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Sinnsuche
Jeder Mensch braucht einen Sinn im Leben. Diese Einsicht hat der bekannte Wiener Psychotherapeut Victor Frankl vor mehr als 50 Jahren gewonnen und eindrucksvoll mitgeteilt. Wenn man einige Zeit als Psychiater gearbeitet hat, dann kann man diesen Satz ohne Abstriche bejahen. Der Mensch ist auf ein Ziel hin geschaffen. Das Schlimmste ist demnach das Leiden am sinnlosen Leben. Und umgekehrt: Wenn ein Leiden, ein Schmerz, einen Sinn hat, dann lässt sich sehr viel ertragen.
Arbeitslose verzweifeln häufig, nicht so sehr am Geldmangel, sondern daran, dass sie nichts beitragen können für die Allgemeinheit, dass sie unbrauchbar scheinen, unnotwendig, sinnlos. Auch der „Pensionsschock“ lässt sich bei Personen so erklären, die außerhalb der beruflichen Arbeit keinen neuen Sinn im Leben zu entdecken vermögen. Es ist tief im Menschen verwurzelt, sich selbst als sinnvoll zu erleben und als solcher gesellschaftlich anerkannt zu werden. Deswegen ist es zumindest eine gesellschaftliche Unklugheit und sogar ein Unrecht, wenn der wichtigste, schönste, sinnvollste und forderndste Beruf, den es gibt – Hausfrau und Mutter –, medial und gesellschaftlich so abgewertet und sogar verspottet wird.
Auf der anderen Seite ist ein Kreuz leichter tragbar, wenn man weiß, dass man auf diese Weise etwas bewirkt, dass man so jemandem hilft, dass das Leiden also einen Sinn hat. Man kann aus Liebe verzichten und sich aus Rücksicht zurückziehen, wenn es dem Geliebten hilft, wie in dem Film über Cyrano de Bergerac so schön und anschaulich dargestellt wird. Es rührt zu Tränen, wenn man sieht, wie Cyrano sich seiner Base nicht erklärt, weil er ihren Liebestraum zu einem anderen Mann nicht zerstören will. Auch dieser Schmerz ist ein Sinn, den sich Cyrano in seiner rücksichtsvollen Liebe gewählt hat. Das muss er nicht tun: er macht es freiwillig, aus Liebe eben.
Letztlich erkennt man an der „Psychologie des Sinns“, dass der Mensch für den anderen gemacht ist, auf ein Du hin. Auf etwas, was ihn selbst übersteigt, transzendiert. Der Mensch ist sich selbst auf Dauer zu wenig, er genügt sich selbst nicht. Was ihn wirklich glücklich macht, ihn erfüllt, ist die Selbsthingabe, nicht die Selbstverherrlichung. Sinn findet der Mensch nämlich, wenn er sich dienend in die Menschheitsfamilie einreiht, wenn er sich den anderen schenkt mit seinen Talenten, mit seinem ganzen Sein. Wie schön ist es zum Beispiel, wenn eine Frau ihre kleinlichen Karrierephantasien überwindet und sich ganz ihrer Familie schenken kann. Aus Liebe, nicht aus Berechnung kann sie sich selbst hintanstellen und hat so ihren Sinn gefunden. Wie schön ist es, für andere zu leben! Johannes Paul II. hat besonders der Frau die „Fähigkeit für den anderen“ zugesprochen. Die Frau bewahrt laut der Kongregation für die Glaubenslehre (2004) die tiefgründige Intuition, dass das Beste ihres Lebens darin besteht, sich für das Wohl des anderen einzusetzen, für sein Wachstum, für seinen Schutz. Tatsächlich, das ist ein schönes Talent, von dem die Gesellschaft lebt.
Sinn kann ganz verschieden sein: Die einen engagieren sich für die Kirche, andere in einem Wohltätigkeitsverein, wieder andere für Obdachlose, andere vielleicht für die Umwelt oder Robbenbabies – aber alle für ein Ideal, das außerhalb ihrer selbst liegt. Viele finden ihren Sinn in ihrer Familie oder auch im Beruf. Auch der Schriftsteller schreibt seine Bücher nicht für sich selbst, sondern um andere an seinem künstlerischen Blick auf die Wirklichkeit teilhaben zu lassen. Auch Musiker und Maler verstehen ihre Kunst normalerweise als Gabe für die anderen. All das kann man auch aus ichhaften Motiven machen – dann verliert sich aber die Heilkraft der Selbstlosigkeit.
Die Psychologie kann zwar niemandem einen Sinn geben, aber das Sinn-Vakuum diagnostizieren, unter dem der Mensch leidet. Und in der Tat: Viele Menschen leiden an der „noogenen Depression“, wie Frankl das Leiden an der Sinnlosigkeit nennt. Da der Zeitgeist aber leider empfiehlt, „mehr auf sich zu schauen“, „sich selbst auch einmal etwas Gutes zu tun“, „sich selbst zu verwirklichen“, „seine Bedürfnisse wahrzunehmen“, „nicht nur immer an die anderen zu denken“, so verstärkt sich durch eine solch egozentrische Denkweise das Leiden am sinnlosen Leben.
Sinn geben kann im Gegensatz zur Psychotherapie die Religion. Die Psychologie und Psychotherapie ist eine Technik, um Menschen aus den Verstrickungen des Unglücks herauszuschälen – um den Menschen frei zu machen. Was der Mensch dann mit der Freiheit anfangen soll, sagt ihm die Kirche. Denn Gott weiß, wozu er den Menschen geschaffen hat, und er weist ihn auf seine Berufung hin.
Im Religiösen bedeutet das die Ganzhingabe an Gott im Kontext einer Liebesbeziehung. Teresa von Avila, Therese von Lisieux, Franz von Assisi, Ignatius von Loyola, Josefmaria Escriva oder Mutter Teresa von Kalkutta haben das heroisch und voller Freude vorgelebt: Der Sinn des Lebens besteht in der Hingabe. Wer sich in Liebe hingibt, ist froh – und wer um sich selbst kreist, verzweifelt. Da der Mensch seinen Sinn nur außerhalb seiner selbst finden kann, ist die Gefangenschaft in sich selbst, im eigenen Ego, besonders bitter. Deswegen scheitern auch Menschen häufig, wenn die „Selbstverwirklichung“ auf ihrer Agenda ganz oben steht. In diesem Zusammenhang heißt es bekanntlich: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht.“ Damit ist genau die selbstlose Hingabe gemeint, die so erfüllend ist – im Gegensatz zur engherzigen und angstvollen Selbstbewahrung.
Univ.-Doz. DDr. Raphael M. Bonelli, Leiter Neuropsychiatrische Forschungsgruppe Sigmund Freud Universität
2.Korinther 3,17
17 Der Herr aber ist der Geist, und wo der Geist des Herrn wirkt, da ist Freiheit.
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