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Glaube und Wissen
Zwei Wege führen zur Wahrheit: Das Wissen und der Glaube. Die Eigenständigkeit beider Wege, aber auch ihre Zuordnung dürfen nicht vergessen werden.
Der Konflikt zwischen Glauben und Wissen
Beide Wege stehen in der Neuzeit oft in einem heftigen Konflikt. Der Glaube, so argumentiert die Gegenseite, sei eine Einbildung, seine Inhalte seien wissenschaftlich nicht belegbar und deshalb Träumereien oder reine Fantasieprodukte; er lebe von einem starken Überzeugtsein. Religion, so hieß es im Kommunismus, sei wie eine Droge, wie Opium, das die Menschen von harter Arbeit zur Verbesserung der irdischen Lage abhalte und zum Träumen vom Himmel, von der herrlichen Zukunft verleite. Überlass den Himmel den Spatzen, wird dann gesagt. Tatsächlich scheint dieser wissensbetonte Szientismus i in den letzten Jahrhunderten einen Siegeszug angetreten zu haben.
Die Auseinandersetzung bezog sich vor allem auf den biblischen Schöpfungsbericht, auf das sogenannte Sechstagewerk. Die Welt und das Tierreich wurden nicht in ein paar Tagen erschaffen, sondern in einem Zeitraum von Milliarden von Jahren, in dem sich alles entwickelt hat. Also sei die biblische Glaubensvorstellung durch die Ergebnisse der Wissenschaft überholt, man habe die Bibel gleichsam als universales Lehrbuch, als Überlehrbuch auch in naturwissenschaftlichen Fragen betrachtet und dieses Lehrbuch sei widerlegt. Hinter dieser Sicht stand die Auffassung von der Verbalinspiration, das heißt, dass Gott als der Verfasser der heiligen Schriften auch den Wortlaut der Bibel mitgeteilt hätte. Wenn Gott sich nicht irren kann, müsse die Bibel unfehlbar sein.
Die Erkenntnis der jeweiligen Zuständigkeit
Die Theologie war aufgrund dieser Auseinandersetzung gezwungen, ihre Positionen neu zu überdenken. Das Ergebnis war die Einsicht in die Autonomie der irdischen Wirklichkeiten. Sie besagt konkret: Ob sich die Erde bewegt oder die Sonne, entscheidet die Astronomie und gehört nicht in den Bereich der Theologie. Gleiches gilt für die Medizin, Physik oder Archäologie. Doch muss auch die betreffende Wissenschaft gegenüber der Theologie methodisch korrekt vorgehen. Dann kann es zwischen Glauben und Wissenschaft zu keinem Widerspruch kommen. So kann zum Beispiel ein Mediziner mit der physikalischen Methode der Durchleuchtung zwar einen Knochenbruch oder einen Magendurchbruch feststellen, aber nie das Wesen des Menschen, sein Woher und Wohin, seinen Sinn angeben.
Ein Arzt, der sagte, er habe schon Tausende von Menschen geröntgt, aber noch nie eine menschliche Seele entdeckt, oder ein Politiker, der sagte: Wir haben Astronauten hinaufgeschickt und sie gefragt, ob sie Gott gesehen hätten, haben das Methodenproblem überhaupt nicht verstanden, auch die Wissenschaft kann also ihre Grenzen überschreiten. Die Wissenschaft kann zwar das Leiblich-Materielle erfassen, aber nicht erklären, was der Sinn des Lebens ist, zwar schon das Woraus des Menschen, aber nicht das Warum; also schon, dass der Mensch lebt, leidet und stirbt, aber nicht den Sinn des Lebens, Leidens und Sterbens. So gibt die wissenschaftliche Erkenntnis nur Teilantworten und verweist auf die Dimension des Glaubens. Wo aber diese Dimension nicht gesehen wird, wird der Wert der menschlichen Person nicht mehr erfasst.
Der bekannte Psychoanalytiker S. Freud, der selbst ein Atheist war, erkannte diese Entwertung des Menschen durch die Wissenschaft, wenn er von den drei Demütigungen des Menschen durch die Wissenschaft gesprochen hat: Die erste Demütigung bestand darin, dass der Mensch und sein Lebensraum, die Erde, nicht mehr die Mitte der Welt (geozentrisches Weltbild!) ist, sondern wie ein heimatloser Nomade im Weltraum umherirrt. Zweitens sei der Mensch nicht mehr geleitet und gesteuert durch die Vernunft, sondern durch das Unterbewusste, das heißt durch seine Triebe und Strebungen. Und die dritte Demütigung hätte der Mensch durch den Darwinismus hinnehmen müssen: Der Mensch sei nicht mehr Ebenbild Gottes, sondern des Tieres. Man sieht die Entwürdigung und Entwertung des menschlichen Lebens, wenn die Dimension des Glaubens vergessen wird. Die Auswüchse dieser Entwicklung zeigen sich an der mangelnden Achtung vor dem beginnenden und dem endenden Leben. So sind in der heutigen Gesellschaft gerade Christen Vorkämpfer für das Leben.
