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Die Kir­che als Stif­tung Jesu Christi

in Predigten 13.10.2013 17:15
von Kristina (gelöscht)
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Die Kir­che als Stif­tung Jesu Christi

Im Namen des Vaters und des Soh­nes und des Hei­li­gen Geis­tes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Der Hei­lige Geist belebt und regiert die Kir­che. So hat­ten wir am ver­gan­ge­nen Sonn­tag fest­ge­stellt. Wir wol­len heute und an den kom­men­den Sonn­ta­gen diese Kir­che uns vor Augen füh­ren, wel­che der Hei­lige Geist belebt und regiert.

Die katho­li­sche Kir­che ist die von Chris­tus gestif­tete sicht­bare Anstalt und Gemein­schaft, die sein Werk fort­setzt und die Welt für den Him­mel erzieht. Die katho­li­sche Kir­che als die Kir­che Christi hat Chris­tus zum Stif­ter. Er hat sie gegrün­det. Der evan­ge­li­sche Theo­loge Har­nack hat ein­mal das wit­zige Wort gespro­chen: „Chris­tus ver­kün­dete das Him­mel­reich, und gekom­men ist die Kir­che.“ Die­ses Wort Har­nacks geht an der Wirk­lich­keit vor­bei. Das Kom­men der Kir­che ist kein Gegen­satz zur Pre­digt vom Him­mel­reich. Him­mel­reich, Him­mel­reichs­pre­digt und Kir­che ste­hen in einem engen, ja unauf­geb­ba­ren Zusam­men­hang. Das Reich der Him­mel, das Reich Got­tes hat ein Organ, ein Werk­zeug, und das nen­nen wir Kir­che. Ohne die Kir­che wäre die Bot­schaft vom Him­mel­reich längst ver­hallt, wäre sie längst ver­ges­sen. Nur weil es eine Kir­che gibt, wel­che die Bot­schaft vom Him­mel­reich durch die Zeit trägt, wird das Evan­ge­lium vom Kom­men der Got­tes­herr­schaft heute noch aus­ge­ru­fen. Chris­tus hat nicht nur das Him­mel­reich ver­kün­det, Chris­tus hat auch die Kir­che gestif­tet. Es las­sen sich in sei­nem irdi­schen Leben kir­chen­stif­tende Taten nach­wei­sen.

Chris­tus hat ein Kol­le­gium von zwölf Män­nern beru­fen. Die Zahl 12 ist kein Zufall. Es hät­ten ja auch 11 oder 13 sein kön­nen, nicht wahr, wenn man an den Zufall gedacht hätte; nein, es waren 12. Zwölf des­we­gen, weil hier das neue Zwölf-Stämme-Volk, das neue Volk Israel her­an­ge­bil­det wird. Die Zahl 12 ist ein Sym­bol dafür, daß sich hier ein neues Volk bil­det, das Chris­tus sam­melt, das von ihm zusam­men­ge­ru­fen wird. Und diese zwölf Apos­tel sind eben die her­vor­ra­gen­den Glie­der, die Fürs­ten in die­sem Zwölf-Stämme-Volk, das da her­an­ge­bil­det wird.

Um von ande­ren kir­chen­stif­ten­den Taten Jesu wäh­rend sei­nes irdi­schen Lebens zu schwei­gen, ver­weise ich auf sei­nen Tod und seine Auf­er­ste­hung als das emi­nent kir­chen­stif­tende Ele­ment im Dasein Jesu. Wieso Tod und Auf­er­ste­hung? Ja, durch sei­nen Tod und seine Auf­er­ste­hung hat er die Erlö­sung bewirkt, hat er sich ein Volk erkauft, hat er die Sün­den ver­ge­ben und die Gnade bereit­ge­stellt. Und des­we­gen sind Tod und Auf­er­ste­hung emi­nent kir­chen­stif­tende Akte in der Wirk­lich­keit Jesu Christi.

Chris­tus hat eine sicht­bare Kir­che gestif­tet. Auch diese Wahr­heit ist ange­foch­ten. Es sind Irr­leh­rer auf­ge­tre­ten, die sagen: Nein, die Kir­che ist unsicht­bar. Alle, die an Chris­tus glau­ben, alle, die sich von ihm beleh­ren las­sen, alle, die auf ihn bauen und ver­trauen oder sogar alle Men­schen guten Wil­lens, das ist die Kir­che.

Nein, das ist die Kir­che nicht! Die Kir­che ist eine sicht­bare Gemein­schaft. Sie ist sicht­bar in ihren Vor­ste­hern. Sie ist sicht­bar in ihrem Auf­nah­me­ri­tus, der Taufe. Sie ist sicht­bar in ihrem Glau­ben. Die­ser Glaube ist prä­zise aus­sag­bar. Die­ser Glaube ist in Sät­zen faß­bar, und nur, wer sich zu die­sem Glau­ben bekennt, kann sich als Glied die­ser Kir­che, die­ser sicht­ba­ren Kir­che betrach­ten. Der Herr ver­gleicht des­we­gen seine Kir­che mit der Stadt auf dem Berge, die nicht über­se­hen wer­den kann, oder auch mit einem Volk, denn ein Volk ist auch sicht­bar.

