen. Gott sprach zu Weibe: „In vielen Beschwerden und in Schmerzen sollst du deine Kinder gebären und unter der Gewalt des Mannes stehen, und er wird über dich herrschen!“
Weil Eva zuerst gesündigt, trifft sie auch zuerst die Strafe. Ihr hoffärtiges Verlangen, zu sein wie Gott, wird mit demütigenden Beschwerden und Mühseligkeiten bestraft; ihre Lüsternheit nach der verbotenen Frucht mit Schmerzen; ihre Verführung des Mannes mit dessen Herrschaft über sie. Eine gewisse Unterwürfigkeit des Weibes unter den Mann war zwar schon von Anfang an vom Schöpfer gewollt und durch die schwächere Natur des aus dem Manne gebildeten Weibes angedeutet und begründet. Diese Unterwürfigkeit aber wäre wohl geordnet und für das Weib leicht und süß gewesen; dies Verhältnis ward aber von nun an durch die Sünde und Leidenschaft gestört und wurde so für das Weib zum harten und oft auch zur mühseligen Knechtschaft. Auf den Mann aber sollte die Hauptsorge für den Unterhalt der Familie fallen; und hier sollte er eine dreifache Strafe tragen: Unfruchtbarkeit der Erde, daher ferner harte Arbeit und endlich trotzdem mühevollen Kampf gegen das stets wuchernde Unkraut.
Zu Adam, als dem eigentlichen Herrn der irdischen Schöpfung, sprach Gott: „Weil du der Stimme deines Weibes Gehör gegeben und von dem Baume, von dem zu essen ich dir verboten hatte, gegessen hast, so sei die Erde verflucht um deinetwillen. Mit vieler Arbeit sollst du von ihr essen alle Tage deines Lebens. Dornen und Disteln soll sie dir tragen, und du sollst das Kraut der Erde essen. Im Schweiße deines Angesichtes sollst du dein Brot essen, bis du zur Erde wiederkehrst, von der du genommen bist; denn Staub bist du, und sollst zum Staub wiederkehren.“ (1)
Infolge dieses Fluches ging zwar nicht eine wesentliche Änderung in der Natur vor sich, so daß sie etwa jetzt erst Dornen und Disteln hervor gebracht, oder daß jetzt erst die Tiere einander getötet hätten u. dgl. (2); wohl aber trat eine Verschlechterung der Natur in Rücksicht auf den Menschen ein, derart, daß sie ihm jetzt nicht mehr vollkommen unterworfen ist. Er muss ihr mühsam und wie mit Gewalt ihre Früchte abgewinnen; es wich aus ihr jene liebliche Fürsorge Gottes, welche alle schädlichen Einflüsse der Elemente, Pflanzen und Tiere vom Menschen fern gehalten hätte; die natürliche Unterordnung und Folgsamkeit der Tiere gegen den Menschen verwandelte sich bei fast allen in Furcht und Scheu, ja bei manchen in tödliche Feindschaft. Über dies erhielt der Satan eine gewisse Gewalt, die Natur und ihre einzelnen Geschöpfe zum Schaden und namentlich zur Verführung des Menschen, ihres früheren eigentlichen Herrn, zu gebrauchen. Darum sagt der Apostel: „Das Geschöpf ist der Verderbtheit unterworfen… Wir wissen, daß alle Geschöpfe seufzen um Befreiung von der Dienstbarkeit der Verderbtheit.“ (3)
Die schwerste unter allen äußeren Strafen aber für den Menschen war der Tod. Wer je einmal am Lager eines Sterbenden gestanden und Zeuge seiner bangen Angst, seines schmerzvollen Seufzens und Stöhnens, seines letzten Röchelns gewesen, der weiß, daß der Tod etwas Schreckliches ist. Dies schreckliche Los kündigte nun Gott unserem unglücklichen Stammvater an, gemäß seiner früheren Drohung: „An dem Tage, da du davon issest, mußt du sterben.“ Im Augenblick der Sünde entzog Gott den Menschen das Gnadengeschenk der Unsterblichkeit und Leidenslosigkeit, entzog ihnen auch den Genuss vom Baum des Lebens, der bestimmt gewesen, die abnehmenden Lebenskräfte stets zu erneuern. Daher wurde von nun an der Tod in ihrem Leibe wirksam; der Leib fing daher infolge seiner natürlichen Auflöslichkeit durch Alter, mühevolle Arbeit, durch die Einflüsse der Hitze und Kälte, des Hungers und Durstes, durch Krankheiten und sonstige Leiden bereits zu sterben an. (4) Der Tod, für den Leib zwar etwas Natürliches, für die unsterbliche Seele aber , die das natürliche Bestreben hat, ihren Leib zu besitzen, etwas Widernatürliches, ward nun zur traurigen, schrecklichen Notwendigkeit (5), mit allen Krankheiten, Leiden und Schmerzen, die nur seine Vorboten sind. Leider war aber selbst dieser traurige leibliche Tod nur das Sinnbild eines noch weit schrecklicheren, des geistigen und ewigen Todes (6), dem Adam und Eva für immer verfallen wären, wenn sie nicht durch Buße bei Gott Verzeihung und Eingang in die Vorhölle gefunden hätten. (7)
„Auch machte Gott dem Adam und seinem Weibe Röcke von Tierfellen und bekleidete sie damit.“ (8) Er tat dies vor allem, damit sie auf eine der Schamhaftigkeit genügende Weise bedeckt würden, sodann um sie gegen die Unbilden der Witterung zu schützen. (9) Und er sprach: „Siehe, Adam ist geworden wie einer aus uns (10), erkennend das Gute und Böse. Nun also soll er nicht seine Hand ausstrecken und vom Baum des Lebens nehmen und essen und ewiglich leben. Und es vertrieb ihn Gott der Herr aus dem Paradies, daß er die Erde bebaue, von der er genommen ist. Also trieb Gott den Adam hinaus und stellte vor das Paradies die Cherubim mit dem feurigen, zuckenden Schwert, um den Weg zum Baum des Lebens zu bewachen.“ (11)
Die Stammeltern Adam und Eva werden aus dem Paradies vertrieben: der Engel hinter ihnen weist sie hinaus, mit der Hand und dem Finger in die Richtung; die Schlange schlängelt sich seitlich von ihnen ebenfalls aus dem Paradies
Die Cherubim sind, wie aus andern Stellen der Heiligen Schrift erhellt, einer der höchsten Chöre der Engel., majestätische Wesen, die in den Gesichten der Propheten den Thron Gottes tragen und überhaupt die Herrlichkeit des gegenwärtigen oder sich nahenden Gottes ankündigen und versinnbilden. (12). Sie erscheinen als Vertreter der Allwissenheit Gottes und als wachsame Hüter des Paradieses gegen Menschen und böse Geister. Die Gestalt, die sie annehmen, ist gewöhnlich die menschliche; so jedenfalls hier, da sie „mit flammendem Schwert“ hingestellt sind. Sie erschienen sonach den ersten Menschen in sichtbarer Gestalt und sollten sie durch ihre drohende Haltung von dem Versuch eigenmächtiger Rückkehr abschrecken.
Gott hatte viele andere Mittel, den Menschen die Frucht des Baumes des Lebens zu wehren, ja trotz etwaigen Genusses das Todesurteil aufrecht zu erhalten. Hier handelt es sich um die Feststellung, daß der Mensch das Paradies ein für allemal verwirkt hat; es wird ihm die Möglichkeit genommen, vom Baum des Lebens zu essen; nach der Meinung mancher Ausleger ist dies eine neue Barmherzigkeit Gottes gegen den Menschen. Der Mensch soll in diesem elenden Zustand nicht ewig leben, in steter Gefahr der Unbußfertigkeit, und insbesondere soll er vor einem neuen, noch gefährlicheren Betrug Satans bewahrt werden, der zu heillosem Trotz und Unbußfertigkeit führen musste. Darum wird, dem menschen sichtbar, gegen diesen und den Satan das Paradies bewacht, damit letzterer nicht wirklich oder angeblich von der Frucht des Baumes des Lebens bringe und den Menschen zum Trotz verleite; vielmehr sollte der Anblick des verlorenen Paradieses den Menschen stets aufs neue in seiner Reue und Buße bestärken. (13)
Weil Adam unser Stammvater, das Haupt des ganzen Menschengeschlechtes ist und Gott in seinem unerforschlichen Ratschluß wollte, daß die Prüfung des Stammvaters für alle Nachkommen desselben entscheide, ob sie im Glanz natürlicher Unversehrtheit und Vollkommenheit und übernatürlicher Heiligkeit und Gerechtigkeit, oder aber dieser Güter beraubt, zur Welt kommen sollten, so ging die erste Sünde Adams samt ihren Folgen auf alle Menschen über. Das bezeugt nicht bloß die göttliche Offenbarung an vielen Stellen (14), sondern auch die ganze Geschichte der Menschheit (15) und die Überlieferung aller Völker und, wenn auch unvollkommen, die Lehre der heidnischen Weltweisen. (16)
Der Fall unserer Stammeltern soll uns lehren, vor der Sünde sorgfältig auf unserer Hut zu sein, schnell die Versuchung zu fliehen, die Sinne, besonders die Augen, treu zu bewachen, unsern Willen stets unbedingt dem Willen und Gebot Gottes zu unterwerfen und uns weder durch die Einflüsterungen des Satans noch durch die Verführungen der Welt noch durch unsere eigenen bösen Begierden berücken zu lassen. Die Sünde ist ja das einzige wahre Übel, die Quelle des Unheils in der Welt, und kann auch uns nur unglücklich machen. In einem Augenblick kann sie uns die Unschuld, den Frieden, die Freudigkeit des Herzens rauben, ja uns in ewiges Verderben stürzen. – Aber auch zur Buße ermahnen uns in rührender Weise Adam und Eva durch ihre Reue, ihre Tränen, Schmerzen, Mühseligkeiten und Kümmernisse während eines langen Lebens, worin nur die Hoffnung auf den Erlöser sie aufrecht erhielt und stärkte. Der büßende Adam ist auch ein Vorbild des Erlösers. Der „unsere Krankheiten auf sich genommen und unsere Schmerzen getragen hat“ (17) In dem Schweiße, mit welchem Adam fortan die Erde, im heißen Kampf mit ihrer Unfruchtbarkeit ringend, benetzte, sehen manche heilige Väter ein Vorbild jenes blutigen Schweißes, den Jesus am Ölberg in noch heißerem Ringen vergoß, so daß derselbe in schweren Tropfen auf die Erde rann. (18) – Eva, die Mutter des Menschen-Geschlechtes, ist ein Vorbild Mariä, der wahren Mutter der Lebendigen, durch welche der Fluch, den Eva über das ganze Menschengeschlecht gebracht hatte, aufgehoben und uns der Urheber des Lebens und mit ihm das übernatürliche Leben samt allen Gnaden wieder geschenkt werde. (19)
Anmerkungen:
(1) Vers 17-19. (2) S. Thom., S. th. 1, q. 69, a. 2 ad 2. (3) Röm. 8, 20ff. – Durch die Beschwörungen und Segnungen der Kirche werden die Geschöpfe wieder diesem unheilvollen Einfluß des Satans entzogen; an die Stelle des göttlichen Fluches tritt wieder der göttliche Segen sowohl zum leiblichen als zum geistigen Wohl des Menschen. Vgl. Deharbe, Erklärung des kath. Katech. III, 393.
