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Rundbrief des Generaloberen (Nr. 80 - März 2013) + Bernard Fellay
Rundbrief des Generaloberen (Nr. 80 - März 2013) + Bernard Fellay
in Schriften 30.04.2013 21:03von blasius (gelöscht)
Rundbrief des Generaloberen (Nr. 80 - März 2013)
Montag, den 15. April 2013 um 16:12 Uhr
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Brief an die Freunde und Wohltäter, März 2013
Lieber Freunde und Wohltäter,
dieser Brief hätte Ihnen eigentlich schon lange zukommen sollen, und es ist mit Freude in dieser österlichen Zeit, daß wir Bilanz ziehen und einige Überlegungen über die Lage der Kirche darlegen wollen.
Wie Sie wissen, befand sich die Bruderschaft während eines großen Teiles des Jahres 2012 in einer schwierigen Lage als Folge der letzten Annäherung von Benedikt XVI., um zu versuchen, unsere Lage zu normalisieren. Die Schwierigkeiten rührten einerseits aus den Forderungen her, die den römischen Vorschlag begleiteten – die wir nicht unterschreiben konnten und auch heute nicht unterschreiben können –, und andererseits aus einem Fehlen an Klarheit von Seiten des Heiligen Stuhles, das uns nicht erlaubte, den Willen des Heiligen Vaters genau zu kennen, noch, was uns zuzugestehen er bereit war. Die Verwirrung, die durch diese Unsicherheiten entstanden ist, zerstreute sich vom 13. Juni 2012 ab zusammen mit der Versicherung vom 30. Juni durch einen Brief von Benedikt XVI. selbst, der klar und ohne Zweideutigkeit die Bedingungen, die man uns für eine kirchenrechtliche Normalisierung auferlegen wollte, zum Ausdruck brachte.
Diese Bedingungen gehören der lehrmäßigen Ordnung an; sie betreffen die vollständige Anerkennung des II. Vatikanischen Konzils und der Messe Pauls VI. „Daher“, so schrieb Mgr. Augustine Di Noia, Vizepräsident der Kommission Ecclesia Dei, in einem an die Mitglieder der Priesterbruderschaft St. Pius X. Ende des letzten Jahres gerichteten Brief, „sind wir immer noch am Ausgangspunkt auf der lehrmäßigen Ebene, wie er sich in den siebziger Jahren darstellte.“ Wir können unglücklicherweise dieser Feststellung der römischen Autoritäten nur zustimmen und anerkennen, daß die Analyse von Mgr. Marcel Lefebvre, dem Gründer unserer Bruderschaft, immer noch aktuell ist; diese Analyse hat in den Jahrzehnten, die dem Konzil folgten, sich bis zu seinem Tode nicht geändert. Seine sehr richtige Einschätzung, die theologisch und praktisch zugleich ist, hat auch heute noch ihre Gültigkeit, fünfzig Jahre nach Konzilsbeginn.
Wir würden gerne diese Analyse, die die Bruderschaft stets zu der ihren gemacht hat und die Leitfaden ihrer lehrmäßigen Haltung und ihres Handelns ist, ins Gedächtnis rufen. Es ist das Konzil selbst, das die Hauptkraft der Selbstzerstörung der Kirche darstellt, wobei wir durchaus zugeben, daß die Krise, die die Kirche erschüttert, auch äußere Ursachen hat.
Unmittelbar nach Ende des Konzils hat Mgr. Lefebvre in einem Brief an Kardinal Alfredo Ottaviani vom 20. Dezember 1966 die Schäden dargelegt, die das Konzil für die ganze Kirche verursacht hat. Ich zitierte Ihnen daraus bereits im Brief an die Freunde und Wohltäter Nr. 68 vom 29. September 2005. Aber es ist nützlich, heute einige Auszüge aufs neue zu lesen.
