26. August, Fest der hl. Mirjam von Abellin
Ihr Biograph, Amédée Brunot, S.C.J., schreibt in "Licht vom Tabor" - Mirjam, die kleine Araberin:
Dieses junge Mädchen mit seinen Wundmalen und seinen Levitationen tritt nicht in den Jahrhunderten der Unwissenheit, in einer vorwissenschaftlichen Epoche in Erscheinung, zu einer Zeit, da es weder methodische Geschichtsforschung noch Kritik gab. Sie hat in der 2.Hälfte des 19. Jahrhunderts mitten im westlichen Europa gelebt, als die wissenschaftliche Forschung, die Geschichtskritik und die philosophische Diskussion sich entwickelten und Triumphe feierten. Sie hat nicht in einem verlorenen Dorf, sondern während der außerordentlichsten Jahre ihres Lebens in Marseille und in Pau gelebt. Ärzte, Chirurgen, Historiker, Diplomaten und eine Menge anderer Zeugen haben sie gesehen, befragt und angehört und ihre Aussagen eidesstattlich vor Gericht, das zu ihrer Seligsprechung eingesetzt wurde, niedergelegt. Die Geschichte, die Wissenschaft, Psychologie und Psychoanalyse und die Medizin können nach Belieben das Phänomen untersuchen...
Auf das berühmte Schlagwort "Gott ist tot", das zu ihrer Zeit aufkam, gibt die Mystikerin durch ihre bloße Existenz die Antwort: "Gott ist der Lebendige." Er ist die Liebe. Den Philosophen, denen der Verstand nach allzu langem Tiefflug still steht, stellt sie ein Denken entgegen, das in den Dimensionen der Gedanken Gottes atmet und daran weit wird.
Die Heiligen sind wie eine laute Stimme, die in die monotone Redeweise der Allgemeinheit einbricht. Sie sind die Menschen an der Spitze und die vordersten Helden, die Kosmonauten göttlicher Welträume. In einer zerstreuten Welt sind sie wie ein Schlag, den der Lehrer mit dem Lineal auf das Pult versetzt, um seine schläfrigen, geistesabwesenden Schüler zur Aufmerksamkeit zu rufen. In einer Welt der Lüge enthüllen sie das Land der Wahrheit, aus dem sie kommen.
Wenn schon jeder Christ ein Wort Gottes an die Welt ist, so stellen die Mystiker "die lebendige Hermeneutik seines verborgenen Wesens, seiner Rolle, seiner Person dar" (Hugo Ball). Sie sind jene Tonsätze, ja oft Schlagwerkzeuge, durch die Gott sich noch immer offenbart.
Eine solche Mystikerin war Mirjam Bauardy, Schwester Maria von Jesus dem Gekreuzigten. Sie ist ein lebendiges Gleichnis aus dem Evangelium.