(4) Insofern erfüllte sich buchstäblich die Drohung: „Am Tage deines Essens von ihm wirst du des Todes sterben“ (2, 17; vgl. S. Thom., S. th. 2, 2, q. 164, a. 1 ad 8).
(5) Wie riesig und furchtbar hätten ohne die Notwendigkeit des Todes alle Leidenschaften und Gewalttaten sich entfalten können, alles Elend und aller Jammer auf Erden sich vermehren müssen, wenn schon die längere Lebensdauer vor der Flut so schreckliches Überwuchern der Sünde zur Folge hatte! (6) An diese schreckliche Strafe der Sünde erinnert uns darum mit der Mahnung zur Buße die Kirche in der ergreifenden Zeremonie der Bestreuung der Asche am Aschermittwoch mit den Worten: „Gedenke, Mensch, daß du Staub bist und zum Staube wiederkehren wirst.“
(7) So müssen wir schon schließen aus der Verheißung des Erlösers, welche die Stammeltern gläubig und freudig erfaßten, wie wir daraus sehen, daß Adam jetzt, unmittelbar nach dem Todesurteil und trotz desselben, „den Namen seines Weibes Eva (Lebensspenderin) nennt, deshalb, weil sie sein sollte die Mutter aller Lebendigen“ (Vers 20). Ferner können wir es schließen aus der liebevollen Fürsorge Gottes für ihre Bekleidung. Endlich ist es auch an sich unwahrscheinlich, daß Gott, der die Menschheit erlösen wollte, das Haupt derselben dem Teufel überlassen hätte. Mit Bestimmtheit redet von ihrer Buße und Rettung die Heilige Schrift (Weish. 10, 1. 2), und bei den Vätern ist es, wie in der jüdischen und christlichen Überlieferung, die allgemeine Annahme. (Vgl. S. Aug., Ep. 164, c. 3, n. 6; De pecc. Merit. Et remiss. 1. 2, c. 34, n. 55) Dahin weist auch die Legende, der Kalvarienberg habe seinen Namen von dem dort begrabenen Schädel Adams, auf den das Blut Christi nieder träufelte. Das römische Martyrologium hat zwar ihre Namen nicht, wohl aber stehen sie in den gewöhnlichen Kalendern.
(8) Vers 21. Gott tat dies, indem er sie anleitete, wie sie sich bekleiden sollten. Die Ausdrucksweise „Gott machte“ ist dieselbe wie an vielen andern Stellen des Alten Testamentes, wo Gott zugeschrieben wird, was er durch Mittelursachen veranlaßt oder bewirkt. Es liegt also auch hier ein Anstoß nur für unwissende oder frivole Menschen vor, und die gläubigen Scholastiker, die hier an die Vermittlung der Engel dachten, verdienen den Spott nicht, womit man sie vielfach überhäuft hat.
(9) Welch rührende Fürsorge Gottes, dem in den Erweisen seiner Liebe nichts zu groß und nichts zu klein ist, offenbart sich hier in demselben Augenblick, da seine Gerechtigkeit strafen muss! Vielleicht ließ Gott unsere Stammeltern bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal sehen, was der Tod ist, und belehrte sie zugleich über das Opfer, durch welches sie im Hinblick auf das eine wahre Versöhnungsopfer das verlorene Kleid der Gnade für ihre Seele wieder gewinnen könnten. An all das kann und soll die Kleidung auch jetzt noch uns mahnen. Sie hat sonach einen vierfachen Zweck:
1. die Notwendigkeit der Bedeckung des Körpers erinnert uns an die Sünde und den Verlust der Unschuld; 2. als Schutz gegen die Witterung erinnert sie uns an die Liebe und Güte Gottes; 3. ihr Stoff, aus dem sie zumeist gemacht ist, mahnt an den Tod durch den Tod der Tiere, von denen er genommen ist;
4. ganz besonders aber ist sie ein Sinnbild des Kleides der Gnade, das durch die Sünde verloren ging, durch Reue und Buße aber wieder gewonnen wird. (Vgl. Lk. 15, 22 im Gleichnis vom verlorenen Sohn) (10) Über die Andeutung des Geheimnisses der heiligsten Dreifaltigkeit siehe: Die Schöpfung aus nichts (11) Vers 22-24. Der hebräische Text dieser schwierigen Stelle kann auch so verstanden werden, daß statt des feurigen Schwertes nur von der Flamme lodernden Feuers die Rede wäre, das den Zugang zum Paradies verhinderte. Damit wäre etwa zu vergleichen, was von den Feuer-Erscheinungen am Sinai gesagt wird, die den Berg unnahbar machen (Ex. 19, 18-20). Möglich ist auch, daß dem Ausdruck „feurig zuckendes Schwert“ die Vorstellung vom zuckenden Blitzstrahl zu Grunde liegt. Man kann sich dafür auf assyrische Darstellungen berufen, auf denen der Blitz in den Händen des Gottes der Atmosphäre (Bin) unter dem Bild einer Flamme dargestellt und als „Flammenschwert“ bezeichnet wird. (12) Ps. 17, 10. Die Ableitung des Namens ist unbekannt.
(13) Vgl. S. Thom., S. th. 1, q. 102, a. 2 ad 3; 2,2, q. 164, a. 2 ad 4. – Die symbolische Bedeutung dieser Ausschließung hebt der hl. Thomas hervor mit den Worten: „Durch die Sünde des Menschen ist die Pforte des irdischen Paradieses geschlossen worden zum Zeichen der Schließung des himmlischen Paradieses“ (S. th. 3, q. 49, a. 5). (14) Die Heilige Schrift im Alten und Neuen Testament lehr nämlich: 1. daß alle Menschen von Geburt Sünder, Gott mißfällig, vom Himmel ausgeschlossen sind. (Vgl. Gn. 8, 21; Ps. 13, 3; Spr. 20, 9; Joh. 1, 13; 3, 3; 1. Petr. 1, 23; 1. Joh. 5, 19) – 2. Daß dies in der Abstammung von Adam seinen Grund hat. (Vgl. Job 14, 4; 15, 14; Ps. 50, 7; 2. Kor. 7, 1; Joh. 3, 36; Eph. 2, 3) – 3. Daß Adams Sünde mit ihren Folgen sich auf alle seine Nachkommen vererbt. (Vgl. Weish. 2, 23; Sir. 8, 6; 1. Kor. 15, 22; 2. Kor. 5, 14) Insbesondere heißt es (Röm. 5, 15): „Durch einen Menschen ist die Sünde in die Welt gekommen und durch die Sünde der Tod; und so ist auf alle Menschen der Tod übergegangen, weil alle in ihm (in Adam) gesündigt haben.“ Die Erklärung dieser Stelle gibt die Dogmatik, vgl. S. Thom., S. th. 1, 2, q. 81, a. 1ff; q. 82 et 83. (15) Wohin wir in ihr blicken, finden wir das Gefühl, daß der Mensch im Stande der Ungnade Gottes zur Welt komme; überall finden wir auch Unwissenheit, Begierlichkeit und Neigung zum Bösen, Leiden der mannigfachsten Art, samt ihrem Gipfel- und Endpunkt, dem Tod.
(16) Sogar der ungläubige Voltaire musste (Phil. de l`hist.) gestehen: „Der Fall der entarteten Menschen ist die Grundlage der Götterlehre aller alten Völker.“ – … Plato erklärt (im „Timäus“) geradezu: „Die Natur und die Fähigkeiten des Menschen haben sich geändert und sind in seinem Stammvater von Anfang an verderbt worden.“ Hettinger, Apologie III, 408ff. (17) Is. 53, 4; Mt. 8, 17. (18) Lk. 22, 44.
(19) Eine schöne Gegenüberstellung Evas und Marias bei S. Aug., Serm. 18 de Sanct.; S. Bern., Hom. 2, sup. Missus est, in der 2. Noct. Nat. B. V. M. Und in der 3. Noct. Diei 3, infra Oct. Immac. Conc. – aus:
Schuster/Holzammer, Handbuch der Biblischen Geschichte, Bd. I, Altes Testament, 1910, S. 183 – S. 188
Liebe Grüße und ein friedliches, gesegnetes Weihnachtsfest und ein gesegnetes neues Jahr 2026, Blasius
1. Siehe, die Zeit ist nahe! Jesus will in deinem Herzen geboren werden. So bereite dich denn und tilge deine Sünden daraus durch eine reumütige Beicht, denn nimmer können Licht und Finsternis, Heiligkeit und Laster in einem Haus zusammen wohnen. Niemals wird Jesus in eine Seele einkehren, die durch eine schwere Sünde verunreinigt, durch eine böse Gewohnheit gefesselt, oder von Hoffart aufgedunsen ist. Er wollte von der reinsten und demütigsten Jungfrau empfangen und geboren werden. Und rein und demütig muss auch das Herz sein, das ihn empfangen und geistig gebären will. Darum ruft sein heiliger Vorläufer: "Bereitet die Wege des Herrn, und richtet seine Pfade . . . alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden."
2. Der göttliche Erlöser wird in der Schrift der Fürst des Friedens genannt, und eben dieselbe Schrift sagt im Psalm Davids auch: "Im Frieden ist seine Stätte!" Er wurde geboren, als die Welt im tiefsten Frieden war, und auch die Engel, die seine Geburt friedlichen Hirten verkündigten, sangen Gesänge des Friedens. Willst du ihn also empfangen, so besänftige deine Leidenschaften, bändige deinen Zorn, deine Heftigkeit, und habe Frieden mit Gott, mit dem Nächsten und mit dir selbst. "Was krumm ist, muss gerade, was ungleich ist, zu ebenen Wegen werden." Nur das Herz, das also gereinigt und zu einer Stätte des Friedens geordnet ist, wird das Heil Gottes schauen.
