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20. Oktober Heiliger Johannes Cantius (von Kanti), Bekenner (Geradheit)
20. Oktober Heiliger Johannes Cantius (von Kanti), Bekenner (Geradheit)
in Unsere Fürsprecher 20.10.2019 09:13von Blasius • 3.929 Beiträge
Vor vierhundert Jahren studierte auf der Universität zu Krakau ein Student, welcher durch Talent, Fleiß, Frömmigkeit und Tugend leuchtete wie ein Stern, und doch so bescheiden war wie ein Veilchen. Er wurde Priester und Professor in derselben Stadt; hierbei war in seinem ganzen Verhalten der Ausspruch des heiligen Ambrosius seine Richtschnur: „Wichtiger als die Gelehrsamkeit ist das Leben; denn ein gutes Leben ist auch ohne Gelehrsamkeit angenehm vor Gott; hingegen Gelehrsamkeit ohne entsprechendes Leben ist unvollständig.“ Darum suchte Johann von Kanti, so hieß dieser Lehrer, mit größtem Eifer das selbst zu üben, was er lehrte und seinen Schülern ans Herz legte. Weil aber seiner Demut der Rang und das ansehen, worin er stand, lästig war, so machte er manchmal Reisen und kleidete sich dabei wie ein ganz gemeiner Mensch, um auch Verachtung und Beschimpfung, was er zu Haus nicht fand, auswärts aufzusuchen.
Einmal wollte er nach Rom reisen, und machte sich nach seiner Gewohnheit zu Fuß und allein auf den Weg. Plötzlich springen Räuber auf ihn los, schlagen ihn und nehmen ihm sein Reisegeld; dabei drohen sie ihm mit demTod, wenn er nicht von selbst Alles heraus gebe. In der Bestürzung hatte aber Johann nicht daran gedacht, daß er aus Vorsicht einige Goldstücke in die Kleider eingenäht habe, und sagte deshalb, er habe nichts zurück behalten. Als er nachher vom ersten Schrecken sich erholt hatte, fiel ihm erst sein verborgenes Gold ein, und es erfüllte ihn mit bitterem Schmerz, daß er den Räubern eine Unwahrheit gesagt habe. Mit eiligen Schritten lief er ihnen nach, rief ihnen aus der Entfernung, sie möchten warten, und als er sie erreicht hatte, bekannte er kniefällig, er habe gelogen und Gottes Zorn verdient. Er reichte ihnen alles Gold hin, das er aus Vergesslichkeit zurück behalten hatte. Die Räuber erstaunten über eine solche Einfalt und Unschuld, ihre harten Seelen wurden gerührt, wie ein Schneefeld aufgetaut, wenn lauer Westwind geht und die Frühlings-Sonne aus den Wolken tritt. Sie werfen sich selber dem heiligen Mann zu Füßen, geben ihm Alles zurück und bitten ihn um Verzeihung.
Was hier in dieser Geschichte geschah, daß die Taubeneinfalt des heiligen Mannes gerade sein wahrer Vorteil wurde, das geschieht auch im Allgemeinen und in ganzen Lebensschicksalen auf der Welt. Zu einem Beamten, der mir als wahrer Christ bekannt ist, sagte einmal sein Schwager, ein durchtriebener schlauer Mann, wenn man in der Welt durchkommen wolle, müsse man recht gescheit und pfiffig sein. Er verstand aber unter dieser Gescheitheit besonders auch Lügen und Verstellung. Der Beamte antwortete ihm: Nein, im Gegenteil, man kommt am besten durch, wenn man einfältig ist. Hernach hat das Schicksal beider Männer gezeigt, wer Recht hat. Der erstere ist auf seinen schlauen krummen Wegen in Armut und Verachtung gekommen; und dem Andern und seiner Familie ist es mit seiner Aufrichtigkeit und Geradheit in allen Beziehungen sehr gut ergangen. Wer sein Reden und sein Benehmen immer nach dem Wind richtet, d. h. wie er meint, daß es ihm Gunst der Leute und Vorteil bringen werde: der verwickelt sich gewöhnlich in sein eigenes Strickwerk und stürzt. Hingegen wer einfach sein Tun und Lassen nach dem sucht, was vor Gott recht ist, ohne viel darnach zu fragen, wie es die Leute aufnehmen: der wird oft von der Welt einfältig und dumm gescholten, zuletzt aber gewinnt er die Achtung und das vertrauen der Welt selbst und das Wohlwollen und den Segen Gottes.
Der heilige Johann von Kanti war gewöhnt täglich die heilige Messe zu lesen. Nun aber bekam er manchmal Besorgnis, er dürfe nicht zum Altar treten, weil er als Professor zu heftig eine Wahrheit verteidigt oder zu stark einen Fehler gerügt habe. Da hatte er nun keine Ruhe, bis er die Betreffenden aufgesucht und demütig um Verzeihung gebittet hatte. Er machte sich auch selbst folgenden Vers und schrieb denselben in seinem Zimmer mit einer Kohle an die Wand, als fortwährende Mahnung:
Conturbare ccave, non est placare suave;
Diffamare cave: nam revocare grave.
Hüte dich zu kränken, denn beschwichtigen it nicht angenehm;
Hüte dich an der Ehre anzugreifen, denn widerrufen ist schwer.
