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#1

Volkstrauertag

in Diskussionsplattform (2) 16.11.2014 15:10
von Andi • 1.077 Beiträge

von Karlheinz Weißmann

Eine tief eingefressene Erkrankung

In der Wohnung meiner Großmutter standen die Familienbilder auf einem Vertiko, einem jener schmalen Zierschränke, die oft zur bürgerlichen Einrichtung gehörten. Darunter drei, die junge Männer mit ernstem Gesichtsausdruck zeigten, in Uniform, keine Schnappschüsse, sondern sorgfältig von einem Fotografen aufgenommen. Eines vom ältesten Sohn, der als Militärarzt eingerückt war und erst nach langen Jahren russischer Gefangenschaft zurückkehrte, die anderen von den beiden jüngeren mit Trauerflor, der regelmäßig erneuert wurde.

Der zweite hatte sich bei Beginn des Krieges freiwillig gemeldet, ohne seinen Eltern etwas zu sagen, unbekümmert, begeistert wie so viele von den leichten Siegen im Westen, stolz auf den schwarzen Rock der Panzertruppe, abenteuerlustig. In einem seiner Briefe schrieb er noch, daß er die Rauchfahnen der russischen Häuser über Moskau sehen könne, dann kam ein letzter, ahnungsschwerer und dann keiner mehr, nur noch die Nachricht von seinem Tod. Der letzte wurde erst 1944 eingezogen, eben den Meisterbrief in der Tasche und frisch verlobt, wegen eines Lungenleidens bis dahin untauglich, aber in letzter Stunde mobilisiert, zuerst für die Brandbekämpfung nach den Bombardements, dann bei den Abwehrkämpfen in Ostpreußen, wo sich seine Spur verlor.

Es gab keine spannenden Geschichten und keine Helden

Die Namen der beiden toten Söhne hat meine Großmutter mit auf den Grabstein ihres Mannes setzen lassen. Ein Moment der Irritation für uns Kinder, denen man sagte, daß die Toten dort nicht lagen, sondern irgendwo in fremder Erde oder gar nichts von ihnen übrig war, was man hätte bestatten können. Verstörend wie die Rede von „Gefallenen“, von denen, die „im Krieg geblieben“ waren, oder die Begegnung mit Männern, die wir scheu beobachteten, weil man sie „blindgeschossen“ hatte, sie sich an ihren Prothesen abmühten, oder die tiefe Traurigkeit und die Zornesausbrüche derer, in denen Granatsplitter wanderten oder die die Spuren der Mißhandlung in irgendeinem Lager an Leib und Seele trugen und vor jedermann zu verstecken suchten.

Das Ganze wurde den Nachgeborenen nur allmählich klar. Der Krieg jedenfalls, den wir als Kinder spielten, war etwas anderes, eine unschuldige Sache, der Krieg, der sie getroffen hatte, war ein großes dunkles Verhängnis, eine sehr ernste Sache der Erwachsenen, kein Gegenstand der Neugier oder vorwitziger Bemerkungen. Darüber konnten nur die etwas sagen, die dabeigewesen waren. Sie taten das meiner Erinnerung nach selten und jedenfalls nie als Landsererzählung. Es gab keine spannenden Geschichten und keine Helden, wie sie sich die jugendliche Phantasie ausmalte, nur das Glück davongekommen zu sein, ein paar unbeschwerte persönliche Augenblicke trotz allem, sonst lastende Schwere, Erinnerung und Trauer über die Toten.

Auf den Volksbund ging die Initiative zur Schaffung des Gedenktages zurück

Der Volkstrauertag gehörte selbstverständlich in diesen Zusammenhang, der erste von den „stillen Sonntagen“ im November, wenn Radio und Fernsehen ausgeschaltet blieben und man ruhig auf dem Zimmer zu bleiben hatte. In der Zeit davor standen Soldaten mit der Sammelbüchse auf den Gehwegen, die Passanten hielten kurz an, gaben ihren Beitrag und erhielten den Anstecker aus Kunststoff mit den fünf Kreuzen, dem Emblem des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge.

Auf den Volksbund, der nach dem Ende des Ersten Weltkriegs gegründet wurde, ging die Initiative zur Schaffung des Gedenktages für die Gefallenen zurück. Wie jeder symbolische Akt der Weimarer Zeit war auch dieser scharf umkämpft, nicht einmal über das Datum konnte Einigkeit erzielt werden, geschweige denn über die Frage, ob es sich um ein Toten- oder ein Heldengedenken handeln sollte. In der NS-Zeit fiel die Entscheidung zugunsten von letzterem, während die Bundesrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg zwar Zeitpunkt und Deutung festlegte, aber gleichzeitig und mit Grund vertraute, daß Orts- und Kirchengemeinden eine würdige und angemessene Form der Gestaltung wählen würden.