3. O Jesus, Erlöser meiner Seele, sende deine heilige Gnade mir entgegen, dass ich durch ihre Kraft mein Herz von allem reinige, was dir missfällt, dass sie meine Hoffart, meinen Zorn, meine Ungeduld, diese Quellen meines Unfriedens, mir ertöten helfe, und den Winden und Stürmen meiner Leidenschaften Stillschweigen gebiete, auf dass Friede werde in meiner Seele. Bereite dir selbst mein Herz zu einer Wohnstätte bei deiner heiligen Ankunft, und entferne daraus alle Hindernisse, damit ich den Kuss des Friedens von dir empfange, und koste und schaue, wie lieblich du, mein Gott und Heiland, bist. "Die Zeit seiner Ankunft ist nahe, und der Herr wird über Jakob sich erbarmen." (Jesaja 13,22 und 14,1)
Schaue, gnädigste Jungfrau, von deinem Himmelsthron herab und sieh ein einziges Mal voll Liebe uns an. Besänftige doch deinen göttlichen Sohn, der wider uns zürnt, und erringe uns Verzeihung. Es ziemt uns freilich nicht mehr, dass wir uns deine Kinder nennen, aber du fährst doch fort unsere Mutter zu sein. Darum breite deinen Mantel aus, uns zu umfangen. Erhöre unsere Stimmen und hilf uns, die wir gläubig vertrauen. Amen.
Zu Gott auf die Fürbitte der heiligen Viktoria
O Gott, verleihe uns auf die Fürbitte Deiner heiligen Jungfrau und Martyrin Viktoria die Gnade, dem Leib und der Seele nach heilig zu leben, und Dir, selbst durch die Vergießung des Blutes, unsere Liebe zu zeigen, durch Jesus Christus, unseren Herrn. Amen.
Zu Gott auf die Fürbitte des heiligen Servulus
O Gott, der Du den heiligen Servulus auf dem Weg der Armut und des Leidens zur herrlichen Wohnung der ewigen Glückseligkeit geführt hast, verleihe uns bei allen unseren Leiden Geduld, damit wir dadurch eben dieser Herrlichkeit würdig werden, durch Jesus Christus, unseren Herrn. Amen.
Andenken an die seligste Jungfrau
An vielen Orten der Christenheit, besonders an denen, wo die Kirchen und Bildnisse der seligsten Jungfrau in großer Verehrung stehen, wurden die sieben Tage vor Weihnachten unter dem Titel der Erwartung der Geburt mit großer und vielfältiger Andacht begangen. Je näher das hohe Fest der Weihnachten heranrückt, desto mehr nahm die Andacht bei gottseligen Menschen in solchen Orten zu. -
Die heilige Viktoria, Jungfrau und Martyrin von Rom,
+ 23.12.250 – Fest: 23. Dezember
Die heilige Viktoria wurde von ihren Eltern in der christlichen Religion erzogen und fasste den Entschluss, sich in unversehrter Keuschheit allein dem Herrn zu widmen und nie einen anderen Bräutigam als Jesus zu wählen. Gott hatte großes Wohlgefallen an ihrem frommen Lebenswandel und begnadete sie mit der Gabe der Wunder, infolgedessen sich viele Jungfrauen um sie sammelten, um von ihr die Wege des Heils kennen zu lernen. Da geschah es, dass ein Heide mit Namen Eugenius, angezogen von ihrer blühenden Schönheit, um ihre Hand warb. Als er aber nicht zum Ziel gelangen konnte, klagte er voll der Rachgier sie bei dem Richter des christlichen Glaubens an. Der versuchte umsonst alle Mittel, um sie dahin zu bringen, dass sie den Götzen opfere und Eugenius heirate. Fortwährend standhaft abgewiesen ließ er ihr schließlich mit einem Schwert das Herz durchbohren. Viktorias Martertod fällt in das Jahr 250, da der berüchtigte Christenschlächter Kaiser Decius regierte.
Aus anderer Quelle:
Viktoria, eine edle Tochter Roms, zart und schön an Leibesgestalt, aber zugleich auch ebenso edel und gottesfürchtig in Gesinnung und Wandel, wurde von ihren Eltern einem edlen Jüngling derselben Vaterstadt und gleichen Ranges, Eugen mit Namen, versprochen, der zwar noch ein Heide, jedoch rechtschaffener Aufführung war; weshalb Viktoria um so weniger ein Bedenken trug, dem Willen der Eltern zu folgen, weil die schöne Hoffnung vorhanden war, den Gespons für Christus zu gewinnen. Um diese Zeit bewarb sich auch Aurelius, ein edler Römer, in derselben Absicht um Anatolia, einer Jungfrau gleichen Adels, die aber wegen des Gelübdes der Jungfrauschaft dessen Hand geradezu ausschlug. Anatolia war eine Freundin der Viktoria. Diese wurde nun ersucht, bei Anatolia für Aurelius das Wort zu sprechen. Sie tat solches, weil sie glaubte, ein Werk der Freundschaft und Liebe auszuüben. Anatolia, fest entschlossen, eine Jungfrau zu bleiben, weil sie, durch Erleuchtung von oben, die Vorzüge der Jungfrauschaft wie auch die ihr verheißene Gnade erkannte, tat ihr Herz weit auf, und sprach in begeisternder Lobrede von der Würde und Vortrefflichkeit derselben zu einer innigeren Liebe Gottes, und setzte diese Worte bei: Nimmer soll das Wort der Schrift: "Wachset und mehrt euch; und erfüllt den Erdkreis," bei der Bevölkerung der Welt so streng genommen werden; wohl aber dagegen die Worte des Herrn: "Wachset im Glauben, mehret die Werke der Liebe Gottes und des Nächsten, und füllet den Himmel an." Rede, Beispiel und Gottes Gnade trafen das Herz der Viktoria, sie schloss sich als Jungfrau an Anatolia an, legte allen Schmuck ab, gab reichliches Almosen, und verzichtete auf den Ehestand. Eugenius, im Geist entrüstet, klagte die ihm Verlobte beim Stadtvogt über Untreue, Verschwendung und über ihr christliches Bekenntnis an. Alsbald wurde Viktoria gerufen, dem Brautwerber übergeben, und dann auf sein Landgut verbannt, wo sie hart und schmählich gehalten, mit Hunger gepeinigt wurde, und endlich, weil sie auf ihrem Vorsatz unerschütterlich beharrte, durch einen Dolchstich unter des Decius Verfolgung im Jahr 253 ihren Geist aufgab. Ihr Andenken wird am 23. Dezember gefeiert. -
Der heilige Servulus, Bettler und Bekenner von Rom,
+ 23.12.590 - Fest: 23. Dezember
Servulus war ein Zeitgenosse des Papstes Gregor des Großen. Von Kindheit an gelähmt, und zwar in dem Grad, dass er sich weder aufrecht halten, noch eine Hand zum Mund hin bewegen, noch auf seinem Lager ohne Hilfe von einer Seite zur anderen sich wenden konnte, lebte er von den milden Spenden der Barmherzigkeit. Die Seinigen trugen ihn täglich in den Vorhof der Kirche zum heiligen Clemens in Rom, wo er die Almosen der Vorübergehenden empfing. Von diesen Gaben ernährte er sich und seine ebenso arme Mutter, und was von dem notdürftigsten Unterhalt übrig blieb, teilte er an noch ärmere aus. Nicht selten sogar öffnete sich die Hütte des großherzigen Bettlers gastlich Pilgern und Fremden, die an den Türen der Reichen vergebens um ein Obdach gefleht hatten. Seine Leiden und Demütigungen wurden für ihn eine Quelle reicher Verdienste durch den guten Gebrauch, den er davon machte. Er zeigte sich als ein Muster der Geduld, der Ergebung und der Sanftmut. Ungeachtet seines elenden Zustandes hörte man aus seinem Mund nie einen Laut der Klage, geschweige denn des Zorns; vielmehr pries er Gottes Anordnungen dankbar bei Tag und Nacht. Er konnte nicht lesen, kaufte sich aber dennoch die heiligen Schriften und bat, so oft sich eine Gelegenheit ergab, gottesfürchtige Menschen zu sich, dass sie ihm daraus vorlesen möchten. Auf diese Weise lernte er den Inhalt der göttlichen Bücher vollkommen kennen und richtete sein Leben danach ein. Als seine Krankheit von den äußeren Gliedern sich auf die edleren Teile des Körpers warf und er das Herannahen seines Endes fühlte, rief er mitten in der Nacht die Pilger, welche eben damals als Gäste im Haus waren, an sein Lager und bat sie, die Psalmen anzustimmen. Sie taten es; nach einiger Zeit aber unterbrach er plötzlich den Gesang und rief aus: „Stille – Haltet ein! – hört ihr nicht den süßen Klang, der aus den Himmeln tönt?“ Vertieft in die Lieder der Engel, die sein innerer Sinn vernahm, gab er den Geist auf. Im selben Augenblick entquoll der Leiche ein unbeschreiblich süßer Wohlgeruch, der die Umstehenden mit Entzücken erfüllte und bis zur Beerdigung andauerte.
Man setzt den Tod des Heiligen in das Jahr 590. Gregor der Große, der in seinen Homilien dessen Geschichte erzählt, fügt die Bemerkung bei, dass sein ganzes Leben ein Verdammungsurteil für jene sei, die im Genuss einer festen Gesundheit und eines namhaften Vermögens keine Werke der Barmherzigkeit tun und das geringste Kreuz zu tragen nicht imstande sind.
Alt ist der Mann, der da im abgetragenen, zerfransten Priesterrock und in Schuhen, aus denen die Zehen vorwitzig hervorschauen, über die Berge der Alpen wandert auf Pilgerfahrt nach Rom. Mühsam zieht er Schritt für Schritt die Füße nach, als wären es Holzklötze. Es ist gut, dass der Pilger ins Träumen gerät, denn wenn er denkt und nachsinnt, merkt er nicht bei jedem Schritt, wie todmüde er ist.
Von weit her kommt er schon. Sechs Monate bereits dauert die Wanderung von Kenty bei Krakau in Polen, und weil er von Kenty kommt, nennen ihn die Lateiner Cantius, Johannes Cantius also. Sieben Paar Schuhe hat er bisher auf der Wallfahrt verbraucht, und für das achte Paar ist es längst an der Zeit. Aber wenn einer eine Pilgerreise macht, soll er, so meint der Alte, nicht allzu viel nach solchen Dingen fragen. Und bald ist er ja am Ziel, im Mittelpunkt der Welt, an Sankt Peters ruhmreichem und gnadenvollem Grab. Hell jubelt bei diesem Gedanken das Herz des Wallfahrers auf.
Es ist nicht das erste Mal, dass Johannes von Kenty nach Rom pilgert. Dreimal war er schon dort und einmal im Heiligen Land. Viel ist er gewallfahrtet in Hunger und Durst, in Kälte und Hitze, unter mancherlei Mühen und Beschwerden, aber gerne hat er es immer getan und alle Härten der weiten Fußwanderungen auf sich genommen zur Sühne für seine Schuld und weiß dabei nicht – was übrigens alle Heiligen nicht wissen –, dass er ein Heiliger ist.