Die unantastbare Würde jedes Menschen, ob ungeboren oder alt, gesund oder krank – ein Orientierungspunkt in den modernen Verfassungen – kann mit den Methoden der exakten Wissenschaften nicht erklärt werden. Sie gründet in der Gottebenbildlichkeit und in der ewigen Bestimmung des Menschen. So bleibt das Wort B. Pascals gültig: „Ohne Jesus Christus wissen wir weder was unser Leben, noch was unser Tod, noch was Gott ist, noch was wir selber sind“ (Pensees, Frgm. 548). Papst Johannes Paul II. stellt in seiner Enzyklika „Fides et Ratio“ (Glaube und Vernunft) ebenfalls die Zentralität der Christusgestalt heraus. Er fragt: „Wo sonst als in dem Licht, das vom Geheimnis der Passion, des Todes und der Auferstehung ausstrahlt, könnte der Mensch die Antwort auf so dramatische Fragen suchen, wie die des Schmerzes, des Leidens Unschuldiger und des Todes“ (a. 12). Der Papst warnt vor einer eindimensionalen ii, nur auf die irdische Wirklichkeit des Lebens eingeengten Sicht des Menschen, „der die großen sittlichen Nöte und die existentiellen über den Sinn von Leiden und Opfer, von Leben und Tod fern sind“ (a. 89). Gerade der Sinn des Opfers scheint heutzutage einem utilitaristischen iii Zweckdenken völlig verschlossen zu sein.
Die Wissenschaft geht von der Funktionalität der Dinge und ihren Gesetzen aus, der Glaube von der Freiheit der Person, die vom Bezug zur absoluten Person ihre Würde hat und sich dieser absoluten Person immer mehr zubewegt. Diese absolute Person ist Jesus Christus, das ewige Du seines Vaters. Wäre diese Person nicht Gott, könnte sie nicht letzte Sinnerfüllung, das heißt höchst mögliche Sinnerfüllung sein. Wäre dieser Gott nicht Person, sondern apersonales Prinzip iv oder Urgrund, entstünde der Mensch einem vielleicht zufälligen Emanationsprozess v, aber nicht einem freien, gewollten liebenden Ruf des personalen Schöpfers. Dieser ist Jesus Christus, das Wort, das Gott war und durch das alles geschaffen worden ist (vgl. Joh 1,1.3), der Sohn, durch den und auf den hin alles ist (vgl. Kol 1,13.16), der die Auferstehung und das Leben, der Weinstock, das Brot des Lebens, der Weg und die Wahrheit und das Leben (Joh 11,25; 15,1.5; 6,35; 14;6) ist.
Lösungsversuche der Spannung zwischen Glaube und Wissen
Die Spannung zwischen Glaube und Wissen wurde oft so gelöst, dass man zwei Wahrheiten für nicht möglich annahm. Aber eine doppelte Wahrheit bei derselben Sache und unter derselben Erkenntnismethode gibt es nicht. Als andere Lösung wurde der sogenannte Fideismus vi vorgeschlagen, der den Glauben der Vernunft überordnete und dieser die Fähigkeit echter Erkenntnis bei metaphysischen vii und religiösen Wahrheiten (Existenz Gottes, Unsterblichkeit der Seele) absprach. Der Glaube will jedoch einsichtig gemacht und verstanden werden – nach dem Motto „fides quaerit intellectum“ (Glaube sucht das Verstehen) sucht der Glaubende für sich und für den Mitmenschen einen vernunftgemäß und daher nicht zwanghaft vermittelten, verantwortlichen Glauben. Das andere Extrem ist ein Szientismus oder ein Rationalismus, der Glaubensaussagen für ungesichert hält und in der Philosophie die Metaphysik ablehnt. Das Denken könne unter dieser Voraussetzung nicht als praeambula fidei viii den Glauben vorbereiten und nicht zu ihm hinführen. Die Möglichkeit der Offenbarung, das heißt, dass Gott sich selbst den Menschen mitteilt, wird dabei wenig ins Kalkül gezogen.
Bei nüchterner Betrachtung sind der Glaubens- und der Wissensbereich aufeinander bezogen. Der Fortschritt der Wissenschaft, der nicht zu leugnen ist, erzeugt ein Überlegenheitsgefühl, demzufolge „Glauben“ „Nichtwissen“ heiße (was stimmt, wenn „Glauben“ als „Meinen“ verstanden wird). Jedoch dieser Fortschritt ohne religiösen Glauben hält den Menschen in einem Labyrinth gefangen. So kann die Medizin das Leben des Menschen auf 90 und 100 Jahre verlängern, aber nicht verhindern, dass der Mensch stirbt und dass immer mehr Leute sagen: Es ist nicht gut, so alt zu werden. Dadurch wird letztlich das ganze Bemühen der Medizin entwertet. Der Mensch sucht nach einer „lebendigen Hoffnung“, die ihm „durch die Auferstehung Jesu Christi“ geschenkt ist (vgl. 1 Petr 1,3); sonst wird das Leben zu einem Laufen ohne Ziel.
Anton Ziegenaus,
em. Professor für Dogmatik
i Szientismus: nur auf Wissen und Wissenschaft, nicht auf Glauben begründete Anschauungsweise
ii eindimensional: nur in einer Dimension ausgedehnt
iii utilitaristisch, Utilitarismus: Lehre, dass der Zweck des menschlichen Handelns der Nutzen des einzelnen oder der Gemeinschaft sei
iv apersonales Prinzip: unpersönliches Prinzip
v Emanationsprozess: Ausströmungsprozess
vi Fideismus: Anschauung, dass die religiösen Wahrheiten nur dem Glauben, nicht der Vernunft zugänglich sind
vii metaphysisch: übersinnlich, jenseits der Erfahrung und Erkenntnis liegend
viii praeambula fidei: die Voraussetzungen des Glaubens
2.Korinther 3,17
17 Der Herr aber ist der Geist, und wo der Geist des Herrn wirkt, da ist Freiheit.
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