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Gespräch mit Prälat Prof. Dr. Georg May – (Kirchliche Umschau)
in Nachrichten 16.05.2014 10:51von Vicki (gelöscht)
Kirchliche Umschau: Wie sehen Sie die Situation der Kirche. Auf den verschiedenen Ebenen? In Deutschland? In der Kurie?
Prälat Georg May: Die Kirche befindet sich an einem Tiefpunkt ihrer Geschichte. Die heutige Situation ist das Stadium vor einem bevorstehenden Schisma. Ihre Lage ist fast überall krisenhaft. In Deutschland gleicht sie einer Agonie. Ich bin seit 62 Jahren Priester. Als ich 1951 die Priesterweihe empfing, hätte ich mir nicht vorstellen können, in welche Zustände die Kirche bis zum Jahre 2013 hineinschlittern würde. Immer wieder hörte ich von Freunden: Jetzt ist der Tiefpunkt erreicht, von nun an geht es wieder aufwärts. Alle diese Trostworte waren irrig. Es ging immer weiter bergab. Ich bin mir nicht sicher, daß dieser Prozeß von dem neuen Papst aufgehalten werden kann. Ich warne vor unbegründetem Optimismus. Es kann noch schlimmer werden.
Die Masse der katholischen Christen ist entkirchlicht, ja entchristlicht. Die Politik und die Medien haben ihr Werk getan. Was die große Mehrheit der Getauften begehrt, ist eine anspruchslose Glaubenslehre und eine billige Sittenlehre. Alles, was Forderungen an das Denken und den Lebenswandel stellt, soll abgeschafft werden. Die Masse der Katholiken läßt sich von der Hierarchie nichts mehr sagen, was gegen ihre Wünsche und Bedürfnisse geht. Diese Lage kann nach meinem Ermesssen nur von Gott gewendet werden. Aber Gott bedient sich der Menschen.
Ich teile nicht die unaufhörlichen Beschuldigungen von katholischen Christen gegen das Hilfsorgan des Papstes, die Römische Kurie. Ihre Dikasterien sind nicht in Desorganisation, ihre Mitglieder stehen Bischöfen und Priestern der Ortskirchen an Lauterkeit, Gehorsam und Frömmigkeit nicht nach. Das Versagen Einzelner ist nicht häufiger oder gravierender als in den Behörden der Teilkirchen. Die Beamten der Römischen Kurie haben Beschwerden und Klagen aus den Diözesen regelmäßig mit Geduld und Verständnis angehört. Daß sie den Gravamina zumeist nicht abhelfen konnten, lag nicht etwa an dem fehlenden guten Willen, sondern an der mangelnden Macht. Benedikt XVI. war außerordentlich zurückhaltend bei Eingriffen in die ordentliche Jurisdiktion der Diözesanbischöfe. So waren der Kurie die Hände gebunden. Der neue Papst könnte ihre Wirkungsmöglichkeiten ausweiten.
Kirchliche Umschau: Was können wir Katholiken jetzt für die Kirche tun?
Prälat Georg May: Was wir gläubigen und papsttreuen Katholiken für die Kirche tun können, läßt sich wie folgt sagen: Wir müssen erstens den Glauben ohne Abstriche und Konzessionen festhalten. Den Halt bietet die Tradition der Kirche. Wir müssen zweitens unseren Lebenswandel zu einem überzeugenden Ausweis des Glaubens machen. Das heißt: Leistung im Beruf, Treue zum Sittengesetz, gediegene religiöse Praxis, anhaltendes Gebet. Wir müssen drittens rührig sein im Knüpfen von Verbindungen mit Gleichgesinnten, im unerschrockenen Bekenntnis zur Kirche und zu furchtlosem Auftreten gegen Abbau und Zersetzung. Wir können und müssen der Kirche helfen, indem wir lautere und gottliebende Christen sind, die mit ihrem Zeugnis einander stützen und die „Welt“ einladen, sich zum katholischen Glauben zu bekehren. In der Kirche fehlt es nicht an Worten, wohl aber an Taten.
Unzählige katholische Christen sind religiös unwissend und verbildet. Es ist höchste Zeit, ihnen die katholische Glaubens- und Sittenlehre sowie die kirchliche Ordnung leicht faßlich und wiederholt vorzulegen. Eine echt katholische „Aufklärung“ ist ein unabweisbares Bedürfnis. Dazu ist jeder gläubige Christ fähig und berufen, an erster Stelle aber der Episkopat. Er sollte die Spielwiese des Zweit- und Drittrangigen verlassen und seine Kraft dem Erstrangigen zuwenden.
