http://www.kleine-spirituelle-seite.de/t...s-predigten.pdf
Heiliger Pfarrer von Ars
Die Macht des Gebets
„Um euch die Macht des Gebets und die Gnaden, die es vom Himmel herabzieht, zu zeigen, will ich euch sagen, dass die Gerechten nur durch das Gebet das Glück gehabt haben, auszuhalten.
Das Gebet ist für unsere Seele, was der Regen für das Land ist. Düngt ein Land, soviel ihr wollt, wenn der Regen fehlt, nützt eure ganze Arbeit nichts. Ebenso tut gute Werke, soviel ihr wollt, wenn ihr nicht oft und wie es sich gehört betet, werdet ihr nie gerettet werden. Das Gebet öffnet die Augen unserer Seele, es lässt uns die Größe
unseres Elends fühlen, es zeigt uns, dass wir uns an Gott um Hilfe wenden müssen und lässt uns unsere Schwäche fürchten.
Der Christ rechnet bei allem auf Gott allein und nicht auf sich selbst. Ja, durch das Gebet haben alle Gerechten durchgehalten ... Im übrigen bemerken wir selbst, dass wir sofort den Geschmack an den Dingen des Himmels verlieren, kaum dass wir unsere Gebete unterlassen. Wir denken dann nur an die Erde. Wenn wir aber das
Gebet wieder aufnehmen, fühlen wir den Gedanken an die Dinge des Himmels und den Wunsch nach ihnen wieder wachwerden. Ja, wenn wir das Glück haben, in der Gnade Gottes zu sein, dann halten wir uns entweder an das Gebet, oder wir
werden sicher nicht lange auf dem Weg des Himmels verbleiben.
An zweiter Stelle sagen wir, dass alle Sünder ihre Bekehrung nur dem Gebet verdanken, abgesehen von einem außerordentlichen Wunder, das nur selten geschieht. Seht die heilige Monika, was sie tut, um die Bekehrung ihres Sohnes zu erlangen: Einmal kniet sie zu Füßen ihres Kruzifixes, um zu beten und zu weinen, ein andermal geht sie zu weisen Personen, um die Hilfe ihrer Gebete zu erbitten. Schaut auf den heiligen Augustinus selbst, als er sich ernsthaft bekehren wollte... Ja, wären wir noch so schwere Sünder und wir nähmen Zuflucht zum Gebet und würden beten, wie man beten muss, Gott würde uns ganz sicher vergeben.
Ach, meine Brüder, wundern wir uns nicht über die Tatsache, dass der Teufel alles tut, was er kann, damit wir unsere Gebete unterlassen oder schlecht verrichten. Er versteht viel mehr als wir,wie sehr das Gebet in der Hölle gefürchtet wird
und dass Gott unmöglich verweigern kann, was wir von ihm durch das Gebet erbitten.
Es sind nicht die schönen und nicht die langen Gebete, auf die Gott achtet, sondern jene, die aus dem Grunde des Herzens kommen, mit einer großen Ehrfurcht und einer wahren Sehnsucht, Gott zu gefallen. Hier ein schönes Beispiel dafür. Im Leben des heiligen Bonaventura, des großen Lehrers der Kirche, wird berichtet, dass ein recht
einfacher Ordensmann ihm sagt:
‘Pater, denken Sie, dass ich zu Gott beten und ihn lieben kann, wo ich so ungebildet bin?’ Der heilige Bonaventura gab ihm zur Antwort: ‘Ach, mein Freund, solche Leute liebt Gott besonders, und sie gefallen ihm am meisten.’ Der brave Ordensmann war ganz verwundert über diese gute Nachricht. Er stellte sich an die Klosterpforte und sagte zu allen, die er vorbeigehen sah: ‘Kommt, Freunde, ich habe eine gute Nachricht
für euch. Der gelehrte Bonaventura hat mir gesagt, dass wir alle, auch wenn wir ungebildet sind, Gott lieben können so gut wie die Gelehrten. Was für ein Glück für uns, dass wir Gott lieben und ihm Freude bereiten können, ohne gelehrt zu sein.’
Darum sage ich euch, es gibt nichts Leichteres, als zu Gott zu beten, und es gibt nichts Tröstlicheres.
Das Gebet, so sagt man, ist eine Erhebung des Herzens zu Gott. Besser sagen wir, es ist das süße Gespräch eines kleinen Kindes mit seinem Vater, eines Untergebenen mit seinem König, eines Sklaven mit seinem Herrn, eines Freundes mit seinem Freund, in dessen Herz er seinen Kummer und seine Schmerzen hineingibt.“
(Zum 5. Sonntag nach Ostern)