In einem Pfarrbrief habe ich einen Artikel entdeckt, der mir recht gut gefällt, auch weil der Schreiber (es ist ein evangelischer Pfarrer) Wolfgang v. Goethe und Wolfgang Amadeus Mozarts Einstellung zum Tod vergleicht.
Wolfgang M. oder Wolfgang G.
Über Sterben und ewiges Leben
Die Sadduzäer waren eine religiös-politische Partei in Israel zur Zeit Jesu. Sie waren sehr konservativ. Auferstehung und Leben nach dem Tod war für sie „neumodisches Zeug“. Das glaubten sie nicht. Deshalb waren sie auch sehr weltlich, diesseitig eingestellt, gute Wirtschaftsleute, eher die Reichen, eher die Einflussreichen. Deshalb machten sie sich auch über die Auferstehungshoffnung lustig: Sie haben diese Geschichte mit der Frau, die 7 Männer hat, erfunden, vgl. Matthäus 22. Sie sagen: „So ein Blödsinn, die Sache mit der Auferstehung. Schaut mal – da lebst du dann mit 7 Frauen! Konflikte im Himmel, Ende: nie!“
Ihre Einstellung zum Thema Ewigkeit ist aktuell: Auch wir in unserer Gesellschaft haben den Glauben an die Auferstehung und an das ewige Leben weitgehend aufgegeben.
Um es mathematisch auszudrücken: Früher rechneten die Menschen mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von ca. 40 Jahren, dazu kam dann die Ewigkeit. Wenn wir das also zusammenzählen, dann kommt Unendlich dabei heraus. Dementsprechend war der erste Teil nicht so wichtig: 40 oder 60 Jahre. Okay. Das Entscheidende war der andere Wert, die Ewigkeit. So war es wichtig, wo man die Ewigkeit verbringt. Und es war wichtig, sich darauf gut vorzubereiten.
Heute ist dieser Jenseitsglaube eher selten anzutreffen.
Heute wird folgende Rechnung aufgemacht: Wir leben ca. 80 Jahre, und dann ist Schluss, mathematisch: 80 + 0. Ergibt 80!
Das hat gravierende Folgen! Wir müssen schauen, dass diese 80 Jahre viel bieten. Alles bieten.
Früher hat man im Katechismus gelernt, auf die Frage „Wozu sind wir auf Erden?“ zu antworten: „Um in den Himmel zu kommen.“
Heute meine viele, dass wir deshalb auf Erden sind, um aus dem Leben das herauszuholen, was herauszuholen ist. Das alleine stresst. Dabei haben wir noch das zusätzliche Problem, dass uns die Arbeit daran hindert, das Leben auszukosten: Dies macht allzu oft müde und krank. Aber nachher: nachher kommt die Pension. Von den 80 Jahren sind dann die 20 vor dem Ende das, worauf wir hinleben, worauf wir uns vorbereiten, und wonach wir uns sehnen.
Wir haben die Ewigkeit mit der Pension vertauscht. Natürlich sind wir dann enttäuscht, wenn die nicht alle Stückeln spielt, wenn wir nicht mehr ganz gesund sind, und wenn die finanziellen Mittel kleiner werden und nicht alle Wünsche in Erfüllung gehen.
Jesus gibt eine ganz andere Antwort auf die Frage, wo wir nach dem Tod sein werden. Jesus sagt:
JA, WIR WERDEN AUFERSTEHEN! Wir werden ewig leben!
Er erklärt es den Sadduzäern mit einem Beispiel, das sie damals sehr gut verstanden haben, das uns aber etwas fremd anmutet:
Es gab damals das Gebet, das jeden Sabbat in den Synagogengottesdiensten gebetet worden ist – wie unser Vater unser – das sogenannte 18-Bitten-Gebet. Jesus sagt: In diesem Gebet reden wir Gott an als Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs. Jesus schaut sie fragend an: „Ihr kennt das, ja?“ Alle nicken. „Nun“, sagt Jesus, „im gleichen Gebet sagen wir, dass Gott ein Gott der Lebenden und nicht ein Gott der Toten ist. Also ist klar: Abraham, Isaak und Jakob sind nicht tot – sie leben!
So werden auch wir am Ende der Tage auferstehen vom Tod und leben – ewig leben.“
Für mich heißt das:
Mein Leben ist nicht nach 70 oder 80 Jahren zu Ende. Für mich ist der Tod eine Tür. Drüben geht es weiter. Weil das so ist, plane ich längerfristig. Ich muss nicht hier auf Erden alles ausschöpfen, alles gesehen, alles gekauft und alles erlebt haben. Ich habe diese Zeit hier, um gut vorbereitet drüben anzukommen. Dem widme ich mein Leben.
Johann Wolfgang von Goethe hat das nicht glauben können. Deshalb ist er Zeit seines Lebens dem Tod ausgewichen.
- Als seine Frau Christian im schweren Todeskampf lag, ist er selber mit psychosomatischen Krampfzuständen ins Bett geflüchtet.
- Quer durch den Friedhof hat er es nie geschafft, lieber hat er den langen Umweg außen herum genommen;
- Seine sterbende Mutter hat er nicht besucht, auch an ihrem Begräbnis war er nicht dabei.
Die Erinnerung an den Tod war ihm unangenehm.
Ganz anders ein anderer berühmter Wolfgang:
Wolfgang Amadeus Mozart:
Von ihm gibt es einen Brief an seinen Vater Leopold. Er war damals 31 Jahre alt. Er schreibt:
„Da der Tod der wahre Endzweck unseres Lebens ist, so habe ich mich seit ein paar Jahren mit diesem wahren, besten Freund des Menschen so bekannt gemacht, dass sein Bild nichts Schreckliches mehr ist, sondern etwas Beruhigendes und Tröstendes! Ich danke meinem GOTT, dass er mir das Glück gegönnt hat, mir die Gelegenheit zu verschaffen, ihn als Schlüssel zu unserer wahren Glückseligkeit kennen zu lernen.“
Dann erwähnt er noch, dass das nicht missverstanden werden soll: Er sei durchaus ein lebensbejahender und geselliger Mensch (das wissen wir)! Nur: echte Lebensfreunde wird am Tode erprobt!
Wie wollen wir denn leben?
Immer auf der Flucht vor dem Tod, alle Begegnung mit ihm meiden, hektisch die 80 Jahre auskostend, wie Wolfgang der Dichter, oder: Gelassen und ausgesöhnt mit dem Tod, weil wir an das Danach glauben, an das ewige Leben bei GOTT wie Wolfgang, der Komponist?
v. Pf. Fritz Neubacher