Wir haben in Deutschland keine katholische Presse mehr. Bei der allgemeinen religiösen Auslaugung der sogenannten Katholiken ist an die Gründung einer auflagestarken Zeitung nicht zu denken. Aber es gibt die Möglichkeit, die existierenden Presseorgane zu beeinflussen. Durch Anrufe, E-Mails und Leserbriefe, kann die Stimme des glaubenstreuen katholischen Christen hörbar gemacht werden. Wir können aufbauende Schriften, wie sie beispielsweise in Aachen und Kisslegg erscheinen, erwerben und anderen zugänglich machen. Ein Mann wie der evangelische Theologe Heinrich Schlier (1900-1978) hat einmal bemerkt, daß er den gläubigen Kleinschriften – über die Gnadenführung Gottes – seine Konversion zur katholischen Kirche verdankte.
Der Gremienkatholizismus ist zurückzuschneiden und womöglich zum Verschwinden zu bringen. Er ist weithin ein Tummelplatz von Wichtigtuern und Systemveränderern. Die Beendigung des fruchtlosen Geredes und der unaufhörlichen Wiederholung der angeblichen Notwendigkeit der Pseudo-Reformen wird den Weg freimachen für Taten und Zeugnis. Diese Überzeugung sollten wir den Bischöfen ebenso wie den Gremienkatholiken zu vermitteln suchen.
Das Wuchern der theologischen Lehranstalten in Deutschland ist eine Krankheitserscheinung. Mindestens die Hälfe müßte geschlossen oder aufgehoben werden. Wir können den Bischöfen und den Ordensoberen aufzeigen, daß das christliche Volk nichts nötiger hat als zahlreiche und sich selbst verzehrende Seelsorger und daß daher der Luxus der überzähligen Theologieprofessoren abzuschaffen ist, abgesehen davon, daß von vielen Mitgliedern dieser Kaste die Zersetzung ausgeht.
Kirchliche Umschau: Was können wir aus der Kirchengeschichte in dieser Zeit der Krise lernen?
Prälat Georg May: Aus der Kirchengeschichte ist zu lernen, daß scheinbar geringfügige Änderungen in Lehre und Ordnung der Kirche, die unbeachtet bleiben, sich zu Umstürzen und Abfallbewegungen auswachsen können. Der Wittenberger Mönch wurde lange Zeit nicht ernst genommen von den deutschen Bischöfen, bis er das ganze Haus der Kirche in Deutschland angezündet hatte. Joseph Lortz (1887-1975), der Historiker der sogenannten Reformation, erklärte schon in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts: „Die deutschen Bischöfe machen es wie im 16. Jahrhundert und unterlassen das Handeln, bis es zu spät ist.“ Die Kirchengeschichte lehrt uns, daß in Zeiten der Krise allein bedingungsloser Widerstand gegen Abbau und Konzessionen an die Meuterer und Aufrührer die Wende zum Besseren herbeiführen kann. Jede Nachgiebigkeit ermuntert die Hetzer und Wühler. Jetzt ist keine Zeit für Synoden, Dialogprozesse und Katholikentage, denn alle diese Erscheinungen sind willkommene Plattformen für die Systemveränderer. Nicht mit Reden und Mehrheitsbeschlüssen wird der Kirche aufgeholfen, sondern allein mit Taten, die vor Gott bestehen können. Wir können auch aus der Kirchengeschichte lernen, daß man mit der Herrschaft über die Medien ein ganzes Volk umkrempeln kann. Der Erfolg Luthers ist ohne das Druckmedium nicht zu erklären. Die Kirche muß in den Medien präsent sein. Wenn es nicht gelingt, eine katholische Presse aufzubauen oder durch andere Mittel wirksamen Einfluß auf die im Gottesdienst nicht mehr erreichbaren Menschen zu nehmen, geht die Erosion katholischer Haltung durch den verheerenden Einfluß der Medien unaufhaltsam weiter. Die Medien verführen und verbilden die Christen. Sie suggerieren protestantische oder atheistische Verhaltensweisen, machen die Glaubens- und Sittenlehre der Kirche madig, ermuntern den Widerstand gegen das kirchliche Recht und präparieren die Katholiken für den Abfall. Ich kann nicht feststellen, daß bisher in dieser Hinsicht Wirksames geschehen ist.
Kirchliche Umschau: Was wird vom Pontifikat Benedikt XVI. bleiben?