Zur Sühne für seine Schuld! Welche Schuld? Oh, die Heiligen haben scharfe Augen und bemerken das Stäubchen auf der Waage, wo andere in ihrer Blindheit schwere Steine übersehen. War er, Johannes von Kenty, nicht Pfarrer in der großen Gemeinde Ilkusi gewesen mit der schweren Verantwortung für tausend unsterbliche Seelen? Weit mehr jedoch bedrückten den ehrwürdigen Priestergreis die langen Jahre seiner Lehrtätigkeit am Seminar zu Krakau, wo er Hunderte und Hunderte von Seelsorgern herangebildet hat. Ob er da wohl voll und ganz seine Pflicht erfüllt hat? Wie gesagt, Heilige sehen das Stäubchen auf der Waage, und deshalb wollte der Alte für seine Pflichtverletzungen durch die neue und wohl letzte Pilgerfahrt seines Lebens büßen. So denken die Heiligen, und diese Gedanken sind durchaus ehrlich bei ihnen.
He! Johannes von Kenty, weißt du denn nicht, dass du als Seelsorger mehr als nur deine Pflicht getan hast? Übersiehst du, dass du den Schülern im Seminar nicht nur umfangreiches Wissen, sondern in Wort und Beispiel auch, echte, tiefe, hingebende Frömmigkeit lehrtest? Denkst du nicht mehr daran, dass du oft nicht einmal das Nötigste zum Leben hattest, weil du alles verschenkt hast? Sogar die Schuhe von den Füßen und die Hose unter dem langen Priesterrock hast du weggegeben, wenn dich ein Armer auf der Straße anbettelte. Nicht einmal, zehnmal, zwanzigmal hast du solche außergewöhnlichen Werke der Nächstenliebe vollbracht, du alter Mann im Lumpenrock, du hochedler Ritter im Heer des Christkönigs!
Nein, an all das denkt der Träumende nicht, sondern er liegt plötzlich der längelang auf dem Weg. Das waren sicher Kinder, die ihn ärgern wollten und das Seil über den Weg gezogen hatten, das er übersah! Doch wenn es nur übermütige Kinder gewesen wären! Etwas ganz anderes war es, denn da ertönt ein Pfiff, und aus dem Gebüsch rechts und links treten Räuber. Sie umzingeln den Pilgersmann und rauben ihm den letzten Pfennig aus der Tasche. Und bevor sie sich wieder verziehen, brüllt der Räuberhauptmann den Ausgeplünderten an, ob das auch wirklich alles sei, was er bei sich hat. „Ja, alles, alles, alles“, entgegnet verstört der Gefragte und denkt im Augenblick nicht daran, dass ihm seine Schwester in ihrer vorsorglich klugen Art fünf Goldstücke in den Kleidersaum eingenäht hatte. Und nun ist es für Johannes von Kenty wirklich ein wahres Glück, dass ihm dies wenige Augenblicke später einfällt, denn da konnte er noch die Räuber zurückrufen und sich entschuldigen, und sie sollten doch nicht meinen, dass er sie angelogen habe, er habe wirklich nicht an die Goldstücke gedacht. Mit diesen Worten öffnet der Heilige den Kleidersaum und übergibt den Banditen auch die fünf Goldstücke.
Da solltest du die Gesichter gesehen haben! Der Räuberhauptmann sagte tief beeindruckt zu Johannes von Kenty:
„ Nun weiß ich wieder, dass es noch Gutes auf der Erde und einen Gott im Himmel gibt. Behalte dein Geld, und hier ist alles, was dir gehört, und bete für mich und für uns alle.“
Auf diese Worte musste natürlich Johannes von Kenty antworten, und so schmiedete er gleich das Eisen im Feuer, und zum Schluss der Rede folgten die Räuber dem Heiligen in die nächste Kirche, und da setzte sich der Mann Gottes in den Beichtstuhl, und die wilden Gesellen traten einer nach dem anderen hinzu. Was sie da in den Beichtstuhl brachten, das hatte wirklich Gewicht. Als Johannes von Kenty dann den letzten absolviert hatte und aufstand, sagte er leise, befriedigt und anerkennend vor sich hin:
„Wahrhaftig, das war eine Pilgerfahrt wert!“
Am 24. Dezember 1473 holte das Christkind seinen treuen Diener durch einen seligen Tod zur ewigen Belohnung heim, gerade recht zur Weihnachtsfeier im Himmel.
1. Ein Jünger Jesu Christi ohne gute Werke ist eine Lampe ohne Öl, die im Begriff ist zu erlöschen, - ein unfruchtbares Erdreich, das vom Fluch des Ackermanns getroffen, ein Baum ohne Frucht, der verurteilt ist, ausgehauen und ins Feuer geworfen zu werden. Wer da glaubt, und diesem Glauben nicht gemäß lebt, spricht sich selbst das Verdammungsurteil. Wurde nicht das Talent dem trägen Knecht hinweggenommen, der es vergraben hatte, und nicht damit wirkte? Wer nicht Gutes tut, tut dadurch selbst Böses, denn Unfruchtbarkeit ist im Christentum Ungerechtigkeit, und darum auch fluchte Jesus dem unfruchtbaren Feigenbaum, der nur Blätter, aber keine Früchte hatte, denn nichts bringt der Schmuck des Glaubens ohne die Frucht der Werke.
2. Man erkennt das Leben an der Bewegung. Ein Körper, der nicht mehr lebt, bewegt sich nicht mehr, also ist auch tot die Liebe, wenn sie ohne Tätigkeit ist. Ist aber einmal die Liebe erloschen, dann wird der Glaube sie nicht lange überleben. Denn das Herz verführt den Geist, die Eigenliebe besticht das Urteil, die Leidenschaft verblendet die Erkenntniskraft, und so verliert der Mensch, der nichts Gutes wirkt, die Liebe und den Glauben, versinkt in Gleichgültigkeit, und zuletzt in gänzlichem Unglauben, was vielen aus gerechter Strafe widerfuhr.
3. Ergeben wir uns guten Werken, und tun wir sie in reichlichem Maß. Tun wir sie im Stand der Gnade, mit Eifer und in der Absicht, Gott zu gefallen. Tun wir so viel Gutes, als wir früher Böses getan haben, die verlorene Zeit zurück zu erkaufen und Gottes Gerechtigkeit genug zu tun. Wofür soll der ewige Richter uns belohnen, wenn wir mit leeren Händen vor ihm erscheinen, da er so ausdrücklich spricht, "er werde jedem nach seinen Werken vergelten?" Eilen wir also, so lange uns noch Zeit dazu gestattet ist, denn schon ist die Nacht im Anzug, wo niemand mehr wirken kann. "Was nützt es, wenn einer sagt, er habe Glauben, aber es fehlen die Werke? Kann etwa der Glaube ihn retten? Der Glaube ohne Werke ist nutzlos." (Jakobus 2,14+20)
Allerseligste Jungfrau Maria, du lichtes und wolkenloses Vorbild aller Tugenden, unterweise uns doch, dass auch wir unser Leben mit all den Blumen himmlischer Tugenden ausschmücken, wodurch dein Leben selbst zu einem anmutigen Garten Gottes sich gestaltete. Dann werden wir auch vom Wohlgefallen deines Sohnes begleitet sein. Und wir werden, milde Mutter unseres Erlösers, als deine getreuen Pflegekinder, gewürdigt, seine getreuen Nachfolger und die Miterben seines Reiches zu werden. Amen.
Zu Gott
In stätem Blick auf Dich, o mein Gott, will ich dieses Leben durchwandern. Zwar mit Trübsal und manchem Kummer müssen meine Tage für das bessere Vaterland gewonnen werden. Wie oft fühle ich meine Schwäche und Sündhaftigkeit, wie oft die Gefahren, denen ich in diesem Ort der Verbannung ausgesetzt bin. Nur Deine schirmende Nähe kann mich aufrecht erhalten und bewahren vor dem ewigen Verderben. Aber entzünde Du in mir die himmlische Liebe, damit ich, wenn auch dem Leibe nach, auf Erden wohnend, stets im Geist mit Dir vereinigt bin. Amen.
Andenken an die seligste Jungfrau
An diesem Tag wurde im Jahr 1216 vom Papst Honorius III. der Predigerorden bestätigt. Sie wurden anfangs "Brüder von der Jungfrau Maria", danach "Brüder von dem Habit der Jungfrau Maria" genannt. Schließlich ist ihnen von der beständigen Ausübung des Predigtamtes der Name der "Prediger" geblieben. Dieser Orden war der Verehrung der seligsten Jungfrau besonders zugetan. Man hat bemerkt, dass die geistlichen Orden, die sich durch eine wahre Andacht zur seligsten Jungfrau Maria ausgezeichnet haben, in der katholischen Welt sehr weit ausgebreitet wurden. Gott wollte sie in dieser Andacht und im heiligen Religionseifer erhalten.
in Frankreich, Äbtissin der von ihr 660 gegründeten Abtei Avenay-Val-d’Or bei Épernay und Martyrin um 690
(Das Kloster wurde während der Revolution vollständig abgerissen)
Gumpert, Mönch und Martyrer
Bertha wurde in Avenay bestattet, Gumpert, der als Mönch am Meer starb, wurde im Jahr 950 dorthin überführt. Das Paar ruhte lange in einem gemeinsamen Sarkophag (der im 18. Jahrhundert noch vorhanden war), bis es in zwei silberne Särge umgebettet wurde.
Gumpert war ein Neffe (oder Schwager) Childerichs II. (+ um 675), merowingischer Frankenkönig. Bertha gehörte demselben edlen Geschlecht an, und beide hatten unter Anrufung Mariens gleich ihr in der Stille ihres Herzens dem Herrn ihre Jungfräulichkeit angelobt. Allein der Wille ihrer Familien und über allem der ausdrückliche Wille des Himmels, der sich in besonderen Erscheinungen diesen beiden gottesfürchtigen Seelen geoffenbart hatte, vereinigte sie im Bund der Ehe. Auch hierin war Maria ihr Vorbild, und ihre Herzen verschmolzen sich ineinander, um mit wechselseitiger Unterstützung in höherem Grad die Jungfräulichkeit des Leibes zu bewahren. Mitten im Taumel der Herrlichkeiten, den Genüssen des Reichtums, den Ausschweifungen eines entarteten Hofes, wussten sie die heldenmütigste aller Tugenden zu üben: schöne und liebenswürdige Hofleute in den Augen der Welt, blieben sie zugleich Engel vor Gott.
Nachdem die politischen Ereignisse den Thron Childerichs gestürzt hatten, entschlossen sich unter Pipin die beiden Gatten, die nun frei ihrem Drang folgen konnten, sich zu trennen, um sich in die Einsamkeit zurückzuziehen, und sich hier ausschließlich den Werken der Frömmigkeit zu widmen. Beide gründeten in Reims Klöster, Gumpert für Mönche, Bertha für christliche Jungfrauen, und Maria war die besondere Beschützerin in dieser letzteren Anstalt.
