Theodor war ein Bauernjunge in Kleinasien. Weil es damals auf dem Land noch keine Schulen gab, lernte er weder lesen noch schreiben. Seine Schule war der Hof seiner Eltern. Es war aber eine gute Schule, denn wer auf einem Hof die Augen aufmacht und sich bewegt, wird von selbst ein lebenstüchtiger Mensch, ohne dass er es eigentlich merkt.
Bald kannte Theodor alle Kühe im Stall mit Namen und Stammbaum. Er lernte füttern und melken und wusste genau, wie viel Mehl jeweils den Schweinen zur Mast in den Trog geschüttet werden durfte. Als Zwölfjähriger schor er die Schafe. Am liebsten aber ritt er die Pferde zur Tränke. Vierzehnjährig konnte Theodor ein Feld schnurgerade pflügen, konnte eggen und säen, und die Sense gebrauchte er so, dass es schön war, ihm bei der Arbeit zuzuschauen. Hunger hatte er stets für drei, aber auch rote Backen, die von guter Gesundheit zeugten. Und er hatte straffe Muskeln, denen man ansah, dass sie ohne weiteres zwei Zentner spielend heben konnten. So löste in harter gesunder Bauernarbeit ein Tag den anderen in Theodors Leben ab. Langsam aber kam der Junge ins wehrfähige Alter.
Eines Tages erhielt Theodor den Einberufungsbefehl. Er musste zu den Soldaten. Als Bauernsohn kam er natürlich zur Reiterei. Dieser Umstand machte ihm den Abschied von den Eltern und dem Hof um vieles leichter, denn solange ein Bauernjunge noch ein Pferd zum umsorgen hat, geht es ihm auch gut.
Amasea hieß die Garnison, wo Theodor einrücken musste. Die Stadt lag am Schwarzen Meer. Man schrieb das Jahr 306 nach Christi Geburt, und gerade damals hatte die letzte und grausamste römische Christenverfolgung den Höhepunkt erreicht, so dass auch die Rekruten bei der Vereidigung verpflichtet waren, den heidnischen Göttern Weihrauch zu streuen. Als die Verfügung vor versammelter Mannschaft von einem Offizier verlesen wurde, trauten sich die meisten der christlichen Rekruten nicht zu protestieren. Theodor aber war anders. Er zog vorerst nur die Stirn zusammen, und wenn ein rechter Bauer die Stirn zusammenzieht, dann kann man sich auf etwas gefasst machen. So war es auch bei Theodor. Als nämlich die Reihe an ihn kam, nahm er zwar Weihrauch, warf ihn aber nicht ins Feuer, sondern verstreute ihn auf den Boden und sagte ungeschminkt:
„Quatsch mit euren Göttern, ich bin ein Christ, ich opfere nicht!“ Bei diesen Worten horchten alle auf, und alle Hälse reckten sich. Der Offizier brüllte den jungen Mann an und nannte ihn Zementschädel und tobte und wetterte und schimpfte, so wie es bei den Soldaten üblich ist. Schließlich gab der Offizier dem Widerspenstigen drei Tage Bedenkzeit, dann müsse er entweder opfern oder sterben.
Theodor trat in die Reihe der anderen zurück. Einige nickten ihm heimlich anerkennend zu, manche schämten sich, weil sie selbst nicht den Mut dazu hatten. Bei Theodor aber war von der langen Rede des Hauptmanns nur der „Zementschädel“ in Erinnerung geblieben, und er beschloss im Stillen, dem Mann einmal klarzumachen, was denn eigentlich ein Zementschädel ist.
In der folgenden Nacht ertönte in Amasea laut und schrill die Feuersirene. Als die erschreckten Bürger aus den Betten sprangen, sahen sie, dass der Haupttempel der Stadt in hellen Flammen stand. Bald erwiesen sich alle Löschversuche als vergebens, das herrliche Gebäude brannte bis auf den Grund nieder. Offensichtlich lag Brandstiftung vor, und der Brandstifter war niemand anders als der Zementschädel.
Was Theodor getan hat, war sicherlich nicht richtig. Selbst ein heiliger Zorn berechtigt nicht zu einer Brandstiftung. Bald darauf lag der christliche Rekrut auch in Ketten. Als er vor Gericht gefragt wurde, warum er den Brand verursacht habe, gab er die bauernkluge Antwort, er habe die Götter prüfen wollen, aber sie hätten die Feuerprobe schlecht bestanden. Und als man den Zementschädel schließlich zum letzten Mal aufforderte, den christlichen Glauben abzulegen, entgegnete Theodor, strahlend wie ein Held nach gewonnenem Kampf:
„Ich war Christ, ich bin Christ, und ich werde immer Christ sein.“
Mit diesen Worten sprach Theodor sich selbst das Todesurteil. Neben den qualmenden Überresten des Göttertempels wurde er verbrannt, um im Andenken der Menschen für immer der glorreiche Sieger über den Unglauben und über sich selbst zu bleiben, dessen prachtvolle, mutige Worte heute mehr denn je zu beherzigen sind:
„Ich war Christ, ich bin Christ, und ich werde immer Christ sein.“
Liebe Grüße, Blasius