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2.Petrus 3,9
Die Verzögerung der Ankunft
8 Das eine aber, liebe Brüder, dürft ihr nicht übersehen: dass beim Herrn ein Tag wie tausend Jahre und tausend Jahre wie ein Tag sind.
9 Der Herr zögert nicht mit der Erfüllung der Verheißung, wie einige meinen, die von Verzögerung reden; er ist nur geduldig mit euch, weil er nicht will, dass jemand zugrunde geht, sondern dass alle sich bekehren.
10 Der Tag des Herrn wird aber kommen wie ein Dieb. Dann wird der Himmel prasselnd vergehen, die Elemente werden verbrannt und aufgelöst, die Erde und alles, was auf ihr ist, werden (nicht mehr) gefunden.3
11 Wenn sich das alles in dieser Weise auflöst: wie heilig und fromm müsst ihr dann leben,
12 den Tag Gottes erwarten und seine Ankunft beschleunigen! An jenem Tag wird sich der Himmel im Feuer auflösen und die Elemente werden im Brand zerschmelzen.
13 Dann erwarten wir, seiner Verheißung gemäß, einen neuen Himmel und eine neue Erde, in denen die Gerechtigkeit wohnt.
Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift
Auszug, Info:
INTERNATIONALE THEOLOGISCHE KOMMISSION
JESU SELBST- UND SENDUNGSBEWUSSTSEIN
(1985)
Zweite Aussage
Jesus kannte das Ziel seiner Sendung: das Reich Gottes zu verkünden und es in seiner Person, in seinen Handlungen und Worten bereits gegenwärtig werden zu lassen, damit die Welt mit Gott versöhnt und erneuert werde. Frei hat er den Willen des Vaters sich zu Eigen gemacht: sein Leben für das Heil aller Menschen hinzugeben; er wusste sich vom Vater gesandt, um zu dienen und sein Leben „für die vielen“ hinzugeben (Mk 14,24).
Kommentar
2.1 Die apostolische Predigt über die Gottessohnschaft Christi beinhaltet gleicherweise und untrennbar eine soteriologische Bedeutung. Die Aussendung und Ankunft Jesu im Fleische (Röm 8,3), unter dem Gesetz (Gal 4,4), seine Erniedrigung (Phil 2,7) haben ja unsere Wiederaufrichtung zum Ziel: sie wollen uns gerecht machen (2 Kor 5,21), uns reich machen (2 Kor 8,9) und aus uns durch den Heiligen Geist Söhne und Töchter machen (Röm 8,15f.; Gal 4,5f.; Hebr 2,10). Eine solche Teilhabe an der Gottessohnschaft Jesu, die sich im lebendigen Glauben verwirklicht und in besonderer Weise im Gebet der Christen zum Vater ausgedrückt wird, setzt Jesu eigenes Sohnesbewusstsein voraus. Die gesamte apostolische Predigt beruht auf der Überzeugung und dem festen Glauben, dass Jesus wusste, dass er der Sohn war, der Gesandte des Vaters. Ohne ein solches Bewusstsein Jesu wäre nicht nur die Christologie, sondern auch die gesamte Soteriologie ohne Grundlage.
2.2 Das Bewusstsein Jesu von seiner einzigartigen Sohnesbeziehung zu „seinem Vater“ ist die Grundlage und die Voraussetzung seiner Sendung. Umgekehrt kann man von seiner Sendung auf sein Bewusstsein schließen. Nach den synoptischen Evangelien weiß Jesus sich gesandt, die Frohe Botschaft vom Reiche Gottes zu verkünden (Lk 4,43; Mt 15,24). Dafür ist er „ausgezogen“ (Mk 1,38) und gekommen (Mk 2,17 u.a.).
Seine Sendung für die Menschen lässt zu gleicher Zeit den aufscheinen, dessen Gesandter er ist (Lk 10,16). Durch Zeichen und Worte hat Jesus das Ziel seines „Kommens“ kundgetan: er will die Sünder rufen (Mk 2,17), „suchen und retten, was verloren ist“ (Lk 19,10); das Gesetz nicht aufheben, sondern es erfüllen (Mt 5,17), das Schwert der Entzweiung bringen (Mt 10,34), Feuer auf die Erde werfen (Lk 12,49). Jesus weiß sich „gekommen“, „nicht um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele“ (Mk 10,45)[8].
