Der Gesandte Gottes
So ist Jesus als der Heilige Gottes im ganzen Johannes-Evangelium ... der Gesandte Gottes. Sein ganzes Wesen ist "Gesandtsein". Was das bedeutet, wird in einem Wort aus dem 7. Kapitel sichtbar: "Meine Lehre ist nicht meine Lehre" (V. 16), sagt da der Herr. Er ist ganz vom Vater her und stellt ihm nichts anderes, nichts bloß Eigenes entgegen. In den Abschiedsreden wird dieses charakteristische Wesen des Sohnes auf den Heiligen Geist ausgedehnt: "Nicht aus sich wird er sprechen, sondern was er hört, wird er sagen" (16,13). Der Vater sendet den Geist in Jesu Namen (14,26); Jesus sendet ihn vom Vater her (16,26). Nach der Auferstehung zieht Jesus die Jünger in diesen Strom der Sendung hinein: "Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch" (20,21). Für die Jüngergemeinschaft aller Zeiten muss es kennzeichnend sein, dass sie im Gesandtsein von Jesus her steht.
Die Alte Kirche hat für dieses wesentliche Gesandtsein der Jünger Christi, die Bindung an sein Wort und an die Kraft seines Geistes, die Form der "apostolischen Nachfolge" gefunden. Das Weitergeben der Sendung ist "Sakrament", das heißt nicht selbstverfügtes Können und auch nicht von Menschen gemachte Institution, sondern Hineingebundenwerden in das "Wort vom Anfang her" (1. Joh 1,1), in die geistgewirkte Gemeinschaft der Zeugen.
Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. Jesus von Nazareth. Band II: Vom Einzug in Jerusalem bis zur Auferstehung, Freiburg-Basel-Wien: Herder 2011.