Eines Tages wurde Bertha von der Königin der Jungfrauen bei einer der vertraulichen Unterredungen, die sie mit ihr pflog, darauf aufmerksam gemacht, dass es mitten in einer volkreichen Stadt sehr schwierig sei, den Frieden der Einsamkeit zu finden, der doch unerlässlich ist für den süßen Verkehr mit Gott, der bei Lärm und Getümmel nicht zu finden ist. Sie bezeichnete ihr das Valdor (goldene Tal) von Avenay als eine Einsamkeit, wo ihr die reichlichsten Segnungen zu Teil werden sollten. Bertha machte sich sogleich auf, um den Ort zu suchen, den ihr Maria gezeigt hatte. Die Engel selbst führten sie dahin und übergaben ihr den von ihrer Königin genehmigten Plan des künftigen Klosters. Die Dienerin Mariens zögerte nicht mehr. Wie durch Zauber erhob sich der heilige Bau und die fromme Bertha sah, wie die Engel selbst mit Hand anlegten und die Werkleute unterstützten. Bald zog sie mit den gottesfürchtigsten ihrer Jungfrauen von Reims nach dem neuen Kloster hinaus, und das Tal wird fortan mit Recht den Namen Valdor tragen, denn es trägt auch in seinem Schoß das reinste Gold der christlichen Liebe.
Am Tag der Einweihung der neuen Anstalt erwählten Bertha und ihre Töchter, die sich nicht auf die übliche Weihe unter Anrufung Mariä beschränken wollten, die seligste Jungfrau feierlich zur Äbtissin des Klosters, und Maria verschmähte nicht, dieses Amt anzunehmen. In der darauffolgenden Nacht sah sich Bertha in den Entzückungen ihrer heiligen Liebe versenkt, allmählich von einem blendenden aber milden Licht umflossen. Dienstbare Engel stiegen in das Betzimmer herab, wo sie ihrer Andacht oblag, und errichteten hier einen Thron, den Maria mit allem Glanz ihrer Herrlichkeit in Besitz nahm. Sie war von dem strahlenden Hof der gottseligen Jungfrauen umgeben, deren weiße Lilienkränze einen lieblichen Wohlgeruch verbreiteten und in einem Glanz leuchteten, der noch lebhafter war als der himmlische Glorienschein der Engel. Mit dem Stab, dem Sinnbild ihrer neuen Würde, in der Hand, sprach Maria folgende liebreiche Worte zu Bertha:
„Liebe Tochter, ich nehme das Amt an, das du mir angeboten hast, und werde alle seine Pflichten erfüllen. Von dieser Stunde an bin ich auf eine ganz besondere Weise Mutter und Gebieterin meiner Töchter von Avenay. Ich selbst werde ihre Herzen bilden und sie bei jedem Vorkommnis beschützen. Mein Sohn ist zufrieden mit dir und wird seine Gnade mit meinem Beistand verbinden. Mit so kostbarer Hilfe werden meine Töchter rasch auf der Bahn der Vollkommenheit hinan schreiten. Mut! Tut was ihr vermögt und wir werden das Übrige tun.“
Nach diesen Worten schwebte die Königin der Jungfrauen wieder zum Himmel empor, und ließ die fromme Bertha in einem Strom der süßesten Tröstungen zurück, wofür sie ihren Dank durch reichliche Freudentränen bezeigte. Alsdann wusste sie durch ihre innigen Worte den Seelen ihrer Schwestern alles, was sie selbst empfand, mitzuteilen, und alle zusammen wandelten mut- und vertrauensvoll der höchsten Stufe der Heiligkeit entgegen.
Indessen fehlte dem Kloster noch ein wesentliches Erfordernis: das goldene Tal hatte kein Wasser, und Bertha setzte mit der rührenden Einfalt ihres vertrauensvollen Glaubens ihre himmlische Äbtissin in Kenntnis davon. „Suche eine Quelle“, ließ Maria ihr sagen, „und ich werde sie in mein Haus leiten.“ Bertha suchte längere Zeit und entdeckte endlich eine Quelle von großer Ergiebigkeit im Garten eines Privatmannes in Vertuelle, in beträchtlicher Entfernung von dem Haus. Da sie die Verheißung Mariens nicht anzweifelte, suchte sie den Eigentümer zu bewegen, seine Rechte auf diese Quelle an sie zu verkaufen. Und über einen solchen Antrag ganz erstaunt, fügt er sich am Ende in ihr dringliches Ansuchen, und tritt sie um den Preis von einem Pfund Silber an sie ab.
In ihrer Demut fürchtete Bertha, das Wunder, das sie von Maria erwartete, möchte ihr zugeschrieben werden, und vermochte deshalb einen bereits im Ruf der Heiligkeit stehenden Mönch, mit ihr an der Quelle zu beten. In der Tat knieten beide hier an der Quelle nieder, und als sie wieder aufstand, sprach die fromme Jungfrau: „Zeige uns dein Erbarmen, o Herr!“ Alsdann zog sie mit einem Stab eine leichte Furche von da bis Baldor. Sogleich beginnt das Wasser in dem Becken, wo es bis dahin geschlummert hatte, zu wallen, ergießt sich in die von Bertha gezogene Furche und grub sich bis Avenay ein Bett, das es seit dem nicht mehr verlassen hat. Bertha nannte das Bächlein Livre (Pfund).
1. Wenn du dem Dienst Gottes dich ergeben hast, so verzage nicht beim Anblick der Fehler deines verflossenen Lebens. Denn es wird nicht selten geschehen, dass alte Sünden und lasterhafte Gewohnheiten, Unrecht und Grausamkeiten, Unbesonnenheiten und Torheiten in deiner Erinnerung aufsteigen und dich nicht nur tief beschämen, sondern auch zur Verzweiflung reizen werden, als wäre es unmöglich, dass du Gott gefallen kannst, und als sei alles verloren. Dies kommt teils aus dem Schmerz der Eigenliebe, die Großes auf sich hielt, und nun genötigt ist, ihre Armseligkeit in ihrer ganzen Blöße zu schauen. Teils kommt es auch vom alten Widersacher, der den Menschen in Kleinmut zu stürzen sucht, um ihn in seine vorigen Laster zurückzustürzen.
2. Darum, wenn derlei Versuchungen dich bedrängen, so preise die ewige Güte, die ungeachtet so schwerer Unreinheiten, durch die du dein Leben befleckt hast, dennoch so sehr dich liebte, dass sie durch Einflößungen ihrer Gnade dich berief und auf den Weg des Lebens versetzte. Bedenke mit dankbarem Gemüt, wie lange und wie geduldig diese ewige Güte in Fehlern dich ertrug, bei deren Anblick du dir selbst unausstehlich bist. Und da die göttliche Langmut, die noch gar vieles andere in dir sieht, das dir verborgen ist, dich mit so großer Geduld ertrug, so lerne denn auch du selbst mit Geduld dich ertragen.
3. Bitter zwar und beschämend ist ein solcher Anblick, aber der Schmerz dieser Wunden ist ein Anzeichen baldiger Gesundheit. So lange der Mensch außerhalb seiner selbst umherschweift, sieht er den Schaden nicht, der unterdessen in seinem inneren Haus geschieht. Kehrt er aber in sich ein, und sieht sein Haus in dieser schmählichen Zerrüttung, dann sucht er alles auf die beste Weise wieder zu ordnen. Notwendig auch ist diese bittere Arznei, weil ohne sie der Mensch niemals zur wahren Demut gelangte. Wer aber auf solche Weise sich selbst wahrhaft erkennt, den wird das Lob der ganzen Welt nicht zu eitlem Wohlgefallen an sich verleiten. "Herr, deine Augen sahen, wie ich entstand, in deinem Buch war schon alles verzeichnet. Sieh her, ob ich auf dem Weg bin, der dich kränkt, und leite mich auf dem altbewährten Weg." Psalm 139,16+24)
Allerseligste Jungfrau Maria, wir bitten dich durch alle deine Verdienste, dass du unserer armen Seele doch nur einen kleinen Teil von ihnen schenken willst, auf dass sie, nach ihrer Fassungskraft mit ihnen gesegnet würde. O du Mutter der Barmherzigkeit, bewirke doch, durch den Beistand deiner Fürbitte, dass in unserem Innersten nur ein Bächlein fließe von dem Überfluss der von Gott dir verliehenen Gnaden, damit die große Leere unseres Herzens mit ihnen ausgefüllt, und unsere Seele gereinigt, und unsere Werke fortan vor dem lieben Gott als einigermaßen vollkommen erfunden werden. Amen.
Kirchengebet
O Gott, der Du zum Schutz des katholischen Glaubens den heiligen Petrus mit Tugend und Wissenschaft ausgerüstet hast, verleihe gnädig, dass durch seine Beispiele und Ermahnungen, die Irrenden zum Heiland zurückkehren und die Rechtgläubigen im Bekenntnis der Wahrheit verharren, durch Christus, unsern Herrn. Amen.
Andenken an die seligste Jungfrau
Am heutigen Tag im Jahr 1157 hat Papst Adrian IV. dem Abt des Klosters des heiligen Lambertus in Österreich die Erlaubnis gegeben, einem frommen Ordensmann seines Klosters an dem wilden Ort, wo nun die berühmte Wallfahrt zu Mariä Zell ist, die Besorgung der verlassenen Einwohner zu übertragen. Der nahm sein eine Elle großes hölzernes Mutter-Gottes-Bild mit sich, baute sich eine Zelle und eine kleine Kapelle, wo dieses Bildnis nach und nach verehrt wurde. Da aber im Jahr 1284 Heinrich, Markgraf von Mähren, mit seiner Gemahlin die ihnen beiden hergestellte Gesundheit, und der ungarische König Ludovicus im Jahr 1363 den wunderbaren Sieg gegen das unzählbare Heer der Barbaren der Fürbitte der seligsten Jungfrau an diesem Ort zu verdanken hatten, der Ruf seiner Wunderwerke auch sich täglich vermehrte, wurde die herrliche Kirche, die nun dasteht, gebaut, und dieses von der Zelle genannte Mariä-Bild zum Zufluchtsort der österreichischen Kaiser und Fürsten, wie auch des ganzen Landes bestimmt.
Als der wilde Strom der sogenannten Reformation sich verheerend über die deutschen und die angrenzenden Länder ergoss und das sonst so einige Deutschland spaltete und zertrümmerte, als der alte Glaube verspottet, die göttlichen und kirchlichen Gebote mit Füßen getreten, das hochheilige Opfer verworfen, von den heiligen Sakramenten nur ein Bruchteil beibehalten und alle Autorität missachtet wurde, trat ein Mann auf, der als Bollwerk des Glaubens dem verwüstenden Strom des Unglaubens und Irrglaubens sich entgegenstemmte und überall als rettender Engel die Sinkenden stützte, die Gefallenen aufhob und die Schwankenden zur Ausdauer ermunterte. Dieser hochverdiente Beschützer und Erhalter des katholischen Glaubens in vielen Ländern Deutschlands war Petrus Kanisius.