Die Theo­lo­gie hat im Laufe der Jahrhhun­derte viele Bil­der für die Kir­che aus der hei­li­gen Schrift bezo­gen oder auch selbst for­mu­liert. Der hei­lige Augus­ti­nus legte beson­de­res Gewicht auf den Begriff VOLK GOT­TES, der hei­lige Tho­mas von Aquin betonte die GEMEIN­SCHAFT DER GLÄU­BI­GEN. Alle diese Aus­drü­cke zei­gen irgend­eine Seite vom Wesen der Kir­che an. Sie erschöp­fen nicht – jeder für sich – die Wirk­lich­keit der Kir­che, sie ergän­zen sich viel­mehr gegen­sei­tig und wei­sen jeweils auf ein beson­de­res Merk­mal der Kir­che hin. Wenn man sagt „Volk Got­tes“, dann will man damit her­vor­he­ben, daß die Kir­che eben eine rie­sige Gemein­schaft über­na­tür­li­chen Ursprungs ist, kein irdi­sches Volk. Das irdi­sche Volk besteht ja aus gemein­sa­mem Schick­sal, gemein­sa­mer Spra­che, gemein­sa­mer geo­gra­phi­scher Lage. Nein, die Kir­che ist kein natür­li­ches Volk, aber ein über­na­tür­li­ches; des­we­gen ein Volk Got­tes, ein von Gott her­vor­ge­ru­fe­nes, aus allen Stäm­men, Völ­kern und Natio­nen zusam­men­ge­ru­fe­nes Volk Got­tes, ein neues Volk, näm­lich ein Volk auf über­na­tür­li­cher Grund­lage. Über­na­tür­lich ist die Grund­lage, weil es der Tod, der heil­brin­gende Tod und die Auf­er­ste­hung, die frucht­bare Auf­er­ste­hung unse­res Hei­lan­des ist, wel­che die Kir­che geschaf­fen haben. Wenn man den Aus­druck „Gemein­schaft der Gläu­bi­gen“ her­vor­hebt, dann will man beson­ders nach­drück­lich dar­auf hin­wei­sen, daß die in der Kir­che Leben­den mit­ein­an­der ver­bun­den sind und daß der Glaube das Band ist, wel­ches die Glie­der die­ses Volkes umschlingt, der Glaube, der hei­lige, wahre, unver­än­der­li­che, unfehl­bare Glaube.

Man kann die Kir­che auch als Mut­ter bezeich­nen, denn die Kir­che erzeugt ja und nährt ihre Kin­der. In der Taufe bringt sie ihre Kin­der her­vor, wer­den aus Uner­lös­ten Erlöste. Die Getauf­ten wer­den dann von der Kir­che als einer Mut­ter gelenkt und gelei­tet und geführt und betreut.

Die Kir­che führt ihre lei­tende und len­kende Tätig­keit in dem drei­fa­chen Amt, im Lehr­amt, im Pries­ter­amt und im Hir­ten­amt, aus. Die­ses drei­fa­che Amt war schon unse­rem Herrn und Hei­land zu eigen. Er war Leh­rer, Pries­ter und Hirte. Sein Lehr­amt hat er aus­ge­übt, indem er das Evan­ge­lium, die Frohe Bot­schaft, ver­kün­dete. Sein Pries­ter­amt hat er aus­ge­übt, indem er sich selbst als Opfer am Kreuze dar­brachte und indem er hei­lige Riten ein­setzte wie das Meß­op­fer. Sein Hir­ten­amt hat er aus­ge­übt, indem er die Apos­tel aus­sandte, die Pha­ri­säer zurecht­wies, indem er seine Gemein­schaft berei­tete.

Die­ses drei­fa­che Amt hat Chris­tus den Apos­teln über­tra­gen. Er hat ihnen die Lehre anver­traut nach der Him­mel­fahrt, indem er sprach: „Gehet hin zu allen Völ­kern und leh­ret sie! Leh­ret sie alles hal­ten, was ich euch gesagt habe!“ Er hat sie zu Pries­tern gemacht, als er im Abend­mahls­saale ihnen das hei­lige Meß­op­fer anver­traute mit den unver­gäng­li­chen Wor­ten: „Tut dies zu mei­nem Gedächt­nis!“ Er hat sie ebenso zu Pries­tern gemacht, als er ihnen die Voll­macht gab, Sün­den nach­zu­las­sen und zu behal­ten. Er hat ihnen aber auch sein Hir­ten­amt anver­traut, indem er ihnen sagte: „Was immer ihr auf Erden bin­den wer­det, das wird auch im Him­mel gebun­den sein. Was immer ihr auf Erden lösen wer­det, das wird auch im Him­mel gelöst sein.“ Bin­den und Lösen, das heißt soviel wie Gesetze geben und Gesetze ändern, das bedeu­tet, jeman­den in den Bann tun und wie­der aus dem Banne befreien, das besagt auto­ri­ta­tiv len­ken und lei­ten.

