Der hl. Gregor v. Nyssa ( gest. 394)
aus
"Große Katechese (Oratio catechetica magna)"
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Kapitel 6.
Vom Entstehen der Sünde in der Welt der reinen Geister und der Menschen.
Nachdem nämlich jener Geist in sein Inneres durch Abkehr vom Guten den Neid zugelassen und die Neigung zum Bösen in sich aufgenommen hatte,
so ward er, wie ein von der Bergspitze losgerissener Stein durch die eigene Schwere in die Tiefe stürzt, in ähnlicher Weise, sobald er seine Verbindung mit dem Guten löste und dem Bösen entgegenwankte und zustimmte,
von selbst wie durch eine Schwerkraft
zur äußersten Grenze der Bosheit hingerissen, und die Denkkraft, welche er vom Schöpfer als Gehilfin erhalten hatte, um sich seine Teilnahme am Besseren zu sichern, als Gehilfin zur Erfindung boshafter Pläne verwendend, hinterging er den Menschen listig durch Trug und überredete ihn, zum Mörder und Henker an sich selbst zu werden.
Denn da der Mensch, mit dem göttlichen Segen reichlich ausgerüstet,
durch seine Hoheit erhaben dastand[er sollte ja über die Erde und über alles auf ihr herrschen],
schön von Gestalt [denn er war Ebenbild der Urschönheit],
von Natur keinem Leiden ausgesetzt[er war ja Nachahmung des Leidenslosen],
voll Zuversicht, weil die Anschauung Gottes von Angesicht zu Angesicht genießend,
diese Vorzüge aber gerade
für den Widersacher Zündstoff zur Leidenschaft des Neides waren,
derselbe jedoch seine schlimmen Absichten auf dem Wege der Gewalt und des Zwanges nicht auszuführen vermochte
[denn die Kraft des göttlichen Segens im Menschen war größer als seine Gewalt],
so sann er darauf, den Menschen von der ihn stärkenden Macht Gottes abwendig zu machen,
damit er dann als leichte Beute ihm in die Schlinge seiner Hinterlist falle.
Und wie jemand, falls er an einer Lampe, deren Docht vom Feuer ganz ergriffen wurde,
die Flamme durch Blasen nicht auslöschen kann, Wasser unter das Öl mischt
und durch dieses klug erdachte Mittel die Flamme schwächt,
so mischte der Widersacher hinterlistigerweise in das Verlangen des Menschen Böses
und bewirkte so ein Verlöschen und eine Minderung des göttlichen Segens;
mit dessen Abnahme trat notwendig das Gegenteil an seine Stelle;
das Gegenteil aber
vom Leben ist der Tod,
von der Kraft die Schwäche,
vom Segen der Fluch,
von der Zuversicht die Scham,
und so erblicken wir von jedem Guten ein böses Gegenstück in uns.
Darum steht es jetzt so schlimm um die Sache des Menschengeschlechtes,
weil der dargelegte Anfang den Grund zu einem solchen Ende legte.
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