In demselben Jahr, in dem Luther durch seine offene Erklärung in Worms seine neue Lehre besiegelte, wurde Petrus Canisius am 8. Mai 1521 zu Nimwegen im damaligen zu Niederdeutschland gehörenden Herzogtum Geldern aus der Familie de Hondt geboren. Er studierte auf der Hochschule zu Köln Philosophie, Rechtsgelehrsamkeit und Theologie mit dem glänzendsten Erfolg. Frühzeitig weihte er sich Gott durch das Gelübde der ewigen Keuschheit und wurde am 8. Mai 1543 von Peter Faber zu Mainz in die Gesellschaft Jesu aufgenommen, die erst vor drei Jahren (27. September 1540) von Papst Paul III. als neuer Orden bestätigt worden war. Als Novize nach Köln zurückgekehrt, vollendete er mit Auszeichnung seine Studien, und verteilte das bedeutende Vermögen, das er von seinem verstorbenen Vater erbte, bis auf den letzten Pfennig unter die Armen und zu kirchlichen Zwecken.
Nach abgelegten Ordensgelübden und empfangener Priesterweihe widmete sich Kanisius mit großem Eifer der Predigt, der Christenlehre und Seelsorge und seine Leistungen setzten alle in Erstaunen. Damals war selbst der Kurfürst und Erzbischof von Köln, Hermann von Wied, von der neuen Lehre angesteckt und suchte Köln zum Protestantismus zu verleiten. Die Stadt, die Universität und Geistlichkeit sandten den noch jungen, aber höchst angesehenen Kanisius an Kaiser Karl V. nach Worms und bewirkte im Jahr 1547 die Absetzung des abtrünnigen Erzbischofs, wofür ihm die Bürger Kölns noch heute danken.
Während seines Aufenthaltes beim Kaiser lernte ihn der Bischof von Augsburg, Kardinal Otto Truchseß von Waldburg kennen und sandte den kenntnisreichen und seeleneifrigen Jesuiten zum allgemeinen Konzil nach Trient. Von dort zog er mit den Vätern nach Bologna, begab sich dann zum ersten Mal nach Rom, blieb fünf Monate lang bei dem Stifter seines Ordens, dem heiligen Ignatius von Loyola, um sich unter dessen Leitung im Ordensgeist zu vervollkommnen, und übernahm dann die Erziehung der Jugend zu Messina in Sizilien.
Der gute Herzog Wilhelm von Bayern erbat sich vom heiligen Ignatius einige Lehrer seines Ordens, um die Universität Ingolstadt im wahren Glauben zu erhalten. Kanisius wurde aus Messina abberufen und mit zwei anderen Jesuiten nach Ingolstadt geschickt. Auf der Rückreise wurde er zu Bologna zum Doktor der Theologie promoviert, und widmete sich als Professor der Dogmatik zu Ingolstadt mit solcher Auszeichnung, dass er bald zum höchsten Ehrenamt, zum Rektor der Universität befördert wurde (1549).
Im Jahr 1551 folgte Kanisius dem Ruf des Kaisers Ferdinand I. nach Wien, damit er dem Umsichgreifen der neuen Lehre in der Hauptstadt des Reiches steuere. Mehrere Klöster standen dort leer, die Priester wurden verhöhnt und verfolgt, seit 20 Jahren war kein Priester mehr geweiht worden, mehr als 300 Pfarren hatten keine Priester. Kanisius ging mit Gottvertrauen an das Riesenwerk. Als Lehrer der Theologie, als Hofprediger und Rektor des Kollegiums entwickelte er solche gesegnete Tätigkeit, dass er von Tag zu Tag an Zutrauen gewann, die Schwankenden im Glauben befestigte und viele Abgefallene wieder zur Kirche zurückführte. Die rührende Aufopferung, die er bei der ausgebrochenen Pest zeigte, während die protestantischen Prediger entflohen, erwarben ihm die Herzen des Volkes. Unter den Studenten führte er bessere Sitten ein, aus den Volksschulen verbannte er die ketzerischen Bücher, hielt eifrig Christenlehre für die Kinder, besuchte die Spitäler und Gefängnisse und wirkte durch Wort und Tat unsäglich viel Gutes.
Kaiser Ferdinand schätzte den frommen und gelehrten Jesuiten sehr hoch, zog ihn in den schwierigen Religionsangelegenheiten stets zu Rate, übertrug ihm die Abfassung eines größeren und kleineren Katechismus, den man den beiden von Luther verfassten entgegensetzen könnte, und bot ihm dankbar die bischöfliche Würde an. Kanisius schlug diese Würde entschieden aus, übernahm indes vier Jahre lang (1554-1558) die Verwaltung des Wiener Bistums. In kurzer Zeit war die Ordnung wiederhergestellt.
Vom heiligen Ignatius zum ersten Provinzial seines Ordens in Deutschland ernannt (1556), erwarb er sich um die Ausbreitung der Gesellschaft Jesu in Deutschland unsterbliche Verdienste. Als er nach Prag kam, um dort ein Kolleg zu gründen, wurde er von den Glaubensgegnern mit Kot und Steinen beworfen. Aber durch seine Geduld und Sanftmut entwaffnete er seine Gegner und gelangte bei ihnen zu solchem Ansehen, dass sie ihm ihre Söhne zur Erziehung anvertrauten.
Von Prag reiste Kanisius nach Bayern, um in mehreren Städten Kollegien zu gründen. In Augsburg warf sich ihm der Kardinalbischof Otto zu Füßen und wollte trotz des entschiedenen Widerspruchs sich nicht eher erheben, bis er dem Heiligen die Füße gewaschen hatte. Von den Protestanten wurde er vielfach begeifert und verleumdet, aber der Glanz seiner Tugenden, die Macht seiner Rede, die Liebe seines Herzens triumphierte über alle Angriffe. Predigend und segnend kam er nach Worms, Schletstadt, Breisach, Freiburg, ermunterte in Polen den schwachen König und die höhere Geistlichkeit zur Treue im Glauben und zur Abwehr der bereits stark um sich greifenden Irrlehre. Ihm ist es nächst Gott vorzugsweise zu danken, dass Polen bis heute katholisch geblieben ist.
Abermals wurde Kanisius zum Konzil nach Trient berufen und von ihm beauftragt, die Beschlüsse den deutschen Reichsfürsten zu überbringen. Als das geschehen war, reiste er wieder in verschiedene Städte, um den Glauben wiederherzustellen und es gelang seinen Mühen, Würzburg und Erlangen wieder im Glauben zu befestigen. Sieben Jahre lang versah er das Amt eines Hofpredigers zu Innsbruck und wünschte als alter Mann von 60 Jahren sich in die Verborgenheit zurückzuziehen, aber der päpstliche Nuntius in Luzern bat ihn dringend, in die Schweiz zu kommen, um dem verheerenden Umsichgreifen des Protestantismus zu wehren und ein Jesuitenkollegium in Freiburg zu gründen. Die betörten Bewohner der Stadt wollten nichts davon wissen, aber die Geduld und Festigkeit des gelehrten und heiligen Kanisius brachte das Werk zustande. Noch 17 Jahre arbeitete, betete, lehrte und litt er und hatte bei seinem Tod am 21. Dezember 1597 die Freude, dass kein Irrlehrer mehr im ganzen Kanton Freiburg wohnte. Bei seinem Tod entstand in der Stadt ein solches Weinen und Wehklagen, wie über ein allgemeines Unglück. Aus großer Verehrung küssten die Leute dem Leichnam Hände und Füße, berührten ihn mit ihren Rosenkränzen und schätzten sich glücklich, einige Haare oder ein Stückchen von seinem Kleid zu erhalten. Sein Leib wurde in der Jesuitenkirche zu Freiburg bestattet und durch viele Wunder verherrlicht. Am 20. November hat ihn Papst Pius IX. selig gesprochen, und am 21. Mai 1925 erfolgte durch Papst Pius XI. die Heiligsprechung und die Ernennung zum Kirchenlehrer. Unter den Schriften des heiligen Petrus Kanisius haben besonders seine beiden Katechismen jahrhundertelang die gesegnetsten Früchte getragen.
1. Die Zunge, die aufhört, einen Unschuldigen zu beschimpfen, gibt durch dieses Aufhören ihm keinen Ersatz für die zugefügte Schmach. Und die Hand, die aufhört zu schreiben, löscht dadurch das Geschriebene nicht aus. Also büßt auch die begangenen Sünden nicht ab, wer bloß aufhört zu sündigen. Schadete die Sünde dir allein, so lässt sie sich durch Reue, Tränen und geistige und körperliche Bußwerke tilgen. Schadet sie aber dem Nächsten, so muss der Schaden ersetzt werden. Wer dies zu tun unterlässt, der tut nicht, sondern er heuchelt Buße, denn nicht erlassen wird die Sünde, bis nicht der Schaden ersetzt ist, der dadurch angerichtet wurde.
2. Hast du den Nächsten um seine Ehre oder hast du fremdes Gut an dich gebracht, so bist du verpflichtet, beides zu erstatten. Eine Ungerechtigkeit wird nicht durch Almosen gut gemacht, eine Verleumdung nicht durch Gebet ersetzt, ein Raub nicht durch Fasten erstattet. Ersatz leisten musst du, und tun, was du wolltest, dass dir selbst geschähe. Dies, und nicht die Abneigung deiner Eigenliebe, ist hier die Richtschnur der Buße. Zurückführen musst du diejenigen, die du irre geführt, erbaue die, denen du Ärgernis gegeben hast, wenn du Verzeihung von Gott erlangen willst. Täusche dich nicht, denn die Sache ist wesentlich. Ahme lieber dem frommen Zöllner Zachäus nach, der seinen Wucher vierfach ersetzte.
3. Auch musst du die Gelegenheit zur Sünde meiden. Wer nicht fest entschlossen ist, sie zu meiden, dem ist es nicht ernst, die Sünde zu verlassen, und er belügt nicht nur sich selbst, sondern auch den Heiligen Geist. Ja, um wahre Buße zu tun, müssen wir auch die Sünde an uns selbst bestrafen, und durch Schmerz die Lust büßen, durch die wir Gott beleidigten. Gott hat an die Buße sein Recht übertragen, den Sünder zu bestrafen. Schont die Buße ihn, dann wird die Gerechtigkeit Gottes ihn nicht schonen. Bestraft ihn aber die Buße, dann wird seine Gerechtigkeit ihn nicht bestrafen. Doch muss dies alles unter der Leitung eines erleuchteten Führers geschehen, der die Stelle Gottes bei dir vertrete. Matthäus 3,8: "Bringt Frucht hervor, die eure Umkehr zeigt."
