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#1

Die Tugend des Gehorsams

in Predigten 30.01.2019 19:12
von Hemma • 589 Beiträge

Predigt von Prof. Dr. Georg May

Im Namen des Vaters und des Soh­nes und des Hei­li­gen Geis­tes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Gehor­sam ist, wer das, was ihm in recht­mä­ßi­ger Weise auf­ge­tra­gen wird, gern und mit Rück­sicht auf Gott tut.
Der Gehor­sam ist die zweite sitt­li­che Tugend, der wir uns als öster­li­che Men­schen zuwen­den wol­len.

Gehor­sam ist nicht schon der, der das Befoh­lene tut, etwa mür­risch und unwil­lig, nein, zur Tugend des Gehor­sams gehört, daß man das Befoh­lene gern tut und daß man es mit Rück­sicht auf Gott tut. So wie Abra­ham, der dem Befehle Got­tes nach­kam und bereit war, sei­nen Sohn zu opfern, so wie Chris­tus, der Vater und Mut­ter unter­tan war, der sei­nem himm­li­schen Vater gehor­sam war bis zum Tode, ja bis zum Tod am Kreuze.

Gehor­sam muß jeder sein, der Vor­ge­setzte über sich hat, und es gibt nie­man­den auf Erden, der keine Vor­ge­setz­ten über sich hätte. Gehor­sam müs­sen zuerst die Kin­der ihren Eltern sein, damit sie erzo­gen wer­den und die Fami­lie Bestand hat. Ohne eine Ord­nung kann ein Gemein­we­sen nicht beste­hen, und jede Ord­nung bedeu­tet immer auch Über- und Unter­ord­nung. Eine Ver­ei­ni­gung ist unmög­lich ohne Abhän­gig­keit. So kreist der Mond um die Erde, und die Erde kreist um die Sonne nach den Geset­zen der Gra­vi­ta­tion, die New­ton und Gali­lei ent­deckt haben.
Ähn­lich ist es auch mit der Fami­lie. Da muß auch ein ziel­an­ge­ben­der Wille sein, und der steht den Eltern zu. Die Kin­der haben sich die­sem Wil­len zu beu­gen. Auch in Dienst­ver­hält­nis­sen gibt es Vor­ge­setzte und Abhän­gige. Es muß einen Betriebs­füh­rer geben, einen Lei­ten­den, der die ande­ren in der Arbeit unter­weist und ihnen die Arbeit anweist.

In den Schrif­ten des Neuen Tes­ta­men­tes wird oft der Gehor­sam der Knechte oder Skla­ven, wie sie damals genannt wur­den, gegen­über den Her­ren gefor­dert, und zwar Gehor­sam nicht nur gegen­über den güti­gen und gelin­den, son­dern auch gegen­über den schwie­ri­gen und bösen Her­ren.
Gehor­sam muß man leis­ten den welt­li­chen und geist­li­chen Obe­ren. Es gibt keine Gewalt außer von Gott; die beste­hen­den Gewal­ten sind von Gott ange­ord­net (Röm. 13,1). Wer sich der Gewalt wider­setzt, der wider­setzt sich dem Wil­len Got­tes. Es besteht eine legi­time For­de­rung des Staa­tes, der Regie­rung auf Gehor­sam der Unter­ta­nen.

Ebenso ist es in der Kir­che. Chris­tus for­dert den Gehor­sam gegen­über den Hir­ten, so in die­ser Bezeich­nung. Wenn die einen die Schafe und die ande­ren die Hir­ten sind, dann müs­sen eben die Schafe den Hir­ten gehor­chen, sich von den Hir­ten füh­ren las­sen. Und daher hat der Herr aus­drück­lich gesagt: „Wer die Kir­che nicht hört, der sei dir wie ein Heide oder Zöll­ner!“

Frei­lich muß gleich an die­ser Stelle gesagt wer­den: Gehor­sam hat nur der gerecht gebie­tende Vor­ge­setzte zu for­dern. Es gibt Gren­zen des Gehor­sams, und diese sind vor allem zwei: Wir brau­chen nicht zu gehor­chen, wenn ein Vor­ge­setz­ter etwas gebie­tet, was nicht in seine Zustän­dig­keit fällt, und wir dür­fen nicht gehor­chen, wenn ein Vor­ge­setz­ter etwas ver­langt, was gegen Got­tes Wil­len ist. Diese bei­den Gren­zen des Gehor­sams müs­sen wir uns noch näher anschauen.