Erst in den siebziger Jahren begannen linke Gruppen die Feiern zu stören

Tatsächlich hat sich dieser stillschweigende Konsens lange gehalten, wurden die Denkmäler für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs um die Namen der Gefallenen des Zweiten ergänzt oder neue errichtet, lagen in den Kirchen die Totenbücher aus, erschienen die Veteranen mit ihren Vereinsfahnen am Volkstrauertag zum Gottesdienst, nahm der Geistliche an der folgenden Kranzniederlegung teil und sprach die passenden Worte. Erst in den siebziger Jahren änderte sich alles. Pastoren begannen, Soldaten in Uniform den Zutritt zum Gottesdienst zu verweigern, die Fahnen sollten nicht mehr in den Kirchraum. Linke Gruppen störten die Feiern, griffen die Teilnehmer an, beschmierten, demolierten, schleiften die Denkmäler.

Widerstand dagegen gab (und gibt) es kaum, aber hier und da faule Kompromisse. Man ließ die Veranstaltungen hinter Polizeikordons in irgendwelchen Winkeln abhalten, versetzte die Monumente, widmete sie um oder „ergänzte“ sie durch solche für Deserteure. Vor allem aber wurde der Volkstrauertag inhaltlich entkernt. Es sollte weder vom „Volk“ noch von dessen „Trauer“ um die gefallenen Soldaten länger die Rede sein; bestenfalls fanden die sich eingereiht in die lange Reihe der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, oder auch das nicht mehr, weil irgendjemand darauf kam, daß „Täter“ keine „Opfer“ sein könnten.

Eine Entfremdung ohne Beispiel, eine Erkrankung, tief eingefressen

Man muß diesen Vorgang als Teil eines größeren begreifen, in dem die Deutschen von ihrer Vergangenheit als Gemeinschaft getrennt und abgeschnitten wurden. Eine Entfremdung ohne Beispiel, eine Anomalie, die nur so und nicht anders bezeichnet werden darf, eine Erkrankung, so tief eingefressen, daß man ihr Ausmaß und ihr Vorschreiten nur aus der Distanz und im Vergleich erkennt.

Vielleicht wenn man eine Kapelle irgendwo in Englands anschaut und dort die künstlichen Mohnblüten mit den kleinen, blanken Holzkreuzen findet, auf denen die Namen „unserer Helden“ stehen, und nebeneinander der eines Ehemannes, der vor Monaten in Afghanistan starb, eines Vaters, der im Kampf gegen die Mau-Mau sein Leben ließ, eines Bruders, der 1940 als Jagdflieger fiel, eines anderen Familienmitglieds, das 1916 auf See geblieben ist. Oder man hört die Worte eines Franzosen, der das Selbstverständliche sagt: „Die Seelengröße eines Volkes erkennt man daran, wie es nach einem verlorenen Krieg seine gefallenen und besiegten Soldaten behandelt“ (Charles de Gaulle).


Philipper 2,10
Darum hat ihn Gott über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen,
damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu
und jeder Mund bekennt:,Jesus Christus ist der Herr, - zur Ehre Gottes, des Vaters.
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#2

RE: Volkstrauertag

in Diskussionsplattform (2) 16.11.2014 16:25
von Shuca • 108 Beiträge

Lieber Andi
„Die Seelengröße eines Volkes erkennt man daran, wie es nach einem verlorenen Krieg seine gefallenen und besiegten Soldaten behandelt“ (Charles de Gaulle)."
So ist es. Trauern wir.
Per Mariam ad Christum.

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#3

RE: Volkstrauertag

in Diskussionsplattform (2) 16.11.2014 20:56
von Michaela (gelöscht)
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Lieber Andi,

danke für Deinen Beitrag.

Die Kriegsgräber sind für mich immer eine wichtige Mahnung, dass wir uns für den Frieden einsetzen sollten.

Deshalb schätzte ich die Deutsche Kriegsgräberfürsorge.

Doch heute wurde ich etwas enttäuscht.

Im Bundestag und auch in Hamburg wurden Gedenkstunden abgehalten von dem Volksbund Deutsche Kreigsgräberfürsorge e. V. in Zusammenarbeit mit staatlichen Organen. In Hamburg war u. a. der Bürgermeister Olaf Scholz zugegen. Aber auch die Bischöfin der ev.-luth. Kirche wie Weihbischof Jaschke.

