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Tradition
Tradition wird auch mündliche Überlieferung oder Erblehre genannt. Sie umfasst nach dem Konzil von Trient die ungeschriebenen Überlieferungen, welche die Apostel aus dem Munde Christi selbst oder unter Eingebung des Heiligen Geistes empfangen und gleichsam von Hand zu Hand weitergegeben haben, bis sie, auf Grund der ununterbrochenen Nachfolger in der Katholischen Kirche (Papst) unversehrt auf uns gekommen sind. Die Tradition ist eine Quelle der göttlichen Offenbarung.
Aus der Definition des Konzils von Trient ist die Frage, ob und wie weit dieselben Wahrheiten wenigstens Einschlussweise auch in der Heiligen Schrift enthalten sind, nicht entschieden.
Von der Wortbedeutung her ist Tradition abgeleitet vom lateinischen Wort tradere das bedeutet trans dare , also hindurch-reichen. Wir verstehen darunter (im katholischen Wortsinn) die (unverfälschte) Weitergabe des Glaubens durch die Jahrhunderte.
Ursprung und Geschichte der Tradition
Begonnen hat die Geschichte des Volkes Gottes im Alten Bund mit Personen des Judentums, die ihre Lehren und Gotteserfahrungen mündlich weitergaben und später in Schriften festhielten. Wir unterscheiden im Alten Testament: Die fünf Bücher Mose, die Geschichts-, die Weisheits- und Prophetenbücher.
Zur gleichen Zeit der Aufzeichnung der Heiligen Schrift, wurden im babylonischen Exil Erklärungen zum Schriftsinn und Erläuterungen zu Glaubensinhalten aufgezeichnrt. Das so entstande Werk des Talmud - hebr.: Lehre - ist zum Teil in die Schriften der Kirchenväter aufgenommen worden. Die Kirchenväter behandeln jedoch besonders die Lehren der apostolischen Zeit und zählen zu den wichtigsten Quellen der Tradition.
Im Neuen Bund überlieferten die Apostel die Lehre über Jesus Christus, sowohl mündlich als auch in den Schriften des Neuen Testaments, den Evangelien, den Briefen und der Apokalypse. Deshalb kann man die Bibel vor allem als ein Werk der Tradition bezeichnen. Denen, welche die Apostel die Hände im Weihesakrament aufgelegt haben und allen, welche die Lehre Christi weitertrugen - also jedes lebendige Glied am mystischen Leibe Christi, gehört zur Tradition. Es folgen vor allem die Apostolischen Väter, welche in die Schule der Apostel gegangen sind. Ebenso die Päpste, Bischöfe, Kirchenväter und Kirchenlehrer.
In Dankbarkeit gedenken wir nicht nur der Märtyrer, die durch das Opfer ihres Lebens für die Weitergabe des Glaubens wirkten, sondern auch der Menschen, denen wir ganz persönlich unsern Glauben zu verdanken haben: Eltern, Religionslehrer, Priester, Ordenspersonen oder Freunde. Auch diese, sind ein wichtiger Teil der Tradition.
Die mündliche Tradition und die schriftliche in der Bibel
„Die heilige Tradition, die Heilige Schrift und das Lehramt der Kirche … sind miteinander dermaßen verbunden und einander gegenseitig verpflichtet, dass keine dieser Realitäten ohne die anderen fortbesteht und alle zugleich, jede auf ihre Art, unter dem Einwirken des Heiligen Geistes wirksam zum Heil der Seelen beitragen” (Konstitution Dei Verbum, Nr. 10 [Augustinus, De Doctr. Christ. III., 18, 26: I, L 34, 75-76; CSEL 80, 95.]).
In der Katholischen Kirche kommt der Tradition eine große Bedeutung zu. Im Unterschied zu den Protestanten und Freikirchen, die sich auf die Heilige Schrift als Hauptquelle stützen ("sola scriptura"), steht die Katholische Kirche sozusagen auf zwei Standbeinen: die mündliche Tradition und die Heilige Schrift. Die Geschichte des Protestantismus zeigt das Fortschreiten von einem Irrtum zum Andern. Seine Erhebung gegenüber dem Papsttum führte ihn zum Verwerfen des Messopfers und vieler Gnadenmittel der Kirche. Diese Erfahrung zeigt, dass das Fehlen der Traditon - zusammen mit dem Fehlen des allgemein verbindlichen Lehramtes - zur völligen Zersplitterung in unzählige Glaubensrichtungen und Gemeinschaften führt. In den ökumenischen Bestrebungen wird diese Zersplitterung zu überwinden versucht.
Papst Paul VI. zur Tradition
Wir aber in den Ländern alter christlicher Prägung müssen uns klar vor Augen halten, dass beim Aufbau der Kirche ein Faktor unerläßlich ist, nämlich die Tradition, die in Jahrhunderten vollbrachte Arbeit derer, die vor uns an der Kirche gebaut haben. Wir sind Erben, wir führen ein in der Vergangenheit begonnenes Werk weiter. Wir müssen Geschichtsbewußtsein haben und in uns die Haltung einer Treue ausformen, die demütig ist und glücklich über alles, was uns vergangene Jahrhunderte an Lebendigem und Echtem beim Aufbau des mystischen Leibes Christi hinterlassen haben. Wir müssen uns hüten vor der Gewissenlosigkeit des Revolutionsgeistes, wie er für so viele Menschen unserer Zeit bezeidchend ist, diese Gewissenlosigkeit möchte die Arbeit früherer Generationen beiseite schieben und glaubt, das Heil der Menschen dadurch einleiten zu können, dass sie alles zurückweist, was uns die von einem Lehramt mit Sinn für Kontinuität und Ursprünglichkeit bestätigte Erfahrung bewahrt hat, und das Unternehmen einer neuen Zivilisation beim Punkte Null beginnen läßt (aus: Ingo Dollinger, Klarheit und Wahrheit S. 38-39: vom 14. Juli 1976).
Überlieferte Riten, Volksfrömmigkeit, Gebräuche
Ein relative Pluralität von "Traditionen" akzeptiert auch die Katholische Kirche, z.B. diverse liturgische Riten, verschiedene theologische Schulen, unterschiedlichste geistliche Gemeinschaften, jedoch wird im Zweifel der Vorzug der Einheit im Glauben und in der Hierarchie zuerkannt.
In der Kirche gibt es auch einiges an Unwesentlichem überliefert (was nicht das Wesen [Sosein] ausmacht), so wie z.B. die Gestaltung der liturgischen Gewänder, Ordensgewänder oder Kirchenbauten. Diese Dinge können in theologischer Weise (im Heiligen Geist) verändert und angepasst werden. Sie betreffen nicht den Kern der Überlieferung, welcher die Glaubens- uns Sittenlehre ist, müssen jedoch den Glauben zeitgemäß fördern.
Selbstverständlich existieren "Traditionen" auch in den christlichen Konfessionen, die "der Tradition" keinen normativen Charakter zubilligen. "Evangelische Gemeinschaften der Reformation" bestehen de facto fast "nur" aus Volksfrömmigkeit. Der Protestantismus hat jedoch die fast unbeschränkte Pluralität der Traditionen zu einem Reichtum der Christenheit deklariert, z.B. in den USA.
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