Die­ses drei­fa­che Amt sollte mit den Apos­teln nicht erlö­schen. Wie hätte der Herr sagen kön­nen: „Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt,“ wenn mit den Apos­teln die ihnen über­tra­ge­nen Gewal­ten in die Grä­ber gesun­ken wären? Nein, der Herr wollte, daß seine Kir­che so wei­ter­lebt, wie er sie gegrün­det hat. Er wollte Kon­ti­nui­tät, er wollte Tra­di­tion, Wei­ter­gabe. Und so haben die Apos­tel ihre Voll­mach­ten an ihre Schü­ler wei­ter­ge­ge­ben, an die Apos­tel­schü­ler, an Titus auf Kreta, an Timo­theus in Ephe­sus und an die vie­len ande­ren, deren Namen wir nicht ken­nen, und so sind diese Gewal­ten heute auf die Kir­che gekom­men und leben in ihr genauso wie zu apos­to­li­schen Zei­ten. In der Pre­digt, im Schul­un­ter­richt, in der Unter­wei­sung der Erwach­se­nen übt die Kir­che ihr hei­li­ges Lehr­amt aus. Die Kir­che übt das Pries­ter­amt aus, indem sie das Meß­op­fer fei­ert, indem sie die Sakra­mente spen­det, indem sie Segen­sand­ach­ten hält. Sie übt das Hir­ten­amt aus, indem sie Gesetze gibt, Ver­bote und Gebote, Stra­fen ver­hängt, wenn es not­wen­dig ist.

Die Kir­che besteht aus einer dop­pel­ten Wirk­lich­keit. Ihr sind himm­li­sche Schätze anver­traut, aber sie trägt diese in irde­nen Gefä­ßen. Sie hat ein mensch­li­ches und ein gött­li­ches Ele­ment. Das gött­li­che Ele­ment ist unfehl­bar, das mensch­li­che Ele­ment ist stets von Gefah­ren umwit­tert.

Trotz­dem bleibt beste­hen, daß Chris­tus durch sei­nen Hei­li­gen Geist die Kir­che lenkt und lei­tet. Wir nen­nen ihn das Haupt der Kir­che, und er ist es. So wie das Haupt beim Men­schen als der Sitz der Lei­tungs­fä­hig­keit gilt, so ähn­lich-unähn­lich ist es mit Chris­tus. Er ist das Haupt der Kir­che, weil er durch sei­nen Hei­li­gen Geist die Kir­che lenkt und lei­tet. Man nennt ihn auch das unsicht­bare Haupt, weil er mit den Augen des Kör­pers nicht zu erken­nen ist, son­dern nur mit dem Blick des Glau­bens, aber durch seine Gnade wirkt er auf die Kir­che ein. Und da liegt die Feh­ler­quelle. Soweit sich die Men­schen vom Hei­li­gen Geist füh­ren und lei­ten las­sen, soweit sie die Gnade auf­neh­men und in ihr han­deln, soweit wird die Kir­che ganz die Braut Christi sein, die sich ihrem Bräu­ti­gam in lie­be­vol­ler Weise hin­gibt.

Aber wenn die Hir­ten und die Herde sich dem Hei­li­gen Geist ver­schlie­ßen, wenn sie aus der Gnade her­aus­fal­len, dann wird das Ant­litz der Kir­che ent­stellt, dann wird die Kir­che zum Anstoß.​In einer fei­er­li­chen Stunde, meine lie­ben Freunde, im Ölgar­ten, da stand der Hei­land vor sei­nen Jün­gern, die da lagen und schlie­fen. „Steht auf, laßt uns gehen!“ sagte er. „Steht auf“ – denn er steht ja schon – „und laßt uns gehen! Wir wol­len zusam­men gehen, ihr und ich.“

Sehen Sie, meine lie­ben Freunde, das ist das Geheim­nis der katho­li­schen Kir­che. Die katho­li­sche Kir­che ist eine Schwä­che, sie ist eine Unzu­läng­lich­keit, sie ist manch­mal ein Ärger­nis. Aber der Herr hat zu ihr gesagt: „Wir wol­len gehen! Wir wol­len zusam­men gehen, du, katho­li­sche Kir­che, und ich.“

Und so wol­len auch wir diese Kir­che nicht ver­las­sen. Wir wol­len mit dem Herrn gehen, ihr und ich, bis wir an das Ziel gelangt sind.

Amen.

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