In beiden Verantstaltungen wurde bei Totengedenken unter anderem gesprochen „Wir gedenken heute auch derer, die bei uns durch Hass und Gewalt gegen Fremde und Schwache Opfer geworden sind.“

In Hamburg wurde hauptsächlich das Problem des Rechtsradikalismus angesprochen. Hauptredner war Prof. Dr. Johannes Heil, Rektor der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg. Als er mal den Islam ansprach, verwendete der den Begriff „sogenannter“ Islamischer Staat. Ja, er wies sogar auf ein angebliches früheres Kalifat hin, das eine Hochkultur aufwiese.

Beides ist historisch falsch. Die Hochkulturen sind durch die Islamisierung zerstört worden und es geschah ein kultureller Niedergang.

Nun, ich denke schon, dass man auf so einem Tag sich an die eigene Nase fassen sollte als Deutsches Volk. Insofern konnte ich die Hervorhebung der Nazis als negative Gruppe nachvollziehen. Gut fand ich die Aussage von dem früheren israelischen Botschafter Avi Primor in der Zentralen Gedenkstunde im Bundestag, der sagte, dass es KEIN Volk gebe, dass Gedankstätten/Denkmäler hätte, die die eigenen Verbrechen in Erinnerung rufen würden.

Doch die Propaganda des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. Hamburg geht eben nicht nur gegen „Rechts außen“, sondern gegen eben diejenigen, die man als rechts bezeichnet, um sich nicht mit deren Argumenten auseinandersetzen zu müssen.

http://www.volksbund.de/nc/hamburg/aktue...in-hamburg.html

„Rechtsaußen in der "Mitte". Eine Fortbildung zum Umgang mit (extremen) Rechten in Hamburg
In dieser Fortbildung für pädagogische MultiplikatorInnen wird es um die Frage der Akzeptanz rechter Argumentationen in unserer »Mitte« gehen. Es werden unterschiedliche rechte Erscheinungsformen und Ideologien analysiert und gefragt, welche Motive es bei Jugendlichen für demokratiefeindliche Einstellungen gibt. Vor diesem Hintergrund werden gemeinsam mit den Teilnehmenden Gegenstrategien entwickelt und unterschiedliche Ansätze zum Umgang mit Alltagsrassismus aus der historisch-politischen Bildungsarbeit vorgestellt (mit Exkursion zum Friedhof Ohlsdorf).“


Natürlich ist hier nicht zu verkennen, dass auch die AfD, die sich u. a. gegen den Euro und europ. Bevormunderung der Einzelstaaten, sowie gegen Islamisierung einsetzen, gemeint sind.

Diese „Bildungs“veranstaltung ist Ende diesen Monats. In Hamburg ist Anfang des nächsten Jahres Wahl und die einige ernstzunehmende Opposition ist in Hamburg die AfD.

Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsoge e. V. ist eben auch politisch korrekt.

In Wirklichkeit geht die Kriegsgefahr m. E. aktuell von anderen Gruppen aus: Islam, Russland (die Weihe wie Maria sie wollte, ist ja immer noch nicht vollzogen). Zudem ist eine unsichere marode Wirtschaft und ungerechter Welthandel auch nicht gerade stabilisierend für den Frieden. Doch diese Themen wurden nicht wirklich angesprochen. Um Gewaltkriminalität „politisch korrekt“ einer Analyse zu entziehen, hat man dann seit längerem schon eine genaue Erfassung der Delikte nach Tätergruppen aufgegeben. „Ehrenmorde“, derer im Jahr es so 12 gibt, werden als das nicht mehr erfasst. Das Thema Gewalt gegen Christen in Asylunterkünften von Moslems wird natürlich geflissentlich ignoriert.

Es scheint mir, es wird nicht wirklich gegen die Ursache von Gewalt gegen Menschen gesucht.

Die Betonung der Nazi-Vergangenheit ist o. k. und es ist wichtig, sich an dessenHorror zu erinnern. Doch tritt eine solche Idelologie nicht versteckt wieder auf in Form von Gender Mainstream und vorgeburtliche Diagnostik auf den Plan, um dann zuweilen die Mütter zu Abtreibungen zu veranlassen, falls das Kind behindert ist.

Von den MILLIONEN ABTREIBUNGEN ganz zu schweigen. Gesellschaftlich geduldeter Massenmord.

Letztlich kann nur ein christliches Europa den Frieden sichern.

Michaela


Habt ihr eure Seelen gereinigt im Gehorsam der Wahrheit zu ungefärbter Bruderliebe, so habt euch untereinander beständig lieb aus reinem Herzen,... 1. Petr. 1, 22 - Ich aber sage euch: Wer mit seinem Bruder zürnet, der ist des Gerichts schuldig; wer aber zu seinem Bruder sagt: Racha! der ist des Rats schuldig; wer aber sagt: Du Narr! der ist des höllischen Feuers schuldig. - Matth. 5, 22

zuletzt bearbeitet 09.01.2015 22:39 | nach oben springen


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