Wir brau­chen nicht zu gehor­chen, wenn ein Vor­ge­setz­ter seine Zustän­dig­keit über­schrei­tet. Ein Vor­ge­setz­ter ist nicht all­zu­stän­dig, er ist nicht über alles gesetzt, er hat nicht in jeder Sache Befehls­ge­walt, son­dern seine Gewalt ist sach­lich, ört­lich oder per­sön­lich begrenzt. Nur inner­halb der Gren­zen sind seine Befehle recht­mä­ßig. Wenn er dar­über hin­aus­geht, ver­liert er seine Zustän­dig­keit. Um kon­kret zu wer­den: Die welt­li­che Gewalt darf sich nicht in rein geist­li­che Dinge ein­mi­schen. Sie darf nicht bestim­men, wann Got­tes­dienste gehal­ten wer­den dür­fen, wie lange sie dau­ern dür­fen, wie viele Ker­zen dabei anzu­zün­den sind; das alles ist ja schon dage­we­sen, etwa im Jose­phi­nis­mus oder im Zwei­ten Welt­krieg. Ebenso darf aber auch die geist­li­che Gewalt sich nicht in rein welt­li­che Dinge ein­mi­schen. Wie die Flug­si­che­rung betrie­ben wird, wie der Woh­nungs­not abzu­hel­fen ist und wie hoch die Besol­dung der Staats­be­diens­te­ten ist, ob sie erhöht oder nicht erhöht wird, das sind keine Fra­gen, die die Kir­che ange­hen. Hier ist die Kom­pe­tenz der geist­li­chen Obe­ren nicht gege­ben.

Auch im Bereich der Fami­lie kann eine Kom­pe­tenz­über­schrei­tung vor­kom­men. Eltern dür­fen ihre Kin­der bei­spiels­weise nicht in einen Beruf zwin­gen, zu dem sie keine Eig­nung und keine Nei­gung haben. Eltern dür­fen auch ihre Kin­der nicht zu einer Ehe drän­gen, von der vor­aus­zu­se­hen ist, daß es nicht zu einem har­mo­ni­schen Mit­ein­an­der kom­men wird. Sie dür­fen sie über­haupt nicht zur Ehe zwin­gen.
Die hei­lige Rosa von Lima sollte mit 20 Jah­ren nach dem Wil­len der Eltern einen rei­chen Mann hei­ra­ten. Aber sie wei­gerte sich. Das war kein Unge­hor­sam, son­dern eine legi­time Aus­mes­sung ihrer Frei­heit. Sie durfte die drän­gende und zwin­gende Gewalt der Eltern zurück­wei­sen, weil diese hier ihre Zustän­dig­keit über­schrit­ten.

Wir brau­chen nicht zu gehor­chen, wo die Vor­ge­setz­ten ihre Gewalt auf Gebiete aus­deh­nen, die nicht in die­ser Gewalt lie­gen. Wir dür­fen nicht gehor­chen, wenn sie etwas befeh­len, was gegen den Wil­len Got­tes ist. Das ist schon oft da gewe­sen. Bereits in der Apos­tel­ge­schichte steht die berühmte Äuße­rung aus dem Munde des Petrus: „Man muß Gott mehr gehor­chen als den Men­schen!“ Wo ein Kon­flikt zwi­schen den Befeh­len von Men­schen und den Gebo­ten Got­tes vor­liegt, da ist keine Über­le­gung am Platze, da weiß man von vor­ne­her­ein: Gott gebührt der Vor­rang.

Nach die­sem Gesetz haben die gro­ßen Hei­li­gen des Alten und des Neuen Bun­des gehan­delt
.
Die drei Jüng­linge im Baby­lon wei­ger­ten sich, die Sta­tue anzu­be­ten, die der König errich­tet hatte, und wur­den des­we­gen in den Feu­er­o­fen gewor­fen.
Die mak­ka­b­äi­schen Jüng­linge lehn­ten es ab, die Spei­se­ge­setze, die sie als von Gott emp­fan­gen ansa­hen, zu über­tre­ten.
Die the­bai­sche Legion unter ihrem Kom­man­deur Mau­ri­tius wei­gerte sich, den Kai­ser­kult zu voll­zie­hen. Sie wur­den im Jahre 286 n.​Chr. in der Nähe des Gen­fer Sees nie­der­ge­hauen.
Die hei­lige Per­pe­tua lehnte es ab, dem Wil­len ihres Vaters nach­zu­kom­men, dem Chris­ten­tum abzu­schwö­ren.
Die hei­lige Bar­bara wei­gerte sich, den hei­li­gen Glau­ben preis­zu­ge­ben; der eigene Vater brachte sie um.