2.3 Dieses „Kommen“ kann keinen anderen Ursprung haben als Gott. Das Johannesevangelium sagt dies klar, indem es in seiner „Sendungschristologie“ die bei den Synoptikern eher impliziten Zeugnisse über das Bewusstsein Jesu von seiner unvergleichlichen Sendung explizit formuliert: Er weiß, dass er vom Vater „gekommen“ (Joh 5,43), von ihm ausgegangen ist (Joh 8,42; 16,28). Seine vom Vater empfangene Sendung ist ihm nicht von außen her auferlegt worden; sie ist ihm so sehr zu Eigen, dass sein ganzes Sein mit ihr übereinstimmt: Sie ist sein ganzes Leben (Joh 6,57), seine Speise (Joh 4,43), er sucht nichts als sie (Joh 5,30), denn der Wille dessen, der ihn gesandt hat, ist ganz sein Wille (Joh 6,38), seine Worte sind die Worte seines Vaters (Joh 9,4), so dass er von sich selbst sagen kann: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen“ (Joh 14,9). Das Bewusstsein, das Jesus von sich selbst hat, stimmt mit dem Bewusstsein seiner Sendung völlig überein. Dies geht wesentlich weiter als das Bewusstsein einer prophetischen Sendung, die zu einem bestimmten Zeitpunkt empfangen wurde, sei es auch „vom Mutterschosse an“ (Jeremias: Jer 1,5; Johannes der Täufer: Lk 1,15; Paulus: Gal 1,15). Diese Sendung ist vielmehr in einem aus Gott stammenden „Ausgang“ verwurzelt („denn von Gott bin ich ausgegangen“, Joh 8,42). Das setzt als Bedingung der Möglichkeit voraus, dass er „von Anfang an“ bei Gott war (Joh 1,1.18).
2.4 Das Bewusstsein, das Jesus von seiner Sendung hat, beinhaltet daher das Bewusstsein seiner „Präexistenz“. Denn die (zeitliche) Sendung ist wesenhaft nichts anderes als der (ewige) Hervorgang, dem sie nichts als eine zeitliche Auswirkung hinzufügt[9]. Das menschliche Bewusstsein seiner Sendung „übersetzt“ sozusagen die ewige Beziehung zum Vater in die Sprache eines menschlichen Lebens.
Diese Beziehung des fleischgewordenen Sohnes zum Vater setzt in erster Linie die Vermittlung des Heiligen Geistes voraus. Der Geist muss daher in Jesu Sohnesbewusstsein inbegriffen sein. Schon seine menschliche Existenz ist das Ergebnis eines Wirkens des Geistes; seit der Taufe Jesu vollzieht sich sein ganzes Tun – sei es nun Aktion oder Passion unter den Menschen oder Gebetsvereinigung mit dem Vater – nur in und durch den Geist (Lk 4,18; Apg 10,38; Mk 1,12; Mt 12,28). Der Sohn weiss, dass in der Erfüllung des Willens des Vaters der Geist ihn leitet und hält, bis hin zum Kreuz. Seine irdische Sendung ist dort vollendet, er „übergibt“ (paredoken) „seinen Atem“ (pneuma)(Joh 19,30), in dem manche eine Anspielung auf die Gabe des Geistes sehen. Von seiner Auferstehung und Himmelfahrt an wird er als verherrlichter Mensch das, was er von Ewigkeit her als Gott gewesen ist, „lebendigmachender Geist“ (1 Kor 15,45; 2 Kor 3,17), Herr, in dessen Macht es steht, souverän den Heiligen Geist auszuspenden, um uns in ihm zur Würde von Söhnen und Töchtern zu erheben.
Diese Beziehung des fleischgewordenen Sohnes zum Vater drückt sich jedoch gleichzeitig in kenotischer Weise aus[10]. Um den vollkommenen Gehorsam verwirklichen zu können, entsagt Jesus in freiem Wollen (Phil 2,6–9) allem, was diese Haltung beeinträchtigen könnte. Er will sich nicht der Legionen von Engeln bedienen, die er haben könnte (Mt 26,52), er will wie ein Mensch zunehmen „an Weisheit, an Alter und an Gnade“ (Lk 2,52), den Gehorsam erlernen (Hebr 5,8), die Versuchungen ertragen (Mt 4,1–11 par.), leiden. Das ist nicht unvereinbar mit den Aussagen, dass Jesus „alles weiß“ (Joh 16,30), dass „der Vater ihm alles zeigt, was er tut“ (Joh 5,20; vgl. 13,3; Mt 11,27), vorausgesetzt, diese Aussagen werden so verstanden, dass Jesus von seinem Vater alles erhält, was es ihm ermöglicht, sein Werk der Offenbarung und der allumfassenden Erlösung zu verwirklichen (Joh 3,11.32; 8,38.40; 15,15; 17,8).
