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Das Stabat Mater in Rom (Von Josef Liensberger, „Ave Maria“, Heft 3, 1914)

in Wort- und Begrifferklärungen 27.03.2019 11:35
von Blasius • 3.822 Beiträge



BILD: Chiesa del Gesù. Interno

Die Kirche Del Gesù in Rom war angefüllt von Gläubigen, es war gegen Abend.
Da trat ein Fremder herein. Er nahm kein Weihwasser, machte keine Kniebeuge und blieb in der Nähe der Tür stehen. Seine Blicke schweiften über das in Gold und Farben prangende Gewölbe der Kirche, zu der von der Abendsonne hellerleuchteten Kuppel, zum reichen, im Kerzenschein flimmernden Hochaltar, und blieben dann auf der knienden Menge ruhen. „Sonderbare Leute, diese Katholiken“, dachte er, „was die in ihrer irregeleiteten Phantasie wohl alles glauben und für wahr halten mögen, von dem man bei uns Aufgeklärten gar keine Ahnung hat. Aber wer weiß, am Ende sind sie wohl zufriedener als du und deinesgleichen, die in den Freuden dieser Welt ihr einziges Glück suchen! Sonderbares Geheimnis, das Geheimnis des Lebens: Je mehr man sich des Daseins freuen will, desto drückender lastet es auf uns. Kann man wohl auf Erden das Glück finden? Und wie muss man es anfangen, um es zu finden?“



Da wurde plötzlich der Fremde durch Orgelton aus seiner trübseligen Betrachtung aufgeschreckt. Bald mächtig brausend, bald sanft ertönend, erfüllte es den weiten Dom und umwogte das beengte Herz. Dann eine kurze Pause und von tausendstimmigem Gesang widerhallte die Wölbung: „Horch, da ist das Stabat Mater, das berühmte Muttergotteslied der Katholiken! Wie das die Seele erfasst mit geheimnisvoller Macht! Es ruft mir zu: Knie nieder und singe mit! Aber ich weiß ja nicht, wie man niederkniet, ich habe es noch nie getan – und doch, ich muss es tun, ich kann nicht anders.“ Und der Fremde trat zur nächsten Bank und kniete nieder und sang mit – nicht die Worte, denn die verstand er nicht, wohl aber die Weise, sie hatte er bald erfasst. Ein merkliches Sehnen und Suchen nach etwas, womit er das leere, öde Herz füllen könne, bewegte sein Inneres, ein Ahnen von einem friedvollen, schmerzlosen, seligen Leben und seiner betrübten Seele entrang sich der Ausruf: „O könntest du glauben! Könntest du glauben wie diese Glücklichen!“



Der Gottesdienst war zu Ende, die Kerzen am Hochaltar wurden ausgelöscht. Sinnend trat der Fremde hinaus in die Dämmerung: „Lebe wohl, ewige Stadt! Morgen reise ich wieder nach Norden und nehme als letzte Erinnerung an dich das Stabat Mater mit.“ Und er hat es mitgenommen. So oft er allein war und an Italien zurückdachte, begann er das Stabat Mater zu singen und wieder zu singen, soviel er davon wusste. So hatte er ein halbes Jahr lang, ohne es zu wissen, ohne es zu wollen, die schmerzhafte Mutter Gottes verehrt, als plötzlich der Gedanke vor seiner Seele stand: „Ich gehe wieder nach Italien, ich werde katholisch!“



Tief ergriff mich dieser Bericht im Novemberheft der „St. Benedikt-Stimmen“ 1890, zumal die wirkliche Heimkehr jenes Deutschen zur katholischen Kirche darin erzählt wird.



Im Sommer 1910 brachte mir die Rheinfahrt eine gar fröhliche Überraschung: In einer neuen Klosterkirche sah ich die farbenprächtigen Wandgemälde. Der Künstler selbst gab freundlich die Erklärung der sinnreichen Bilder und erzählte mir am traulichen Feierabend, wie sein Jugendleben keineswegs vom milden Glanz der katholischen Religion verklärt wurde, ja eigentlich jeder Religion fern stand, bis er im ewigen Rom das Stabat Mater vernommen hat. Sogleich wagte ich die Frage, ob er jenen Bericht der „St. Benedikt-Stimmen“ verfasst habe. Und wirklich war er es selbst! Voll dankbarer Liebe zur himmlischen Mutter bot der fromme Maler mir noch näheren Einblick in die Geschichte seiner Bekehrung:



Im Konvertitenhaus zu Rom unterwies ihn der leutselige P. Petrus Dahmen in den Lehren des katholischen Glaubens und gab ihm den guten Rat, die Fürbitte der Mutter Gottes innig zu suchen. Der katholische Kirchengesang müsse auch zum Gebet anregen und das Gebet bringe sicher Licht von oben. Bald kniete der junge Mann demütig vor dem Madonnenbild und begann das erste Mal den immerwährenden Gruß: „Gegrüßet seist du, Maria!“ Kaum war dieser Gruß vollendet, da war es, als ergieße sich das himmlische Licht in die Seele, dass düstere Zweifel schwanden und Freude des Glaubens einkehrte. Wo sollte der letzte Schritt zur Bekehrung geschehen? In der Kirche Del Gesù, der Namen Jesu-Kirche! Hier hatten ein Jahr vorher die Klänge des Stabat Mater in seiner Seele das Heimweh nach dem Frieden des wahren Glaubens geweckt – hier sollte die Heimkehr zur heiligen Mutter, der Kirche, wirklich stattfinden.



Als der Künstler mir noch eigens die Melodie des Stabat Mater vorsang, fühlte sich meine Seele lebhaft ins ewige Rom versetzt, in die wohlbekannten Hallen der Namen Jesu-Kirche. Mir war zumute, als ertöne dort wieder aus Herz und Mund des tiefgläubigen Volkes das Stabat Mater:



Christi Mutter stand mit Schmerzen

bei dem Kreuz und weint von Herzen,

als ihr lieber Sohn da hing.



Durch die Seele voller Trauer,

schneidend unter Todesschauer

jetzt das Schwert des Leidens ging.



Welch ein Schmerz der Auserkornen,

da sie sah den Eingebornen

wie er mit dem Tode rang.



Angst und Jammer, Qual und Bangen,

alles Leid hielt sie umfangen,

das nur je ein Herz durchdrang.



Ach für aller Menschen Schulden

sah sie ihn die Marter dulden

Geißeln, Dornen, Spott und Hohn,



sah ihn trostlos und verlassen

an dem blutgen Kreuz erblassen,

ihren lieben einzgen Sohn.



Drücke deines Sohnes Wunden,

wie du selber sie empfunden,

heilge Mutter, in mein Herz.



Dass ich weiß, was ich verschuldet,

was dein Sohn für mich erduldet,

gib mir teil an deinem Schmerz.



Christus, lass bei meinem Sterben

mich mit deiner Mutter erben

Sieg und Preis nach letztem Streit.



Wenn der Leib dann sinkt zur Erde,

gib mir, dass ich teilhaft werde

deiner selgen Herrlichkeit.


AUS: https://www.marianisches.de/kleinodien-d...schen-glaubens/

Liebe Grüße, Blasius

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