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Die Kirche als Stiftung Jesu Christi
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Die Kirche als Stiftung Jesu Christi
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Geliebte im Herrn!
Der Heilige Geist belebt und regiert die Kirche. So hatten wir am vergangenen Sonntag festgestellt. Wir wollen heute und an den kommenden Sonntagen diese Kirche uns vor Augen führen, welche der Heilige Geist belebt und regiert.
Die katholische Kirche ist die von Christus gestiftete sichtbare Anstalt und Gemeinschaft, die sein Werk fortsetzt und die Welt für den Himmel erzieht. Die katholische Kirche als die Kirche Christi hat Christus zum Stifter. Er hat sie gegründet. Der evangelische Theologe Harnack hat einmal das witzige Wort gesprochen: „Christus verkündete das Himmelreich, und gekommen ist die Kirche.“ Dieses Wort Harnacks geht an der Wirklichkeit vorbei. Das Kommen der Kirche ist kein Gegensatz zur Predigt vom Himmelreich. Himmelreich, Himmelreichspredigt und Kirche stehen in einem engen, ja unaufgebbaren Zusammenhang. Das Reich der Himmel, das Reich Gottes hat ein Organ, ein Werkzeug, und das nennen wir Kirche. Ohne die Kirche wäre die Botschaft vom Himmelreich längst verhallt, wäre sie längst vergessen. Nur weil es eine Kirche gibt, welche die Botschaft vom Himmelreich durch die Zeit trägt, wird das Evangelium vom Kommen der Gottesherrschaft heute noch ausgerufen. Christus hat nicht nur das Himmelreich verkündet, Christus hat auch die Kirche gestiftet. Es lassen sich in seinem irdischen Leben kirchenstiftende Taten nachweisen.
Christus hat ein Kollegium von zwölf Männern berufen. Die Zahl 12 ist kein Zufall. Es hätten ja auch 11 oder 13 sein können, nicht wahr, wenn man an den Zufall gedacht hätte; nein, es waren 12. Zwölf deswegen, weil hier das neue Zwölf-Stämme-Volk, das neue Volk Israel herangebildet wird. Die Zahl 12 ist ein Symbol dafür, daß sich hier ein neues Volk bildet, das Christus sammelt, das von ihm zusammengerufen wird. Und diese zwölf Apostel sind eben die hervorragenden Glieder, die Fürsten in diesem Zwölf-Stämme-Volk, das da herangebildet wird.
Um von anderen kirchenstiftenden Taten Jesu während seines irdischen Lebens zu schweigen, verweise ich auf seinen Tod und seine Auferstehung als das eminent kirchenstiftende Element im Dasein Jesu. Wieso Tod und Auferstehung? Ja, durch seinen Tod und seine Auferstehung hat er die Erlösung bewirkt, hat er sich ein Volk erkauft, hat er die Sünden vergeben und die Gnade bereitgestellt. Und deswegen sind Tod und Auferstehung eminent kirchenstiftende Akte in der Wirklichkeit Jesu Christi.
Christus hat eine sichtbare Kirche gestiftet. Auch diese Wahrheit ist angefochten. Es sind Irrlehrer aufgetreten, die sagen: Nein, die Kirche ist unsichtbar. Alle, die an Christus glauben, alle, die sich von ihm belehren lassen, alle, die auf ihn bauen und vertrauen oder sogar alle Menschen guten Willens, das ist die Kirche.
Nein, das ist die Kirche nicht! Die Kirche ist eine sichtbare Gemeinschaft. Sie ist sichtbar in ihren Vorstehern. Sie ist sichtbar in ihrem Aufnahmeritus, der Taufe. Sie ist sichtbar in ihrem Glauben. Dieser Glaube ist präzise aussagbar. Dieser Glaube ist in Sätzen faßbar, und nur, wer sich zu diesem Glauben bekennt, kann sich als Glied dieser Kirche, dieser sichtbaren Kirche betrachten. Der Herr vergleicht deswegen seine Kirche mit der Stadt auf dem Berge, die nicht übersehen werden kann, oder auch mit einem Volk, denn ein Volk ist auch sichtbar.