Das alles sind Bei­spiele dafür, wie Hei­lige den Gebo­ten Got­tes gehorcht und sich den unge­rech­ten Befeh­len der Men­schen ver­wei­gert haben. Man muß Gott mehr gehor­chen als den Men­schen!

Natür­lich, meine lie­ben Freunde, ist es der Nach­prü­fung bedürf­tig, ob tat­säch­lich ein Wider­spruch zwi­schen dem Wil­len Got­tes und dem Befehl der Men­schen vor­liegt. Man muß prü­fen, ob ein sol­cher Zwie­spalt gege­ben ist, erst dann darf man sich gegen den irdi­schen für den himm­li­schen Gehor­sam ent­schei­den. Das hat der hei­lige Tho­mas Morus im Gefäng­nis Tower in Lon­don getan. Man suchte ihn zum Gehor­sam gegen den König zu bewe­gen und wies auf das Bei­spiel der Bischöfe hin. „Sieh,“ sagte man, „alle Bischöfe Eng­lands haben den König als Ober­haupt der Kir­che aner­kannt, bis auf einen, John Fis­her, und du, Tho­mas Morus, willst klü­ger sein als alle diese Bischöfe?“ Da gab Tho­mas zur Ant­wort: „Für jeden Bischof, der heute lebt, und den ihr mir vor­weist, kann ich euch hun­dert andere nen­nen, die im Him­mel sind und die so den­ken wie ich.“ Das war die Ent­schei­dung gegen den irdi­schen für den himm­li­schen Gehor­sam.
Die Tugend des Gehor­sams ist eine beschwer­li­che, aber auch eine vor­treff­li­che Tugend. Sie ist beschwer­lich, denn den eige­nen Wil­len opfern, den eige­nen Wil­len preis­ge­ben, das ist eben für den Men­schen ein sehr läs­ti­ges Geschäft. Er möchte sei­nen Wil­len behaup­ten, er möchte ihn durch­set­zen, und das Opfer des Wil­lens ist fast ein klei­nes Mar­ty­rium, jeden­falls in wich­ti­gen Ange­le­gen­hei­ten.
Der Mensch will befeh­len, er will recht haben, aber er will nicht nach­ge­ben, und er will sich nicht unter­ord­nen, obwohl es zu sei­nem eige­nen Nach­teil sein mag
.


Zwei­fel­los: Der Gehor­sam ist eine beschwer­li­che Tugend. Aber er ist auch eine vor­treff­li­che Tugend, denn wer sei­nen Wil­len besiegt, wer über sich selbst siegt, der ist zu allem fähig, dem kann man alles anver­trauen, dem kann man alles auf­la­den, der wird alles tra­gen, der wird mit allem fer­tig wer­den. Der Gehor­same hat sei­nen Stolz besiegt und mit dem Stolz, der Wur­zel der Sünde, alle übri­gen Sün­den.

Der Gehor­sam ist der sicherste Weg zur Erfül­lung des Wil­lens Got­tes und auch der sicherste Weg zur Erlan­gung der Voll­kom­men­heit. Der Wille Got­tes spricht sich nun ein­mal häu­fig, ja wohl meis­tens aus in den Befeh­len unse­rer Vor­ge­setz­ten, und wer ihnen gehorcht, der kann im all­ge­mei­nen sicher sein, daß er dem Wil­len Got­tes gehor­sam ist. Die Vor­ge­setz­ten sind ja Stell­ver­tre­ter Got­tes, und was sie recht­mä­ßig gebie­ten, das ist eben für uns der Wille Got­tes, der durch seine Stell­ver­tre­ter zu uns spricht. Wir kön­nen also, sofern wir den Befehl in sitt­li­cher Hin­sicht und nach der Kom­pe­tenz beja­hen kön­nen, sicher sein: Wenn wir die Befehle der Eltern, der Vor­ge­setz­ten, des Staa­tes und der Kir­che erfül­len, dann sind wir auf dem Wege zur Erfül­lung des Wil­lens Got­tes.

