Der selige Karl, ein Sohn des heiligen Kanut, König von Dänemark, und der Adelheid, einer Tochter Roberts, Graf von Flandern, zeigte in der Jugend Lust und Liebe zu Waffen und Krieg, aber auch zum Gebet und zum Kreuz. Das letztere nahm er mit Freuden, begleitete seinen Onkel Robert nach Palästina, stritt in diesem ersten Kreuzzug mit glorreicher Tapferkeit und verehrte in Jerusalem an den heiligen Stätten voll glühender Andacht die Leiden und den Tod Jesu. Nach der Heimkehr starb der Graf von Flandern. Dieser hatte Karl durch Testament zu seinem Erben eingesetzt, um ihn für seine Tapferkeit zu belohnen, und so wurde er Graf von Flandern. Als Regent war er die Güte selbst gegen seine Untertanen, minderte die Abgaben und erließ sie sogar zur Zeit einer Hungersnot ganz. Aller Pracht und Üppigkeit fremd, führte er an seinem Hof die strengste Sparsamkeit ein; was er erübrigte, gehörte den Armen. Seine Liebe zu ihnen und seine Mildtätigkeit können mit Worten nicht geschildert werden. Sie hatten jederzeit bei ihm freien Zutritt; seine Freude war es, ihnen eigenhändig das Almosen zu spenden, sie selbst zu speisen und zu bedienen. Oft küßte er ihnen dabei die Hände und sprach: „Ich sehe in euch die Person Jesu!“ Nicht selten nahm er sein Gewand vom Leib, sie zu kleiden – den letzten Pfennig gab er, das letzte Stück Brot teilte er mit ihnen, seinen Lieblingen, seinen Kindern. Für seine Bediensteten trug er eine väterliche Sorge und belohnte ihre Dienste freigebig, um ihnen durch Schmälerung keinen Anlass zur Untreue zu geben. Den Tagelöhnern, Handwerkern und Kaufleuten ließ er ohne Verzug ihre Arbeit oder Waren bezahlen. Dabei bezeigte er eine fast ängstliche Sorgfalt für das Seelenheil der Seinigen. Als man ihn einmal fragte, warum er sich denn über die Maßen freigebig gegen die Armen bezeige, antwortete er: „Ich muss in diesem Leben etwas aussäen, damit ich in dem andern etwas einernte.“ Kein Wunder, daß ihn alle liebten und ihn nur „den guten, frommen Karl“ hießen.
Mit dieser Güte und Frömmigkeit verband Karl Mut und Tapferkeit. Einige mächtige Nachbarn fielen in sein Land ein und benachteiligten seine Untertanen. Da griff er zu den Waffen, schlug die Feinde tapfer zurück und zwang sie, Schadenersatz zu leisten. Nun dankte der fromme Held dem Herrn für den Sieg und diente ihm mit neuem Eifer. Wie dringend und wichtig auch die Geschäfte sein mochten, Karl ging erst daran, nachdem er die heilige Messe gehört und um Gottes Segen gebeten. Das heiligste Sakrament des Altares empfing er oft mit Herzensfreude und mit einer Vorbereitung und Andacht, die alle rührte. Gegen die Geistlichen bewies er sich eben so ehrerbietig, als liebreich gegen die Armen. Er duldete nicht, daß man spöttisch von ihnen redete oder ihnen irgend eine Unbild zufügte. Wurden ihre Rechte oder Freiheiten von jemand geschädigt, so nahm sich der fromme Karl derselben mit allem Ernst an und beschützte sie wider alle ihre Feinde. Einige wunderten sich wegen der besonderen Liebe und Ehre, die er den Geistlichen erzeigte und verlangten die Ursache zu wissen; da sprach er: „Ich liebe dieselben und halte sie in Ehren, weil sie Engel und Hausgenossen Gottes auf dieser Welt sind.“
Durch Gottesfurcht und Gerechtigkeit hatte sich Karl Feinde zugezogen; zumal haßte ihn Bertulph, ein Räuber des Kirchengutes und Verfolger der Geistlichen. Als man ihm sagte, daß Bertulph Meuchelmörder bei einer Kirche, die er täglich besuchte, bestellt habe, antwortete Karl furchtlos: „Wir sind ja stets von Gefahren umgeben; wir bedürfen keiner Schutzwehr, wenn wir Gott angehören. Wenn es sein Wille ist, daß wir das Leben verlieren, so können wir es für keine bessere Sache hingeben, als für die Wahrheit und Gerechtigkeit.“ Er betete die sieben Bußpsalmen in der Kirche des hl. Donatian vor dem Altar der seligsten Jungfrau und fiel, getroffen durch den Streich eines Meuchlers, tot zu Boden, um Jahre 1127. Er wird als Märtyrer verehrt. –
aus: Wilhelm Auer, Kapuzinerordenspriester, Goldene Legende Leben der lieben Heiligen Gottes auf alle Tage des Jahres, 1902, S. 155 – S. 156
Liebe Grüße, Blasius