Nach einiger Zeit wurde Johann als Pfarrer nach Ilkusch gesetzt. Hier nun erfüllte er alle Pflichten eines guten Hirten auf das vollkommenste. Durch die Heiligkeit seines Wandels und das verkündigte Wort Gottes weckte er bei seinen Pfarrkindern Eifer für Religion und Tugend. Sehr viele entsagten dem Laster, tilgten die Flecken ihrer Sünden, legten die schlechten Gewohnheiten ab, legten sich schwere Bußübungen auf und ahmten das herrliche Tugendbeispiel ihres Seelsorgers nach. Allein sein zartes Gewissen hielt die Seelsorge für ein allzu gefährliches Amt; er wollte deshalb lieber wider zu seinem früheren Lehrberuf zurück treten.
Aber auch als Professor war er sehr streng gegen sich; er machte eine Wallfahrt nach Jerusalem und einige Male nach Rom, und dies zwar zu Fuß, wie er selbst sagte, um die Strafen, welche ihm im Fegefeuer gebührten, dadurch abzubüßen. Dreißig Jahre lang vor seinem Tod enthielt er sich von allem Fleisch; einmal wurde er aber von heftiger Begierde nach Fleisch versucht. Da nahm er ein brennend heißes Stück Fleisch vom Bratspieß, drückte dasselbe in das Gesicht und schlug damit, indem er sagte: „Du Fleisch hast Fleisch begehrt, sättige dich jetzt am Fleisch.“ Von nun an war er für immer frei von Gelüsten nach Fleisch.
Seine Besoldung, welche er als Professor hatte, teilte er so mit den Armen, daß er nur den kleinsten Teil für sich zum Lebensunterhalt behielt. Ja oft beraubte er sich selbst des Notwendigsten, um den Armen Kleider, Schuhe oder sonstigeBedürfnisse anzuschaffen. Namentlich hatte er die Gewohnheit, daß er die eigenen Schuhe auszog und herschenkte, wenn er Armen begegnete, die deren entblößt waren. Er selbst ließ dann seinen Mantel bis zum Boden herab, damit man es nicht bemerkte, wenn er barfuß nach Hause ging.
Einst saß der heilige Mann mit einigen Studenten, die seiner Aufsicht übergeben waren, zu Tisch; es war zur Zeit, wo er noch Fleisch aß. Er teilte nun jedem Fleisch zu, und behielt für sich das letzte noch übrige Stück. Da hörte er einen Bettler an der Türe; alsbald ließ er ihm seine eigene Portion geben. Da wurden die andern Tischgenossen besorgt, daß er nun nichts zu essen habe. Auf einmal sehen Alle mit Erstaunen, daß das nämliche Stück Fleisch, welches er hergegeben hatte, wieder vor ihm auf dem Teller lag. Der heilige Mann nahm es mit Freuden an als ein Geschenk der göttlichen Vorsehung und verspeiste es mit Dank gegen den Herrn. Dieses wunderbare Ereignis wurde die Veranlassung zu einem schönen Gebrauch, welchen die Professoren des Kollegiums in Krakau zum Andenken daran einführten. Sie haben nämlich die Regel festgesetzt, täglich einen Armen, oder Christus in Gestalt des Armen, an ihrem Tisch als Gast zu haben. Und wenn ein Armer an der Türe ihres Speisesaales erscheint, so muss immer einer der Knaben, welche am Tisch aufwarten, es dem Vorsitzenden melden mit den Worten: „Ein Armer kommt.“ Und jener nimmt die Meldung mit Ehrerbietung auf, indem er sagt: „Christus kommt.“ Sodann wird dem Armen liebevoll eine Gabe dargereicht. Auch haben die Professoren dort in Nachahmung des heiligen Johann von Kanti einen Fonds angelegt, mit der Bestimmung, daß jährlich Armen daraus Kleider angeschafft werden.
Da nach dem Tod des gottseligen Mannes sehr viele wunderbare Heilungen auf seine Anrufung geschahen, so wurde eine genaue Untersuchung über sein Leben und vorgefallene Wunder angestellt, wonach er feierlich heilig gesprochen wurde. In dem Erlass über diese Heiligsprechung sagt Papst Klemens XIII.: „Gott wollte nicht, daß seine Kirche ohne Verteidigung blieb; tausend Schilde, die Waffenrüstung der Tapferen, sind aufgehängt an ihren Mauern, wie in einer festen Burg. Diese Schilde sind die Kirchenlehrer, welche den Glauben und die Sittengesetze mit Eifer und Umsicht von dem Stuhl der Weisheit vortragen, oder die in besonderen Lehrstunden den Samen der ewigen Seligkeit in die Gemüter der Schüler ausstreuen, und sie durch die Reinheit ihres Wandels zur Erkenntnis der Wahrheit führen. Um der Kirche als eine feste Schildburg zu dienen, wider welche die Pforten der Hölle nichts vermögen, ist die Wissenschaft nicht zureichend, wenn sie nicht im Bunde steht mit der Heiligkeit; die Vereinigung von Beiden erhöht ihre Kraft und Würde.“ –
aus: Alban Stolz, Legende oder der christliche Sternhimmel, Bd. 4 Oktober bis Dezember, 1872, S. 115 – S. 119
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Liebe Grüße, Blasius
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