Während das Konzil sich darauf vorbereitet hatte, eine leuchtende Wolke in der Welt von heute zu sein, was möglich gewesen wäre, wenn man die vor dem Konzil erarbeiteten Texte benützt hätte, in denen im Hinblick auf die modernen Probleme ein feierliches, auf der gesicherten Lehre beruhendes Bekenntnis enthalten war, kann und muß man leider feststellen:
Dort, wo das Konzil Neuerungen eingeführt hat, hat es fast durchwegs die Gewißheit von Wahrheiten erschüttert, die nach der Lehre des authentischen Lehramtes der Kirche endgültig zum Schatz der Überlieferung gehören.
Ob es sich nun um die Übertragung der Jurisdiktion der Bischöfe, die beiden Quellen der Offenbarung, die Inspiration der Heiligen Schrift, die Notwendigkeit der Gnade für die Rechtfertigung, die Notwendigkeit der katholischen Taufe, das Gnadenleben bei den Häretikern, Schismatikern und Heiden, die Ehezwecke, die Religionsfreiheit, die letzten Dinge usw. handelt, die überlieferte Lehre war in diesen grundlegenden Punkten klar und wurde an allen katholischen Universitäten in gleichem Sinn gelehrt. Aber von nun an gestatten zahlreiche Texte des Konzils, welche diese Wahrheiten behandeln, diese zu bezweifeln.
Die Konsequenzen wurden sehr rasch gezogen und auf das Leben der Kirche angewendet:
Die Zweifel an der Notwendigkeit der Kirche und der Sakramente führen zum Versiegen der Priesterberufe.
Die Zweifel an der Notwendigkeit und der Natur der „Bekehrung“ jeder Seele führen zum Versiegen der Ordensberufe, zum Ruin der überlieferten Spiritualität in den Noviziaten und machen die Missionen unnötig.
Die Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Autorität und an der Notwendigkeit des Gehorsams, hervorgerufen durch die übertriebene Betonung der menschlichen Würde, der Autonomie des Gewissens und der Freiheit erschüttern jede Gemeinschaft, angefangen von der Kirche überhaupt bis zu den Ordensgemeinschaften, den Diözesen, der bürgerlichen Gesellschaft und der Familie. Die natürliche Folge dieses Stolzes sind alle Begierlichkeiten der Augen und des Fleisches. Es ist vielleicht eine der schrecklichsten Feststellungen unserer Zeit zu sehen, bis zu welchem moralischen Verfall die meisten katholischen Veröffentlichungen gelangt sind. Es wird darin ohne jede Zurückhaltung gesprochen von Sexualität, Geburtenbeschränkung durch Mittel aller Art, Legitimität der Ehescheidung, von gemischter Erziehung, Flirt und Bällen als notwendigem Mittel zu einer katholischen Erziehung, vom Zölibat der Priester usw. Die Zweifel an der Notwendigkeit der Gnade für die Rettung der Seelen rufen die Mißachtung der nunmehr auf einen späteren Zeitpunkt verschobenen Taufe und den Verzicht auf das Bußsakrament hervor. Dabei handelt es sich übrigens vor allem um eine geistige Einstellung der Priester und nicht der Gläubigen. Ebenso verhält es sich mit der Realpräsenz: Die Priester sind es, die so handeln, als ob sie nicht mehr an sie glaubten, indem sie das Allerheiligste verbergen, alle Bezeugungen der Ehrfurcht ihm gegenüber und alle Zeremonien zu seiner Ehre abschaffen.
Die Zweifel an der Notwendigkeit der Kirche als der einzigen Quelle des Heils, der katholischen Kirche als der einzig wahren Religion zerstören die Autorität des kirchlichen Lehramtes.
Diese Zweifel stammen geradewegs aus den Erklärungen über den Ökumenismus und die Religionsfreiheit. Rom ist tatsächlich nicht mehr die einzige und notwendige „magistra veritatis“ [die Lehrmeisterin der Wahrheit].
Man muß also, durch die Tatsachen gezwungen, zu dem Schluß kommen, daß das Konzil in unbegreiflicher Weise die Verbreitung der liberalen Irrtümer gefördert hat. Der Glaube, die Moral, die kirchliche Disziplin sind in ihren Grundfesten erschüttert, wie es alle Päpste vorausgesagt haben.
