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"Unaufhaltsam – Europa wird muslimisch sein"

in Nachrichten 03.02.2016 12:41
von Blasius • 3.867 Beiträge

DIE WELT vor 1 Std.



"Unaufhaltsam – Europa wird muslimisch sein"

Gerhard Gnauck

Die neue konservativ-nationale Regierung spaltet die polnische Bevölkerung. Auch die katholische Kirche, Wagenburg der Gesellschaft, ist sich uneins. Hier streiten konservative und liberale Kräfte.

Eine neue Teilung Polens liegt in der Luft. Diesmal sind es weder Preußen noch Russen, die Soldaten schicken, um sich einen Teil des Landes unter den Nagel zu reißen. Diesmal verläuft die Teilung quer durch die Gesellschaft – und sogar durch jenes Organ, das sich immer noch als das Herz der Nation versteht: die mächtige katholische Kirche, der fast 90 Prozent der Polen angehören.

Als der Pole Johannes Paul II. die Weltkirche führte, da war in seiner Heimat die Welt noch in Ordnung. Der "Jahrtausendpapst", wie ihn der "Spiegel" betitelte, gab vor Polens EU-Beitrittsreferendum 2003 ein klares Votum ab: Die institutionell vereinte europäische Familie sei die Heimat auch seines Landes. Doch er hielt auch die Konservativen in der Geistlichkeit bei der Stange. Er war das einigende Band.

Jetzt aber ist die EU krisengeschüttelt, und in Polen sind konservative, euroskeptische (genauer: EU-skeptische) Kräfte an die Macht gekommen, haben eine absolute Mehrheit im Parlament erobert. Was sie jetzt im Land veranstalten, kann man als "konservative Revolution" verstehen. Es herrscht Bedarf an Rückversicherung in der eigenen Tradition – und der Katholizismus gehört in Polen in besonderem Maße dazu.

Noch nie war Polen so rechts

Manche Bischöfe sehen diese Revolution mit Wohlwollen. In scharfer Form brachte dies Wieslaw Mering zum Ausdruck, der Bischof von Wloclawek. Nachdem Martin Schulz, Präsident des Europaparlaments, die hemdsärmelige Neubesetzung des Verfassungsgerichts durch die Wahlsieger als "Staatsstreich" kritisiert hatte, griff der Bischof vor Weihnachten zur Feder und schickte dem deutschen Europapolitiker einen Brief.

Ein seltener Fall, dass ein Bischof einem ausländischen Politiker schreibt; noch seltener, dass er dabei so undiplomatisch formuliert. Das Parlament habe doch mit Fragen wie "der Länge der Flamme der Kerzen" Wichtigeres zu tun, schreibt Mering. Leider gebe es in Brüssel heute keine Politiker mit Niveau. Um so mehr wünscht der Bischof Herrn Schulz zum "Winterfest (so nennen Sie doch Weihnachten)" Besonnenheit und Weisheit. Lauter Spitzen also gegen regulierungswütige Eurokraten im säkularisierten Westeuropa.

Die Erfahrung der 90er-Jahre war für die Kirche, dass sich allzu deutliche Einmischung in gesellschaftliche Konflikte – etwa in den Streit um die Abtreibungsregelung – nicht auszahlt.

Inzwischen ist aber viel Wasser die Weichsel hinuntergeflossen; der Zeitgeist weht aus einer anderen Richtung. Noch nie haben sich so viele Erstwähler (nämlich ein Drittel) in einer Umfrage als "rechts" definiert wie im letzten Jahr. In Polen bedeutet das fast zwangsläufig: national und katholisch zugleich.

Diese Orientierung steht auch für eine Abschottung des Landes gegen Migranten aus anderen Kulturkreisen. Kürzlich sagte ein seit Jahrzehnten in Polen lebender Syrer bei einem Treffen mit Erzbischof Stanislaw Gadecki in Posen, er mache sich Sorgen um seine Sicherheit und vor allem um die Sicherheit seiner Gäste.

Nicht ohne Grund: Mehrfach wurden in den letzten Monaten Ausländer mit "dunklerer Hautfarbe" auf Polens Straßen körperlich angegriffen. Gadecki, Vorsitzender des Episkopats, erwiderte: "Ein Angriff auf einen Ausländer zeugt von krankem Nationalismus und dem Verlust der eigenen Identität". Der Oberhirte war jedoch sehr bemüht zu betonen, die Polen seien ja generell keineswegs nationalistisch oder fremdenfeindlich.

