Der hl. Alfons Maria von Liguori über
die Seele im Himmel
aus : "Die Liebe zu Jesus Christus"
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Sobald eine Seele in den Himmel eingeht und in dem
Lichte der Glorie die unendliche Herrlichkeit und Schönheit Gottes ohne Hülle und Schleier schaut,
wird sie von Liebe ergriffen und verzehrt;
sie geht unter in dem schrankenlosen Meere der göttlichen Vollkommenheit;
sie vergißt sich selbst, und von der göttlichen Liebe berauscht,
denkt sie nur mehr daran, ihren Gott zu lieben:
"Sie werden trunken werden vom Überfluß deines Hauses" (Ps 35, 9).
Ein Trunkener achtet nicht auf sich selbst,
und so denkt auch die Seele im Himmel nur daran,
ihren Geliebten zu lieben und Ihm zu gefallen;
sie wünscht Ihn ganz zu besitzen, und besitzt Ihn in der Tat ohne die Furcht,
Ihn je verlieren zu können;
sie wünscht, sich Ihm in vollkommener Liebe hinzugeben,
und sie erreicht, was sie wünscht,
weil sie sich in der Tat in jedem Augenblick Gott ganz und ohne Vorbehalt hingibt:
und Gott wiederum umfängt sie mit unendlicher Liebe und hält sie liebend umfangen und wird sie umfangen halten durch die ganze Ewigkeit.
Und so ist die Seele im Himmel ganz mit Gott vereinigt,
sie liebt Ihn aus allen Kräften mit einer vollkommenen und vollendeten Liebe,
mit einer Liebe, die zwar endlich ist,
weil kein Geschöpf einer unendlichen Liebe fähig ist, die aber dessen ungeachtet sie so vollkommen sättigt und beseligt, daß ihr nichts zu wünschen übrig bleibt.
Gott dagegen teilt sich der Seele mit,
Er erfüllt sie mit seiner Liebe und mit seiner Herrlichkeit,
insoweit sie es nach Maß ihrer Verdienste fähig ist.
Er vereinigt sich mit ihr
nicht bloß
durch einzelne Gnadengaben, Erleuchtungen und Liebesbezeigungen,
wie er sich hier auf Erden mit den Seelen vereinigt,
sondern in seiner Wesenheit.
Gleichwie das Eisen im Feuer glühend und leuchtend wird und sich in Feuer zu verwandeln scheint,
so wird die Seele von Gott durchdrungen und mit Gott erfüllt.
Und obwohl sie ihr eigentümliches Sein nicht verliert, so versinkt sie doch dergestalt in dem grundlosen Meere der göttlichen Wesenheit, das sie sich gleichsam vernichtet fühlt,
wie wenn sie es nicht mehr wäre.
Dies ist das selige Los, das der Apostel seinen Jüngern wünschte:
"Daß ihr erfüllt werden mögt mit aller Fülle Gottes" (Eph 3,19).
Und dies ist das letzte Ziel, das uns Gott in seiner unendlichen Güte vorgesetzt hat,
und das wir in dem anderen Leben erreichen sollen.
So lange daher eine Seele nicht dahin gelangt ist,
sich mit Gott im Himmel zu vereinigen,
wo die Vereinigung vollkommen ist,
kann sie hier auf Erden ihre volle Ruhe nicht finden.
Allerdings finden Gott liebende Seelen
in der Gleichförmigkeit mit dem Willen Gottes
den Frieden,
aber nicht die volle Ruhe;
denn diese können sie nur erlangen,
wenn sie ihr letztes Ziel erreicht haben,
wenn sie Gott von Angesicht zu Angesicht schauen
und von dem Feuer der göttlichen Liebe durchdrungen und verzehrt werden.
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Zitate des hl. Alphons v. Ligouri:
Zitate des hl. Alphons Maria von Liguori
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