Die Zerstörung der Kirche schreitet mit Riesenschritten voran. Durch die unzulässig überhöhte Autorität, welche den Bischofskonferenzen zugestanden wurde, hat sich der Papst machtlos gemacht. Wie viele schmerzliche Beispiele gibt es dafür in einem einzigen Jahr! Und doch kann nur der Nachfolger Petri, und nur er allein, die Kirche retten.
Möge sich der Heilige Vater doch mit kraftvollen Verteidigern des Glaubens umgeben, möge er doch solche in den wichtigen Diözesen ernennen. Möge er doch in wichtigen Dokumenten die Wahrheit verkünden, den Irrtum verfolgen, ohne Furcht davor, Widerspruch zu finden, ohne Furcht vor Schismen, ohne Furcht, die pastoralen Verfügungen des Konzils zu revidieren.
Möge doch der Heilige Vater die Bischöfe dazu ermutigen, daß jeder für sich den Glauben und die Sitten wiederherstelle, jeder in seiner Diözese, wie es sich für jeden guten Hirten geziemt; möge er die mutigen Bischöfe stützen, sie dazu anregen, ihre Seminare zu reformieren und dort das Studium nach dem hl. Thomas wiederherzustellen; möge er die Generaloberen dazu ermutigen, in den Noviziaten und Ordensniederlassungen die fundamentalen Prinzipien jeder christlichen Askese, besonders die des Gehorsams, aufrechtzuerhalten; möge er zur Entwicklung katholischer Schulen, einer auf der gesunden Lehre beruhenden Presse und katholischer Familienverbände ermutigen; möge er schließlich die Verbreiter von Irrtümern rügen und zum Schweigen bringen. Die Mittwochansprachen können Enzykliken, Hirtenbriefe und Briefe an Bischöfe nicht ersetzen.
Ohne Zweifel ist es von mir sehr verwegen, mich auf diese Weise auszudrücken. Aber ich verfasse diese Zeilen aus brennender Liebe, aus Liebe zur Ehre Gottes, zu unserem Herrn Jesus Christus, zur allerseligsten Jungfrau Maria, zu seiner Kirche, zum Nachfolger Petri, dem Bischof von Rom und Statthalter Jesu Christi.
Am 21. November 1974 hielt es Mgr. Lefebvre nach der apostolischen Visitation des Seminars von Ecône für notwendig, seine Haltung in der berühmten Erklärung zusammenzufassen, die als Folge einige Monate später zur ungerechten kirchlichen Aufhebung der Bruderschaft St. Pius X. geführt hat, eine Aufhebung, die unser Gründer und seine Nachfolger stets für nichtig angesehen haben. Dieser überaus wichtige Text beginnt mit jenem Glaubensbekenntnis, das allen Mitgliedern der Bruderschaft eigen ist:
Wir hängen mit ganzem Herzen und mit ganzer Seele am katholischen Rom, der Hüterin des katholischen Glaubens und der für die Erhaltung dieses Glaubens notwendigen Traditionen, am Ewigen Rom, der Lehrerin der Weisheit und Wahrheit.
Wir lehnen es hingegen ab, und haben es immer abgelehnt, dem Rom der neomodernistischen und neo-protestantischen Tendenz zu folgen, die klar im Zweiten Vatikanischen Konzil und nach dem Konzil in allen Reformen, die daraus hervorgingen, zum Durchbruch kam. Alle diese Reformen haben in der Tat dazu beigetragen und wirken weiter an der Zerstörung der Kirche, dem Ruin des Priestertums, an der Vernichtung des heiligen Meßopfers und der Sakramente, am Erlöschen des religiösen Lebens, am naturalistischen und teilhardistischen Unterricht an den Universitäten und Priesterseminaren und in der Katechese, einem Unterricht, der aus dem Liberalismus und dem Protestantismus hervorgegangen ist und schon etliche Male vom Lehramt der Kirche feierlich verurteilt worden ist.
Und diese Erklärung schließt mit diesen Zeilen:
Die einzige Haltung der Treue gegenüber der Kirche und der katholischen Lehre besteht um unseres Heiles willen in der kategorischen Weigerung der Annahme der Reform.