Heiligste Jungfrau Maria, zu dir, der Fürsprecherin und Hoffnung der Sünder, nehme ich meine Zuflucht. Ich wende mich an dich, o große Königin, und danke dir für so viele mir erwiesenen Gnaden. Bewahre mich auch in Zukunft unter deinem Schutzmantel, o Mutter der Barmherzigkeit. Und weil du so mächtig bei Gott bist, so befreie mich von allen Versuchungen, oder erhalte mir wenigstens die Kraft, sie bis zu meinem Tod zu besiegen. Von dir erbitte ich die wahre Liebe zu Jesus, von dir hoffe ich einen seligen Tod. Verlass mich nicht, bis du mich selig im Himmel siehst, wo ich dir danken und deine Barmherzigkeit die ganze Ewigkeit hindurch verkündigen werde. Amen.
Zu Jesus Christus
Wir bitten Dich, o Jesus, bewahre uns vor der Sünde, wenn wir auch mitten unter Sündern leben, der Du lebst und regierst, Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.
Andenken an die seligste Jungfrau
Zu Paris wurde im Jahr 1656 an diesem Tag die Bruderschaft von den sieben Schmerzen der seligsten Mutter Gottes durch offene Briefe des Königs eingeführt und bestätigt.
Auch ist am heutigen Tag in Italien im Jahr 1060 heilig verschieden, der berühmte Büßer Dominicus, mit dem Zunamen Loricatus, oder der Gepanzerte, weil er stets einen eisernen Panzer am Leibe trug, und ihn des Tages nur sieben Mal wegen einer scharfen Geißelung ablegte, unter der er den ganzen Psalter betete. Er war der Verehrung der seligsten Mutter Gottes ganz besonders zugetan.
Dominikus war der Sohn armer, aber sehr gottesfürchtiger Landleute aus dem spanischen Dörfchen Cannas und hütete in seiner Jugend die Schafe. Dieses Geschäft war freilich nicht geeignet, ihm eine höhere Bildung zu geben, aber mit dem frommen, sanften und unschuldigen Jungen war die Gnade Gottes, und wenn er auch in der Weisheit der Welt zurückblieb, nahm er umso mehr zu in der Wissenschaft des Heils. Allem Mutwillen sich enthaltend, der unter den jungen Hirten gang und gäbe ist, verwendete er seine Freizeit zum Gebet und zur Betrachtung der himmlischen Dinge. So entbrannte in ihm das Verlangen, dem Herrn mit Zurücksetzung aller zeitlichen Sorge in der Abgeschiedenheit zu dienen. Er beriet sich mit seinen Eltern, die meinten, es könne wohl der Geist Gottes dies ihrem Sohn eingegeben haben, und baute sich dann mit ihrer Zustimmung eine Klause im Wald. Dort brachte er mehrere Jahre in strenger Abtötung zu, und es wurde ihm, dem Ungelehrten, im beständigen Umgang mit Gott gar manches Geheimnis erschlossen, was den Doktoren der Weltweisheit ewig verborgen bleibt. Indes war es nicht seine Bestimmung, als Einsiedler zu sterben, denn der Herr wollte die Talente seines Dieners zum Besten der Menschheit benutzen. Deshalb gab er ihm ein, es sei ersprießlicher für ihn, auf dem Weg der Vollkommenheit in Gemeinschaft mit anderen und unter der Leitung eines weisen Oberen zu leben, als für sich nach eigenem Gefallen. Da verließ Dominikus seine Einöde und wallte zu dem benachbarten Kloster St. Ämilian, wo er auf sein Bitten unter die Jünger des heiligen Benedikt aufgenommen wurde. Dem scharfen Blick des Vorstehers entging nicht lange, dass der neue Bruder neben einer gereiften Tugend herrliche Geistesgaben besitze, denen aber noch die wissenschaftliche Ausbildung fehle, und er trug nun Sorge, dass diese Lücke ergänzt werde. In überraschend kurzer Zeit holte Dominikus die mangelnden Kenntnisse nach und wurde nun der Priesterweihe für würdig erachtet. In der Folge trat er sogar als Abt an die Spitze der Genossenschaft, und diese war unter seiner weisen und eifrigen Führung nahe daran, ihre höchste Blüte zu erreichen, als die Habsucht eines Großen der Welt mit roher Faust störend eingriff.
Den König Garcia von Navarra, in dessen Gebiet das Kloster lag, gelüstete es seit langem schon nach den Schätzen, die die Frömmigkeit der Gläubigen in der Kirche des heiligen Ämilian niedergelegt hatte. Ihrer habhaft zu werden, bestellte er den Abt zu sich und versuchte ihn anfänglich mit guten Worten zur Herausgabe zu bringen. Als aber Dominikus festen Sinnes erklärte, er wolle eher das Leben opfern, als auch nur einen Heller von dem Eigentum Gottes zu nehmen, schritt der verblendete Fürst zur Gewalt und sandte seine Kriegsknechte aus, das Kloster zu besetzen und die Mönche zu vertreiben. Diese suchten Zuflucht bei Ferdinand I., dem König von Kastilien und Leon, der sie bereitwillig aufnahm und ihnen das ehedem berühmte, damals aber in Verfall geratene Kloster Silos einräumte. Im Namen des Herrn bezog Dominikus mit seinen Gefährten die neue Wohnstätte und richtete sie bald wieder auf das Beste ein. Sein über ganz Spanien sich verbreitender Ruf zog viele heilsbegierige junge und selbst gereifte Männer herbei, um unter seiner Anleitung den Weg der Vollkommenheit zu betreten. Je reicher die Mönche von Silos an Tugenden wurden, desto mehr segnete sie der Herr auch im Zeitlichen, und das Einkommen des Klosters wurde in den 23 Jahren, während der Dominikus hier als Abt waltete, weit bedeutender, als es je gewesen war. Den Überschuss wendete der Heilige den Notleidenden aller Art, besonders den in der Gefangenschaft der Mauren schmachtenden Christen zu. Diese zu erlösen gab er nicht nur von dem Eigenen große Summen hin, sondern bettelte auch bei den Großen und Reichen ansehnliche Beisteuern zusammen. Daneben opferte er für sie Gott viele Gebete, heilige Messen und Bußwerke auf, und es war weniger das leibliche Elend, das auf den unglücklichen Sklaven lastete, als vielmehr die Gefahr, in der ihr Seelenheil unter den Ungläubigen schwebte, was ihn zu diesen Werken der Barmherzigkeit drängte. Bald erfuhren die Gefangenen, welch gütigen und besorgten Vater sie an Dominikus hätten, und viele setzten ein solches Vertrauen auf ihn, dass sie ihn, obwohl er noch lebte, wie einen schon verklärten Himmelsbürger um seine Fürbitte bei Gott anriefen. Die Chroniken des Benediktinerordens berichten, dass auf diese Weise mehrere wunderbarlich ihre Freiheit erhielten und dann zum Zeichen des Dankes ihre Ketten im Kloster des Heiligen niederlegten.
Wie im Leben, so war auch im Sterben der ruhmwürdige Abt den Seinigen ein Vorbild. Während seiner letzten Krankheit ließ er das Kruzifix fast nie aus den Händen, küsste es vielmals auf das Andächtigste und gab in Umarmung desselben den Geist auf – am 20. Dezember 1073.
1. Mit lauter Stimme ruft Johannes: "Tut Buße! Tut würdige Früchte der Buße!" Laut auch tönt die Stimme des Herrn: "Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe." (Matthäus 3) Abermals naht sich nun dieses himmlische Reich, die heilige Geburtsfeier unseres Erlösers, und darum ermahnt uns auch die Kirche zur Buße, damit wir das Heil Gottes in einem von Sünden gereinigten Herzen empfangen. Ganz besonders den Sündern gilt die Ankunft Jesu Christi, wie er selbst bezeugt: "Ich bin nicht gekommen, die Gerechten, sondern die Sünder zur Buße zu berufen." Ja seine Gnade lässt auch nicht nach, an ihren Herzen zu pochen, sie zu erschüttern und so lange zu drängen, bis sie, wofern sie nicht gänzlich erhärtet sind, seiner liebreichen Ermahnung sich ergeben.
2. Wie lange also werden wir dieser Stimme unseres Herrn noch widerstehen? Schrecklich sind seine Gerichte über die Unbußfertigen. Er droht, sie auf ewig von seinem Angesicht, in die feurigen Kerker seiner Gerechtigkeit, in die Gesellschaft der höllischen Geister zu verstoßen, und verlängert auch nur darum aus unbeschreiblicher Barmherzigkeit ihr Leben, damit sie sich endlich bekehren. Denn nicht den Untergang des Sünders will er, sondern sein Heil. Und hegt der Sünder, von Zerknirschung bewegt, ernsthaften Willen zur Besserung, so kommt er mit freundlichem Trost ihm entgegen, kräftigt seinen Vorsatz, und hilft ihm selbst seine Buße vollbringen. Denn unendlich ist die Güte seines liebreichen Vaterherzens.
3. So unterwerfen wir uns denn der Majestät unseres Gottes und erfüllen wir in demütigem Gehorsam seinen Willen, den er durch seine heilige Kirche uns offenbart. Reinigen wir unser Herz von fleischlichen und weltlichen Begierden, und schmücken wir es durch Unschuld und Enthaltsamkeit, durch Sanftmut und Barmherzigkeit, damit er, durch den Wohlgeruch dieser Tugenden angezogen, bei seiner Ankunft in das Herz einkehre, die neuen Gnaden, die er mitbringt, hinein ergieße, und zu seiner zweiten Ankunft zum Gericht uns erneuere. Denn wer nun mit seiner Gnade sich dazu vorbereitet, wird dann nicht zittern, sondern er wird im Jubel in die Freude seines Herrn eingehen. "Ja, ich komme bald. - Amen. Komm, Herr Jesus!" (Offenbarung 22,20)
Wir loben und preisen den Herrn, dass er dich, o Gebenedeite, uns zur Mutter gegeben und dein heiliges Herz mit so vollkommener Liebe ausgeschmückt hat. Wir schenken dir unseren Leib und unsere Seele und übergeben dir alles, was wir an Freud und Leid, an Hoffnung und Bedrängnis haben. Unsere Gebete und Lobgesänge vereinigen wir mit denjenigen, die in diesen Tagen von allen frommen Christen verrichtet werden, und mit den Lobgesängen der heiligen Engel. Wir erbitten uns nur die eine Gnade, dass wir dir und deinem Sohn bis zum Tod treu verbleiben und dann das unaussprechliche Glück haben, mit allen Engeln und Heiligen im Himmel dir zu danken, dich zu loben und zu lieben und mit dir Jesus Christus, deinen Sohn, unseren Herrn. Amen.