Auch die Voll­kom­men­heit erlan­gen wir durch die Erfül­lung des Gehor­sams. Wer gehor­sam ist, der wird den Wil­len Got­tes in allen Din­gen tun, der wird die Sünde mei­den, der wird sich als ein leben­di­ges Opfer dem Vater im Him­mel dar­brin­gen. „Gehor­sam ist bes­ser als Opfer!“ So steht es im Alten Bunde. Die Hei­li­gen, die hei­li­gen Leh­rer der Tugend wer­den nicht müde, den Wert des Gehor­sams zu prei­sen. „Essen und schla­fen auf Befehl des Vor­ge­setz­ten ist bes­ser als aus Eigen­wille fas­ten und wachen,“ so hat der hei­lige Franz von Sales, der große Kir­chen­leh­rer, ein­mal geschrie­ben. Der Gehor­sam macht unsere Werke wert­voll. Er macht sie ver­dienst­lich.

Man soll sich daher ein­üben in den Gehor­sam. Wie denn? Nun, indem man auch gegen­über sei­nes­glei­chen zum Nach­ge­ben, zur Unter­ord­nung, zum Gehor­sam bereit ist. Das ist ja das Geheim­nis einer guten Ehe, daß einer dem ande­ren sei­nen Wil­len am Gesicht abliest, daß er sei­nen eige­nen Wil­len preis­gibt, daß er sagt: Wenn du es nur gut hast, wenn ich nur dir die­nen kann! Diese Selbst­auf­gabe, diese Selbst­lo­sig­keit ist das Geheim­nis einer wahr­haft glück­li­chen Ehe.

Und wenn wir selbst Vor­ge­setzte sind, dann soll­ten wir uns in den Geist des Gehor­sams dadurch ein­fü­gen, daß wir unsere Befehle in einer sanf­ten, in einer rück­sichts­vol­len Weise ertei­len, also nicht schroff, nicht von oben herab, nicht in Erre­gung, son­dern wir sol­len eher um das bit­ten, was wir befeh­len kön­nen. Auf diese Weise scho­nen wir die Unter­ge­be­nen und berei­ten uns selbst für den Gehor­sam, den wir unse­ren Vor­ge­setz­ten leis­ten müs­sen.

Dem Gehor­sam ist der himm­li­sche Lohn ver­hei­ßen. „Im Him­mel,“ sagt ein­mal die hei­lige The­re­sia von Lisieux, „im Him­mel wird Gott alle­zeit mei­nen Wil­len tun, denn ich habe auf Erden nie­mals mei­nen eige­nen Wil­len getan.“

Amen.

https://www.glaubenswahrheit.org/predigt...98703/19870503/


zuletzt bearbeitet 30.01.2019 19:48 | nach oben springen

#2

RE: Die Tugend des Gehorsams

in Predigten 31.01.2019 07:47
von benedikt • 3.365 Beiträge

Gelobt sein Jesus Christus!

Danke, liebe Hemma für Deinen Beitrag!

Zitat: Wenn du es nur gut hast, wenn ich nur dir die­nen kann! Diese Selbst­auf­gabe, diese Selbst­lo­sig­keit ist das Geheim­nis einer wahr­haft glück­li­chen Ehe. Zitatende.
Ja, das hast Du treffend formuliert! "Die Selbstaufgabe!" "Die Selbstlosigkeit!"

Vielleicht darf ich noch ergänzen: "Ohne Demut keine Liebe" . "Ohne Liebe keine glückliche Ehe."
In diesem Zusammenhang möchte ich auch gerne auf die "klösterliche Demut" und den "klösterlichen Gehorsam" hinweisen.

https://www.abtei-st-hildegard.de/die-regel-des-hl-benedikt/

Es grüßt Dich herzlich und wünscht Dir den Segen und den Frieden Gottes, benedikt.


Gott ist die Liebe,
und wer in der Liebe bleibt,
bleibt in Gott,
und Gott bleibt in ihm.

1. Joh 4,7 - 16

zuletzt bearbeitet 31.01.2019 07:54 | nach oben springen


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