http://www.vatican.va/roman_curia/congre...za-gesu_ge.html
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Auszug, Info:
INTERNATIONALE THEOLOGISCHE KOMMISSION
JESU SELBST- UND SENDUNGSBEWUSSTSEIN
(1985)
Vierte Aussage
Das Bewusstsein Christi, vom Vater gesandt zu sein für das Heil der Welt und für die Berufung aller Menschen zum Volk Gottes, beinhaltet auf geheimnisvolle Weise die Liebe zu allen Menschen, so dass wir alle sagen können: „Der Sohn Gottes hat mich geliebt und sich für mich hingegeben“ (Gal 2,20; vgl. GS 22).
Kommentar
4.1 Die apostolische Predigt beinhaltet von ihren ersten Formulierungen an die Überzeugung, dass „Christus für unsere Sünden gestorben ist, gemäß der Schrift“ (1 Kor 15,3), dass er „sich für unsere Sünden hingegeben hat“ (Gal 1,4), und dies in Übereinstimmung mit dem Willen Gottes des Vaters, der ihn „wegen unserer Verfehlungen hingegeben hat“ (Röm 4,25; vgl. Jes 53,6), „für uns alle“ (Röm 8,32), „um uns freizukaufen“ (Gal 4,5). Gott, der „will, dass alle Menschen gerettet werden“ (1 Tim 2,4), schließt niemanden von seinem Heilsplan aus, den Christus mit seinem ganzen Sein umfängt. Das ganze Leben Christi, von seinem „Eintritt in die Welt“ (Hebr 10,5) bis zur Hingabe seines Lebens, ist eine einzige und einzigartige Gabe „für uns“: Von Anfang an hat die Kirche das gepredigt (Röm 5,8; 1 Thess 5,10; 2 Kor 5,15; 1 Petr 2,21; 3,18 u.a.).
Wenn er für uns gestorben ist, dann weil er uns geliebt hat: „Christus hat uns geliebt und hat sich als Opfer für uns hingegeben“ (Eph 5,2). Dieses „uns“ umfasst alle Menschen, die er in seiner Kirche zusammenführen will: „Christus hat die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben“ (Eph 5,25). Diese Liebe hat die Kirche nicht nur als eine allgemeine Haltung verstanden, sondern als eine so konkrete Liebe, dass jeder persönlich gemeint ist. So sieht die Kirche die Dinge, wenn sie den heiligen Paulus hört, der zur Rücksicht auf die „Schwachen“ ermahnt: „Lass nicht eine Speise die Ursache dafür sein, dass der verloren geht, für den Christus gestorben ist“ (Röm 14,15; vgl. 1 Kor 8,11; 2 Kor 5,14f.). Den in Parteien zerrissenen Christen von Korinth stellt der gleiche Paulus die Frage: „Ist denn Christus zerteilt? Wurde etwa Paulus für euch gekreuzigt?“ (1 Kor 1,13); und obwohl er Jesus „in den Tagen seines Fleisches“ (Hebr 5,7) nicht gekannt hat, kann Paulus von sich selber sagen: „Ich lebe im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat“ (Gal 2,20).
4.2 Die eben genannten apostolischen Zeugnisse für ein Sterben Jesu aus Liebe ganz persönlich „für uns“, „für mich“ und meine „Brüder“, umgreifen in einem Blick die grenzenlose Liebe des präexistenten „Sohnes Gottes“ (Gal 2,20), der zugleich als der erhöhte „Herr“ gewusst wird (Gal 1,3f.). Jesu liebendes „pro nobis“ gründet also in der Präexistenz und hält sich durch bis in die Liebe des Verherrlichten, der jetzt „für uns eintritt“ (Röm 8,34) als der, der „uns geliebt hat“ (Röm 8,37) in seiner Menschwerdung und in seinem Tod. Jesu „proexistente“ Liebe ist das Kontinuum, das den Sohn in allen drei „Stadien“ (Präexistenz, irdisches Leben, verherrlichte Existenz) charakterisiert.