Prälat Georg May: Ich hoffe, daß vom Pontifikat Benedikt XVI. Folgendes bleiben wird: Erstens die von ihm mit Recht geforderte Einordnung des II. Vatikanischen Konzils in die Geschichte der Kirche. Diese Versammlung war eine von vielen. Seine Erklärungen, Beschlüsse und Handlungsempfehlungen werden nur verstanden, wenn sie im Licht der Tradition ausgelegt werden. Das II. Vatikanische Konzil war kein Superkonzil. Indem es sich selbst als Pastoralkonzil einstufte, hat es sich dagegen verwahrt, als ein Konzil der Dogmen angesehen zu werden. Benedikt XVI. hat stets davor gewarnt, das jüngste Konzil als das allein gültige zu betrachten und es gegen frühere Konzilien auszuspielen. Er hat dafür Beschimpfungen und Verdächtigungen auf sich genommen.
Zweitens der unbedingte Primat der Glaubenslehre bei allen Lebensäußerungen der Kirche. Benedikt XVI. hatte begriffen, daß die größte Gefahr, die der Kirche in der Gegenwart droht, die Gleichgültigkeit gegen den Glaubensschatz der Kirche ist. Deswegen hat er das Jahr des Glaubens ausgerufen. Er hat schon als Kardinal auf einer sauberen Ekklesiologie bestanden und den Standpunkt der Erklärung „Dominus Jesus“ als Papst beibehalten. Seine Unbeirrbarkeit im überkommenen Glauben hat er mit Mißbilligung und Schmähung bezahlt. Drittens die Unverzichtbarkeit des liturgischen Erbes der Kirche. Mit dem allein, was als Liturgiereform ausgegeben wird, ist der Heilsauftrag der Kirche nicht zu erfüllen. Es war eine Großtat Benedikts, den Zugang zu der vorkonziliaren Liturgie wenigstens für alle Gutwilligen wieder erschlossen zu haben. Er hat sich damit um den Gottesdienst der Kirche in hohem Maße verdient gemacht. Der Lohn für diese Tat waren Rügen von seiten der Progressisten aller Ränge.
Kirchliche Umschau: Wo sehen Sie die Quellen für eine wahre Erneuerung?
Prälat Georg May: Die Quellen für eine wahre Erneuerung der Kirche und ihrer Gliedern sind unerschütterliche Treue zur Glaubens- und Sittenlehre der Kirche, fragloser Anschluß an den Nachfolger Petri, heilige Gottesfurcht und Gottesliebe, Ringen um Sündenfreiheit und Heiligkeit. Jede Erneuerung, die diesen Namen verdient, muß mit der Bekehrung des Einzelnen beginnen. Es war der entscheidende Fehler der „Konziliaristen“, daß sie meinten, mit der Änderung von Organisationen und Strukturen könne der Kirche aufgeholfen werden, und daß sie darüber das allein Entscheidende, die Sinnesänderung jedes Einzelnen, versäumten. Deswegen stehen wir nach dem Konzil vor einem Scherbenhaufen. Diese Versammlung mit all ihrem Aufwand hat keinen einzigen katholischen Christen gläubiger, frömmer und sittenreiner gemacht. Wohl aber hat sie die weit verbreitete Ansicht aufkommen lassen, der Weg zum Himmelreich sei ein Spaziergang.
Eine Erneuerung der Kirche kann es nur geben, wenn sie sich vom Protestantismus eindeutig absetzt, denn der Protestantismus ist das Prinzip der Auflösung. Die Kirche braucht keinen Ökumenismus. Für den Verkehr mit Andersgläubigen hat sie das Gebot der Nächstenliebe. Den katholischen Christen sind die Unterscheidungslehren von Katholizismus und Protestantismus von Kind an vorzulegen. Die Verwischung und die Verharmlosung der Gegensätze zwischen den Konfessionen sind zu beenden.
Eine Erneuerung der Kirche setzt die Wiederaufrichtung der Disziplin, d.h. der Einordnung und der Unterordnung zum Zwecke eines geordneten Verhaltens, voraus. Die wohlklingendsten Gesetze und Maßnahmen verpuffen, wenn ihre Adressaten sie nicht aufnehmen und umsetzen. Daher ist die Willkür im Gottesdienst zu beenden. Die Strenge der priesterlichen Lebensform ist wiederherzustellen. Die Bischöfe sind nachhaltig daran zu erinnern, daß sie Seelsorger sind, nicht Verfasser von Vorworten und Redner zu Tagesfragen.
Hilfreich für die Erneuerung der Kirche können neue religiöse Gemeinschaften werden, die sich gebildet haben. Ich denke – um nur ein Beispiel zu nennen – an die Patres der „Servi Jesu et Mariae“ von Pater Andreas Hönisch (1930-2008).
