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Was ist Byzantinismus oder Cäsaropapismus

in Wort- und Begrifferklärungen 26.02.2020 21:54
von Blasius • 3.929 Beiträge



So nennt man jene Grundsätze und Anschauungen, welche in geistlichen und weltlichen Dingen sklavische Unterwürfigkeit unter die weltlichen Fürsten verlangen. Der Name Byzantinismus kommt von der alten Stadt Byzanz, welche Konstantinopel genannt wurde, seitdem Kaiser Konstantin I. der Große dorthin seinen Kaisersitz verlegt und es zur Hauptstadt des Reiches gemacht hatte (330). Infolge dessen sank Rom in politischer Hinsicht, blieb aber selbstverständlich als Sitz des Nachfolgers des hl. Petrus die Hauptstadt der Christenheit. Im alten Byzanz, einer unbedeutenden Stadt, sich geschichtlich keine Bischöfe in den ersten drei Jahrhunderten nachweisen. Byzanz erscheint noch im vierten Jahrhundert als ein der Metropolie oder dem Erzbistum Heraklea in Thracien untergebenes einfaches Bistum. Als erster Bischof dort selbst kann nachgewiesen werden Metrophanes (307-317), welchem der von Afrika bedrängte Alexander (317-336) folgte. Daß die Kirche von Byzanz durch den hl. Apostel Andreas gegründet worden sei, ist ganz unbegründet. Ebenso sagenhaft sind die Bischöfe von Byzanz vor dem vierten Jahrhundert, wie, daß Domitius, ein Bruder des Kaisers Probus, um 280 in Byzanz Bischof geworden sei, und diesem seine Söhne Petrus und Metrophanes sodann in diese Würde gefolgt seien. Stadt und Bistum Byzanz traten vor der Gründung der Kaiserresidenz dort selbst in keiner Weise hervor. Der Nachfolger Alexanders war der hl. Paulus I., welcher durch den Arianer Eusebius von Nikomedien (339-342) und dann von Macedonius, der die Gottheit des Heiligen Geistes leugnete, verdrängt wurde. Erst 376 konnte Paulus seinen Bischofssitz in Konstantinopel einnehmen. Paulus wurde wiederum von Macedonius verdrängt und Macedonius von dem Arianer Eudoxius abgelöst. Diesem folgte Demophilus, dem die Katholiken im Jahr 370 den Evagrius entgegen stellten. Aber der arianische Kaiser Valens vertrieb den rechtgläubigen Evagrius mit Waffengewalt und nahm den Katholiken alle Kirchen in Konstantinopel weg …

So war die Kirche der nachher so stolzen Residenzstadt durch Irrlehren und Irrlehrer verunstaltet, bis endlich nach dem Tod des arianischen Herrschers Valens († 378) Theodosius der Große dort Ordnung zu schaffen suchte. Theodosius zwang völlig den hl. Gregor von Nazianz das Bistum zu übernehmen, welches derselbe von 379-381 verwaltete. Gregor von Nazianz, durch seine Schriften rühmlichst bekannt, richtete durch seinen Eifer und seine Beredsamkeit die Kirche von Konstantinopel wieder auf und verschaffte dem katholischen Glauben in kurzer Zeit wieder das Übergewicht. Die ketzerischen Gegenbischöfe, der gemeine Maximus, welcher bald dem unbedeutenden Dorotheus weichen musste, verfielen in Missachtung, aber gegen den aus Kappadozien gekommenen Gregor waren viele Griechen bei ihrem Stolz eingenommen. Dieser Heilige dankte nun freiwillig ab und lebte hinfür nur der Wissenschaft und Gottseligkeit bis zu seinem Tod 390. –

Zum Bischof von Konstantinopel wurde Nektarius, ein Laie, erhoben, dessen Ehrgeiz einen höheren Rang für die Kirche von Konstantinopel zu erlangen strebte. Mit Hilfe des Kaisers wurde auf dem Konzil 381 der Beschluss durchgesetzt: Der Bischof von Konstantinopel soll den Vorrang der Ehre haben nach dem Bischof Roms, weil jene Stadt Neu-Rom ist. Papst Damasus hatte diesen Beschluss aber ausdrücklich verworfen, trotzdem für den Bischof von Byzanz nur ein Ehrenvorrang, aber keine höhere Amtsbefugnis über andere Bischöfe der Umgebung zugesprochen worden war. Bisher galten nach der Kirche von Rom, die einst durch den heiligen Petrus gegründeten Kirchen von Alexandria in Ägypten und Antiochia in Syrien als die ersten Kirchensprengel. Durch den Ehrgeiz seiner Vorsteher rückte also nach fast vierhundert Jahren die Kirche von Konstantinopel allmählich zur zweiten Kirche der Welt empor. Allein auch noch unter Nektarius († 397) blieb der Bischof von Konstantinopel noch ein einfacher Bischof. Stillschweigend suchten die Oberhirten der neuen Kaiserstadt nun die Unabhängigkeit von dem Oberbischof von Heraklea durchzuführen.