Andenken an die seligste Jungfrau
Als Papst Urban V. wegen besonderer Angelegenheiten von Rom wieder nach Avignon zurückkehren wollte, wurde er unter anderem auch von der heiligen Brigitta abgemahnt, mit dem Hinweis, die seligste Jungfrau habe ihr geoffenbart, er würde zu Avignon gleich sterben. Da aber ungeachtet dessen der Papst um diese Zeit im Jahr 1370 seine Reise dorthin antrat, hat er bald nach seiner Ankunft am 24. Dezember des nämlichen Jahres zu Avignon wirklich sein Leben beschlossen.
Timotheus, zu Deutsch „Fürchtegott“, wurde im Flecken Perape in der ägyptischen Thebais geboren. Mit Recht trug er den schönen Namen Fürchtegott, denn die heilige Gottesfurcht, die seine frommen Eltern ihm frühzeitig ins Herz gepflanzt hatten, war die Richtschnur seines Lebens. Unter der Obhut dieser schönen Tugend brachte er seine Kindheit in lauterer Unschuld zu. Der Glaube an Jesus und die Liebe zu ihm, so er mit der Muttermilch eingesogen hatte, war sein größter Schatz, die heiligen Schriften zu lesen und zu betrachten seine Freude. Vom Bischof deshalb zum Lektor gewählt, erbaute er alle seine Glaubensgenossen durch sein tugendhaftes Leben, und seinen heiligen Eifer für die Ausbreitung des heiligen Glaubens machte ihn auch den Heiden bekannt. Erst drei Wochen mit einer 17jährigen frommen Jungfrau, Maura mit Namen, vermählt, wurde er vor den Statthalter der Provinz gerufen. Kaiser Diokletian hatte seine grausame Christenverfolgung begonnen. Im ganzen Römerreich sollte der christliche Name vertilgt werden. Timotheus wurde als eifriger Christ angegeben und vom Statthalter aufgefordert, den Herrn Jesus zu verleugnen.
Festen Mutes entgegnete ihm Timotheus, dass er dies nie tun werde. Da gebot ihm der Statthalter, die heiligen Bücher auszuliefern. Timotheus gab ihm die schöne Antwort: „Die christlichen Bücher sind meine lieben Kinder. Wäre ich nicht ein Unmensch, wenn ich meine Kinder den Mördern in die Hände liefern würde?“ (Den Lektoren waren die heiligen Bücher zur Aufbewahrung anvertraut.) Voll Zorn über diese Antwort befahl der Tyrann, dem heiligen Bekenner glühende Eisen in die Ohren zu stecken. Furchtbar war der Schmerz, aber Timotheus wankte nicht. Mit lauter Stimme hob er an, Gott den Herrn zu loben. Wütend hierüber, ließ ihn nun der Statthalter an eine Säule hängen, ihm einen Stein an den Hals binden und einen Knebel in den Mund stecken, damit er den Gott der Christen nicht mehr lobpreisen könne.
Während der heilige Märtyrer solche unmenschliche Pein litt, hinterbrachte man dem Statthalter, dass Timotheus erst seit drei Wochen mit einer jungen Frau, die er sehr liebe, verehelicht sei. Alsbald kam der Tyrann auf den Einfall, diese junge Gattin rufen zu lassen, um durch sie ihren Gatten zum Verrat zu bewegen. Maura kam. Der Statthalter nahm sie beiseite und drang bald schmeichelnd, bald drohend in sie, ihren Gatten dahinzubringen, dass er wenigstens zum Schein den Göttern opfere. Würde sie ihn dazu bewegen, so erhielte er die Freiheit, sonst müsse er des grausamsten Todes sterben. Maura, zitternd und bebend über das, was sie gehört hatte, vom tiefsten Schmerz ergriffen über die Leiden ihres lieben Gatten, den sie überaus liebte, und von Angst und Furcht, ihn durch den Tod zu verlieren, ganz betäubt, ließ sich überreden. Timotheus wurde von der Säule losgebunden und ihm der Knebel aus dem Mund genommen, damit er mit seiner Gattin reden konnte. Und sie versuchte ihn wirklich zu bewegen, dem Statthalter zu gehorchen. Wie sehr erschrak Timotheus über das Verhalten seiner Frau! Er liebte Maura zwar aufrichtig und herzlich, aber mehr noch als sie und alles Jesus Christus, seinen Heiland. Voll heiliger Entrüstung sprach er daher zu ihr: „Wie, Maura! Bist du eine Christin und eine christliche Frau oder eine Heidin? Ist das die Sprache eines Menschen, der im christlichen Glauben erzogen wurde? Du solltest mir vielmehr zureden, dass ich mutig leide und ausharre bis ans Ende, und nun willst du mich zum Verrat an Jesus bewegen? Soll ich wegen einer kurzen Glückseligkeit auf der Welt die ewige Seligkeit im Himmel verscherzen? Oder um einer bald vorübergehenden Marter zu entgehen, mich leichtfertigerweise in die ewige Pein der Hölle stürzen?“
Von der Kraft dieser im heiligen Ernst gesprochenen Worte im Innersten erschüttert, fiel Maura ihrem Gatten zu Füßen und sprach voll Reue über ihre Untreue dem Heiland gegenüber: „O mein Timotheus! Was soll ich tun, um meinen begangenen Fehler zu büßen?" "Gehe zum Statthalter“, sprach Timotheus, „und sage ihm, dass du, anstatt deinen Gemahl zur Verleugnung des Glaubens zu bringen, selbst bereit bist, mit ihm deshalb alle Marter zu leiden“. Maura wankte. Noch hatte die Liebe Christi nicht über die Liebe zu ihrem Gatten gesiegt. Entsetzt über das Verlangen ihres Mannes, sprach sie: „Ach, ich bin noch jung, erst 17 Jahre alt, schwach von Natur aus. Ich wage es nicht, dem Tyrannen unter die Augen zu treten, viel weniger die harte Marter zu erdulden!“ Doch Timotheus, bereit, dem Heiland alles zum Opfer zu bringen, sprach zu ihr: „Maura! Erinnere dich an Felizitas und ihre sieben Söhne, von der du gehört hast, gedenke der zarten Jungfrauen Agnes und Cäcilia, von denen du gelesen hast! Waren sie stärker als du? Und doch haben sie ihr Blut für Jesus hingegeben, und du fürchtest dich, ein Gleiches zu tun? Wird Christus dich nicht stärken im Kampf? Siehe, die Krone winkt. Bald sind wir bei Jesus ewig vereint!“ Bei diesen Worten fiel er auf die Knie und betete, und während des Gebets fühlte Maura jede Furcht schwinden. Ja, es erwachte in ihrem Herzen sogar ein heftiges Verlangen, für Christus mit ihrem Gatten zu sterben.
Ohne Verzug begab sie sich zum Statthalter und erklärte ihm festen Mutes, dass sie ihren Gemahl nicht zum Verräter machen wolle, und auch sie bereit sei, für ihren heiligen Glauben Blut und Leben hinzugeben. Der Statthalter sah sich in seinem Plan getäuscht. Von Wut wie außer sich, ließ er der jungen Frau den Schleier vom Haupt ziehen und ihr alle Haare aus dem Kopf reißen. Damit noch nicht zufrieden, befahl er, ihr die Finger abzuschneiden und sie in einen mit siedendem Wasser gefüllten Kessel zu werfen. Doch Gott erhielt sie wunderbar am Leben. Nun ließ er sie mit brennendem Pech und Schwefel peinigen, ohne ihr jedoch einen Klagelaut zu entlocken. Endlich gab der Tyrann den Befehl, beide Ehegatten an das Kreuz zu schlagen, und zwar so, dass beide am Kreuz hängend, einander zu ihrer größten Qual anschauen sollten. Doch gerade dieser Umstand gereichte ihnen zum größten Trost. Das Urteil wurde vollzogen, die beiden Märtyrer hingen am Kreuz. Entsetzlich war ihre Pein. Aber beide munterten sich zuerst mit Worten, und als sie vor Schmerz und Schwäche nicht mehr reden konnten, mit Blicken zum standhaften Ausharren und zum Vertrauen zu Jesus auf. Und so blieben sie am Kreuz hängen, bis sie wie Jesus ihr Haupt neigten und starben. Es war am 19. Dezember des Jahres 305, als Timotheus und Maura in ewiger Liebe vereint eingingen zur himmlischen Hochzeit des Lammes Jesus.
Beide Märtyrer werden abgebildet Arm in Arm, ein Kreuz umschlingend.
1. "Wer bist du?" So fragten die Abgeordneten der Juden den heiligen Täufer Johannes. Was aber antwortete dieser demütige Vorläufer des Messias? Füglich konnte er sich Elias, einen Propheten, und mehr als einen Propheten, er konnte den Engel sich nennen, von dem die Schrift geweissagt hatte, er würde vor dem Herrn hergehen. Er aber nannte sich eine Stimme. Was ist aber eine Stimme? Ein Schall, der tönt und verklingt. Wie tief beschämt doch die Demut der Heiligen unseren Hochmut, die wir immer mehr scheinen wollen, uns immer für besser ausgeben, als wir sind, und über diejenigen uns erbittern, die eine eingebildete Ehre uns versagen, die uns oft nicht einmal nach menschlichen Verhältnissen gebührt.
2. "Wer bist du?" Ach, mein Gott, soll ich die Wahrheit bekennen, sagen muss ich dann: Nichts bin ich durch mich. Ein Sünder bin ich, der, wenn deine unendliche Barmherzigkeit seiner nicht geschont hätte, längst im ewigen Feuer, ein Raub der endlosen Verzweiflung, ein Gefährte der schrecklichen Gespenster der Hölle wäre. Ein elendes, ohne Unterlass zum Bösen geneigtes Geschöpf bin ich, das nichts Gutes aus sich vermag, ein wankendes Rohr, das vom Wind jeder Leidenschaft hin und her bewegt wird, ein unreiner Mensch, der vor Schande sich verbergen müsste, wenn die Werke seiner Finsternisse bekannt würden. Und dabei bin ich von Eitelkeit aufgedunsen, und fordere Ehre von den Menschen.
3. Herr, erbarme dich meiner. Siehe, barmherziger Arzt, ich habe meine Wunden dir offen bekannt. Heile sie, und lass das Opfer meiner Demütigung dir gefallen. Verleihe mir bei deiner heiligen Ankunft die Kraft, "den alten Menschen abzulegen und den neuen anzuziehen, der nach Gott erschaffen ist in Gerechtigkeit und Heiligkeit." (Epheser 4,22-24) Verleihe mir den Geist der Buße, dass ich die Verachtung der Menschen ohne Murren ertrage, auf den Spuren deiner heiligen Demut gehe, mein Kreuz täglich auf mich nehme und dir nachfolge, damit ich durch deine Barmherzigkeit die Verzeihung meiner Sünden erlange und deinen Auserwählten beigezählt werde. "Überschätze dich nicht vor dem Volk; bedenke, dass der Zorn nicht ausbleibt. Demütige deinen Stolz ganz tief, denn was den Menschen erwartet, ist die Verwesung." (Jesus Sirach 7,16-17)