Dieses Kontinuum seiner Liebe kommt in Jesu Worten zur Sprache. Nach Lk 22,27 versteht Jesus sein gesamtes irdisches Leben und Verhalten unter dem Bilde dessen, „der bei Tische dient“. „Diener aller sein“ (Mk 9,35 par.), das ist die Grundregel im Kreis der Jünger. Jesu dienende Liebe erreicht ihren Höhepunkt beim Abschiedsmahl, bei dem er sich selbst dahingibt als der, der sterben wird (Lk 22,19f. par.). Am Kreuz wird sein dienendes Leben vollends zum dienenden Sterben „für die vielen“ (Mk 10,45; vgl. 14,22–24). Jesu Dienst in seinem Leben und seinem Tode war gleicherweise letztlich Dienst am „Reich Gottes“ in Worten und Taten, so sehr, dass er sogar sein Leben und Wirken in der zukünftigen Herrlichkeit weiterhin als einen „Tischdienst“ (Lk 12,37) und als „Eintreten für...“ (Röm 8,34) bezeichnen kann. Dieser Dienst war Liebesdienst, der radikale Gottesliebe und selbstlose Nächstenliebe verband (Mk 12,28–34).
Diese Liebe, von der das ganze Leben Jesu Zeugnis gibt, erscheint uns vor allem als allumfassend in dem Sinne, dass sie keinen ausschließt, der zu ihm kommt. Diese Liebe sucht, was verloren war (Lk 15,3–10.11–32), die Zöllner und Sünder (Mk 2,15; Lk 7,34.36–50; Mt 9,1–8; Lk 15,1f.), die Reichen (Lk 19,1–10) und die Armen (Lk 16,19–31), die Männer und die Frauen (Lk 8,2–3; 7,11–17; 13,10–17), die Kranken (Mk 1,29–34 u.a.), die Besessenen (Mk 1,21–28 u.a.), die Weinenden (Lk 6,21) und die, die unter ihren Lasten gebeugt sind (Mt 11,28). Diese Offenheit des Herzens Jesu für alle zielt weit über die Grenzen seiner Generation hinaus. Dies zeigt sich in der „Universalisierung“ seiner Sendung, seiner Verheißungen. Die Seligpreisungen sprengen den Rahmen seiner unmittelbaren Zuhörer, sie gelten allen Armen, allen Hungernden (Lk 6,20f.). Jesus identifiziert sich mit den Kleinen und Armen (Mk 10,13–16): Wer eines dieser Kleinen aufnimmt, nimmt Jesus selber auf, und in ihm nimmt er den auf, der ihn gesandt hat (Mk 9,37). Erst beim Jüngsten Gericht wird offenbar werden, wie weit diese jetzt noch verborgene Identifizierung gehen konnte (Mt 25,31–46).
4.3 Im Herzen unseres Glaubens liegt dieses Geheimnis: der Einschluss aller Menschen in die ewige Liebe, mit der Gott die Welt so sehr geliebt hat, dass er seinen eigenen Sohn dahingab (Joh 3,16). „Daran haben wir die Liebe erkannt, dass er [Christus] sein Leben für uns hingegeben hat“ (1 Joh 3,16): Denn „der gute Hirt gibt sein Leben hin für seine Schafe“ (Joh 10,11); er kennt sie (Joh 10,14) und ruft jedes bei seinem Namen (Joh 10,3).
4.4 Weil sie diese persönliche Liebe Christi zu jedem Einzelnen erkannt haben, haben sich so viele Christen ohne Unterschied der Person auf die Liebe zu den Ärmsten eingelassen, und sie geben weiterhin Zeugnis von dieser Liebe, die in jedem „der geringsten meiner Brüder“ Jesus zu sehen vermag (Mt 25,40). „Jeder einzelne Mensch ist gemeint; denn jeder ist vom Geheimnis der Erlösung betroffen, mit jedem ist Christus für immer durch dieses Geheimnis verbunden“.[12]
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INTERNATIONALE THEOLOGISCHE KOMMISSION
JESU SELBST- UND SENDUNGSBEWUSSTSEIN
(1985)
Dritte Aussage
Um seine heilbringende Sendung zu verwirklichen, wollte Jesus die Menschen im Hinblick auf das Reich sammeln und in seine Nähe rufen. Aus dieser Absicht heraus hat Jesus konkrete Akte gesetzt, deren einzig mögliche Interpretation – in ihrer Gesamtheit gesehen – die Vorbereitung der Kirche ist, die im Oster- und Pfingstereignis endgültig gegründet wird. Notwendigerweise ist daher zu sagen, Jesus habe die Kirche gründen wollen.
