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Petry warnt vor "Gehirnwäsche" in der Politik
Mit deutlichen Worten haben einige der bekanntesten Rechtspopulisten Europas in Koblenz für die AfD geworben. Den Redenreigen beschloss die AfD-Vorsitzende Petry. Sie warnt vor "nudging" in der Politik.
"Gestern ein neues Amerika, heute Koblenz und morgen ein neues Europa", sagte der Vorsitzende der niederländischen Freiheitspartei (PVV), Geert Wilders. Er hielt seine Rede komplett auf Deutsch. Europa brauche "Frauke statt Angela". Die ENF-Anhänger riefen in Sprechchören: "Merkel muss weg".
"Joch" der politischen Korrektheit
Der Kongress, der am Samstagmorgen mit rund 1.000 Teilnehmern begonnen hatte, nimmt die diesjährigen Wahlen in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden in den Blick. "Zusammen werden wir gewinnen", sagte Wilders. Er warb dafür, das "Joch" der politischen Korrektheit abzuwerfen. Wilders forderte seine europäischen Mitstreiter dazu auf, Strategien gegen eine "Massenimmigration" nach Europa zu entwickeln. Frauen hätten "Angst, ihr blondes Haar zu zeigen".
Ziel der rechtspopulistischen Fraktion "Europa der Nationen und der Freiheit" (ENF) ist das Ende der Europäischen Union. Auch Wilders warb in seiner Rede für ein Ende der EU und für mehr Souveränität der einzelnen Staaten. "Lang lebe der deutsche Frühling", so Wilders zum Abschluss seiner Rede.
Pretzell gegen "Sozialunion"
Zum Auftakt hatte der ENF-Abgeordnete und Mitveranstalter der Konferenz, Marcus Pretzell (AfD), die aus ganz Europa angereisten Rechtspopulisten begrüßt, darunter die Präsidentschaftskandidatin der rechtsextremen französischen Partei Front National, Marine Le Pen, und den Chef der italienischen Lega Nord, Matteo Salvini.
"Wenn wir etwas verändern wollen in Europa", dann brauche es dafür Partner, sagte Pretzell. Er kam auf den Vorwurf des Protektionismus zu sprechen. "Nicht grundsätzlich ist Schengen eine schlechte Idee gewesen", sagte er. Seiner Meinung nach sei der Schengenraum zu groß geworden. Er warb gegen eine "Sozialunion".
Le Pen kritisiert deutsche Einwanderungspolitik
Die Chefin des französischen Front National (FN), Marine Le Pen, warf der Bundesregierung eklatantes Versagen in der Flüchtlingspolitik vor. Diese Einwanderungspolitik sei eine Katastrophe, sagte sie in Koblenz. Die ENF-Fraktion könne die Völker Europas ins Gespräch bringen. Bei der Tagung trat Le Pen erstmals gemeinsam mit AfD-Chefin Frauke Petry in Deutschland auf.
Petry kritisiert "nudging"
Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry prangerte in ihrer Rede zentralistische Tendenzen in der Europäischen Union an. Sie warnte vor der Arbeit von "Technokraten und Sozialingenieuren". Das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben wie es in der italienischen Renaissance und von französischen und deutschen Vertretern der Aufklärung entwickelt worden sei, sei bedroht.
Petry, die kein ENF-Mitglied ist, sagte: "Die heutige Gehirnwäsche 'nudging' ist viel smarter als die einstmalige sozialistische Propaganda, aber wieder behaupten ihre Vertreter, dem Menschheitsfortschritt, der Moral und angeblich der Menschenwürde zu dienen". Als "nudging" bezeichnen Werbestrategen eine Form der Beeinflussung, um den Konsumenten zum Kauf der gewünschten Produkte zu bewegen. Das "nudging" ist immer häufiger auch Thema in der Politik, um zum Beispiel gesünder zu leben oder sicherer im Straßenverkehr unterwegs zu sein.
Petry, die mit ihrem fünften Kind schwanger ist, warnte vor einem "Nanny-Staat", der die Menschen, in die vermeintlich richtige Richtung schubst. So sollte man wenig Alkohol trinken und eine Riesterrente abschließen. Petry zählte unter Applaus als weitere Beispiele auf: "Du sollst Dich von rechten Rassisten, Gegnern der Europäischen Union, Leugnern der menschengemachten Erderwärmung, Windkraftgegnern und Sexisten fernhalten und sie auf Facebook melden." Außerdem kritisierte die AfD-Vorsitzende eine "Masseneinwanderung".
Bereits am Freitagabend waren nach Polizeiangaben rund 100 Teilnehmer des ENF-Treffens in Mainz in der Burg Weisenau zusammengekommen, darunter auch Petry, Le Pen und Wilders. Eine kurzfristig anberaumte Gegendemonstration sei ruhig verlaufen.
Widerstand gegen ENF-Kongress
Bereits im Vorfeld des ENF-Kongresses hatte sich heftiger Widerstand gebildet: Parallel zum Treffen hatte sich eine große Gegendemo mit rund 3.000 Menschen gebildet. Mehr als 1.000 Polizisten waren im Einsatz.
Als Hauptredner der Gegendemo waren Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) nach Koblenz gekommen. Auch SPD-Generalsekretärin Katarina Barley nahm an der Demo teil.
"Vielen ist der Ernst der Lage immer noch nicht klar", sagte sie der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Es sei erschreckend, "mit welcher Aggressivität die europäischen Nationalisten aufmarschieren".