Nach dem schwachen Nektarius kam 397 der hervorragende Johannes Chrysostomus. Da die kirchlichen Verhältnisse in der Provinz (Klein-)Asiens sehr zerrüttet waren, schritt Chrysostomus in edler Absicht ein und schaffte Ordnung, was besonders in Ephesus nötig war; ebenso in der Erzdiözese von Thracien und Pontus. Darauf steiften sich seine Nachfolger, obschon man im Jahre 403, als Chrysostomus auf der Synode „an der Eiche“ (Eichensynode) verurteilt wurde, seine Kläger unter anderem auch noch dies als eine unbefugte Einmischung in fremde kirchliche Angelegenheiten geltend gemacht hatten. Chrysostomus wurde abgesetzt und verbannt. Es wurde diesem Arkadius, ein Bruder des Nektarius, zum Nachfolger gegeben, der schon 405 starb. Nun wurde Attikus gewählt, der von 406-426 den bischöflichen Stuhl inne hatte. Da Chrysostomus noch lebte (407), war die Einsetzung beider ungültig. Deshalb wurde Attikus von Papst Innozenz I. mit dem Bann belegt. Kaiserliche Dekrete können keine bischöfliche Gewalt verleihen, und der Statthalter Christi auf Erden kann dieselbe geben. Durch Kirchengesetze ist die kirchliche Ordnung genau festgesetzt. Solange ein Bischof seinen Sitz noch rechtmäßig besitzt, ist jeder andere ein Eindringling; so auch Attikus in Konstantinopel zu Lebzeiten des hl. Chrysostomus. Erst 412 söhnte Attikus sich mit dem Papst aus. Die Staatslenker des Oströmischen Reiches mischten sich immer mehr in kirchliche Dinge ein; dadurch wurde die Kirche um so abhängiger vom Staat. Die Bischöfe der Hauptstadt wurden von den Regenten in ihrer Machterweiterung mächtig unterstützt. Ehrgeiz, Herrschsucht, Stolz und Anmaßung taten das ihrige, um den bischöflichen Stuhl über alle anderen des Orients zu erheben. So erlangte der Bischof von Konstantinopel, Patriarch genannt, allmählich einen kirchlichen Rang, der unbestreitbar hinter dem Papst steht. Die weltlichen Verhältnisse wirkten da mit den kirchlichen zusammen, um so mehr, da das alte Rom nicht mehr Residenzstadt der Kaiser des Abendlandes war. Rom blieb aber immer noch das Zentrum und die Hauptstadt der Christenheit. Wäre der Primat, der Vorrang der Kirche Roms, nur eine menschliche und nicht eine göttliche Einrichtung gewesen, so hätte die oberste Leitung der Kirche mit der Übertragung des Kaisersitzes nach Konstantinopel auch dorthin kommen müssen, aber das war nicht der Fall; im Gegenteil, die Bischöfe von Konstantinopel oder Neu-Rom, wie man es auch bezeichnete, erkennen noch immer den Primat des römischen Bischofs an. Nur steckten sich die Patriarchen gerne hinter die Kaiser; diese unterstützten jene bereitwilligst bei Erweiterung ihres kirchlichen Machtgebietes. Dafür wurden die Patriarchen um so gefügiger gegen den Kaiser. Auf solche Weise entwickelte sich der Cäsaropapismus, das Staatskirchentum, welches die Kirche bevormundete. Attikus erschlich sich ein kaiserliches Edikt, welches das östliche Balkangebiet, das sogenannte Ost-Illyrien, der Amtsgewalt des Patriarchen von Konstantinopel unterordnete. Aber dieser unberechtigte Eingriff in die Patriarchenrechte der römischen Kirche scheiterte diesmal an dem Widerspruch des Papstes Bonifatius. Dafür gelang es dem Atticus, von dem schwachen Kaiser Theodorius II. (408-450) ein Gesetz zu erwirken, wonach ohne Bestimmung eines Konzils von Konstantinopel aus die Bischöfe für Thracien und die Provinz Asia (Vorder-Kleinasien) geweiht werden durften. Derlei Konzilien wurden unter dem Vorsitz des Bischofs von Konstantinopel gebildet durch jene Bischöfe, welche sich am Hoflager des Kaisers zahlreich aufhielten. Man sieht, die Kirche von Neu-Rom oder Konstantinopel besitzt kein apostolisches Vorrecht vor anderen Kirchen der Welt, wie Rom. Sie war durch vier Jahrhunderte ein gewöhnliches Bistum und verdankt ihr Emporkommen vor allem den weltlichen Fürsten, durch deren Macht, Gunst und Einmischung in kirchliche Angelegenheiten sie nach und nach einen Vorrang vor anderen Kirchen des Morgenlandes gewann. –

aus: P. Andreas Hamerle C.Ss.R., Geschichte der Päpste 1907, S. 158 – S. 160


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