Kommentar
3.1 Nach dem apostolischen Zeugnis ist die Kirche von Christus nicht zu trennen. Nach einer geläufigen Formulierung des heiligen Paulus sind die Kirchen „in Christus“ (1 Thess 1,1; 2,14; 2 Thess 1,1; Gal 1,22), sie sind „die Kirchen Christi“ (Röm 16,16). Christ sein bedeutet, dass „Christus in euch“ ist (Röm 8,20; 2 Kor 13,5), es ist „das Leben in Christus Jesus“ (Röm 8,2): „Ihr alle seid ‚einer‘ in Christus“ (Gal 3,28). Diese Einheit drückt sich vor allem in der Analogie der Einheit des menschlichen Leibes aus. Der Heilige Geist stiftet die Einheit dieses Leibes: Leib Christi (1 Kor 12,27) oder „in Christus“ (Röm 12,5) und sogar „Christus“ (1 Kor 12,12). Der himmlische Christus ist das Prinzip des Lebens und des Wachstums der Kirche (Kol 2,19; Eph 4,11–16), er ist „das Haupt des Leibes“ (Kol 1,18; 3,15 u.a.), die „Fülle“ (Eph 1,22f.) der Kirche.
Diese untrennbare Einheit Christi mit seiner Kirche wurzelt in der höchsten Tat seines irdischen Lebens: in der Hingabe seines Lebens am Kreuz. Weil er sie geliebt hat, „hat er sich für sie hingegeben“ (Eph 5,25), denn „er wollte sie herrlich vor sich erscheinen lassen“ (Eph 5,27; vgl. Kol 1,22). Die Kirche, der Leib Christi, hat ihren Ursprung in dem am Kreuze hingegebenen Leib, im „kostbaren Blut“ (1 Petr 1,19) Christi, das „der Preis für unsere Erlösung“ ist (1 Kor 6,20). Für die apostolische Predigt ist die Kirche das eigentliche Ziel des Heilswerkes, das Christus während seines irdischen Lebens verwirklicht hat.
3.2 Wenn Jesus das Reich Gottes predigt, verkündet er nicht einfach das unmittelbare Bevorstehen des großen eschatologischen Umbruchs; er lädt zuerst die Menschen ein, in das Reich einzutreten. Keim und Beginn des Reiches ist die „kleine Herde“ (Lk 12,32) derer, die Jesus zu sich zu rufen gekommen ist und deren Hirte er selber ist (Mk 14,27 par.; Joh 10,1–29; Mt 10,16 par.), er, der gekommen ist, seine Schafe zu sammeln und zu befreien (Mt 15,24; Lk 15,4–7). Jesus spricht von dieser Sammlung im Bilde der Hochzeitsgäste (Mk 2,19 par.), der Pflanzung Gottes (Mt 13,24; 15,13), des Fischernetzes (Mt 13,47; Mk 1,17). Die Jünger Jesu bilden die weithin sichtbare Stadt auf dem Berge (Mt 5,14), sie sind die neue Familie, in der Gott selbst der Vater ist und wo alle Brüder sind (Mt 23,9); sie sind die wahre Familie Jesu (Mk 3,34 par.). Die Gleichnisse Jesu und die Bilder, derer er sich bedient, um von denen zu sprechen, die er zu rufen gekommen ist, enthalten eine „implizite Ekklesiologie“.