Die Theologie hat im Laufe der Jahrhhunderte viele Bilder für die Kirche aus der heiligen Schrift bezogen oder auch selbst formuliert. Der heilige Augustinus legte besonderes Gewicht auf den Begriff VOLK GOTTES, der heilige Thomas von Aquin betonte die GEMEINSCHAFT DER GLÄUBIGEN. Alle diese Ausdrücke zeigen irgendeine Seite vom Wesen der Kirche an. Sie erschöpfen nicht – jeder für sich – die Wirklichkeit der Kirche, sie ergänzen sich vielmehr gegenseitig und weisen jeweils auf ein besonderes Merkmal der Kirche hin. Wenn man sagt „Volk Gottes“, dann will man damit hervorheben, daß die Kirche eben eine riesige Gemeinschaft übernatürlichen Ursprungs ist, kein irdisches Volk. Das irdische Volk besteht ja aus gemeinsamem Schicksal, gemeinsamer Sprache, gemeinsamer geographischer Lage. Nein, die Kirche ist kein natürliches Volk, aber ein übernatürliches; deswegen ein Volk Gottes, ein von Gott hervorgerufenes, aus allen Stämmen, Völkern und Nationen zusammengerufenes Volk Gottes, ein neues Volk, nämlich ein Volk auf übernatürlicher Grundlage. Übernatürlich ist die Grundlage, weil es der Tod, der heilbringende Tod und die Auferstehung, die fruchtbare Auferstehung unseres Heilandes ist, welche die Kirche geschaffen haben. Wenn man den Ausdruck „Gemeinschaft der Gläubigen“ hervorhebt, dann will man besonders nachdrücklich darauf hinweisen, daß die in der Kirche Lebenden miteinander verbunden sind und daß der Glaube das Band ist, welches die Glieder dieses Volkes umschlingt, der Glaube, der heilige, wahre, unveränderliche, unfehlbare Glaube.
Man kann die Kirche auch als Mutter bezeichnen, denn die Kirche erzeugt ja und nährt ihre Kinder. In der Taufe bringt sie ihre Kinder hervor, werden aus Unerlösten Erlöste. Die Getauften werden dann von der Kirche als einer Mutter gelenkt und geleitet und geführt und betreut.
Die Kirche führt ihre leitende und lenkende Tätigkeit in dem dreifachen Amt, im Lehramt, im Priesteramt und im Hirtenamt, aus. Dieses dreifache Amt war schon unserem Herrn und Heiland zu eigen. Er war Lehrer, Priester und Hirte. Sein Lehramt hat er ausgeübt, indem er das Evangelium, die Frohe Botschaft, verkündete. Sein Priesteramt hat er ausgeübt, indem er sich selbst als Opfer am Kreuze darbrachte und indem er heilige Riten einsetzte wie das Meßopfer. Sein Hirtenamt hat er ausgeübt, indem er die Apostel aussandte, die Pharisäer zurechtwies, indem er seine Gemeinschaft bereitete.
Dieses dreifache Amt hat Christus den Aposteln übertragen. Er hat ihnen die Lehre anvertraut nach der Himmelfahrt, indem er sprach: „Gehet hin zu allen Völkern und lehret sie! Lehret sie alles halten, was ich euch gesagt habe!“ Er hat sie zu Priestern gemacht, als er im Abendmahlssaale ihnen das heilige Meßopfer anvertraute mit den unvergänglichen Worten: „Tut dies zu meinem Gedächtnis!“ Er hat sie ebenso zu Priestern gemacht, als er ihnen die Vollmacht gab, Sünden nachzulassen und zu behalten. Er hat ihnen aber auch sein Hirtenamt anvertraut, indem er ihnen sagte: „Was immer ihr auf Erden binden werdet, das wird auch im Himmel gebunden sein. Was immer ihr auf Erden lösen werdet, das wird auch im Himmel gelöst sein.“ Binden und Lösen, das heißt soviel wie Gesetze geben und Gesetze ändern, das bedeutet, jemanden in den Bann tun und wieder aus dem Banne befreien, das besagt autoritativ lenken und leiten.