Deshalb setzen wir unser Werk der priesterlichen Ausbildung fort ohne jegliche Bitterkeit, ohne Rebellion, ohne Groll unter dem Stern des Lehramts aller Zeiten, überzeugt, daß wir der heiligen katholischen Kirche, dem Papst und den zukünftigen Generationen keinen größeren Dienst erweisen können.
Im Jahre 1983 richtete Mgr. Lefebvre ein bischöfliches Manifest an Johannes Paul II., das von Mgr. Antonio de Castro Mayer mitunterzeichnet wurde, in dem er aufs neue den Sinn des Einsatzes für die Tradition darlegte. Er stellt darin einmal mehr die Zerstörungen an den Pranger, die die nachkonziliaren Reformen verursacht haben und den überaus schädlichen Geist, der sich überall ausgebreitet hat. Er unterstreicht im besonderen die folgenden Punkte bezüglich des falschen Ökumenismus, der Kollegialität, der Religionsfreiheit, der geistlichen Gewalt des Papstes und der neuen Messe:
- Der falsche Ökumenismus:
Dieser Ökumenismus steht ebenfalls im Gegensatz zur Lehre Pius‘ XI. in der Enzyklika „Mortalium animos“: „An dieser Stelle müssen wir eine falsche Ansicht erwähnen und zurückweisen, von der diese ganze Frage abhängt und von der auch die ganze vielgestaltige Arbeit und die Versuche der Nichtkatholiken zur Wiedervereinigung der christlichen Kirchen ihren Ausgang nehmen. Die Vorkämpfer dieser Bemühungen führen unzählige Male das Wort Christi an: ‚Damit alle eins seien‘ und ‚Es wird eine Herde werden und ein Hirt‘ (Jo 17,21 und 10,16). Diese Worte führen sie aber immer so an, als ob darin ein Wunsch und eine Bitte Jesu Christi zum Ausdruck kämen, die noch der Erfüllung harren. Sie sind nämlich der Meinung, die Einheit im Glauben und in der Leitung der Kirche, die ein Kennzeichen der wahren und einen Kirche Christi ist, habe bisher wohl noch zu keiner Zeit bestanden und bestehe auch heute nicht.“
Dieser durch die katholische Moral und das katholische Recht verurteilte Ökumenismus geht soweit, den Empfang der Sakramente der Buße, der allerheiligsten Eucharistie und der letzten Ölung aus der Hand von „nichtkatholischen Amtspersonen“ zu erlauben (Kanon 844, Neues Kirchenrecht) und begünstigt die „ökumenische Gastfreundschaft“, indem er die katholischen Amtspersonen ermächtigt, das Sakrament der allerheiligsten Eucharistie Nichtkatholiken zu spenden.
- Die Kollegialität:
Die bereits durch das Dokument „Lumen Gentium“ des Zweiten Vatikanischen Konzils nahegelegte Lehre sollte ausdrücklich durch das neue Kirchenrecht (Kanon 336) aufgegriffen werden, daß nämlich das Bischofskollegium in Verbindung mit dem Papst in gleicher Weise die höchste Gewalt in der Kirche ausübt und das habituell und dauernd.
Diese Lehre von einer doppelten Obergewalt steht im Gegensatz zur Lehre und Praxis des kirchlichen Lehramts, besonders dargelegt auf dem Ersten Vatikanischen Konzil (DS 3055) und in der Enzyklika Leos XIII. „Satis cognitum“. Nur der Papst hat diese oberste Gewalt, welche er in dem Maß, wie er es für angebracht hält, und unter außergewöhnlichen Umständen mitteilt.
An diesen schweren Irrtum schließt sich die demokratische Orientierung der Kirche an, nach der die Gewalten dem „Volk Gottes“ innewohnen, so wie es im neuen Kirchenrecht definiert ist. Dieser jansenistische Irrtum wurde durch die Bulle „Auctorem fidei“ Pius‘ VI. verurteilt (DS 2602).
Die Religionsfreiheit
Die Erklärung „Dignitatis humanae“ des Zweiten Vatikanischen Konzils behauptet die Existenz eines falschen Naturrechts des Menschen auf religiösem Gebiet im Gegensatz zu den Lehren der Päpste, welche diese Blasphemie ausdrücklich verneinen.