Damit wird nicht behauptet, diese Absicht Jesu beinhalte einen ausdrücklichen Willen, die ganze Vielfalt der Einrichtungen der Kirche zu gründen und zu einzusetzen, so wie sie sich im Laufe der Jahrhunderte entwickelt haben[11]. Es ist hingegen notwendig festzuhalten, dass Jesus die Gemeinschaft, die er um sich gesammelt hat, mit einer Struktur versehen wollte, die bis zur endgültigen Vollendung des Reiches bestehen bleiben wird. Hier ist zunächst die Wahl der Zwölf mit Petrus als ihrem Haupt zu erwähnen (Mk 3,14ff.). Diese ganz bewusst vollzogene Wahl zielt auf die endzeitliche Wiederherstellung des Gottesvolkes hin, das allen Menschen offen stehen wird (Mt 8,11f.). Die Zwölf (Mk 6,7) und die anderen Jünger (Lk 10,1ff.) haben Anteil an der Sendung Christi, an seiner Macht, aber auch an seinem Geschick (Mt 10,25; Joh 15,20). In ihnen kommt Jesus selbst, und in ihm ist der gegenwärtig, der ihn gesandt hat (Mt 10,40).
Die Kirche wird auch ihr eigenes Gebet haben: das Gebet, das Jesus ihr gegeben hat (Lk 11,2–4); sie empfängt vor allem das Gedächtnis des Abendmahls, das der Mittelpunkt des „Neuen Bundes“ (Lk 22,20) und der neuen, im Brotbrechen versammelten Gemeinde ist (Lk 22,19). Die Jesus um sich versammelt hat, hat er auch über eine neue „Weise zu handeln“ belehrt, die von der der Alten (Mt 5,21 usw.), der Heiden (vgl. Mt 5,47), der Grossen dieser Welt (Lk 22,25f.) verschieden ist.
Hat Jesus die Kirche gründen wollen? Ja, doch ist diese Kirche das Volk Gottes, das er zunächst aus Israel sammelt, durch das er das Heil aller Völker wirken will; denn er weiss sich zunächst „zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel“ (Mt 10,6; 15,24) gesandt, zu ihnen schickt er auch seine Jünger. Das Bewusstsein Jesu von seiner Gottheit und seiner Sendung kommt besonders ergreifend zum Ausdruck in diesem Klageruf (der Klage Gottes über Israel!): „Jerusalem, Jerusalem, [...] wie oft wollte ich deine Kinder um mich sammeln, so wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel nimmt; aber ihr habt nicht gewollt!“ (Lk 13,34; vgl. 19,41–44). Im Alten Testament ist es ja Gott (Jahwe), der unermüdlich die Kinder Israels zu einem Volke, seinem Volk, zu sammeln trachtet. Dieses „Ihr habt nicht gewollt“ ändert zwar nicht die Absicht, wohl aber den Weg, den die Sammlung aller Menschen um Jesus nehmen wird. Von nun an wird die Ecclesia Christi vor allem durch „die Zeit der Heiden“ (Lk 21,24; vgl. Röm 11,1–6) gekennzeichnet sein.
Christus wusste um seine heilbringende Sendung. Diese beinhaltet die Gründung seiner Ecclesia, das heißt die Berufung aller Menschen zur „Familie Gottes“. Die Geschichte des Christentums beruht letztlich auf der Absicht und dem Willen Jesu, seine Kirche zu gründen.
3.3 Im Lichte des Geistes sieht das Evangelium des heiligen Johannes das ganze irdische Leben Christi wie von der Herrlichkeit des Auferstandenen durchstrahlt. So richtet sich der Blick über den Kreis der Jünger Jesu hinaus schon auf all jene, die „durch ihr Wort an mich glauben“ (Joh 17,20). Die während seines irdischen Lebens mit ihm waren, die der Vater ihm gegeben (Joh 17,6), die er bewahrt und für die er sich selbst „geheiligt“ (Joh 17,19) hatte, indem er sein Leben dahingab, sie stellen bereits die Gesamtheit der Gläubigen dar, all jene, die ihn aufnehmen (Joh 1,12) und an ihn glauben (Joh 3,36) werden. Durch den Glauben sind sie mit ihm eins wie die Reben mit dem Weinstock, ohne den sie vertrocknen (Joh 15,6). Diese innige Verbindung Jesu mit den Gläubigen („ihr in mir und ich in euch“, Joh 14,20) hat einerseits ihren Ursprung im Ratschluss des Vaters, der Jesus die Jünger „gibt“ (Joh 6,39.44.65); sie wird aber letztlich wirklich durch die freie Hingabe seines Lebens (Joh 10,18) „für seine Freunde“ (Joh 15,3). Das österliche Mysterium bleibt der Ursprung der Kirche (Joh 19,34): „Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen“ (Joh 12,32)
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