Der am stärksten "politische" Hierarch scheint Bischof Tadeusz Pieronek zu sein, der frühere Sekretär der Bischofskonferenz. "Ich gehöre zu jenen fünf Prozent der polnischen Bevölkerung, die meinen, dass wir die Pflicht haben, Flüchtlinge aufzunehmen", sagte Pieronek der Zeitung "Rzeczpospolita".

Wo ist der gute Wandel?

Aber zugleich blickt der Bischof mit Fatalismus – oder Gottergebenheit? – auf Europa: "Frankreich und Belgien werden schon bald muslimisch sein. Nichts wird diesen Prozess aufhalten. Europa hat sich von Christus losgesagt und wird muslimisch sein." Aus seiner Sicht ist "Charlie Hebdo" ein Streiter für eine grenzenlose Freiheit, die vor keiner Religion haltmache, auch nicht der christlichen. Da klingt sogar Solidarität mit den Muslimen durch.



© picture-alliance / i15/ZUMA Pres Er gilt als Liberaler: Kardinal Stanislaw Dziwisz, Erzbischof von Krakau

Polen hat derweil seine eigenen Sorgen. Die in Nachtsitzungen durchs Parlament gepeitschten neuen Gesetze, die sich früher über Jahre erstreckenden, jetzt binnen Tagen vollzogenen Umbesetzungen in den Führungsetagen etwa der öffentlichen Medien haben die Gesellschaft gespalten. Pieronek hat Sympathie für manche Anliegen der neuen Regierung, aber die Methoden geißelt er: Die Wähler hätten für den "guten Wandel" (Wahlkampfparole) gestimmt, nicht für Revolution, Rechtsbruch und Spaltung.

Kein Satz des siegreichen Parteichefs Jaroslaw Kaczynski hat das Land so in Aufregung versetzt wie der von der "schlechteren Sorte Polen". Jene, die jetzt Hand in Hand mit Kräften im Ausland gegen die Regierung protestierten, seien Bürger minderer Qualität, sie hätten "den Verrat in ihren Genen". Kommentar des Bischofs: "Gerne übernehme ich die Rolle eines Polen der schlechteren Sorte."

Anders als Pieronek übt Kardinal Stanislaw Dziwisz als Erzbischof von Krakau weiterhin ein Amt aus; er hält sich politisch zumeist zurück. Doch viele Augen richten sich auf ihn, den einstigen Privatsekretär des polnischen Papstes. Dziwisz mahnte die Regierenden kürzlich in milden Worten zu Toleranz und Verantwortungsbewusstsein. Er gilt als Liberaler, als Vertreter des sogenannten Lagiewniki-Flügels in der Kirche. In Lagiewniki, einem Vorort Krakaus, befindet sich heute ein wichtiges Sanktuarium. Dort wirkte bis 1938 die Mystikerin Schwester Faustyna, die Johannes Paul II. heiligsprach.

Der andere Flügel ist nach der Stadt Thorn (Torun) benannt, wo das Medienimperium des erzkonservativen Ordenspriesters Tadeusz Rydzyk beheimatet ist, darunter das von Millionen gehörte Radio Maryja. Die Thorner Kirche hat ein scharfes Profil, und ihre Sympathien gehören eindeutig der national-konservativen Regierung.

Vor gut einem Jahr versuchte nun Kardinal Dziwisz, mit einem aufsehenerregenden Besuch in Thorn den Graben zu überbrücken. Es gebe keine Spaltung in Lagiewniki-Kirche und Thorner Kirche, sagte er beschwörend. Er habe diesen Besuch im Gefühl der "Verantwortung für die Einheit der Kirche in Polen" unternommen. Gibt es diese Einheit noch? In bewegten Zeiten, da viele Polen Europa als belagerte Festung sehen und ihr Land als deren Vormauer, sehen viele Katholiken ihre Kirche als Wagenburg, mehr als je zuvor.
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Quelle, Auszug aus:

http://www.msn.com/de-de/nachrichten/wel...1JYL?li=AAaxdRI


zuletzt bearbeitet 03.02.2016 12:51 | nach oben springen


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