So verneinen Pius IX. in seiner Enzyklika „Quanta Cura“ und im Syllabus, Leo XIII. in den Enzykliken „Libertas praestantissimum“ und „Immortale Dei“, Pius XII. in seiner Ansprache „Le riesce“ an die katholischen italienischen Juristen, daß Vernunft und Offenbarung ein solches Recht begründeten.
Das Zweite Vatikanische Konzil glaubt und bekennt in allumfassender Weise, daß „die Wahrheit nicht aufgezwungen werden kann außer durch die Macht der Wahrheit selbst‘, was in offenem Widerspruch zur Lehre Pius‘ VI. gegen die Jansenisten des Konzils von Pistoja steht (DS 2604). Das Konzil kommt dabei zu der Absurdität einer Behauptung des Rechts, nicht der Wahrheit anzuhangen und zu folgen, und der Verpflichtung der bürgerlichen Regierungen, keine Diskriminierung aus religiösen Motiven mehr zu normieren, sondern juristische Gleichheit zwischen den falschen Religionen und der Wahren einzuführen. (...)
Die Konsequenzen der Anerkennung dieses falschen Menschenrechts durch das Konzil zerstören die Grundlagen des Königtums Unseres Herrn über die Gesellschaft, erschüttern Autorität und Macht der Kirche in ihrer Sendung, Unseren Herrn im Geist und in den Herzen der Menschen herrschen zu lassen, indem sie den Kampf gegen die satanischen Kräfte führt, welche die Seelen unterjochen. Der missionarische Geist soll als übertriebener Proselytismus angeklagt werden.
Die Neutralität der Staaten in religiösen Dingen ist für unseren Herrn und seine Kirche beleidigend, wenn es sich um Staaten mit katholischer Mehrheit handelt.
Die Gewalt des Papstes
Gewiß ist die Gewalt des Papstes in der Kirche eine oberste Gewalt, doch kann sie nicht absolut und unbegrenzt sein, da sie der göttlichen Gewalt untergeordnet ist, die in der Tradition, in der Heiligen Schrift und in den bereits vom kirchlichen Lehramt promulgierten Definitionen bekräftigt wird (DS 3116).
Die Gewalt des Papstes ist durch den Zweck, zu welchem ihm seine Macht gegeben worden ist, der göttlichen Gewalt untergeordnet und begrenzt. Dieser Zweck ist klar definiert durch Papst Pius IX. in der Konstitution „Pastor aeternus“ des Ersten Vatikanischen Konzils (DS 3070). Es wäre ein untragbarer Machtmißbrauch, die Verfassung der Kirche zu ändern und sich entgegen dem göttlichen Recht auf das menschliche Recht zu berufen, wie etwa bei der Religionsfreiheit, bei der durch das neue Kirchenrecht autorisierten eucharistischen Gastfreundschaft und bei der Behauptung zweier oberster Gewalten in der Kirche.
Es ist klar, daß es in diesen und anderen ähnlichen Fällen eine Pflicht für jeden katholischen Geistlichen und Gläubigen ist, zu widerstehen und den Gehorsam zu verweigern. Der blinde Gehorsam ist ein Widersinn und niemand ist frei von Verantwortung dafür, wenn er den Menschen mehr gehorcht hat als Gott (DS 3115), und dieser Widerstand muß öffentlich sein, wenn das Übel öffentlich und ein Gegenstand des Ärgernisses für die Seelen ist (hl. Thomas Su. th. 11.11., 33,4).
Das sind elementare Moralprinzipien, welche die Beziehungen der Untergebenen zu allen legitimen Autoritäten regeln.
Dieser Widerstand findet übrigens eine Rechtfertigung in der Tatsache, daß von nun an jene bestraft werden, die mit Festigkeit an der Tradition und am katholischen Glauben festhalten, und jene, die abweichende Lehren verkünden oder wahre Sakrilegien begehen, in keiner Weise beunruhigt werden. Es ist dies die Logik des Amtsmißbrauchs.
