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Die Sonnenfinsternis bei der Kreuzigung Jesu

in Wort- und Begrifferklärungen 10.04.2020 22:48
von Blasius • 3.822 Beiträge



Die Finsternis bei der Kreuzigung Jesu war eine wunderbare; sie kann keine gewöhnliche natürliche Sonnenfinsternis gewesen sein; denn eine solche kann nie zur Zeit des Vollmondes eintreten, in die das Osterfest immer fiel, und kann auch höchstens sieben Minuten dauern. (1) Wie Gott das Wunder bewirkte, ob unmittelbar oder durch Anordnung ungewöhnlicher natürlicher Ursachen, muss dahin gestellt bleiben. Jedenfalls kann sie durchaus nicht bezweifelt werden, schon weil zur Zeit der Abfassung der Evangelien noch Augenzeugen des Todes Jesu lebten. Durch diese wunderbare und bis zum Tode Jesu anhaltende Finsternis sollte, im Verein mit den bei seinem Tode eintretenden Wundern, seine Gottheit bekräftigt und der schwankende Glaube der Jünger wieder befestigt, der Unglaube der Juden aber tief beschämt und ihre schreckliche Blindheit gekennzeichnet werden. „Hierdurch“, ruft deshalb der heilige Papst Leo d. Gr. (2) wider die Juden aus, „geben euch Toren und Gotteslästerern alle Elemente Antwort und fällen zusammen ein urteil wider euch: der Himmel, die Erde, die Sonne, die Gestirne, die euch feierlich als ihres Dienstes unwürdig bezeichnen und durch ihr schreckliches Erbeben und ihre unerhörte Verfinsterung der Welt die Finsternis eurer Blindheit verkünden.“

Die Annahme, daß sich die Finsternis über die ganze Erde erstreckt habe, ist aus dem Bericht der Evangelisten nicht zu erweisen. Denn der Ausdruck, den die heiligen Schriftsteller gebrauchen, kann ebenso gut „über das ganze Land“ (oder „Gegend“) wie „über die ganze Erde“ bedeuten. So kommt der Ausdruck in ersterer Bedeutung mehrfach vor, z. B. Lk. 4, 25: „Viele Witwen waren zur Zeit des Elias in Israel, als der Himmel drei Jahre und sechs Monate verschlossen war, da eine große Hungersnot über das ganze Land kam.“ Schon Origenes tritt entschieden für die Auffassung ein, daß sich die Finsternis nur über Jerusalem und Umgegend erstreckt habe, und hebt hervor, daß wir, wenn dieses außerordentliche Ereignis auf der ganzen Erde stattgefunden hätte, denn doch anderweitige Nachrichten haben müssten. Er kennt das Zeugnis des Heiden Phlegon aus Tralles (eines Chronistenschreibers aus dem 2. Jahrhundert), der von einer Sonnenfinsternis in Bithynien und einem Erdbeben in Nicäa berichtet, aber dieses Zeugnis genügt ihm nicht. (2) Auch die wenigen übrigen Notizen (3) mit Einschluss des Zeugnisses Tertullians (4) (um 200), der die Heiden seiner Zeit auf die amtlichen Berichte (d. h. jedenfalls die Berichte des Pilatus über die Kreuzigung Christi und die Vorgänge in Palästina) in den römischen Archiven verwies, in denen die in Rede stehende Sonnenfinsternis, „ein Ereignis, das die ganze Welt betroffen“, verzeichnet sei (4), sind nicht beweiskräftig für die Annahme, die Finsternis habe sich buchstäblich über die ganze Erde ausgedehnt.

Anmerkungen:

(1) Die Sonnenfinsternis entsteht dadurch, daß der Mond, wenn er sich gerade zwischen der Sonne und der Erde befindet, seinen Schatten auf die Erde wirft, so daß man da, wo dieser Schatten hinfällt, was immer nur ein kleiner Teil der Erde ist, die Sonne ganz oder teilweise nicht sieht. Jene Stellung kann aber der Mond nur bei Neumond haben; bei Vollmond dagegen hat er die gerade entgegen gesetzte Stellung.

(2) Serm. 20 de Pass. c. 5. (Migne LIV 348)
(3) Comm. in Matth. Series 134 (Migne XIII 1781 f)
(4) Sie sind zusammen gestellt in C: Baronius, Annales eccl. Ad a. 34, n. 116 et 117.
(5) Apol. c. 21. –

aus: Schuster u. Holzammer, Handbuch zur Biblischen Geschichte, Zweiter Band, Das Neue Testament, 1910, S. 548 – S. 549


Liebe Grüße, Blasius


zuletzt bearbeitet 10.04.2020 22:55 | nach oben springen


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