Evangelium nach Matthäus 6,1-6.16-18.
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
Hütet euch, eure Gerechtigkeit vor den Menschen zur Schau zu stellen; sonst habt ihr keinen Lohn von eurem Vater im Himmel zu erwarten.
Wenn du Almosen gibst, laß es also nicht vor dir herposaunen, wie es die Heuchler in den Synagogen und auf den Gassen tun, um von den Leuten gelobt zu werden. Amen, das sage ich euch: Sie haben ihren Lohn bereits erhalten.
Wenn du Almosen gibst, soll deine linke Hand nicht wissen, was deine rechte tut.
Dein Almosen soll verborgen bleiben, und dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird es dir vergelten.
Wenn ihr betet, macht es nicht wie die Heuchler. Sie stellen sich beim Gebet gern in die Synagogen und an die Straßenecken, damit sie von den Leuten gesehen werden. Amen, das sage ich euch: Sie haben ihren Lohn bereits erhalten.
Du aber geh in deine Kammer, wenn du betest, und schließ die Tür zu; dann bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist. Dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird es dir vergelten.
Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht wie die Heuchler. Sie geben sich ein trübseliges Aussehen, damit die Leute merken, daß sie fasten. Amen, das sage ich euch: Sie haben ihren Lohn bereits erhalten.
Du aber salbe dein Haar, wenn du fastest, und wasche dein Gesicht,
damit die Leute nicht merken, daß du fastest, sondern nur dein Vater, der auch das Verborgene sieht; und dein Vater, der das Verborgene sieht, wird es dir vergelten.
Kommentar zum heutigen Evangelium
Sel. John Henry Newman (1801-1890), Theologe und Kardinal, Gründer eines Oratorium in England
Predigt „Times of Private Prayer“, PPS, Bd. 1, Nr. 19
„Geh in deine Kammer, wenn du betest, und schließ die Tür zu; dann bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist“
Menschen, die den unsichtbaren Gott suchen, suchen ihn in ihrem Herzen und ihren verborgenen Gedanken, nicht aber in lauten Worten, als wäre er weit weg von ihnen. Sie sind es gewohnt, sich dorthin zurückzuziehen, wo kein menschliches Auge sie erblickt. Dort können sie, demütig und tiefen Glaubens, dem begegnen, der „ihrem Pfad und ihrem Lager nahe“ ist und der all ihre Schritte sieht. Und Gott, der „die Herzen erforscht“ (Röm 8,27), wird sie am helllichten Tag belohnen. Das in Abgeschiedenheit und im Einklang mit dem Willen Gottes gesprochene Gebet wird wie ein Schatz in seinem Buch des Lebens (Ps 69,29) aufbewahrt. Vielleicht hat dieses Gebet hienieden auf eine Antwort gewartet, aber sie nicht erhalten? Vielleicht ist es der Welt nie bekannt geworden? Gott jedoch behält es stets in Erinnerung, und am Letzten Tag, wenn die „Bücher aufgeschlagen“ werden (Offb 20,12), wird dieses Gebet kundgegeben und vor aller Welt seinen Lohn bekommen…
Wir sind uns durchaus bewusst, dass wir in gewissem Sinn den ganzen Tag über (Lk 18,1) in Gebet und Betrachtung verharren sollten. Aber… sollen wir auch zu festgesetzten Tageszeiten auf bestimmte Art und Weise beten? Selbst wenn festgelegte Zeiten und Formeln nicht absolut notwendig sind, stellen sie dennoch eine große Hilfe dar; überdies sind sie uns von unserem Herrn ans Herz gelegt, wenn er sagt: „Geh in deine Kammer, wenn du betest“. Sogar unser Erlöser kannte herausgehobene Momente des Einswerdens mit Gott. Seine Gedanken waren wohl ein ständig dem Vater erwiesener göttlicher Dienst; doch lesen wir auch, dass „er auf einen Berg stieg, um in der Einsamkeit zu beten“, und dass „er die ganze Nacht im Gebet zu Gott verbrachte“ (Mt 14,23; Lk 6,12).
Man muss auf der Verpflichtung zu festgelegten Zeitpunkten des Gebets bestehen; denn angesichts der Sorgen und Anforderungen des Lebens neigen wir oft dazu, sie zu vernachlässigen. Diese Verpflichtung ist weit gewichtiger als man gemeinhin denkt – auch in den Reihen derer, die ihr nachkommen.
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