Dieses dreifache Amt sollte mit den Aposteln nicht erlöschen. Wie hätte der Herr sagen können: „Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt,“ wenn mit den Aposteln die ihnen übertragenen Gewalten in die Gräber gesunken wären? Nein, der Herr wollte, daß seine Kirche so weiterlebt, wie er sie gegründet hat. Er wollte Kontinuität, er wollte Tradition, Weitergabe. Und so haben die Apostel ihre Vollmachten an ihre Schüler weitergegeben, an die Apostelschüler, an Titus auf Kreta, an Timotheus in Ephesus und an die vielen anderen, deren Namen wir nicht kennen, und so sind diese Gewalten heute auf die Kirche gekommen und leben in ihr genauso wie zu apostolischen Zeiten. In der Predigt, im Schulunterricht, in der Unterweisung der Erwachsenen übt die Kirche ihr heiliges Lehramt aus. Die Kirche übt das Priesteramt aus, indem sie das Meßopfer feiert, indem sie die Sakramente spendet, indem sie Segensandachten hält. Sie übt das Hirtenamt aus, indem sie Gesetze gibt, Verbote und Gebote, Strafen verhängt, wenn es notwendig ist.
Die Kirche besteht aus einer doppelten Wirklichkeit. Ihr sind himmlische Schätze anvertraut, aber sie trägt diese in irdenen Gefäßen. Sie hat ein menschliches und ein göttliches Element. Das göttliche Element ist unfehlbar, das menschliche Element ist stets von Gefahren umwittert.
Trotzdem bleibt bestehen, daß Christus durch seinen Heiligen Geist die Kirche lenkt und leitet. Wir nennen ihn das Haupt der Kirche, und er ist es. So wie das Haupt beim Menschen als der Sitz der Leitungsfähigkeit gilt, so ähnlich-unähnlich ist es mit Christus. Er ist das Haupt der Kirche, weil er durch seinen Heiligen Geist die Kirche lenkt und leitet. Man nennt ihn auch das unsichtbare Haupt, weil er mit den Augen des Körpers nicht zu erkennen ist, sondern nur mit dem Blick des Glaubens, aber durch seine Gnade wirkt er auf die Kirche ein. Und da liegt die Fehlerquelle. Soweit sich die Menschen vom Heiligen Geist führen und leiten lassen, soweit sie die Gnade aufnehmen und in ihr handeln, soweit wird die Kirche ganz die Braut Christi sein, die sich ihrem Bräutigam in liebevoller Weise hingibt.
Aber wenn die Hirten und die Herde sich dem Heiligen Geist verschließen, wenn sie aus der Gnade herausfallen, dann wird das Antlitz der Kirche entstellt, dann wird die Kirche zum Anstoß.In einer feierlichen Stunde, meine lieben Freunde, im Ölgarten, da stand der Heiland vor seinen Jüngern, die da lagen und schliefen. „Steht auf, laßt uns gehen!“ sagte er. „Steht auf“ – denn er steht ja schon – „und laßt uns gehen! Wir wollen zusammen gehen, ihr und ich.“
Sehen Sie, meine lieben Freunde, das ist das Geheimnis der katholischen Kirche. Die katholische Kirche ist eine Schwäche, sie ist eine Unzulänglichkeit, sie ist manchmal ein Ärgernis. Aber der Herr hat zu ihr gesagt: „Wir wollen gehen! Wir wollen zusammen gehen, du, katholische Kirche, und ich.“
Und so wollen auch wir diese Kirche nicht verlassen. Wir wollen mit dem Herrn gehen, ihr und ich, bis wir an das Ziel gelangt sind.
Amen.
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