Für unerläßlich halte ich die volle Integrierung der Priesterbruderschaft St. Pius X. Die verheißungsvolle Initiative Benedikts XVI. ist nicht zu einem Ende gekommen. Es ist zu hoffen, daß es dem neuen Papst gelingt, die Restitution herbeizuführen. Wir brauchen die Priester der Bruderschaft.
Kirchliche Umschau: Auf was müssen wir Katholiken uns vorbereiten?
Prälat Georg May: Wir müssen uns vorbereiten, mit Gleichmut das anzunehmen, was nach Gottes Vorsehung sich aus dem Konklave ergeben wird. Unsere Treue zur Kirche darf nicht wanken, wie immer die Wahl ausgehen mag. Wir sind und bleiben in der Kirche nicht eines Menschen wegen, sondern nur Gottes wegen. Wir wissen nicht, wer aus dem Konklave als neuer Papst hervorgehen wird. Die Spekulationen der Medien und einzelner Persönlichkeiten sind müßig. Die große Mehrheit der Kardinäle dürfte bei der Abgabe ihrer Stimme an Gottes Willen und das Wohl der Kirche denken. Daß der eine oder andere nach Parteirücksichten wählt, kann nicht ausgeschlossen werden. Wir hoffen, daß Gott der Kirche ein Oberhaupt schenkt, das für diesen Dienst fähig und geeignet ist. Wir hoffen, daß der neue Papst die Zügel anzieht, die Benedikt XVI. in seiner Milde recht locker handhabte. Wir hoffen, daß es ihm gelingt, die fatale Lage der Kirche in weiten Teilen der Erde zu bessern. Es kann aber auch anders kommen. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, daß der neue Papst Anpassung und Nachgeben als geeignet ansieht, der Krisensituation der Kirche zu begegnen. Wenn ich an die Mehrheit der deutschen Bischöfe denke, kann man nur besorgt sein, falls ihre Einstellung sich im Kardinalskollegium durchsetzen könnte. Aber wie immer die Papstwahl ausgehen mag: Ich kann mich schon seit langem nicht des Eindrucks erwehren, daß es einem Menschen nicht gelingen kann, die chaotischen Verhältnisse in weiten Teilen der Kirche zu überwinden. Ich fürchte, daß Gott selbst eingreifen muß, um seine Kirche oder den Rest, der dann übrigbleiben wird, zu retten. Wie und wann dies geschehen wird, ist seinem Ratschluß zu überlassen.
RE: Gespräch mit Prälat Prof. Dr. Georg May – (Kirchliche Umschau)
in Nachrichten 16.05.2014 16:18von Maresa • 297 Beiträge
Schön und Gut ist dieser Beitrag.
Betrachten wir einmal die Situation vor Ort:
Ein Priester für 5 Gemeinden, der Arme hetzt von Gottesdienst zu Gottesdienst.
Ein gegen nicht für die Gläubigen arbeitender Bischof, hat jegliche Mitarbeit der Gläubigen in Form von Wortgottesdiensten und Andachten unterbunden.
Kein Religionsunterricht des Pfarrers in der Schule, Die Kinder begegnen ihrem Pfarrer im Kommunionsunterricht zum Erstenmal.
Die Meisten sind nicht so ungläubig wie man denkt, sie haben einfach aufgegeben.
Der Rest hat sich in Nischen zurückgezogen, im Umkreis gibt es viele solcher Nischen es sei nur Wigratzbad erwähnt.
Diese Nischen pflegen auch einen regen Austausch untereinander, ganz hervoragend arbeitende Priester gibt es dort.
Aus diesen Nischen heraus, das ist meine Meinung, kann nur eine neue Generation von Gläubigen wachsen.
Die Anfänge sind schon gemacht, da hab ich großes Vertrauen, das unser Herr diese Menschen leitet und ihnen hilft.
Viele Grüße
Maresa
RE: Gespräch mit Prälat Prof. Dr. Georg May – (Kirchliche Umschau)
in Nachrichten 17.05.2014 20:40von Vicki (gelöscht)
Liebe Maresa,
Es ist wunderbar was Du von Wigratzbad schreibst, doch leider sieht die es wo anders nicht so aus.
Ich denke da an Deutschland das selbst wieder zum Missionsland geworden ist, viele Katholiken haben selbst ein verkümmerten glauben, und wenn Sie Kinder haben können Sie diesen Glauben kaum weiter geben, da Sie selbst für die viele Fragen keine Antwort haben.
Liebe Grüße
Vicki
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