Die neue Messe
Im Gegensatz zu den Lehren des Konzils von Trient auf seiner XXII. Sitzung und im Gegensatz zur Enzyklika „Mediator Dei“ Pius‘ XII. hat man die Rolle der Gläubigen bei der Teilnahme an der Messe übertrieben, die Rolle des Priesters hingegen, der zum bloßen Vorsitzender wurde, gemindert. Man hat den Raum der Wortliturgie übertrieben vergrößert und den Raum des Sühnopfers verringert. Man hat das Gemeinschaftsmahl auf Kosten der Ehrfurcht und des Glaubens an die durch die Transsubstantiation vorhandene Realpräsenz überhöht und laizisiert.
Durch die Abschaffung der Sakralsprache hat man die Riten ins Unendliche pluralisiert und sie durch weltliche und heidnische Zusätze profaniert. Man hat auf Kosten des wahren Glaubens und der wahrer Frömmigkeit der Gläubigen falsche Übersetzungen verbreitet.
1986 protestierte Erzbischof Lefebvre überaus heftig angesichts des interreligiösen Treffens von Assisi, das ein unerhörtes Ärgernis in der katholischen Kirche darstellte und vor allem eine Verletzung des ersten aller Gebote – „Du sollst allein einen Gott anbeten“ – und wo man sieht, wie der Stellvertreter Christi die Vertreter aller Religionen dazu einlädt, ihre falschen Götter anzurufen. Der Erzbischof wird sogar sagen, daß er in diesem für jeden Katholiken unerträglichen Ereignis eines der Zeichen gesehen hat, die er vom Himmel erflehte, bevor er zu Bischofsweihen schreiten konnte.
Im Brief an die Freunde und Wohltäter Nr. 40 vom 2. Februar 1991 nimmt Pater Franz Schmidberger, zweiter Generaloberer der Bruderschaft St. Pius X., die Gesamtheit der Frage wieder auf und legt die katholische Position in einem Abriß der zeitgenössischen Irrtümer, die dem Glauben widersprechen, dar. Wir von unserer Seite aus haben einige Mitbrüder darum gebeten, in einer Art kleinem Nachschlagewerk die Gesamtheit dieser Punkte zusammenzufassen, die bis dahin in verschiedenen Werken veröffentlicht worden sind, vor allem in dem bemerkenswerten Katechismus der Krise der Kirche von Pater Matthias Gaudron (Verlag Rex Regum).
Heute können wir nur das auf derselben Linie wiederholen, was Mgr. Lefebvre und Pater Schmidberger nacheinander herausgestellt haben: Alle Irrtümer, die sie an den Pranger gestellt haben, stellen wir an den Pranger. Wir flehen den Himmel und die Autoritäten der Kirche an, in besonderer Weise den neuen Obersten Hirten, Papst Franziskus, Stellvertreter Christi, Nachfolger Petri, die Seelen nicht dem Verderben preiszugeben, weil sie nicht mehr die gesunde Lehre empfangen, das offenbarte Glaubensgut, den Glauben, ohne den sich niemand retten kann, niemand Gott gefallen kann.
Wozu dient es, sich für die Menschen einzusetzen, wenn man ihnen das Wesentliche verbirgt, das Ziel und den Sinn ihres Lebens, die Schwere der Sünde, die sie davon abbringt? Die Liebe für die Armen, für die Ärmsten unter den Armen, die Gebrechlichen, die Kranken war stets eine wahre Sorge der Kirche, und man darf sich darum nicht drücken; wenn sich dies aber auf die reine Philanthropie (Menschenliebe) und auf die Anthropozentrik (Menschenkult) beschränkt, dann erfüllt die Kirche nicht mehr ihre Mission, dann führt sie die Seelen nicht mehr zu Gott, was in Wahrheit nur durch die übernatürlichen Mittel möglich ist, nämlich den Glauben, die Hoffnung, die Liebe, die Gnade; und also auch durch die Anprangerung all dessen, was sich dem widersetzt: die Irrtümer gegen den Glauben und gegen die Sittenlehre. Denn wenn die Menschen wegen des Ausbleibens dieses Anprangerns sündigen, dann fallen sie der ewigen Verdammnis anheim. Der Daseinsgrund der Kirche liegt darin, sie zu retten und sie das Unglück ihrer ewigen Verdammnis vermeiden zu lassen.
Verständlicherweise kann das der Welt nicht gefallen, die sich gegen die Kirche richtet, und zwar oft mit Heftigkeit, wie die Geschichte es zeigt.
Wir stehen also an Ostern 2013, und die Lage der Kirche bleibt mehr oder weniger unverändert. Die Worte von Erzbischof Lefebvre nehmen einen prophetischen Ton an. Alles ist eingetroffen, und alles geht so weiter, zum großen Unglück der Seelen, die von Seiten ihrer Hirten nicht mehr die Botschaft des Heiles hören.
Ohne uns verwirren zu lassen durch die Dauer dieser schrecklichen Krise, noch durch die Anzahl der Prälaten und der Bischöfe, die die Selbstzerstörung der Kirche fortsetzen, wie Paul VI. dies eingestanden hat, fahren wir weiter, nach Maßgabe unserer Mittel laut hinauszurufen, daß die Kirche nicht ihre Dogmen, noch ihre Moral ändern kann. Man legt nämlich nicht Hand an diese ehrwürdige Einrichtung, ohne eine schreckliche Katastrophe heraufzubeschwören. Wenn gewisse mehr zufällige Veränderungen, die sich auf die äußere Form beziehen, vorgenommen werden müssen – wie dies in allen menschlichen Einrichtungen geschieht –, so können sie auf keinen Fall vorgenommen werden im Gegensatz zu den Prinzipien, die die Kirche in all den vergangenen Jahrhunderten geleitet haben.
Die Weihe an den heiligen Josef, die vom Generalkapitel des Monats Juli 2012 beschlossen worden ist, vollzieht sich gerade in diesem entscheidenden Augenblick. Warum an den heiligen Josef? Weil er der Schutzherr der katholischen Kirche ist. Er hat weiter für den mystischen Leib jene Rolle inne, die Gott Vater ihm anvertraut hat hinsichtlich seines göttlichen Sohnes. Christus ist das Haupt der Kirche, das Haupt des mystischen Leibes; daraus folgt, daß derjenige, der die Aufgabe hatte, den Messias zu beschützen, den menschgewordenen Sohn Gottes, diese seine Sendung auf den ganzen mystischen Leib ausgedehnt sieht.
Wie seine Rolle sehr diskret und zum großen Teil verborgen war – und doch war sie gleichzeitig überaus wirksam –, so übt er heute seine Beschützerrolle gleich wirksam in einer großen Diskretion über die Kirche aus. Erst im Laufe der Jahrhunderte offenbarte sich in immer klarerer Weise die Andacht zum heiligen Josef. Er ist einer der größten Heiligen und gleichzeitig einer der verschwiegensten. Wir wollen in der Nachfolge Pius’ IX., der ihn zum Schutzherrn der ganzen Kirche erklärte, in der Nachfolge Leos XIII., der diese Rolle bestätigte und das herrliche Gebet zum heiligen Josef, dem Schutzherrn der ganzen Kirche einführte, das wir in der Bruderschaft jeden Tag verrichten, in der Nachfolge des heiligen Pius X., der eine ganz besondere Verehrung zum heiligen Josef pflegte, dessen Namen er trug, in diesem dramatischen Augenblick der Kirchengeschichte diese Andacht und diese Schützerrolle zu der unsrigen machen.
Liebe Freunde und Wohltäter der Bruderschaft St. Pius X., ich segne Sie aus ganzem Herzen und möchte Ihnen meine Dankbarkeit für Ihre Gebete und Ihre Großherzigkeit zugunsten des Werkes der Wiederherstellung der Kirche, das Erzbischof Lefebvre unternommen hat, zum Ausdruck bringen. Und darüber hinaus bitte ich den heiligen Josef, Ihnen allen die göttlichen Gnaden zu erlangen, deren Ihre Familie bedarf, um der katholischen Tradition treu zu bleiben.
+ Bernard Fellay
Quelle: http://www.dici.org/en/documents/brief-a...ter-april-2013/
http://pius.info/rundbriefe/rundbrief-de...alle-glaeubigen
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